Beim FLYER Uproc X 9.50 mit super kraftvollem Panasonic GX Ultimate-Motor soll der Name zum Programm werden: Im Turbo-Modus die Berge hoch und genauso wieder über Stock und Stein bergab. Wird das sportliche E-MTB für 11.299 € seinem Namen und dem Preisschild gerecht und wie schlägt es sich in unserem E-Mountainbike-Vergleichstest?

FLYER Uproc X 9.50 | Panasonic GX Ultimate Pro FIT/750 Wh | 150/150 mm (v/h)
24,8 kg in Größe L | 11.299 € | Hersteller-Website

Würden wir es nicht besser wissen, würden wir annehmen, dass das Team von FLYER hauptsächlich Bikes für den Eigenbedarf entwirft. Das im Schweizer Mittelland ansässige Unternehmen hat nur E-Bikes im Sortiment – was auch Sinn ergibt, wenn man links und rechts umringt vom Jura-Gebirge und den Alpen die hügelige Region erkunden will. So reiht sich auch das Uproc X 9.50, der Neuankömmling bei FLYER, als Gipfelstürmer im E-Mountainbike-Portfolio ein – zwischen dem abfahrtsorientierten Uproc6 und den eher tourenorientierten E-MTBs wie dem Goroc3. Mit 150 mm Federweg vorne wie hinten, gemischt großen Laufrädern (29”/27,5”) und einem im Testfeld einzigartigen Motorsystem soll das 24,8 kg schwere E-MTB die Gunst von Uphill- wie Downhill-Fans gleichermaßen gewinnen.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2023 – 30 Modelle im Test.

FIT wie ein Turnschuh – Das FLYER Uproc X 9.50 mit einzigartigem Motorsystem im Detail

Das FLYER Uproc X geht als einziges E-MTB mit einem Motor von Panasonic in den Test. Aber nicht mit irgendeinem Panasonic-Motor, sondern mit dem 95 Nm starken Spitzenmodell GX Ultimate. Damit sichert sich FLYER schon mal die Drehmoment-Krone im Vergleichstest. Der dazugehörige 750 Wh große FLYER FIB-Akku wird seitlich aus dem Unterrohr entnommen, ein passender 6er-Inbus dafür befindet sich in der Hinterrad-Steckachse. Am Sattelrohr befindet sich der Ladeport, der eine stabile Kunststoffabdeckung besitzt. Das komplette System rings um das Panasonic-Kraftpaket steuert Systemintegrator FIT bei, ein Tochterunternehmen von FLYER. Für eine gute Ablesbarkeit sorgt das Display, das auf einer weit vor dem Lenker hinausragenden Befestigung sitzt. Das Display bietet viele spannende Funktionen und Datenfelder, die kaum ein anderes E-Bike-System auf dem Markt besitzt, wie z. B. einen Neigungsmesser oder eine Glatteiswarnung.

I’m blue, da ba dee, da ba daa: Der glänzend-blaue Lack des FLYER Uproc X 9.50 ist noch eindringlicher als der 90er-Jahre Ohrwurm von Eiffel 65. Wer lieber etwas weniger dick aufträgt, greift zum Modell in Matt-Grau.
Fun Fact: Stachelschweine kommen in Bergregionen bis zu 3.500 m Höhe vor. Mit den ONZA Porcupine-Reifen lassen sich zwar ähnliche Höhen erklimmen, aber nur wenn die Fahrbahn guten Grip bietet, ansonsten sind die schwarzen Gummischweinchen schnell überfordert.
Hier ist keine Magie im Spiel, sondern ein doppelter Boden: Durch die doppelwandige Rahmenkonstruktion besitzt der Rahmen genug Steifigkeit, um die große seitliche Öffnung für die Akkuentnahme zu realisieren. Netter Nebeneffekt: Die Zugverlegung durch den Rahmen läuft geordnet ab.
Der Panasonic GX Ultimate-Motor fristet in der E-MTB-Branche der westlichen Welt noch ein Nischendasein, zu Unrecht aus unserer Sicht. Mit seinem kraftvollen Antritt und Durchzug wäre er für Fans von Power eine echte Alternative!

Jedoch ist es für den Fall eines Sturzes zu exponiert angebracht. Die Steuerung über die klobige Remote mit Joystick ist auch gewöhnungsbedürftig und sorgt für Abzüge in der Ergonomie-Wertung, da sich die Remote-Halterung und die Bremsschelle der XT-Bremse in die Quere kommen. Immerhin geht einem ein versehentlicher Tastendruck nicht so leicht unter, da die Remote ein geschwindigkeitsabhängiges Vibrationsfeedback besitzt. Auf der Unterseite der Displayhalterung kommt – wie auch am BULLS SONIC EVO EN-SL1 – eine MonkeyLink-Aufnahme zum Einsatz, an der man eine Lampe einfach anknipsen kann. Laut FLYER wird das Uproc X 9.50 in Serie noch mit einem einteiligen Cockpit ausgeliefert, das die Halter und elektrischen Leitungen besser integrieren soll und zudem ein Multitool im Steuerrohr versteckt.

Fest im Würgegriff des Klammeraffen gefangen: Wie das BULLS besitzt auch das FLYER eine Monkey-Link-Halterung am Vorbau und kann so im Handumdrehen ein Licht aufnehmen und mit Strom aus dem Hauptakku versorgen.
Die Lenker-Remote erinnert an einen altmodischen Nintendo-Controller und hat eine mindestens genauso gewöhnungsbedürftige Ergonomie. In Kombination mit der Shimano-Bremsschelle geht einem schnell der Platz am Lenker aus.
Hier könnte ihre Werbung stehen: Das FIT Display Compact bietet viele Funktionen und eine übersichtlich angeordnete Aufteilung von Datenfeldern, sogar Navi-Befehle vom Smartphone können angezeigt werden. Die exponierte Position vor dem Lenker ist im Falle eines Sturzes aber schlecht gewählt.

Der Rahmen und die Zugverlegung an unserem Test-Bike hinterlassen einen etwas wenig wertigen Eindruck. Auch wenn der Rahmen einer geraden und klar strukturierten Linienführung folgt, erzeugen aber die Spaltmaße an der Akkuöffnung und Motoraufnahme sowie der poppig-blaue Lack einen unharmonischen Eindruck. Die Ausstattung ist hingegen bis auf die Reifenwahl über jeden Zweifel erhaben und extrem hochwertig. Die Porcupine-Reifen vom schweizerischen Reifenhersteller ONZA jedoch wurden wohl eher aufgrund der Nähe zum FLYER-Headquarter anstatt ihrer Fahreigenschaften auf matschigem und losem Untergrund gewählt. Hier mangelt es den flachen Pneus leider oft an Traktion.

FLYER Uproc X 9.50

11.299 €

Ausstattung

Motor Panasonic GX Ultimate Pro FIT 95 Nm
Akku FLYER FIB-750 750 Wh
Display FIT Display Compact
Federgabel FOX 36 Factory FLOAT GRIP2 Kashima 150 mm
Dämpfer FOX FLOAT X Factory 150 mm
Sattelstütze RockShox Reverb AXS 170 mm
Bremsen Shimano XTR 200/200 mm
Schaltung SRAM AXS Eagle X01 1x12
Vorbau Satori Ursa 40 mm
Lenker FSA COMET 800 mm
Laufradsatz Mavic E-Deemax 30 29"/27,5"
Reifen ONZA Porcupine TRC/ONZA Porcupine GRC 2,4/2,6

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 24,8 kg
Zul. Gesamtgewicht 140 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 115 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

MonkeyLink Lichthalterung

Tuning-Tipp: griffigere Reifen aufziehen und Lenker mit mehr Rise verbauen, um Überschlagsgefühle zu minimieren

Vom Flachland bis auf die Dufourspitze – Was kann das FLYER Uproc X 9.50 in der Praxis?

Auf dem Uproc X nimmt man in einer angenehm aufrechten und kompakten Sitzposition Platz. Zusammen mit dem kräftigen Schub aus dem Panasonic-Motor, dem großen Akku und den Touren-Features wie eine Navigationsfunktion, wird aus dem FLYER ein starker Tourer. Die Navigationsfunktion auf dem FIT-Display erfolgt im Zusammenspiel mit der FIT E-Bike Control App auf dem Smartphone. Wenn dann die Schweizer Alpen unvermittelt vor einem stehen, werden selbst steile Wände zahm, denn das FLYER erweist sich als souveräner Kletterer. Der Panasonic-Motor schiebt mit hohem Durchzug den Berg hinauf, trotzdem muss man sich um ein steigendes Vorderrad keine Gedanken machen. Das FLYER hält die Traktion vorne wie hinten solide aufrecht und folgt der angepeilten Linie selbst durch knackige Schlüsselstellen zuverlässig. Der lange Motornachlauf hilft, sich über Wurzeln und Stufen schieben zu lassen, wenn man selbst nicht mehr in die Pedale treten kann. Nur auf nassem und losem Grund muss man sich Sorgen um den Grip der schwach profilierten Reifen machen.

Keine Cliffhanger: Mit dem FLYER Uproc X 9.50 erwarten einen auf technischen und steilen Climbs keine bösen Überraschungen.
Vertigo: Bergab sollte man nicht an Höhenangst oder Schwindel leiden, sonst stößt man auf dem FLYER Uproc X 9.50 schnell an seine Grenzen. Es vermittelt auf steilen Abfahrten nämlich Überschlagsgefühle.

Will man mit dem FLYER nicht nur klettern, sondern es auch fliegen lassen, verlässt das Uproc X seine Komfortzone. Auf Flowtrails mangelt es dem Fahrwerk an Gegenhalt im mittleren Federwegsbereich, weshalb man nur schwer Geschwindigkeit aus Pushen durch Wellen mitnehmen kann. Während sich das FLYER noch im Uphill einen komfortablen Vorsprung vor dem Großteil des Testfelds aufbauen kann, wird es in der Abfahrt von fast allen E-MTBs wieder ein- und überholt. In richtig steilen Passagen haben wir uns gewünscht, besser im Bike integriert zu stehen. Beim Anbremsen schiebt das FLYER Uproc X stark über die Front und Überschlagsgefühle bauen sich auf. Zu allem Überfluss erzeugen dann auch die Leitungen und Verkleidungen am FLYER eine Klapper-Geräuschkulisse.

Berg heil! Das FLYER Uproc X 9.50 ist ein echter Kletterexperte. In der Abfahrt offenbart es jedoch deutliche Schwächen.

Größe S M L XL
Oberrohr 576 mm 589 mm 619 mm 645 mm
Sattelrohr 400 mm 415 mm 450 mm 485 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm 140 mm
Lenkwinkel 64,5° 65,0° 65,0° 65,0°
Sitzwinkel 77,0° 77,0° 77,0° 77,0°
Kettenstrebe 460 mm 460 mm 460 mm 460 mm
Tretlagerabsenkung 31/12 mm 31/12 mm 31/12 mm 31/12 mm
Radstand 1.221 mm 1.229 mm 1.261 mm 1.291 mm
Reach 435 mm 445 mm 473 mm 495 mm
Stack 612 mm 622 mm 631 mm 650 mm
Helm Troy Lee Designs A3 | Brille POC Aspire | Hip Pack EVOC Hip Pack
Shirt Troy Lee Designs Ruckus 3/4 | Shorts HIRU Lab | Knieschoner Troy Lee Designs Stage
Schuhe Five Ten Hellcat Pro | Socken HIRU Merino

Will hoch hinaus – Für wen ist das FLYER Uproc X 9.50 das richtige Bike?

Das FLYER macht unter allen Tourenbikern eine gute Figur. Wer eine lange Wochenendtour zu einer Alpenhütte unternimmt, ist auf dem FLYER gut aufgehoben. Auch alle Kletterexperten, die sich in eher gemäßigtem Tempo über Spitzkehren-Trails durchkämpfen, als mit Topspeed Richtung Tal zu schießen, kommen beim Uproc X 9.50 auf ihre Kosten. E-Mountainbike-Anfänger werden vom anspruchsvollen Handling des FLYER auf Trails schnell überfordert sein und Experten könnten sich ein E-MTB wünschen, das seine Reserven besser verwaltet. Sie sollten sich den Testsieger Orbea WILD oder den Kauftipp RADON DEFT aus dem Vergleichstest näher anschauen.

Fahreigenschaften

DESIGN

  1. unausgewogen
  2. stimmig

HANDHABUNG

  1. umständlich
  2. clever

PREIS/LEISTUNG

  1. schlecht
  2. top

TOUREN- & ALLTAGSTAUGLICHKEIT

  1. niedring
  2. hoch

HANDLING

  1. fordernd
  2. intuitiv

FAHRSPAß

  1. langweilig
  2. lebendig

Einsatzbereich

Schotterweg

Technischer Uphill

Flowtrail Downhill

Technischer Downhill

Fazit zum FLYER Uproc X 9.50

Das FLYER Uproc X 9.50 spielt seine Stärken auf langen Touren mit reichlich Höhenmetern und gespickt mit technischen Kletterpassagen aus. Hier kann es auch besonders mit dem starken Motor und dem vielseitigen Funktionsumfang aus dem FIT-Motorsystem glänzen. Bergab wiederum schwächelt es und wird in der Hand von geübten Fahrern schnell an seine Grenzen gebracht. Gegen die starken Allrounder und die zum Teil deutlich günstigeren E-MTBs im Vergleichstest kann es sich daher nicht behaupten.

Tops

  • sehr gute Touren- und Klettereigenschaften
  • hochwertiges Ausstattungspaket
  • starke Connectivity-Features

Flops

  • Klappergeräusche in der Abfahrt
  • Cockpitergonomie
  • Reifen mangelt es an Grip auf losem Grund
  • schwammiges Fahrwerk

Mehr Informationen findet ihr unter flyer-bikes.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2023 – 30 Modelle im Test

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Words: Rudolf Fischer Photos: Mike Hunger

Über den Autor

Rudolf Fischer

In seinem früheren Leben war Rudolf in der Innovationsförderung tätig und hat Patentbewertungen im Millionen- und Milliardenbereich durchgeführt. Heute widmet er sich als Redakteur für DOWNTOWN und E-MOUNTAINBIKE nicht weniger spannenden Aufgaben. Als Data-Nerd beschäftigt er sich intensiv mit Zukunftsthemen wie Connected Mobility, testet aber natürlich auch gerne die neuesten Bikes, und zwar täglich. Entweder beim Pendeln oder zusammen mit dem Team bei unseren großen Vergleichstests. Der technisch orientierte Diplom-Betriebswirt ist so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Beispiele gefällig? Rudolf beherrscht u. a. Front-, Side- und Backflip – zwar nicht auf dem Bike, aber per pedes in der Stadt. Seine Parkour-Karriere hat er mittlerweile jedoch an den Nagel gehängt. Darüber hinaus spricht er Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und etwas Esperanto. Beim Versuch, sich selbst Japanisch beizubringen, ist er jedoch kläglich gescheitert. Wichtig zu wissen: Im HQ ist Rudolf bekannt, gefürchtet und (manchmal auch) gehasst für seinen trockenen Humor im Ricky-Gervais-Stil. Natürlich lacht er am meisten selbst darüber …