Für den großen E-Mountainbike-Vergleichstest 2023 schickt das Team von KTM sein Bike fürs Grobe ins Rennen – das Macina Prowler Exonic. In limitierter Auflage mit dem neuen Bosch Performance Line CX-Race-Motor und 180 mm Federweg an der Front ist es nicht nur das potenteste KTM-E-MTB, sondern mit 11.999 € auch das teuerste.
KTM hat sich bei der Entwicklung des Macina Prowler Exonic definitiv nicht zurückgehalten. Mit 180 mm Federweg an der Front und 170 mm am Heck gehört es zumindest auf dem Papier zu den potentesten Bikes im Testfeld. Nur das Focus SAM² kann beim Federweg an der Front mithalten. Zum vielen Federweg passt das sehr bullige Erscheinungsbild: Der Carbon-Rahmen mit Alu-Hinterbau hat viele Ecken und Kanten und versucht gar nicht erst, die E-Bike-Gene zu verstecken. Herzstück der limitierten Sonderedition ist aber ganz klar der sehr kraftvolle, 85 Nm starke Bosch Performance Line CX-Race-Motor. Damit ist das KTM Macina Prowler Exonic neben dem Mondraker Crafty und dem Orbea WILD eines der drei Bikes im Testfeld mit dem extra für den Race-Einsatz abgestimmten Motor. Dass es auf der Rennstrecke abliefern kann, wurde bereits mehrfach in der EWS-E Rennserie unter Beweis gestellt. KTM bewirbt es auch für Normalsterbliche als das „Ass im Trikotärmel für den härtesten Trail- und Enduro-Einsatz“. Ob es wirklich ein Ass ist, oder nicht doch eher eine Kreuz Vier, haben wir für euch auf den spanischen Trails in Santa Coloma de Farners herausgefunden.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2023 – 30 Modelle im Test
Alles, was glänzt – Was macht das KTM Macina Prowler Exonic besonders?
Beim Bosch Perfomance Line CX-Race-Motor hat KTM nicht nur an brachiale Power gedacht, sondern auch an Alltagsnutzen und stattet ihn in Serie mit dem Bosch Connect-Modul inklusive Ortungsfunktion aus. Damit ist das Macina Prowler Exonic neben dem Forestal Siryon das einzige Bike im Test mit einem Ortungsgerät. Und somit das einzige Bosch-E-MTB im Testfeld, das diese Form des Diebstahlschutzes, die Bosch allen Smart System-Bikes ermöglicht, auch nutzt – top! Allerdings muss die Funktion erst in der E-Bike Flow-App gegen eine Gebühr von 40 Euro im Jahr freigeschalten werden. Für uns bei einem Bike für fast 12.000 € keine schlechte Investition.
Ebenso gegen Diebstahl gesichert ist der 750 Wh große Akku. Zur Entnahme muss man ihn mit dem Schlüssel entriegeln und dann nach oben entnehmen. Das Schlüsselloch mit Plastikkappe sitzt allerdings genau über dem Motor, wo man eigentlich den Ladeport erwarten würde, was beim ersten Mal für etwas Verwirrung sorgen kann. Durch die Entnahme nach oben in Kombination mit dem Dämpfer am Oberrohr wird die Prozedur schnell aufwendig und umständlich – besonders, wenn noch ein Flaschenhalter montiert ist, wird es platzmäßig wirklich knapp. Knapp wird es auch am Alu-Hinterbau, denn KTM verbaut am Hinterrad den mit 2,8” breitesten Hinterreifen im Testfeld. Was in der Theorie für beste Kraftübertragung und Traktion sorgen soll, sorgt in der Praxis vor allem dafür, dass der Reifen schon in der Ebene am Kettenstrebenschutz schleift. Ebenso großes Unverständnis wie der für den Reifen zu schmale Hinterbau erzeugten bei uns auch die Lagerabdeckungen am Rahmen, die mit unterschiedlichen Torx-Schlüsseln angezogen werden müssen. Die finden sich in keinem Multitool und sorgen dafür, dass ihr auf dem Trail mit einem lockeren Lager ziemlich aufgeschmissen seid.
Bei der Ausstattung verbaut KTM am Macina Prowler Exonic alles, was edel und teuer ist, schafft es aber nicht, ein für den Einsatzbereich sinnvolles Gesamtpaket zusammenzustellen. Die massive FOX 38 Factory FLOAT-Gabel wird leider nur mit der für den angepeilten harten Trail- und Enduro-Einsatz ziemlich unpassenden FIT4-Kartusche verbaut, die euch bei der Trail-Performance und Anpassbarkeit stark einschränkt. Eingeschränkt ist man in der Abfahrt auch in der Bewegungsfreiheit durch die mit 150 mm zu kurze elektronische RockShox Reverb AXS-Sattelstütze. Die sehr starke MAGURA MT7-Bremse mit den gefühlvolleren HC3-Nachrüsthebeln wird am Hinterrad leider nur mit einer 180er-Scheibe kombiniert. Das sorgt auf langen Abfahrten für rauchende Bremsbeläge und schwindende Bremspower.
KTM Macina Prowler Exonic
11.999 €
Ausstattung
Motor Bosch Performance Line CX-R 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 750 Wh
Display Kiox 300
Federgabel FOX 38 Factory FLOAT FIT4 Kashima 180 mm
Dämpfer FOX DHX2 Factory 170 mm
Sattelstütze RockShox Reverb AXS 150 mm
Bremsen MAGURA MT7 HC3 200/180 mm
Schaltung SRAM AXS Eagle XX1 1x12
Vorbau KTM Team Trail 35 50 mm
Lenker KTM Prime Trail Carbon 800 mm
Laufradsatz DT Swiss HXC 1501 29"/27,5"
Reifen Schalbe Eddy Current, Super Trail, ADDIX Soft/Schalbe Eddy Current, Super Gravity, ADDIX Soft 2,6/2,8
Technische Daten
Größe M L XL
Gewicht 25,2 kg
Zul. Gesamtgewicht 126 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 100 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme ja
Besonderheiten
Bosch ConnectModule mit GPS
Tuning-Tipps: 200-mm-Bremsscheibe am Heck | Abo für Ortungsservice abschließen
Monstertruck für den Radweg – Was kann das KTM Macina Prowler Exonic?
Seine Stärken hat das KTM Macina Prowler Exonic – entgegen dem Marketing-Versprechen – als Tourer und auf flowigen Trails, statt im harten Enduro- und Trail-Einsatz. Die Sitzposition in der Ebene ist recht aufrecht und kompakt. Das sorgt in Kombination mit dem sensibel ansprechenden Hinterbau, der Schlaglöcher und Bodenwellen einfach wegschluckt, für hohen Tourenkomfort. Auch als Alltags-Bike macht es mit Features wie dem gesicherten Akku, einer Ständeraufnahme und Anhängerfreigabe eine gute Figur. Geht es steil durchs Gelände bergauf, schiebt der Bosch Performance Line CX-Race Motor sehr kräftig an. Mit seinem langen Nachlauf kann man sich über Kanten oder Stufen einfach drüberschieben lassen und muss keine Pedalaufsetzer riskieren. Der sehr breite Hinterreifen generiert auf losem Untergrund viel Grip. Um die Front am Steigen zu hindern, muss man viel nach vorne arbeiten. Besonders in Kombination mit dem sehr kräftig und direkt einsetzenden Motor hat man seine gute Mühe, nicht nach hinten abgeworfen zu werden. Die CX-Race Konkurrenten Mondraker Crafty und Orbea WILD machen einem steile Uphills deutlich leichter.
In der Abfahrt ist das KTM Macina Exonic Prowler überraschend agil und wendig. Mit guter Endprogression und einigem Pop kann man leicht an Bodenwellen abziehen und auch härtere Landungen werden verlässlich weggeschluckt. Etwas aufpassen muss man allerdings in Kurven, hier braucht es viel Druck auf der Front, um Grip am Vorderrad aufzubauen. In flachen Kurven ebenso wie in Anliegerkurven, die man mit Nachdruck fährt, spürt und hört man, dass der Hinterreifen am Hinterbau schleift – kein schönes Gefühl! Auf technischen Trails profitieren Anfänger wie Fortgeschrittene vom tiefen Stand im Bike, was Sicherheit vermittelt. Der Hinterbau spricht sensibel an und bietet auch bei großen Hindernissen genug Gegenhalt. Wird das Tempo aber schneller, wird aus dem agilen Handling ein nervöses Fahrgefühl und man hat so seine Probleme damit, es auf dem Trail zu halten. Der äußerst breite Hinterreifen sorgt zudem in Kombination mit dem merklich flexenden Hinterbau für ein sehr schwammiges Fahrgefühl. In steilen Stücken und an Stufen macht sich auch die mangelnde Bewegungsfreiheit durch die kurze Dropperpost im Intimbereich bemerkbar – eher unangenehm.
Alles edel und teuer: KTM hat dem Macina Prowler Exonic durchweg Prestigeparts verpasst, allerdings passen einige davon nicht zum angepeilten Einsatzzweck.
Größe | M | L | XL |
---|---|---|---|
Oberrohr | 593 mm | 613 mm | 633 mm |
Sattelrohr | 430 mm | 450 mm | 480 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 125 mm |
Lenkwinkel | 64,0° | 64,0° | 64,0° |
Sitzwinkel | 75,0° | 75,0° | 75,0° |
Kettenstrebe | 442 mm | 442 mm | 442 mm |
Tretlagerabsenkung | 3 mm | 3 mm | 3 mm |
Radstand | 1.226 mm | 1.248 mm | 1.271 mm |
Reach | 432 mm | 450 mm | 467 mm |
Stack | 612 mm | 622 mm | 636 mm |
Für wen ist das KTM Macina Prowler Exonic das richtige Bike, für wen nicht?
Mit dem KTM Macina Prowler Exonic werden vor allem Tourer auf ihre Kosten kommen. Die bekommen ein komfortables Bike, mit dem man auch über unebenes Gelände gut nach oben kommt. Auf langen Downhills über Schotterstraßen ist mit der kleinen Bremsscheibe am Heck allerdings Vorsicht geboten. Ansonsten ist es ein Bike für alle, die eine Ansammlung prestigeträchtiger Anbauteile möchten und dafür über Einschränkungen in der Perfomance hinwegsehen können.
Erwartet man beim Anschauen des KTM Macina Prowler Exonic noch einen Monstertruck, bekommt man in der Praxis einen komfortablen Tourer.
Fahreigenschaften
DESIGN
- unausgewogen
- stimmig
HANDHABUNG
- umständlich
- clever
PREIS/LEISTUNG
- schlecht
- top
TOUREN- & ALLTAGSTAUGLICHKEIT
- niedring
- hoch
HANDLING
- fordernd
- intuitiv
FAHRSPAß
- langweilig
- lebendig
Einsatzbereich
Schotterweg
Technischer Uphill
Flowtrail Downhill
Technischer Downhill
Fazit zum KTM Macina Prowler Exonic
KTM kann mit dem Macina Exonic Prowler sein eigenes Versprechen vom „Ass im Trikotärmel für den härtesten Trail- und Enduro-Einsatz“ leider nicht halten. Zusätzlich zum nervösen und schwammigen Handling in der Abfahrt wird es noch durch einige Schwächen in der Ausstattung ausgebremst. Auch im technischen Uphill verschenkt es das Potenzial aus starkem Motor und breitem Hinterreifen durch sein unbalanciertes Handling. Dafür kann es als komfortabler Tourer für ausgedehnte Touren überzeugen. Auch im Alltag macht es eine gute Figur.
Tops
- bequemer Tourer
- serienmäßig verbautes Ortungssystem
- Fahrwerk mit gutem Pop und ausreichend Endprogression
Flops
- Ausstattung mit einigen Schwächen für den Trail-Einsatz
- umständliche Akkuentnahme
- Hinterrad schleift in Kurven am Hinterbau
Mehr Informationen findet ihr unter ktm-bikes.at
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2023 – 30 Modelle im Test
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Words: Felix Rauch Photos: Mike Hunger