Das radikale UNNO Mith hebt sich vor allem durch sein extravagantes Design von der Masse ab. Es kommt mit einem Bosch Smart System-Motor mit 750-Wh-Akku und 170 mm Federweg vorn und 160 mm am Heck. Wir haben für euch herausgefunden, ob das Fahrverhalten des für 10.795 € erhältlichen E-MTBs genauso radikal ist wie die Optik.

UNNO Mith Race | Bosch Smart System/750 Wh | 170/160 mm (v/h)
22,7 kg in Größe S2 | 10.795 € | Hersteller-Website

UNNO, noch nie gehört? Nicht schlimm, denn mit dem Mith – das davor BOÖS hieß – hat die kleine Bike-Marke aus Barcelona ihr erstes E-Mountainbike vorgestellt. Die 2016 gegründete Brand hatte bisher nur analoge Bikes im Programm, die alle in Handarbeit in Barcelona hergestellt wurden. Mit neuer Preispolitik und Designsprache starten die Spanier voll durch und das Mith ist nicht nur das erste E-MTB, sondern auch das erste Bike der neuen Generation, die UNNO einläuten will. Die neuen UNNO-Modelle werden nicht mehr in Spanien gefertigt, sondern in Asien. Geschuldet ist das den größeren Stückzahlen und der Entscheidung, preislich wettbewerbsfähige, aber nicht weniger exklusive Bikes anzubieten. Hinter UNNO steckt kein Geringerer als der ehemalige Weltcup-Downhiller Cesar Rojo, der durch sein großes Designstudio Cero-Designs wegweisende Designsprachen und Geometrie-Konzepte in die Bike-Welt gebracht hat.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2023 – 30 Modelle im Test

Vom Feinsten – Was macht das UNNO Mith Race besonders?

Der Bike-Markt wird jedes Jahr mit neuen Bikes überflutet, da fällt es schwer, sich von der Masse abzuheben. So schafft es auch das Mith nicht, allein mit 170/160 mm Federweg (v/h) und gemischten Laufradgrößen aka Mullet für 10.795 € zu überzeugen. Das 22,7 kg schwere UNNO sticht vor allem durch sein einzigartiges und radikales Design hervor. Am Vollcarbon-Rahmen bestimmen klare Linien das Erscheinungsbild. Besonders auffällig sind dabei das tiefe Oberrohr, der Sitzdom und der Dämpfer, der durch das Sattelrohr führt. Abgerundet wird das Gesamtbild durch den Effektlack mit goldenen Akzenten. Auch bei genauerem Hinsehen erkennt man die Detailverliebtheit: Der aufwendige Kettenstrebenschutz fügt sich in die Form der Kettenstrebe ganz ein, die Kettenführung wurde unauffällig am Rahmen integriert und die Kabel laufen durch eine eigens entwickelte Zugführung über den Steuersatz in den Rahmen. Auch die Integration des Antriebssystems weiß zu gefallen und ist nach dem Orbea WILD die schönste Bosch Systemintegration im ganzen Testfeld. Der Bosch Smart System-Motor mit 85 Nm Drehmoment ist leicht rotiert eingebaut und folgt den Linien des Rahmens. Im schlanken Unterrohr findet der fest verbaute 750-Wh-Akku seinen Platz, was zum Nachteil wird, wenn man keine Lademöglichkeit im Keller oder in der Garage hat. Aber kein Problem, da ein Bike wie das UNNO Mith auch als Designobjekt jedes Wohnzimmer aufwertet. Zur extravaganten Formsprache passt die smarte Integration des Bosch KIOX 300-Displays, das am UNNO im Oberrohr eingelassen ist und bei Bedarf herausgenommen werden kann. Nur die etwas klobig wirkende Remote des Bosch Smart Systems passt nicht so richtig zum integrierten Look des UNNO Mith und stört die sonst so cleane Optik des Cockpits. Das One-Piece-Carbon-Cockpit der hauseigenen Marke DEUX macht zwar einiges her, schränkt aber die Einstellbarkeit ein und Anpassungen bei Neigung und Höhe sind nicht möglich.

Verdreht
UNNO rotiert den Bosch Smart System-Motor mit 85 Nm Drehmoment leicht, so folgt er den Rahmenformen und fügt sich schön in das Gesamtbild ein.
Smooth
Das Bosch Kiox 300-Display ist nicht wie üblich exponiert am Lenker befestigt, sondern wurde in das Oberrohr eingelassen.
Alien
Wie ein Fremdkörper wirkt die große Remote des Bosch Smart Systems am cleanen Cockpit des Mith.

Auch bei der restlichen Ausstattung setzt UNNO nur auf feinsten Stoff, und so kommt passend zur Lackierung das goldglänzende FOX Factory-Fahrwerk zum Einsatz. Die hochwertige GRIP2-Kartusche der FOX 38 Factory-Federgabel lässt eine hohe Einstellbarkeit zu und in Sachen Performance keine Wünsche offen. Während der FLOAT X2-Luftdämpfer in der Theorie eine große Einstellbarkeit erlaubt, gestaltet sich die Zugänglichkeit ans Federbein eher schwierig. Die Lowspeed-Rebound-Verstellung ist leider nicht erreichbar, sodass man den Dämpfer für Verstellungen ausbauen muss. Die Sattelstütze stammt auch aus dem Hause FOX, bietet aber mit 150 mm schlichtweg zu wenig Hub für ein Bike in Größe L. Zudem machte sich die Leitung an unserem Test-Bike durch ein lautes Klappern bemerkbar. Bei der Schaltgruppe geizt UNNO nicht mit High-Tech und verbaut die kabellose SRAM GX AXS-Schaltung. Die Reifenwahl auf den Crankbrothers Synthesis E-Alu-Laufrädern trifft fast ins Schwarze. Aber nur fast, denn der MAXXIS ASSEGAI EXO+ an der Front kommt in der härteren MaxxTerra-Gummimischung, am Heck hingegen kommt ein MAXXIS Minion DHR II in der robusten Doubledown-Karkasse zum Einsatz. Schwere Fahrer sollten den Vorderreifen gegen einen Reifen mit der weichen MaxxGrip-Gummimischung und der robusteren Doubledown-Karkasse tauschen.

Zugriff verweigert
Um den FOX FLOAT X2-Dämpfer einzustellen, braucht man viel Geduld. Das Lowspeed-Rebound-Einstellrädchen ist nicht erreichbar, sodass man den Dämpfer ausbauen muss.
Kompromiss
Das One-Piece-Carbon-Cockpit der hauseigenen Marke DEUX passt zwar zum edlen Look des Mith, schränkt aber die Einstellbarkeit ein und Anpassungen bei Neigung und Höhe sind nicht möglich.

UNNO Mith Race

10.795 €

Ausstattung

Motor Bosch Smart System 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 750 Wh
Display Kiox 300
Federgabel FOX 38 Factory GRIP2 Kashima 170 mm
Dämpfer FOX FLOAT X2 Factory 160 mm
Sattelstütze FOX Transfer Factory 150 mm
Bremsen Formula Cura 4 220/200 mm
Schaltung SRAM GX AXS 1x12
Vorbau DEUX Enduro Bars 40 mm
Lenker DEUX Enduro Bars 800 mm
Laufradsatz Crankbrothers Synthesis E 29"/27,5"
Reifen MAXXIS ASSEGAI EXO+ MaxxTerra/ MINION DHR II DD MaxxTerra 2,5/2,4

Technische Daten

Größe S1 S2 S3
Gewicht 22,7 kg
Zul. Gesamtgewicht 140 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 117 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein

Tuning-Tipp: Leitungen der Sattelstütze ummanteln, um Klappergeräusche zu reduzieren

Designobjekt oder Abfahrtsmaschine? – Was kann das UNNO Mith im Praxistest?

Auf den ersten Blick sieht das UNNO Mith nach einem teuren Designobjekt aus, aber wie im Wohnzimmer neben dem Kamin weiß es auch auf dem Trail zu überzeugen. Startet man in den Flowtrail, dann geht die Post ab. Trotz des vielen Federwegs sackt das Fahrwerk in Anliegern und Kurven nicht weg, sondern bietet genug Gegenhalt. Das Mith will aber mit genug Nachdruck auf der Front durch offene flache Kurven gesteuert werden, um den Grip aufrechtzuerhalten. Ein weicherer Vorderreifen würde bei diesem Problem jedoch bereits viel helfen. Aktive Fahrer generieren viel Speed über Wellen und bekommen viel Feedback vom Untergrund. Durch das kurze DEUX-Cockpit lassen sich Lenkimpulse und Linienkorrekturen blitzschnell umsetzen. Das Bike lässt sich auch auf Highspeed-Sektionen schnell und präzise fahren, erfordert aber auch eine erfahrene Hand, um mit dem direkten Feedback umgehen zu können.

Grip ist da
Auf losen Untergründen generiert der Hinterbau des Mith gute Traktion und die Front muss auch in steilen Sektionen nicht aktiv belastet werden.
Tanz auf der Rasierklinge
Das Bike lässt sich auf Highspeed-Sektionen schnell und präzise fahren, erfordert aber auch eine erfahrene Hand, um mit dem direkten Feedback umgehen zu können.

Auf dem Weg zum nächsten Trail platziert einen das UNNO zentral im Sattel, ist aber im Vergleich zum Cannondale Moterra Neo LT zu straff für ein komfortables Touren-Bike, da Unebenheiten und Wurzeln deutlich spürbar an den Fahrer weitergegeben werden. Auf losen Untergründen generiert der Hinterbau gute Traktion und die Front muss auch in steilen Sektionen nicht aktiv belastet werden. Der kraftvolle Motor shuttelt einen bequem Richtung Gipfel.

Auf den ersten Blick sieht das UNNO Mith nach einem teuren Designobjekt aus, aber auf dem Trail performt es genauso wie im Wohnzimmer neben dem Kamin.

Größe S1 S2 S3
Oberrohr 570 mm 605 mm 647 mm
Sattelrohr 440 mm 460 mm 490 mm
Steuerrohr 107 mm 120 mm 145 mm
Lenkwinkel 64,0° 64,0° 64,0°
Sitzwinkel 77,0° 77,0° 77,0°
Kettenstrebe 450 mm 450 mm 450 mm
Tretlagerabsenkung 15/30 mm 15/30 mm 15/30 mm
Radstand 1.224 mm 1.265 mm 1.316 mm
Reach 435 mm 470 mm 510 mm
Stack 630 mm 640 mm 663 mm
Helm Fox Speedframe | Brille Oakley Sutro Lite | Rucksack POC Spine VPD Air
Jacke E-Mountainbike Hoodie | Hose Fox Flex Air | Schuhe Leatt DBX 1.0

Für wen ist das UNNO Mith das richtige Bike, für wen nicht?

Das UNNO Mith steht nicht im typischen Radladen und ist für alle, die schon tiefer in der Materie stecken, denn auch fahrtechnisch erfordert es eine erfahrene Hand. Zum performanten Paket bekommt man innovative und smarte Details und ein einzigartiges Design. Egal ob auf dem Trail oder vor der Eisdiele, neidische Blicke sind mit dem UNNO Mith garantiert.

Fahreigenschaften

DESIGN

  1. unausgewogen
  2. stimmig

HANDHABUNG

  1. umständlich
  2. clever

PREIS/LEISTUNG

  1. schlecht
  2. top

TOUREN- & ALLTAGSTAUGLICHKEIT

  1. niedring
  2. hoch

HANDLING

  1. fordernd
  2. intuitiv

FAHRSPAß

  1. langweilig
  2. lebendig

Einsatzbereich

Schotterweg

Technischer Uphill

Flowtrail Downhill

Technischer Downhill

Fazit zum UNNO Mith Race

Auf dem Trail punktet das UNNO Mith Race mit einem direkten und präzisen Handling und einem Fahrwerk mit viel Gegenhalt. Es überzeugt mit einem einzigartigen Design und einer Bosch-Systemintegration, die ihresgleichen sucht. Das Design bringt zwar Vorteile wie die schöne Integration, fordert aber auch Kompromisse in der Handhabung ein. Das UNNO Mith ist nicht nur eine Deko fürs Wohnzimmer, sondern auch eine potente Abfahrtsmaschine, insofern der Pilot mit dem direkten Feedback umgehen kann.

Tops

  • einzigartiges Designsprache
  • schöne Bosch Display-Integration
  • robuste und potente Ausstattung für den Trail-Einsatz
  • fairer Preis für das Paket

Flops

  • sehr kurze Sattelstütze
  • Leitungen klappern

Mehr Informationen findet ihr unter unno.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2023 – 30 Modelle im Test

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Words: Mike Hunger Photos: Peter Walker

Über den Autor

Mike Hunger

Von Slopestyle und Landschaftsfotografie, hin zu Enduro und Actionfotografie. Mike probiert gerne neue Dinge aus und hat eine Vorliebe für Action. Und Handwerk: So zieht es ihn mit seinem Syncro-Van, den er selbst restauriert und umgebaut hat, regelmäßig auf verschiedenste Roadtrips. Natürlich immer mit dabei ist sein Bike und seine Kamera, um die feinsten Trails von Italien bis in die Alpen unter die Stollen zu nehmen und die schönsten Momente festzuhalten. Durch seine Ausbildung als Industriemechaniker, seiner Erfahrung aus dem Radsport und seinen Foto-Skills kann er das Know-How perfekt in den journalistischen Alltag umsetzen und testet jetzt als Redakteur die neuesten Bikes und Parts. Als “Foto-Nerd” hält er außerdem die Tests fotografisch fest und sorgt im Magazin für geiles Bildmaterial.