Das FLYER Goroc3 6.50 wirkt auf den ersten Blick gar nicht wie ein Trekking-E-Bike. Die vollgefederte Rahmenplattform lässt viel Mountainbike-DNA unter der Trekking-Ausstattung durchblicken. Macht es das zum besseren Trekking-Bike? Das Schweizer Bike mit Bosch Performance CX-Motor und DualBattery-Option will sich im Test beweisen.

FLYER Goroc3 6.50 | Bosch Performance Line CX/625 Wh | 140/130 mm (v/h)
27,04 kg in Größe L | 5.699 € | Hersteller-Website

Das E-Bike ist Teil unseres großen Trekking-E-Bike Vergleichstest. Hier findet ihr eine Übersicht über das Testfeld und alle wichtigen Informationen zur neuen Generation von Trekking-E-Bikes.

Das FLYER Goroc3 6.50 im Test: So fährt sich das Trekking-E-Bike mit MTB-Genen

Wenn es um Trekking geht, hat der Schweizer Hersteller FLYER einen Heimvorteil: Die hügelige Landschaft ist ein Trekking-Paradies, gleichzeitig tummeln sich zahlreiche Trails mit höchstem Schwierigkeitsgrad in diesem Alpenraum. Wenig verwunderlich, dass FLYER ein E-Bike mit starken Mountainbike-Einflüssen ins Rennen um den besten Trekking-Allrounder schickt. Das soll Vorteile bei Handling, Komfort und vor allem der Sicherheit bieten. Wir haben das 5.699 € teure und 27,04 kg schwere FLYER Goroc 3 6.50 in Größe L für euch getestet. Auf dem FLYER nimmt man zentral über dem Motor in einer leicht nach vorne gebeugten Sitzposition Platz. Dadurch lastet etwas Druck auf den Handballen, der dafür am Heck fehlt. Die Position ist aber aufrecht genug, um die Rundumsicht nicht einzuschränken. Auf Anstiegen sorgt die Gewichtsverteilung für Druck auf dem Vorderrad, wodurch dem FLYER selbst auf steilen Schotterrampen der Grip vorne nie ausgeht, das Vorderrad nicht abhebt und das E-Bike leicht beherrschbar bleibt. In der Ebene verhält sich das FLYER beim Durchfahren von langgezogenen Kurven stabil und berechenbar. Auch Fahranfängern gelingt die Kurvenfahrt über Schräglage auf Anhieb. In Geraden kommt das FLYER durch die Shimano MT520-Vierkolbenbremsen mit ergonomischen Einfingerhebeln sicher zum Stehen. Der leicht profilierte MAXXIS Forekaster sorgt als klassischer Mountainbike-Reifen bei Bremsmanövern während der Geradeausfahrt für zuverlässige Verzögerung, selbst auf schlecht befestigten Fahrbahnen.

2013 noch der letzte Schrei
Das in die Jahre gekommene Intuvia-Display beherrscht kaum mehr Funktionen als eine Sonnenuhr. Für mehr Connectivity lässt sich das 299 € teure COBI.Bike-System auf den Intuvia-Halter aufstecken.
Zu lang
Trekking-Fans nutzen Vario-Sattelstützen vorwiegend als praktische Aufstiegshilfe. Das lange Sattelrohr am FLYER verhindert aber, dass man den vollen Hub der Sattelstütze sinnvoll ausnutzen kann.
Überladen
Das Kabelmanagement am Cockpit ist FLYER nicht gut gelungen. Auch am Übergang zu Hinterbau muss man sich mit exponierten Zügen abfinden.
Meistert den Alltag
Mit dem umfangreichen Ausstattungspaket aus Gepäckträger, Licht und Schutzblechen ist man für alle Situationen gut gerüstet. Nur der klapperige Pletscher Comp Flex-Fahrradständer ist eine Enttäuschung. Auf größeren Absätzen klappt er sich von alleine aus.
Für diesen groben Fehler sollte Bosch den Lappen abgeben.
Gemeint ist natürlich der fummelige Bosch-Gummilappen, der den Ladeport abdeckt. Leider folgt FLYER nicht dem Beispiel vieler anderer Hersteller und entwickelt ein eigenes Cover.
Mountainbike-Technik ist im Trend
Mit der gefederten Hinterbau-Kinematik und dem RockShox Deluxe Select+ Dämpfer hält MTB-Technik Einzug in die Trekking-Welt.
Vom Bordstein zur Schotter-Line
Der MAXXIS Forekaster-Reifen hat seinen Weg aus dem MTB-Sektor in den Trekkingbereich gefunden. Er sorgt für viel Traktion auf hartem bis losem Untergrund.

FLYER Goroc3 6.50

5.699 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Bosch Intuvia
Federgabel SR Suntour AION35 Evo 140 mm
Dämpfer RockShox Deluxe Selec+RT 130 mm
Sattelstütze FLYER Dropper Post MT171 150 mm
Bremsen Shimano MT520 200/180 mm
Schaltung SRAM NX Eagle 1x12
Vorbau FLYER Alloy 50 mm
Lenker FLYER Alloy 740 mm
Laufradsatz Rodi Ready 30 27,5"
Reifen MAXXIS Forekaster Silk Shield 2,35"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 27,04 kg
Zul. Gesamtgewicht 150 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 122 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme ja

Besonderheiten

DualBattery Option mit 500 Wh
Supernova M99 MINI PURE 25 Frontlicht
Busch & Müller 2c Rücklicht

Sternzeichen Bergziege! Das FLYER ist ein souveräner Kletterer. Selbst mit Beladung am Heck klebt das Vorderrad am Boden und sorgt für gute Spurtreue.

Mach mich nicht nervös! Die Fahrsicherheit an Bord des FLYER Goroc3 6.50

Anders verhält es sich, wenn man man enge Haken um Gullydeckel oder Pfützen schlägt. Da zeigt das FLYER ein nervöses und kippeliges Fahrverhalten. Die Reifen haben einen schlechten Übergang von Geradeaus- zu Kurvenfahrt und das Vorderrad tendiert dazu, in enge Kurven von selbst mit einzuschlagen, was den Fahrer aus der Balance bringen kann. Auf holprigen Schotterstraßen sorgt das fordernde Handling dafür, dass man auf dem FLYER viel Aufmerksamkeit mitbringen und vorausschauend fahren muss, um hektische Fahrmanöver zu vermeiden. Auf verwinkelten Trampelpfaden bietet es nicht den selben Fahrspaß wie das Trek Powerfly oder MERIDA eONE-FORTY. Geht es steil bergab, schiebt das FLYER seinen Fahrer nach vorne über den Lenker und trübt dadurch das Sicherheitsempfinden. Auch die kleine 180-mm-Bremsscheibe hinten ist für lange Abfahrten besonders für schwere Fahrer nicht standfest genug. Mit Beladung am Heck verschärft sich das nervöse Fahrverhalten bei agilen Wendemanövern spürbar. Wer bei einer entspannten Fahrweise auf abrupte Richtungswechsel verzichtet, kann das FLYER als zuverlässigen Transporter einsetzten, besonders bergauf gelingt ihm das durch die frontlastige Gewichtsverteilung ausgezeichnet. Dabei kann es die Kraft aus dem Bosch Performance Line CX-Motor perfekt ausnutzen. Besonders der dynamische eMTB-Modus hilft dabei, die Leistung situationsabhängig abzurufen, sodass man im ersten Moment entspannt cruisen und an steilen Anstiegen auf die volle Motorpower zurückgreifen kann, ohne den Modus zu wechseln.

Helm Bluegrass Rogue Core MIPS | Shirt Rapha | Hose Tommy Hilfiger | Schuhe Ride Concept Helium Elite | Gepäckträgertasche Ortlieb E-Mate

MTB-Technik am Trekking-E-Bike – Der Fahrkomfort auf dem FLYER Goroc3 6.50

Für ein angenehmes Trekking-Erlebnis vertraut das Goroc3 6.50 auf Technik aus dem MTB-Bereich. Die ausfahrbare Sattelstütze mit 150 mm Hub vereinfacht das Auf- und Absteigen und sorgt für viel Bewegungsfreiheit abseits befestigter Wege. Allerdings ist das Sattelrohr zu lang, wodurch der Sattel für Fahrer mit kurzen Beinen schlichtweg zu hoch ausfällt. Für mehr Fahrkomfort besitzt das FLYER Goroc3 6.50 ein vollgefedertes Fahrwerk mit 140 mm SR-Suntour AION35 EVO-Federgabel und 130 mm Federweg am Heck, der durch einen RockShox Deluxe Select+ Dämpfer geregelt wird. Trotz des üppigen Federwegs spricht das Fahrwerk nur widerwillig auf Vibrationen und kleine Unebenheiten an, es wird erst bei spitzen Schlägen wie dem Überfahren von Bordsteinkanten aktiv, wodurch es nicht denselben Fahrkomfort wie z. B. das Riese & Müller Homage bietet. Der Fahrradständer hingegen reagiert auf Fahrbahnunebenheiten deutlich sensibler und ist permanent am Klappern. Bei größeren Absätzen klappt er sich sogar von alleine aus und sollte daher dringend getauscht werden.

Bei einer entspannten Fahrweise mit moderatem Tempo erweist sich das FLYER als guter Transporter für Gepäck, besonders bergauf gelingt ihm das am besten.“

Kein Anschluss unter dieser Nummer – Die mangelnde Connectivity am FLYER Goroc3 6.50

Die Alltagsausstattung, bestehend aus sehr soliden Alu-Schutzblechen, Gepäckträger, Kettenschutz und Lichtsystem, verhält sich deutlich ruhiger als der Ständer und bietet hohen Mehrwert. Besonders das Frontlicht Supernova M99 MINI PURE 25 bietet durch seine Ausleuchtung ein großes Sicherheitsplus, nur die M99 MINI PRO am Riese & Müller ist dank zusätzlichem Fernlicht noch besser. Das verbaute Busch & Müller 2C-Rücklicht wirkt im Vergleich dazu jedoch wie ein liebloser Plastikreflektor. Der Heckgepäckträger ist für 25 kg freigegeben und wurde formschön an die Ausfallenden integriert. Für Fans von Connectivity bietet das FLYER leider nichts. Das acht (!) Jahre alte Bosch-Intuvia-Display beherrscht nur die Basics. Will man unterwegs navigieren oder Fitnessfunktionen nutzen, kommt man um ein Upgrade nicht herum. Das COBI.Bike-System für 299 € lässt sich ohne Werkzeug auf die Intuvia-Halterung stecken und stellt eine Verbindung zum Smartphone her. Wer auf das Smartphone verzichten will, kann sich das Bosch-Nyon vom Händler nachrüsten lassen, Kostenpunkt 349 € plus Werkstattkosten. Dann könnt ihr auf die gleiche reichweitenbasierte Navigation wie beim Riese & Müller Homage zurückgreifen.

Höchste Konzentration! Das FLYER Goroc3 6.50 verlangt nach einer vorausschauenden und smoothen Fahrweise, um hektische Fahrmanöver zu vermeiden. Bei engen Haken verhält es sich nervös.

Tuning-Tipp: COBI.Bike oder Nyon nachrüsten und den Fahrradständer austauschen

Das FLYER Goroc3 6.50 im Detail

Das FLYER Goroc3 6.50 besitzt einen wuchtigen Look und die markante Verstrebung zwischen Ober- und Unterrohr, die bei FLYER-Fans gut ankommt. Ansonsten kann es in Sachen Optik und Verarbeitung an vielen Stellen die Fahne für FLYER nicht lange hoch halten. Das Kabelmanagement ist chaotisch. Vor dem Cockpit verlaufen Züge schlecht gebündelt an mehreren Stellen in den Rahmen und treten in unschönen Bögen zwischen Oberrohr und Hinterbau wieder aus dem Rahmen hervor. Das Sattelrohr wurde um ein Blech erweitert, was ihm eine von Rennrädern bekannte aerodynamische Form verleiht, aber am Trekking-Bike keine Funktion erfüllt. Das Herzstück, der Bosch Performance Line CX-Motor und der 625-Wh-Akku, wurden sauber im Rahmen integriert. Der Motor bietet zudem einen soliden Unterfahrschutz, aber das fummelige Gummicover für den Ladeport gehört zu den schlechtesten im Test. Auf dem Unterrohr kann man sich zwischen Trinkflaschenhalter oder DualBattery-Option mit 500 Wh PowerPack entscheiden. Für zusätzlich 950 € kommt ihr so auf insgesamt 1.125 Wh Akkukapazität, was besonders lange Touren möglich macht.

Unser Fazit zum FLYER Goroc3 6.50

Das FLYER Goroc3 6.50 ist für die Alpencrosser unter den Trekking-Fans gemacht. Wer gerne Touren mit vielen Bergaufpassagen unternimmt und sich an der chaotischen Kabelführung nicht stört, könnte mit dem FLYER richtig bedient sein. Das fordernde Handling macht es ungeeignet für Abstecher abseits verzeichneter Radwege und der Mangel an Connectivity wird besonders auffällig, wenn man ein Blick auf das weit innovativere Testfeld wirft. Darum wird das FLYER von der Spitzengruppe im Vergleichstest abgehängt.

Tops

  • starke Fahr-Performance auf Anstiegen
  • modulares Akkukonzept

Flops

  • forderndes Handling in engen Kehren
  • klapperiger Fahrradständer
  • veraltetes Intuvia-Display ohne Connectivity
  • zu lange Sattelstütze für kurze Beine

Mehr Informationen findet ihr auf der Hersteller-Website

Der Test des FLYER Goroc3 6.50 ist Teil unseres großen E-Bike Vergleichstests „Das beste Trekking-E-Bike 2021 – 8 moderne E-Bikes für Touren im direkten Vergleich“. Wir haben 4 verschiedene Konzepte und 8 Bikes verglichen und sagen euch, worauf es ankommt und welches das beste E-Bike für den Trekking-Einsatz ist!

Alle Bikes im Test

CENTURION Country R2600i | FLYER Goroc3 6.50 | Greyp T5.2 | Kalkhoff Entice 5.B Advanced + | MERIDA eONE-FORTY EQ | Niner RLT e9 RDO | Riese & Müller Homage GT Touring | Trek Powerfly FS 9 Equipped


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Words: Rudolf Fischer Photos: Jonas Müssig

Über den Autor

Rudolf Fischer

In seinem früheren Leben war Rudolf in der Innovationsförderung tätig und hat Patentbewertungen im Millionen- und Milliardenbereich durchgeführt. Heute widmet er sich als Redakteur für DOWNTOWN und E-MOUNTAINBIKE nicht weniger spannenden Aufgaben. Als Data-Nerd beschäftigt er sich intensiv mit Zukunftsthemen wie Connected Mobility, testet aber natürlich auch gerne die neuesten Bikes, und zwar täglich. Entweder beim Pendeln oder zusammen mit dem Team bei unseren großen Vergleichstests. Der technisch orientierte Diplom-Betriebswirt ist so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Beispiele gefällig? Rudolf beherrscht u. a. Front-, Side- und Backflip – zwar nicht auf dem Bike, aber per pedes in der Stadt. Seine Parkour-Karriere hat er mittlerweile jedoch an den Nagel gehängt. Darüber hinaus spricht er Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und etwas Esperanto. Beim Versuch, sich selbst Japanisch beizubringen, ist er jedoch kläglich gescheitert. Wichtig zu wissen: Im HQ ist Rudolf bekannt, gefürchtet und (manchmal auch) gehasst für seinen trockenen Humor im Ricky-Gervais-Stil. Natürlich lacht er am meisten selbst darüber …