Wie kann es sein, dass das günstigste Bike im Vergleichstest bei der Ausstattung fast keine Kritik einstecken muss? Das FOCUS JAM² 6.9 NINE setzt auf einen cleveren Komponenten-Mix statt auf Prestige und lässt dabei so manches 10.000-€-Bike der Konkurrenz alt aussehen. Kann es sie auch auf dem Trail abhängen?
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2021 – 25 Modelle im Test
FOCUS hat die Modellpalette des JAM² vereinfacht und setzt – bis auf beim JAM² 9.9 DRIFTER – ausschließlich auf die Alu-Rahmenplattform rund um den Bosch Performance Line CX-Motor. Mit 5.499 € ist das FOCUS JAM² 6.9 NINE das Topmodell mit Bosch-Antrieb und dennoch das günstigste Bike im gesamten Vergleichstest. Deshalb wird es sich nicht nur hier, sondern zusätzlich noch in unserem Budget-Vergleichstest unter Beweis stellen müssen. Den 625-Wh-Akku integriert das JAM² gut ins Unterrohr, den Geschwindigkeitssensor pannensicher ins Ausfallende und die Ladebuchse von oben gut erreichbar ins Oberrohr. Eine Besonderheit ist der von FOCUS entwickelte C.I.S.-Vorbau, durch den alle Züge vom Cockpit in den Hauptrahmen geleitet werden: Gerade aus der Fahrerperspektive sorgt das für ein super aufgeräumtes Cockpit. Der 85 Nm starke Motor sitzt hingegen präsent und ganz ohne Unterfahrschutz im Rahmen des 25,58 kg schweren Bikes. Obwohl man dem JAM² das zweithöchste Gewicht im Test auf dem Trail nicht direkt anmerkt, kann es dennoch für Probleme sorgen. Denn mit dem geringen zulässigen Gesamtgewicht von 120 kg ist man schon dann offiziell zu schwer für das FOCUS, wenn man mit Rucksack, Helm und restlicher Ausrüstung über 94 kg auf die Waage bringt.
In Sachen Ausstattung lässt FOCUS viel teurere Bikes im Test so richtig alt aussehen!
Bei der Ausstattung geht FOCUS trotz des aggressiven Preises keine Kompromisse ein und investiert mit einer durchdachten Auswahl in die Trailperformance des Bikes. Das FOX-Fahrwerk mit 150 mm, 36 Rhythm-Gabel und DPS-Dämpfer bietet zwar deutlich weniger Tuning-Möglichkeiten als die Konkurrenz, generiert auf dem Trail aber ausreichend Traktion. Ebenfalls klasse für den Grip sind die Schwalbe Magic Mary-Reifen in 29” x 2,6”, die dank der wirklich robusten Super Gravity-Karkasse am Heck und den DT Swiss Alu-Laufrädern mit wenig Luftdruck gefahren werden können. Kritik erntet – wie bei vielen anderen Bikes im Test – die Kind Shock Rage-Sattelstütze: Ihre Remote ist schwergängig und viel zu weit vom Griff entfernt. Gebremst wird das JAM² von einer Shimano XT-Vierkolbenbremse mit 200-mm-Scheiben, und auch die 12 Gänge werden von Shimano verwaltet: XT-Trigger und -Schaltwerk werden mit einer SLX-Kassette kombiniert und überzeugen mit derselben Schaltperformance wie die Highend-Gruppen im Test!
FOCUS JAM² 6.9 NINE
5.499 €
Ausstattung
Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Bosch Purion
Federgabel FOX 36 Rhythm 150 mm
Dämpfer FOX DPS 150 mm
Sattelstütze KS Rage-i 150–170 mm
Bremsen Shimano XT M8120 200/200 mm
Schaltung Shimano XT 1x12
Vorbau FOCUS C.I.S. 45 mm
Lenker Race Face Chester 35 780 mm
Laufradsatz DT Swiss H1900 29"
Reifen Schwalbe Magic Mary Super Gravity Soft 2,6"
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 25,58 kg
Zul. Gesamtgewicht 120 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 94 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Über einen Flip-Chip im Ausfallende lässt sich die Geometrie des JAM² an die Laufradgröße anpassen. Hier ändern sich vor allem Kettenstrebenlänge und Tretlagerhöhe. Mit einem 29”-Hinterrad – wie in unserem Fall – landet das FOCUS in Sachen Geometrie im Durchschnitt des Testfelds. Davon ausgenommen ist jedoch der flache Sitzwinkel: Wir empfehlen euch, den Sattel weit nach vorne zu schieben. Selbst dann ist die Sitzposition in der Ebene noch immer sehr komfortabel. Wer gerne lange Zeit im Sattel unterwegs ist, profitiert außerdem von dem feinfühligen Fahrwerk und den voluminösen Reifen des JAM² 6.9 NINE.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 400 mm | 420 mm | 450 mm | 490 mm |
Oberrohr | 573 mm | 600 mm | 630 mm | 661 mm |
Steuerrohr | 110 mm | 115 mm | 130 mm | 150 mm |
Lenkwinkel | 66,0° | 66,0° | 66,0° | 66,0° |
Sitzwinkel | 75,0° | 75,0° | 75,0° | 75,0° |
Kettenstrebe | 427 mm | 427 mm | 427 mm | 427 mm |
Tretlagerabsenkung | 10 mm | 10 mm | 10 mm | 10 mm |
Radstand | 1.163 mm | 1.190 mm | 1.221 mm | 1.254 mm |
Reach | 420 mm | 445 mm | 470 mm | 495 mm |
Stack | 607 mm | 612 mm | 625 mm | 644 mm |
Halb so teuer, halb so gut? Das JAM² 6.9 NINE im Trail-Test
Sobald es bergauf geht, zeigen die komfortable Sitzposition und das schluckfreudige Fahrwerk ihre Nachteile. Besonders größere Fahrer sitzen mit zunehmendem Sattelauszug weit über dem Hinterrad, wodurch der Dämpfer an steileren Rampen wegsackt und das Vorderrad in weiterer Folge aktiv am Abheben gehindert werden muss. Wer an Bord des JAM² bergauf nicht nach vorne arbeitet, kann zwar den Lenker einschlagen, doch die untersteuernde Front rutscht geradeaus weiter. Wir empfehlen ganz klar den Griff zur Dämpferplattform. Denn dann steht das Fahrwerk einen Tick höher im Federweg, schaukelt sich spürbar weniger auf und generiert bei Hindernissen immer noch ausreichend Traktion. Dann ist das FOCUS deutlich einfacher zu manövrieren und lässt vor allem auf gemäßigten Trails mit engen Kehren richtig Fahrspaß aufkommen.
Ein gutes E-Mountainbike muss keine 10.000 € kosten. Das FOCUS JAM² 6.9 NINE ist der Beweis!
Tuning-Tipps: Dropper-Remote (z. B. Shimano SL-MT800-IL) passend zu den Bremshebeln | Langbeiner schieben den Sattel weit nach vorne für eine zentrale Sitzposition im Uphill
An Bord des FOCUS JAM² 6.9 NINE fühlt sich bergab jeder sofort wohl! Die hohe Front und das Griplevel sorgen für viel Selbstvertrauen und Fahrspaß. Die ausgewogene Lastverteilung und Geometrie lassen das JAM² so einfach durch offene Kurven ziehen wie kaum ein anderes Bike im Test. In Anliegern fehlt es ihm aber spürbar an Gegenhalt, um auf flowigen Strecken Geschwindigkeit und Flow zu generieren. Deshalb bleibt es auch am liebsten auf dem Boden, denn zum Abspringen erfordert es vollen Körpereinsatz. Verblockte und verwinkelte Naturtrails sind die Paradedisziplin des FOCUS JAM². Hier klebt es am Boden und sorgt so selbst auf rutschigen Wurzeln für eine sichere Fahrt, meistert aber auch Absätze, Stufen und Drops ohne harsche Durchschläge. Besonders Einsteiger profitieren von den absolut gutmütigen Fahreigenschaften bergab. Erst beim absoluten Highspeed-Einsatz zeigt das Fahrwerk Schwächen im Vergleich mit den wesentlich teureren Modellen und lässt einen deutlich früher zur Bremse greifen.
Fahreigenschaften
7Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspaß
- langweilig
- lebendig
Motor-Feeling
- digital
- natürlich
Motor-Power
- schwach
- stark
Preis-Leistung
- schlecht
- top
Fazit
Das FOCUS JAM² 6.9 NINE liefert weit mehr als nur ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis: Auf dem Trail zeigt es seinen gutmütigen Charakter durch einfaches Handling und viel Sicherheit bei niedrigen bis mittleren Geschwindigkeiten. Das macht es ideal nicht nur für Einsteiger, sondern auch für fortgeschrittene E-Mountainbiker! Die smarten Features zur Integration des Bosch-Motors sind top – die geringe Zuladung für (schwerere) Fahrer ist leider ein Flop.
Tops
- Preis/Leistung
- hohes Sicherheitsempfinden
- gutmütiges Handling
- gutes Kabelmanagement
Flops
- Ergonomie und Bedienkräfte der Remote
- geringste Zuladung im Test
Mehr Informationen findet ihr unter focus-bikes.com
Das Testfeld
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Entspanntes und komfortables Biken auf breiten befestigten Wegen, bergauf wie bergab.↩
Uphill auf einfachen Trails mit wenig Hindernissen, weiten Kurvenradien und gemäßigter Steigung.↩
Aktives Fahren und spielen mit dem Gelände auf einfachen Trails mit wenig Hindernissen, weiten Kurvenradien und im gemäßigten Gefälle.↩
Uphill auf Wanderwegen und Singletrails im anspruchsvollen Gelände, beispielsweise mit losem Untergrund, Stufen, Wurzeln, engen Kurven und teilweise extremer Steigung.↩
Downhill auf Wanderwegen und Singletrails im anspruchsvollen Gelände, beispielsweise mit losem Untergrund, Stufen, Wurzeln, engen Kurven und kleinen Sprüngen sowie Steilabfahrten.↩
Ballern bei Highspeed auf schnellen und teilweise sehr ruppigen Trails mit großen Sprüngen und Hindernissen, die sich nicht überrollen lassen.↩
Das Rating der Fahreigenschaften bezieht sich auf die Räder im Vergleichstest und den aktuellen Entwicklungsstand von E-Mountainbikes. Die besten Bikes schaffen es, vermeintlich gegenteilige Fahreigenschaften in sich zu vereinen und sind so z. B. agil und laufruhig zugleich. Das Handling beschreibt die Balance des Bikes im Gelände bergab. Die Angaben zur Motorpower beziehen sich auf das Fahrgefühl im Gesamtkontext des Bikes, nicht auf den Motor isoliert – dadurch können die Werte zwischen gleichen Motoren variieren.↩
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