Beim Wort „Elektromotor“ gefriert eingefleischten Ducati-Fans vermutlich das Benzin in den Adern. Dennoch hat der Motorradspezialist beim E-Mountainbike TK-01RR den Mut dazu und verbaut einen Shimano EP8. Wie schlägt sich die relativ neue E-Bike-Marke auf dem Trail gegen die Offroad-erfahrene Konkurrenz?
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Ducati macht auch E-Mountainbikes? Ja, und für das TK-01RR haben sich die Motorradprofis Unterstützung von der italienischen E-Bike-Schmiede THOK geholt. Statt Benzin fließt Strom aus dem 630 Wh großen „Tank“ an den Shimano EP8-Motor in der 6.990 € teuren Offroad-Ducati. Die Fender am Unterrohr und am Heck spiegeln die Markenzugehörigkeit genauso wider wie die Lackierung, die an die Ducati Corse Race-Bikes erinnert. Doch nicht nur die Lackierung, auch die Verarbeitungsqualität des Aluminiumrahmens sticht aus dem Testfeld hervor. Mit den groben Schweißnähten an Wippe und Hinterbau allerdings negativ. Klasse ist hingegen der extrem robuste Unterfahrschutz des Motors, der – bei unserem Test-Bike aus der Vorserie – jedoch einiges zum höchsten Bike-Gewicht im gesamten Testfeld (26,38 kg) beitrug. Mit dem finalen Serienrahmen bringt es das Ducati TK-01RR immer noch auf 25,6 kg.
Bei der Ausstattung des TK-01RR setzt Ducati auf Partner aus dem Motorsport
Wenn es um die Ausstattung geht, verlässt sich Ducati auf Partner aus dem Motorrad-Bereich: Pirelli, Öhlins und Renthal. Die Öhlins RXF 38-Federgabel mit 180 mm ist zwar etwas aufwendiger im Setup, aber über jeden Zweifel erhaben und eine der besten Gabeln im Test. Am Heck kontrolliert ein TTX Air-Dämpfer die 170 mm Federweg. Die 2,6” breiten Pirelli Scorpion-Pneus mit 29” an der Front und 27,5”-Durchmesser am Heck sind sehr schwer, aber dafür auch super pannensicher. Durch ihre sehr harte Gummimischung liefern sie von allen Reifen im Test allerdings am wenigsten Grip, deshalb empfehlen wir euch die exzellente Reifenkombination des MERIDA. Gestoppt wurde unser Test-Bike von einer Shimano XT-Vierkolbenbremse der letzten Generation mit 200-mm-Scheiben vorne wie hinten. In Serie verbaut Ducati dann die aktuelle Iteration der Bremse. Das Shimano XT 12-fach-Schaltwerk täuscht auf den ersten Blick mehr Performance vor, als es liefern kann. Denn Ducati hat sich hier für den günstigeren SLX-Trigger entschieden. Der verfügt aber nicht über die Multi-Release-Funktion, die neben dem Gewicht der einzige Vorteil der XT-Gruppe ist.
Ducati TK-01RR
6.990 €
Ausstattung
Motor Shimano EP8 85 Nm
Akku Shimano BT-E8036 630 Wh
Display Shimano E7000
Federgabel Öhlins RXF 38 180 mm
Dämpfer Öhlins TTX Air 170 mm
Sattelstütze KS Dropper Post 125–170 mm
Bremsen Shimano XT M8120 200/200 mm
Schaltung Shimano XT 1x12
Vorbau Ducati CNC Alloy 50 mm
Lenker Renthal Carbon 35 TBC 800 mm
Laufradsatz Crankbrothers Synthesis 29"/27,5"
Reifen Pirelli Scorpion E-MTB S, TR SmartGRIP 2,6"
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 26,38 kg
Zul. Gesamtgewicht 145,5 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 119 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Das Ducati TK-01RR gibt es in vier Größen und es soll auch kleinen und oftmals leichten Fahrern ab 1,54 m passen. Zierliche Personen seien jedoch gewarnt: Das hohe Gesamtgewicht des Bikes ist nicht nur auf dem Trail, sondern auch beim Rangieren in der Garage oder beim Verladen auf den Bike-Träger omnipräsent. Dank ausreichend kurzem Sitzrohr (450 mm in L) bietet das TK-01RR in Kombination mit der 170-mm-Variostütze – an unserem Test-Bike waren es lediglich 150 mm – ausreichend Bewegungsfreiraum. Einschränkungen gibt es lediglich im Wiegetritt: Dann stößt man mit den Knien immer wieder an das hochgezogene und mit 8,3 cm sehr breite Oberrohr. Davon abgesehen zeigt sich das TK-01RR in der Ebene und auf langen Strecken als komfortable Reisemaschine mit ausgewogener Lastverteilung zwischen Gesäß und Händen.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 385 mm | 415 mm | 450 mm | 495 mm |
Oberrohr | 582 mm | 600 mm | 629 mm | 660 mm |
Steuerrohr | 105 mm | 115 mm | 131 mm | 149 mm |
Lenkwinkel | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° |
Sitzwinkel | 75,5° | 75,5° | 75,5° | 75,5° |
Kettenstrebe | 453 mm | 453 mm | 453 mm | 453 mm |
Tretlagerabsenkung | 15 mm | 15 mm | 15 mm | 15 mm |
Radstand | 1.212 mm | 1.233 mm | 1.265 mm | 1.298 mm |
Reach | 423 mm | 439 mm | 464 mm | 491 mm |
Stack | 623 mm | 623 mm | 638 mm | 654 mm |
Rennmaschine auf dem Trail? Das Ducati TK01-RR im Test
Sobald es mit dem Ducati bergauf in steileres Gelände geht, versackt der Hinterbau unter der Last des Fahrers im Federweg. Trotz des hohen Gesamtgewichts ist die Front dann zu leicht und das Vorderrad hebt schnell vom Boden ab. Hilfe im Kampf gegen die schwere Maschine gibt es vom EP8-Motor nur bedingt. Denn der hat zwar einiges an Kraft – aber ohne Traktion aus den Reifen verpuffen die 85 Nm Drehmoment des Motors am durchdrehenden Hinterrad. Bergauf verliert das Ducati TK-01RR deshalb den Anschluss an fast alle Bikes im Test.
Wer auf der Suche nach einem extravaganten, prestigeträchtigen Bike ist, wird bei Ducati fündig. Mehr liefert es aber leider nicht!
Tuning-Tipp: Reifen austauschen gegen ein Modell mit mehr Grip
Mit dem Öhlins-Fahrwerk hat Ducati voll ins Schwarze getroffen: Vor allem der hervorragenden RXF 38-Federgabel ist es zu verdanken, dass man auf dem TK-01 RR in vielen Fahrsituationen die Kontrolle über das Vorderrad halten kann. Dennoch kann das Bike auf dem Trail nicht mit der Konkurrenz mithalten: In Kurven, über Stufen oder auf dem Wurzelteppich kann weder der schwammige Hinterbau noch das Handling überzeugen. Obwohl das schwerfällige und träge Bike am Boden klebt und sich nur unter großem Körpereinsatz in die Luft bewegen lässt, ist Grip Mangelware. Die Sicherheit, die das schwere Ducati zu Beginn vermittelt, kann es jedoch bei Highspeed nicht halten: Mit viel Highspeed-Druckstufendämpfung steckt es zwar verpatzte Landungen und Drops ins Flache gut weg, liefert aber dennoch zu wenig Gegenhalt und Traktion, um schnell und dabei sicher unterwegs zu sein. Wer mit dem TK-01RR schnell fahren will, führt einen permanenten Kampf um Traktion und Kontrolle über die Linie.
Fahreigenschaften
7Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspaß
- langweilig
- lebendig
Motor-Feeling
- digital
- natürlich
Motor-Power
- schwach
- stark
Preis-Leistung
- schlecht
- top
Fazit
Prestige, Performance und Speed: Dafür steht Ducati Corse. Das TK-01RR wird diesem Anspruch nicht gerecht und fällt ans Ende des Testfelds zurück. Das extravagante Ducati versprüht einen Hauch von Moto-Esprit in unserem Testfeld. Es liefert bei Highspeed keine Sicherheit, ist bei geringeren Geschwindigkeiten träge und immer mangelt es an Grip. Fans der Marke kommen auf Touren auf ihre Kosten. Trotz des relativ geringen Preises liefert das schwerfällige Ducati mit seinen Schwächen in der Trailperformance keine gute Preis-Leistung.
Tops
- Öhlins-Fahrwerk
- extravaganter Italo-Racer-Style
Flops
- Reifen mit der geringsten Traktion im Test
- schwerfällig und träge
- schwerstes Bike im Test
Mehr Informationen findet ihr unter ducati.com
Das Testfeld
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Entspanntes und komfortables Biken auf breiten befestigten Wegen, bergauf wie bergab.↩
Uphill auf einfachen Trails mit wenig Hindernissen, weiten Kurvenradien und gemäßigter Steigung.↩
Aktives Fahren und spielen mit dem Gelände auf einfachen Trails mit wenig Hindernissen, weiten Kurvenradien und im gemäßigten Gefälle.↩
Uphill auf Wanderwegen und Singletrails im anspruchsvollen Gelände, beispielsweise mit losem Untergrund, Stufen, Wurzeln, engen Kurven und teilweise extremer Steigung.↩
Downhill auf Wanderwegen und Singletrails im anspruchsvollen Gelände, beispielsweise mit losem Untergrund, Stufen, Wurzeln, engen Kurven und kleinen Sprüngen sowie Steilabfahrten.↩
Ballern bei Highspeed auf schnellen und teilweise sehr ruppigen Trails mit großen Sprüngen und Hindernissen, die sich nicht überrollen lassen.↩
Das Rating der Fahreigenschaften bezieht sich auf die Räder im Vergleichstest und den aktuellen Entwicklungsstand von E-Mountainbikes. Die besten Bikes schaffen es, vermeintlich gegenteilige Fahreigenschaften in sich zu vereinen und sind so z. B. agil und laufruhig zugleich. Das Handling beschreibt die Balance des Bikes im Gelände bergab. Die Angaben zur Motorpower beziehen sich auf das Fahrgefühl im Gesamtkontext des Bikes, nicht auf den Motor isoliert – dadurch können die Werte zwischen gleichen Motoren variieren.↩
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