Künstliche Intelligenz, Internet of Things, Blockchain und Co – es sind viele Buzzwords im Umlauf, mit denen die scheinbare Zukunft vermarktet wird. Aber was ist Hype und was wirklich sinnvoll? Wir zeigen euch die spannendsten Software- und Connectivity-Lösungen sowie Service-Angebote, die das Leben wirklich leichter machen.

Wir kennen es vom Smartphone: Nicht die Hardware, sondern die Software macht den Unterschied zwischen einem iPhone und einem Android-Smartphone aus. Auch wenn mehr Digitalisierung und Elektronik am Bike nicht jedermanns Geschmack ist, muss wohl jeder zugeben, dass die Bedeutung softwarebasierter Entwicklungen rasant zunimmt. Software-Lösungen haben bereits jetzt eine ganz neue Generation an Bikes hervorgebracht und werden es noch weiter tun. Mit zunehmender Anzahl an Sensoren und elektronischen Komponenten, die bereits an vielen E-Bikes verbaut werden, haben Hersteller die Möglichkeit, unsere Bikes smarter, effizienter und anpassungsfähiger zu machen. Stellt sich die Frage: Was ist bereits möglich und was ist wirklich sinnvoll?

Mit dem Kill Switch von Greyp könnt ihr ein Bike per Smartphone lahmlegen – so wird E-Bike-Diebstahl viel unattraktiver. Aber reicht das, um E-Bikes gegen Diebstahl zu schützen?

Mehr Sicherheit durch Service und Connectivity

Stellt euch vor, ihr braucht keinen Schlüssel und kein Schloss mehr für den Diebstahlschutz, sondern könnt euer E-Bike per Fingerabdruck oder Smart-Lock mit dem Handy entriegeln und einfach losfahren. Zukunftsmusik? Teilweise, denn es gibt schon E-Bikes, die per Smartphone entriegelt werden können. Das funktioniert ähnlich wie beim Auto: Sobald ihr euch mit dem Schlüssel bzw. Handy nähert, wird das Rad entsperrt. Handy vergessen? Heutzutage zwar unwahrscheinlich, aber keine Sorge, dafür gibt es immer einen Ausweg. Ein Touchpad mit Fingerabdrucksensor am E-Bike kann eine Lösung sein, Stromer setzt das bereits um. Alternativ kann ein abnehmbares Display als intelligenter Schlüssel dienen, wie es z. B. Bosch mit dem Kiox-Display anbietet. Bei Greyp kann man sein E-MTB im Falle eines Diebstahls aus der Ferne per Kill-Switch über das Smartphone lahmlegen – denn dank integrierter eSIM ist das Greyp-Bike immer online. Aber reichen solche Ansätze, um E-Bikes wirklich gegen Diebstahl zu schützen? Nein, natürlich nicht! Zwar wird E-MTB-Diebstahl dadurch unattraktiver, aber ein klassisches Schloss kann mit einer Art Wegfahrsperre nicht ersetzt werden.

Das größte Innovationspotenzial der Bike-Branche liegt in smarten, Software-basierten Lösungsansätzen.

Touchdisplay, Smart-Lock und eSIM in Kombination mit einem Rundum-sorglos-Service vom Hersteller inkl. Wiederbeschaffung könnten dafür sorgen, dass ein Schloss in naher Zukunft überflüssig wird.

Doch es geht nicht nur um Wegfahrsperren. GPS-Tracker und integrierte eSIMs heben das Thema Diebstahlschutz – und vieles weitere – aufs nächste Level. So könnt ihr per App alarmiert werden, sobald euer Rad unerlaubt bewegt wird. Im Falle eines Diebstahls kann der Standort des gestohlenen Fahrrads dadurch verfolgt werden. Wer bei seinem eigenen Bike einen GPS-Tracker nachrüsten möchte, der kann sich den rund 200 € teuren PowUnity BikeTrax näher anschauen: GPS-Tracker einbauen, App herunterladen, registrieren und schon kann man den Standort seines E-Bikes immer nachvollziehen oder den Tracker zur Streckenaufzeichnung nutzen. Im Falle einer unerlaubten Bewegung alarmiert einen die App und verfolgt das gestohlene Fahrrad innerhalb der EU. Die Nachverfolgung funktioniert über eine SIM-Karte, die an die Batterie des E-Bikes angeschlossen wird. Falls die Batterie doch mal entfernt wird, sorgt ein integrierter Zusatzakku für einen reibungslosen Ablauf. Der Tracker ist klein genug, um unter der Motorabdeckung untergebracht zu werden, damit er nicht entdeckt wird.

Nun weiß aber nicht jeder Dieb, dass es sich um ein E-Bike mit GPS-Tracking-System handelt und er daher besser die Finger davon lassen sollte. Eine schlossfreie Zukunft kann nur funktionieren, wenn wir sicher sein können, dass unserem teuren und geliebten elektrischen Ross nichts passiert und wir es im Falle eines Diebstahls wiederbekommen.

Riese & Müller bietet hier die branchenweit vermutlich beste Lösung an, nämlich eine Kombination aus GPS-Tracker, eSIM und Versicherung – das RX Connect-Konzept. Wird ein E-Bike mit RX Connect gestohlen, ruft man einfach die Hotline an oder meldet sich online, lässt sein Bike orten und wartet darauf, dass es zeitnah zurückgebracht wird. Gelingt das nicht, bekommt man von Riese & Müller ein neues Bike. Automatische Over-the-Air-Updates, Sturzerkennung sowie Anzeige der Parkposition sind auch keine Zukunftsmusik mehr, sondern können bei den E-Bikes mit RX Connect individuell als Service gebucht werden.

Connectivity und Online-Gaming

Der kroatische Bike- und Technologiehersteller Greyp nutzt zahlreiche Sensoren, Kameras und eine eSIM, um die reale mit der virtuellen Welt zu verknüpfen: das E-Bike als moderner GameBoy? Zvonimir Sučić, der CTO von Greyp Bikes, sagt zum neuen Greyp G6: „Das ist kein Bike, sondern ein Accessoire für dein Smartphone.“ Was das bedeutet, konnte man auf der EUROBIKE 2019 hautnah erleben. Dort veranstalteten die Kroaten ein Echtzeitspiel, das sich am Stand in der Messehalle nachverfolgen ließ, während Fahrer draußen auf dem Testparcours auf Greyp G6-Bikes gegeneinander antraten: real biken, Geotags sammeln, online live verfolgen und sich mit anderen Bikern vergleichen. In dieser Kombination aus virtueller und realer Welt sollen vollkommen neue Abenteuer- und Gaming-Möglichkeiten entstehen, die wiederum neue Zielgruppen aufs Bike bringen sollen. Alle Einzelheiten hierzu und zu weiteren Software-Trends findet ihr hier.

Das ist kein Bike, sondern ein Accessoire für dein Smartphone.

Dieses radikale Statement von Zvonimir Sučić, CTO von Greyp Bikes, zeigt, was passieren kann, wenn ein Tech-Unternehmen ein E-Bike entwickelt. CEO Mate Rimac ergänzt:

Wir gehören zu den Besten im Bereich Elektronik und Software, also haben wir ein Bike um dieses Know-how herum gebaut.

Ganzheitliches Ökosystem E-Mountainbike

Mehr Sensoren am E-Bike bedeutet mehr Daten, mehr Wissen und mehr Möglichkeiten. Ein ganzheitliches Ökosystem rund um den E-Motor ermöglicht Bikern nicht nur eine intuitive Bedienung, die auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist, sondern kann auch wichtige Hilfestellungen und Informationen bereitstellen, z. B. über den Verschleiß einzelner Komponenten in Verbindung mit dem Hinweis zu Serviceintervallen oder konkrete Anweisungen zur Pannenhilfe. Auch die Anzeige des Gesundheitszustandes der Antriebseinheit, eine Herzfrequenz-gesteuerte Motorenunterstützung oder Reichweiten-basierte Navigation sind technisch bereits kein Problem mehr, oft aber nur eingeschränkt nutzbar. Die größte Herausforderung: reibungslose Schnittstellen und nutzerorientierte Lösungen. Manche Hersteller versuchen, ihr System geschlossen zu halten, und setzen auf Eigenlösungen, die oftmals leider wenig intuitiv sind und nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Dabei führt aus Nutzersicht kaum mehr ein Weg vorbei an der nahtlosen Integration von Drittanbietern wie z. B. dem Navigationsdienstleister Komoot.

Specialized hebt sich hier mit der Benutzerfreundlichkeit seines Ökosystems deutlich von den Standard-Produkten der meisten Motoren- und Bikehersteller ab. Das ganzheitliche Konzept aus intuitiver Bedienung, Connectivity, Motoren-Software und eigener App weist den Weg in die Zukunft. In Sachen Usability, offene Schnittstellen, Features und Fahr-Performance ist das Ökosystem von Specialized das aktuell beste auf dem Markt. Dafür scheut die US-amerikanische Bike-Marke auch keinen Aufwand und hat ein über 30-köpfiges Entwicklungsteam in der Schweiz sitzen, das sich kontinuierlich um die Weiterentwicklung des Systems kümmert. Es bleibt spannend, ob andere Hersteller diesen Vorsprung aufholen können. Der Aufwand und die Investitionen für ein solches Ökosystem sind immens. Aber Fakt ist: Die Software-Entwicklung spielt in Zukunft eine immer größere Rolle.

Ist Kaufen out?

Nicht nur bei den Bikes, sondern auch bei den Geschäftsmodellen rund um das Fahrrad gibt es einige neue Entwicklungen. E-Bikes sind teuer und nicht jeder kann bzw. möchte sich eines leisten. Hat man das viele Geld dann doch ausgegeben, wird das Teil nicht das ganze Jahr über gefahren. Warum dann überhaupt ein E-Bike kaufen? Einen cleveren Lösungsansatz bietet das deutsche Unternehmen eBike Abo: Hier kann man E-Bikes mieten, anstatt sie zu kaufen, und zwar für 3, 6 oder 12 Monate. Das breit gefächerte Portfolio ermöglicht den Zugang zu hochwertigen E-City-Bikes, E-Trekking-Bikes sowie E-Mountainbikes unterschiedlicher Marken. Kostenpunkt: ab 79 € pro Monat. Für jeden Einsatzzweck werden Bikes der aktuellen Saison in ganz Deutschland vermietet und und eine einmalige Servicegebühr verringert aufwendige Wartungen und zusätzliche Kosten. Ein weiterer Vorteil: Spielt man mit dem Gedanken, sich ein E-Bike zu kaufen, hat man hier die Möglichkeit, über mehrere Monate Testfahrten zu unternehmen. So können eigene Unklarheiten bezüglich der passenden E-Bike-Kategorie beseitigt werden. Wie das Geschäftsmodell ankommt, wird sich zeigen – es senkt auf jeden Fall die Einstiegshürde.

Was bringt die Zukunft?

Während uns Science-Fiction-Filme früher eine bessere Welt versprachen, geht es aktuell vor allem darum, unsere heutige Welt an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Eine komplett vernetzte E-Bike-Welt könnte irgendwann Realität werden. Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, ergeben sich zahlreiche spannende Möglichkeiten und bessere Produkte entstehen. Wichtig ist aber auch, dass wir Herr über die Technologie bleiben und uns bewusst dafür oder eben auch dagegen entscheiden können. Wer ein minimalistisches Sportgerät zum Abschalten sucht, sollte auch in Zukunft fündig werden.

Neben den oben erwähnten Ansätzen wie Diebstahlschutz, umfassenden Ökosystemen und Gaming-Optionen werden sinnvolle Service-, Connectivity- und Software-Lösungen sich vor allem mit der urbanen Mobilität sowie Aspekten der Sicherheit, Convenience und Gesundheit bzw. Fitness befassen. Zudem besteht das Potenzial, neue Zielgruppen auf das E-Bike und raus in die Natur zu bekommen: Live-E-Sport-Events mit E-Bikes? Ein Geo-Caching-Trend mit E-Bikes, der Pokémon GO wieder aufleben lässt? Warum nicht?

Fest steht, dass mit neuen Softwarelösungen auch neue Herausforderungen auf die Branche zukommen. Wem gehören die ganzen produzierten Daten überhaupt? Und wer darf darauf zugreifen? Wichtige Themen, die erfasst sowie hinterfragt werden müssen und die es bereits heute für die Zukunft zu klären gilt. Technologische Fortschritte schreiten schneller voran als je zuvor – es bleibt spannend in der softwarebasierten Welt rund um E-Mountainbikes.


Die Rolle der E-MTBs und ihre potenziellen Anwendungsgebiete verändern sich rasant. Wir setzen neue Impulse und helfen, den Durchblick zu bewahren. Eines ist dabei sicher: Die Zukunft des E-MTBs ist spannender denn je! Unsere E-MOUNTAINBIKE Evolutionstheorie gibt diesem Artikel und allen weiteren der New Generation Serie ihren Kontext, sorgt für neue Perspektiven und einen weiteren Horizont.

Weitere Artikel der Serie sind: die Ära der E-SUVs, das neue Fahrgefühl mit Light E-MTBs, das Potenzial von Offroad-Cargo-Bikes, unser Offroad-Tiefeinsteiger-Vergleichstest, Connectivity und Software-Lösungen, die neue Generation Z, und unser Handbuch zur Vererbung der Bike Leidenschaft an die Kids.


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als E-MOUNTAINBIKE-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, dass der E-Mountainbike-Sport auch weiter ein kostenloses und frei zugängliches Leitmedium hat! Jetzt Supporter werden!

Words: Jonas Müssig, Robin Schmitt Photos: Oliver Graf, Daniel Geiger, Christoph Bayer, Robin Schmitt