Das Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ besitzt mit 144 kg die größte maximale Zuladung aller Test-Bikes in unserem Trekking-E-Bike-Vergleichstest. Ist der Offroad-Tiefeinsteiger stark genug, um mit den hohen Lasten umzugehen oder sind 170 kg zulässiges Gesamtgewicht einfach zu viel für das E-Bike ohne Oberrohr?

Kalkhoff Entice 5 Advanced+ | Bosch Performance Line CX/625 Wh | 75/- mm (v/h)
25,9 kg in Größe L | 4.099 € | Hersteller-Website

Das E-Bike ist Teil unseres großen Trekking-E-Bike Vergleichstest. Hier findet ihr eine Übersicht über das Testfeld und alle wichtigen Informationen zur neuen Generation von Trekking-E-Bikes.

Das Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ im Test: Fahrverhalten am Limit

Grobstollige Tiefeinsteiger erfreuen sich bei vielen E-Bikern zu Recht großer Beliebtheit. Sie erleichtern den Auf- und Abstieg aufs Rad, erhöhen das Sicherheitsempfinden und eröffnen neue Perspektiven. Für ihre Konstrukteure stellen sie jedoch eine hohe technische Herausforderung dar. Durch das fehlende Oberrohr muss der Rahmen darauf ausgelegt sein, an vereinzelten Stellen ungleich mehr Kräfte aufnehmen zu können als E-Bikes mit Diamantrahmen. Mit dem Entice 5.B Advanced+ bietet Kalkhoff einen Trekking-Tiefeinsteiger in einem coolen Offroad-Look an, der sogar eine Zuladung von bis zu 144 kg verkraften soll. Wir haben das 4.099 € teure und 25,9 kg schwere E-Bike getestet und sind einheitlich übereingekommen: Das Versprechen von Fahrspaß mit hoher Zuladung konnte nicht eingehalten werden. Dem Kalkhoff Entice mangelt es an Fahrstabilität. Bereits bei moderaten Geschwindigkeiten schaukelt sich das E-Bike auf, was in starkem Lenkerflattern und unsicherem Fahrverhalten resultiert. Mit 10 kg Beladung am Heck verstärkt sich dieser Effekt, selbst wenn man weit unterhalb der maximalen Zuladung von 144 kg bleibt. Darum ist es erforderlich, den Lenker des Kalkhoff nie aus der Hand zu lassen und beim Fahren stets wachsam zu sein. So lässt sich dann das Bike über den Lenkeinschlag bei niedrigen Geschwindigkeiten leicht durch den engen Stadtverkehr manövrieren und von seiner Wendigkeit profitieren. Fahrer mit großen Füßen sollten dabei aber auf ihre Fußstellung achten, um nicht am Vorderrad zu schleifen. Denn der Abstand zwischen Fuß und Vorderrad fällt sehr gering aus.

Analogzeitalter
Das Bosch Intuvia-Display könnte man genauso gut durch einen analogen Tacho austauschen. Es beherrscht keine Connectivity-Funktionen, lässt sich aber leicht mit dem COBI.Bike-Bordcomputer upgraden.
Toploader
Das Entice besitzt die für Kalkhoff typische Akkuentnahme nach oben aus dem Rahmen. Leider muss man auf einen Flaschenhalter auf dem Oberrohr für die komfortable Akkuentnahme verzichten.
Umleitung
Dank dem Concept EX-Vorbau wandern die Kabel vor dem Cockpit unauffällig in den Gabelschaft und verschwinden aus der Fahrerperspektive. Leider treten sie weniger hübsch auf der Unterseite des Gabelschafts wieder hervor – schade. Einmal im Rahmen, dürfen die Züge gerne auch dort bleiben.
Platz für zwei Personen
Im Sitzen verteilt der extra breite Sattel viel Druck auf viel Fläche und bietet dadurch trotz steifem Heck ein erträgliches Maß an Sitzkomfort. Bei aktiver Fahrweise im Stand schränkt er die Bewegungsfreiheit durch seine breite Bauart und die fehlende absenkbare Sattelstütze ein.
Lowlight
Durch die tiefe Positionierung wird der Lichtkegel des Litemove 110-Frontlichts nicht von Kabeln verdeckt, das Vorderrad wirft aber einen Schatten direkt vor dem E-Bike auf die Fahrbahn. Zudem könnte die Lampe leicht am Rahmen beschädigt werden, wenn man den Lenker bei einem Sturz verdreht.
Rahmen mit Riemen
Kalkhoff hat auch E-Bikes mit Riemenantrieb im Programm. Das Entice gibt es zwar nur in der Variante mit Kettenschaltung, es besitzt aber provisorisch ein Rahmenschloss, durch den ein Riemen gefädelt werden könnte. Der Steifigkeit des Rahmens trägt das nicht zugute.
Mausefalle
Der Heckgepäckträger besitzt eine praktische Federklappe, die immer seltener an Trekkingbikes zum Einsatz kommt. Das TRELOCK STOP LED-Rücklicht passt optisch nicht ins schicke Gesamtbild, besitzt aber eine Bremslichtfunktion.

Kalkhoff Entice 5 Advanced+

4.099 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Bosch Intuvia
Federgabel SR Suntour MOBIE25 AIR 75 mm
Dämpfer - - mm
Sattelstütze Concept EX - mm
Bremsen Shimano MT420 180/180 mm
Schaltung Shimano DEORE/SLX 1x12
Vorbau Concept EX, verstellbar 105 mm
Lenker Concept EX Riser 690 mm
Laufradsatz Rodi Airline Plus 29"
Reifen MAXXIS Rekon Race 2,25"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 25,9 kg
Zul. Gesamtgewicht 170 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 144 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme ja

Besonderheiten

Litemove 110 Frontlicht
TRELOCK STOP LED Rücklicht mit Bremslicht

Aufwärtstrend
Durch das lange Heck lastet viel Druck auf dem Vorderrad bergauf. Dadurch ist das Entice spurtreu und lässt sich am Hang intuitiv und einfach steuern.

Go slow! Das Fahrverhalten des Kalkhoff Entice 5.B Advanced+

Der weit nach hinten gebogene Lenker unterstützt das agile Lenkverhalten, positioniert den Fahrer in einer aufrechten und komfortablen Sitzposition mit gutem Überblick und liefert so wenig Druck auf den Handflächen. Das sorgt für einen einen hohen Schwerpunkt, unter dem sich das Kalkhoff bei niedrigem Tempo aufrecht durch enge Kurven rangieren lässt und sich nur ungern im Cruise-Tempo in lange Kurven lehnt. Will man mit hohem Tempo oder auf unbefestigten Waldwegen unterwegs sein, verhält sich die Front nervös und hat Schwierigkeiten die Spur zu halten. Besonders bergab und auf unbefestigten Wegen wird die sicherheitsrelevante Problematik ersichtlich: Auf dem Kalkhoff wird man zum passiven Passagier und kann nur mit viel Konzentration die angepeilte Linie halten. Bergauf lässt es trotz seiner aufrechten Sitzposition Kurskorrekturen leicht zu, denn durch das lange Heck bleibt das Vorderrad fest am Boden – auch wenn es richtig steil wird. Die MAXXIS Rekon Race-Reifen rollen durch ihr flaches Profil schnell auf festen Radwegen und feinen Schotterstraßen, bieten aber wenig Traktion bei Nässe oder auf weichem Waldboden. So dreht das Hinterrad bei nassen Bedingungen offroad schnell durch. Die Shimano MT420-Vierkolbenbremsen mit 180-mm-Bremsscheiben sind in Anbetracht der hohen maximalen Zuladung keine gute Wahl. Sie überhitzen vor allem auf langen Abfahrten und dann leiden die Bremskraft und das Sicherheitsempfinden.

Das Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ hat sich mit dem zulässigen Gesamtgewicht von 170 kg übernommen.“

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Der Komfort auf dem Kalkhoff Entice 5.B Advanced+

Dank seines tiefen Durchstiegs gelingt der Auf- und Abstieg auf das Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ einfach. Für die volle Punktzahl in Sachen Aufstiegskomfort fehlt dem Kalkhoff aber eine absenkbare Sattelstütze, wie sie sich am CENTURION Country R2600i findet und mit der man an der Ampel nicht vom Sattel absteigen muss, um die Füße auf den Boden zu bekommen. Durch den höhen- und winkelverstellbaren Vorbau kann die entspannte Sitzposition auf die Körpergröße angepasst werden. Abseits befestigter Wege lässt das Entice 5.B Advanced+ Fahrkomfort missen. Durch die schlecht ansprechende SR Suntour MOBIE25-Federgabel und die schmalen 2,25”-Reifen mit wenig Volumen werden Vibrationen genauso wie Schläge von Schlaglöchern und Bordsteinkanten deutlich an den Fahrer weitergegeben. Weitere Komfortelemente, wie eine gefederte Sattelstütze, wären sinnvoll, um zumindest am Heck den Fahrkomfort zu erhöhen. Der breite Sattel verteilt den Druck auf dem Gesäß auf viel Sitzfläche, kann aber an der Innenseite der Oberschenkel reiben. Durch den eingeschränkten Fahrkomfort und den Mangel an Fahrstabilität kommt daher mit dem Kalkhoff Entice weder abseits befestigter Wege, noch mit Gepäck oder bei höherem Tempo richtig Fahrspaß auf.

Die Ausstattung und Connectivity des Kalkhoff Entice 5.B Advanced+

Das Bosch Intuvia-Display am Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ kann nur Basisdaten, wie z. B. Geschwindigkeit und die Motorunterstützungsstufe anzeigen. Für moderne Connectivity-Features, wie Navigation oder Fitness-Tracking, ist ein Upgrade unumgänglich. Das COBI.Bike-System für 299 € holt das Kalkhoff ins 21. Jahrhundert zurück und lässt sich ohne Werkzeug einfach auf die Intuvia-Halterung aufstecken. Der Umbau auf das moderne Bosch Nyon-Display (349 €) ist aufwendiger und sollte besser vom Händler durchgeführt werden, bietet aber eine verbesserte Navigation und mehr Features für den Trekking-Einsatz. Die Alltagsausstattung ist mit Schutzblechen, Gepäckträger, Fahrradständer, Licht und Klingel zweckmäßig, aber nicht frei von Mängeln. Die Kunststoff-Schutzbleche verbiegen schnell und der Ständer klappert. Das Litemove 110 LED-Frontlicht bietet eine saubere Lichtkante, allerdings nicht genug Leuchtkraft für regelmäßige Nachtfahrten. Durch die tiefe Positionierung der Lampe wirft das Vorderrad einen Schatten auf die Fahrbahn, der den nächtlichen Durchblick weiter einschränkt. Der Heckgepäckträger mit praktischer Federklappe beherbergt das TRELOCK STOP LED-Rücklicht mit Bremslichtfunktion.

Auf Patrouillenfahrt
Das Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ kommt in einem coolen Militärfahrzeug-Look daher.

Das Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ im Detail

Für das Entice 5.B Advanced+ hat sich das Team von Kalkhoff ein Paar Charakterzüge einfallen lassen, um ihm ein besonderes Look ‘n’ Feel zu verpassen. Die dunklen Grün- und Schwarztöne setzten die Lackierung gegen die hellen Tan-Wall-Reifen ab und verleihen dem Entice einen Militärfahrzeug-Look. Die Kabel vor dem Cockpit wandern gut sortiert durch den Concept EX-Vorbau von oben in den Gabelschaft, treten allerdings unschön unter dem Steuerrohr wieder aus. Die Integration der Motorkomponenten rund um den performanten Bosch Performance Line CX-Motor ist Kalkhoff gelungen. Der Unterfahrschutz aus Kunststoff ist gut in die Linienführung eingebunden, die hauseigene Ladebuchse verfügt über ein leicht bedienbares Magnetcover am Steuerrohr und der 625-Wh-Akku lässt sich einfach und bequem nach oben entnehmen. Bei der Wahl der Unterstützungsstufen macht Kalkhoff alles richtig und entscheidet sich für den progressiven eMTB-Modus.

Der coole Militärfahrzeug-Look des Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ sorgt für mehr Aufmerksamkeit als für Tarnung im Wald.“

Unser Fazit zum Kalkhoff Entice 5.B Advanced+

Die hohe maximale Zuladung des Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ ist irreführend, denn dem Tiefeinsteiger mangelt es an Fahrstabilität und Laufruhe, um Fahrer inklusive Gepäck sicher zu befördern – selbst wenn man weit unterhalb der erlaubten Zuladungsgrenze bleibt. Für den Trekking-Einsatz auf Wald- und Wiesenwegen oder Fahrten mit Gepäck ist es daher nicht geeignet. Wer aber einen Tiefeinsteiger mit komfortabler Sitzposition sucht, um sich im gemäßigten Tempo durch den Stop-and-go-Verkehr fortzubewegen, profitiert von der Wendigkeit und dem einfachen Handling über den Lenkeinschlag.

Tops

  • komfortable Akkuentnahme
  • entspannte Sitzposition mit guter Übersicht

Flops

  • Chassis versetzt sich in Schwingungen
  • mangelhafte Fahrstabilität mit und ohne Gepäck
  • Ausstattung passt nicht zur hohen Zuladung
  • wenig Fahrkomfort

Mehr Informationen findet ihr auf der Hersteller-Website

Der Test des Kalkhoff Entice 5.B Advanced+ ist Teil unseres großen E-Bike Vergleichstests „Das beste Trekking-E-Bike 2021 – 8 moderne E-Bikes für Touren im direkten Vergleich“. Wir haben 4 verschiedene Konzepte und 8 Bikes verglichen und sagen euch, worauf es ankommt und welches das beste E-Bike für den Trekking-Einsatz ist!

Alle Bikes im Test

CENTURION Country R2600i | FLYER Goroc3 6.50 | Greyp T5.2 | Kalkhoff Entice 5.B Advanced + | MERIDA eONE-FORTY EQ | Niner RLT e9 RDO | Riese & Müller Homage GT Touring | Trek Powerfly FS 9 Equipped


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Words: Rudolf Fischer Photos: Valentin Rühl

Über den Autor

Rudolf Fischer

In seinem früheren Leben war Rudolf in der Innovationsförderung tätig und hat Patentbewertungen im Millionen- und Milliardenbereich durchgeführt. Heute widmet er sich als Redakteur für DOWNTOWN und E-MOUNTAINBIKE nicht weniger spannenden Aufgaben. Als Data-Nerd beschäftigt er sich intensiv mit Zukunftsthemen wie Connected Mobility, testet aber natürlich auch gerne die neuesten Bikes, und zwar täglich. Entweder beim Pendeln oder zusammen mit dem Team bei unseren großen Vergleichstests. Der technisch orientierte Diplom-Betriebswirt ist so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Beispiele gefällig? Rudolf beherrscht u. a. Front-, Side- und Backflip – zwar nicht auf dem Bike, aber per pedes in der Stadt. Seine Parkour-Karriere hat er mittlerweile jedoch an den Nagel gehängt. Darüber hinaus spricht er Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und etwas Esperanto. Beim Versuch, sich selbst Japanisch beizubringen, ist er jedoch kläglich gescheitert. Wichtig zu wissen: Im HQ ist Rudolf bekannt, gefürchtet und (manchmal auch) gehasst für seinen trockenen Humor im Ricky-Gervais-Stil. Natürlich lacht er am meisten selbst darüber …