Haibike hat sich ganz den E-Bikes verschrieben und schickt das NDURO 7 mit einer knalligen Optik, Yamaha PW-X3-Antriebssystem und massigen 180 mm Federweg in den Vergleichstest. Aber kann das 6.499 € teure Haibike die Konkurrenz mit seinem massigen Federweg platt walzen?
Haibike ist sehr früh auf den Zug aufgesprungen und war einer der ersten großen Player im E-Bike-Segment. Inzwischen haben sich die Schweinfurter komplett dem E-Bike verschrieben. Egal ob man nach einem S-Pedelec, einem Trekking-Bike, oder einem E-Mountainbike sucht, auf der Webseite von Haibike findet man alles. Im Portfolio ist das NDURO 7 das Bike fürs Grobe und platziert sich unter dem NDURO 8 Freeride, das sogar mit einer Doppelbrücken-Gabel und einem Stahlfederdämpfer daherkommt. In Sachen Federweg unterscheiden sich die beiden nicht und das NDURO 7 ist mit 180 mm (v/h) das Bike mit dem größten Federweg in diesem Vergleichstest. Optisch ist es bereits von Weitem als Haibike zu erkennen: Der Alurahmen kommt mit dem kantigen Hinterbau und dem typischen Knick im Oberrohr. Durch die massiven Alurohre wirkt der Rahmen bullig, zum rauen Look passen auch die sichtbaren Schweißnähte und die sichtbaren Sprengringe, die die Lagerbolzen halten. Anschraubpunkte für einen herkömmlichen Flaschenhalter sucht man vergebens, dafür bekommt man das Modular Rail System: eine Art Schiene, auf der man verschiedene Dinge – leider nur von Haibike – befestigen kann, wie eine Trinkflasche, ein Schloss, oder eine Tasche. Neben dem BULLS SONIC EVO EN-SL 1 ist das Haibike das einzige Bike im Test, das die Möglichkeit hat, einen Anhänger zu ziehen und einen Seitenständer zu montieren. Nicht nur in der Formensprache hebt es sich von der Masse ab, das Haibike will durch seine knalligen Farben und das Branding unbedingt auffallen.
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Darf’s ein bisschen mehr sein – Was macht das Haibike NDURO 7 besonders?
Eine Vielzahl der Bike-Hersteller setzen bei den Motorsystemen auf einen der beiden Platzhirsche Bosch oder Shimano. Die E-Bike-Pioniere von Haibike halten von diesem eingleisigen Denken wenig und haben Bosch-, TQ-, FAZUA- und Yamaha-Bikes im Portfolio. Das NDURO 7 setzt auf das eher seltene Yamaha PW-X3-Antriebssystem, das nur einmal im Testfeld vertreten ist. Wie die Motoren von Bosch und Shimano kommt der PW-X3 mit 85 Nm Drehmoment, wird aber von einem 720-Wh-Akku gespeist. Entfernt man den etwas fummeligen Unterfahrschutz aus Kunststoff, kann der Akku per Schlüssel entriegelt und dann aus dem Unterrohr zum externen Laden entnommen werden. Der Akku kann auch über den gut zugänglichen Ladeport auf dem Motorgehäuse direkt im Bike geladen werden. Allerdings solltet ihr darauf achten, die Ladeportabdeckung nicht zu verlieren, da sie nicht mit dem Rahmen verbunden ist. Der Akkustand und die gewählte Unterstützungsstufe werden durch farbige LEDs am Display angezeigt, das aber für den geringen Informationsgehalt ziemlich klobig ausfällt. Die Remote hingegen fügt sich schön in das Gesamtbild des Cockpits ein, ist gut erreichbar und überzeugt durch ein definiertes Feedback beim Drücken.
Beim Fahrwerk setzt das NDURO 7 auf eine FOX 38 Performance-Federgabel mit 180 mm Federweg. Am Heck verwaltet ein FOX FLOAT X2 Performance-Luftdämpfer ebenso 180 mm Federweg – ein hochwertiges Federelement, das in der Preisklasse eher selten zu finden ist. Auch bei den Stoppern gehen die Schweinfurter keine Kompromisse ein und verbauen kraftvolle MAGURA MT7-Vierkolbenbremsen in Kombination mit 200-mm-Bremsscheiben vorne und hinten. Die Schaltung stammt von Shimano und vermischt ein 12-fach-SLX-Schaltwerk und SLX-Shifter mit einer Shimano DEORE-Kassette. Neben Komponenten von namhaften Herstellern verbaut Haibike auch Parts aus dem eigenen Haus, wie TheStem, TheBar und TheChainring. Der Hub von 150 mm der hauseigenen Sattelstütze ist für ein Bike in Größe L und zu wenig und schränkt in Kombination mit dem langen Sattelrohr den Fahrer in seiner Bewegungsfreiheit ein. Das NDURO 7 rollt auf einem Mullet-Setup, bestehend aus 29”-Vorderrad und kleinerem 27,5”-Hinterrad mit robusten Mavic E-Deemax 30 Alu-Laufrädern. Vorne ist ein Schwalbe Magic Mary in 2,4” in der Super Trail-Karkasse und der Soft-Gummimischung aufgezogen. Für mehr Grip am Vorderrad sollten vor allem sportliche Trail-Fahrer auf einen Reifen mit der weicheren SuperSoft-Gummimischung upgraden. Hinten kommt ein 2,6” breiter Schwalbe Big Betty in der robusten Super Gravity-Karkasse und der Soft-Gummimischung zum Einsatz.
Haibike Nduro7
6.499 €
Ausstattung
Motor Yamaha PW-X3 85 Nm
Akku InTube 720 Wh
Display Yamaha Interface-X
Federgabel FOX 38 Performance 180 mm
Dämpfer FOX FLOAT X2 Performance 180 mm
Sattelstütze Haibike Components Dropper Post 150 mm
Bremsen MAGURA MT7 200/200 mm
Schaltung Shimano DEORE SLX 1x12
Vorbau Haibike Components TheStem 2 40 mm
Lenker Haibike Components TheBar 780 mm
Laufradsatz Mavic E-Deemax 30 29"/27,5"
Reifen Schwalbe Magic Mary Super Trail Evo Soft/Schwalbe Big Betty Super Gravity Evo Soft 2,6/2,4
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 26,5 kg
Zul. Gesamtgewicht 140 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 113 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme ja
Besonderheiten
Modular Rail System
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Oberrohr | 574 mm | 604 mm | 631 mm | 663 mm |
Sattelrohr | 410 mm | 440 mm | 470 mm | 500 mm |
Steuerrohr | 120 mm | 120 mm | 130 mm | 140 mm |
Lenkwinkel | 63,5° | 63,5° | 63,5° | 63,5° |
Sitzwinkel | 77,0° | 77,0° | 77,0° | 76,9° |
Kettenstrebe | 460 mm | 460 mm | 460 mm | 460 mm |
Tretlagerabsenkung | 5 mm | 5 mm | 5 mm | 5 mm |
Radstand | 1.245 mm | 1.275 mm | 1.305 mm | 1.339 mm |
Reach | 425 mm | 455 mm | 480 mm | 510 mm |
Stack | 644 mm | 644 mm | 653 mm | 662 mm |
Dampfwalze – Das Haibike NDURO 7 im Praxistest
Geht man auf große Tour, punktet das Haibike NDURO 7 mit einer entspannten Sitzposition und das Fahrwerk bietet viel Komfort. Es schluckt Bodenwellen und Schlaglöcher fast komplett weg, wippt aber auch etwas nach und man wird leicht aus dem Sattel gehoben. Sucht man die Herausforderung in einem technischen Climb, bietet das weiche Fahrwerk gute Traktion. Diese wird durch den breiten und groben Hinterreifen, der dank stabiler Karkasse mit wenig Luftdruck gefahren werden kann, nochmals gesteigert. Solange es gerade Richtung Gipfel geht, planiert sich das NDURO 7 durch den kraftvollen Motor und die langen Kettenstreben über alles, was sich ihm in den Weg stellt. Hat man engere Sektionen vor sich, fühlt man sich wie der Elefant im Porzellanladen und man braucht viel Kraft, um Kehren bergauf zu meistern.
Sobald man oben angekommen in den Flowtrail einlenkt, will noch nicht so richtig Fahrspaß aufkommen. Versucht man in Anlieger zu pushen oder über Wellen Speed zu generieren, verpufft der Input des Fahrers im Bike. Bodenwellen und Unebenheiten werden vollkommen geschluckt, ohne dass das NDURO Feedback vom Untergrund vermittelt. Das sorgt für ein undefiniertes Gefühl und man hat den Eindruck, mit Omas durchgesessenen Sofa unterwegs zu sein. Es bedarf viel Kraft, um schnelle Richtungswechsel und spontane Fahrmanöver durchzuführen, wobei sich unter anderem das hohe Gewicht von 26,5 kg bemerkbar macht. Das Haibike ist lieber auf weniger kurvigen Strecken unterwegs und zieht lieber in einer geraden Linie Richtung Tal. Hier spielt es seine Stärken aus: Es vermittelt viel Sicherheit und animiert dazu, einfach mal blind reinzuhalten. Durch das Monstertruck-Feeling walzt man über alles hinweg, was sich in der Fahrbahn befindet. Die hohe Front integriert den Rider dabei gut im Bike, sodass Überschlagsgefühle gar nicht erst aufkommen, aber um den Grip am Vorderrad aufrechtzuerhalten, muss aktiv nach vorne gearbeitet werden. Fortgeschrittene Fahrer können mit Spacern unter dem Vorbau experimentieren, um die Front tiefer und damit mehr Druck auf dem Vorderrad zu bekommen.
Das Haibike NDURO 7 vermittelt viel Sicherheit und animiert dazu, einfach mal blind reinzuhalten.
Für wen ist das Haibike NDURO 7 das richtige Bike?
Das Haibike NDURO 7 ist vor allem für gemütliche Trail- und Tourenfahrer sowie Fahranfänger geeignet, die unter der Woche die Kids im Kinderanhänger hinter sich her kutschieren und am Wochenende vom hohen Sicherheitsempfinden auf den Trails profitieren. KOM-Jäger und fortgeschrittene Fahrer sind mit einem anderen Bike mit direktem Handling und mehr Feedback besser beraten.
Tuning-Tipp: für Trail-Fahrer Ultra Soft-Gummimischung an der Front, um Gripverlust in Kurven auszugleichen | fortgeschrittene Fahrer können mit den Spacern unter dem Vorbau experimentieren
Fahreigenschaften
DESIGN
- unausgewogen
- stimmig
HANDHABUNG
- umständlich
- clever
PREIS/LEISTUNG
- schlecht
- top
TOUREN- & ALLTAGSTAUGLICHKEIT
- niedring
- hoch
HANDLING
- fordernd
- intuitiv
FAHRSPAß
- langweilig
- lebendig
Einsatzbereich
Schotterweg
Technischer Uphill
Flowtrail Downhill
Technischer Downhill
Fazit zum Haibike NDURO 7
Das Haibike NDURO 7 kommt in einem bulligen Look, das auch zu den Fahreigenschaften passt. Vom hohen Sicherheitsgefühl, das einem vermittelt wird, profitieren sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene. Aufgrund des undefinierten und weichen Fahrwerks und der hohen Masse kommt jedoch Monstertruck-Feeling auf. Alle, die ein Bike für gerade Ballerstrecken statt kurvigen Flowtrails suchen, könnten am Haibike NDURO 7 Gefallen finden.
Tops
- vermittelt viel Sicherheit
- guter Tourenkomfort
Flops
- schwammiges Handling
- undefiniertes Fahrwerk
Mehr Informationen findet ihr unter haibike.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2023 bis 7.000 € – 7 günstige Modelle im Test
Alle Bikes im Test: Bulls Sonic Evo EN-SL 1 Carbon (Zum Test) | Haibike Nduro7 | Moustache Samedi 29 Trail 5 (Zum Test) | RADON Deft 10.0 750 (Zum Test) | SCOTT Lumen eRide 910 (Zum Test) | SIMPLON Steamer Pmax (Zum Test) | Specialized Turbo Levo Comp Alloy (Zum Test)
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Words & Photos: Mike Hunger