Victoria schickt mit dem Parcours 5 einen eleganten Offroad-Tiefeinsteiger in den Vergleichstest, der auch in der City eine gute Figur macht und mit konsequenter Designsprache besticht. Es kommt für 5.999 € mit Bosch Smart System und Bosch PowerTube 625-Akku. Doch schafft das Bike den Spagat zwischen City und Trekking?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Der beste vollgefederte Offroad-Tiefeinsteiger 2023 – 4 E-Bikes im Vergleichstest

Victoria Parcours 5 | Bosch Performance Line CX Smart System/625 Wh | 100/100 mm (v/h)
31,6 kg in Größe M | 5.999 € | Hersteller-Website

Das Victoria Parcours 5 macht all jenen Avancen, die sorglos und elegant in der Stadt und auf dem Land unterwegs sein wollen. Das entspricht auch der Intention, die Victoria bei der Entwicklung verfolgt: zuverlässige Alltagsräder – fürs Pendeln und für Abenteuertouren, für Groß und Klein. Das Parcours ist in verschiedenen Ausstattungspaketen erhältlich und kommt entweder mit herkömmlicher Kettenschaltung oder Riemenantrieb. Je nach Verfügbarkeit können auch die stärker profilierten Continental eRuban Plus-Reifen gewählt werden. Wir haben ein Testbike mit dem wartungsarmen Riemenantrieb und den etwas glatteren Schwalbe Al Grounder-Reifen unter die Lupe genommen.

“Wie Sie sehen, sehen Sie nichts”: Der Dämpfer inklusive Anlenkung wurde fast vollständig im Sattelrohr untergebracht.

Das Victoria Parcours 5 spricht eine elegante und starke Designsprache mit klaren Kanten und Linien. Der Dämpfer ist clever im Sitzrohr versteckt und von der Seite nahezu nicht sichtbar, was das Setup jedoch leider etwas erschwert. Angesteuert wird er durch ein fast komplett verborgenes Gelenk. Der cleane Look führt sich bis zur Front fort: Die vielen Kabel vor dem Cockpit sind sauber gebündelt und verschwinden am Steuerrohr in den Rahmen. Auf eine Winkelverstellung des Vorbaus wurde zugunsten des Designs verzichtet. Am geschwungenen Vorbau befindet sich eine dezente Aufnahme für das Bosch Kiox 300-Display. Durch das neue Bosch Smart System haben viele praktische Connectivity-Features Einzug gehalten. So legt der eBike Lock die Motorfunktionen lahm und macht es Langfingern schwer, das Bike zu entwenden. Das Smartphone wird dabei zum digitalen Schlüssel. Die Navigationsfunktion hilft, den richtigen Weg auch in unbekanntem Terrain zu finden. Der kraftvolle Motor stellt 85 Nm Drehmoment zur Verfügung und holt die notwendige Energie aus dem Bosch PowerTube-Akku mit 625 Wh. Wer den Akku zum Laden gerne aus dem Bike nimmt, hat leichtes Spiel. Gut geschützt durch ein lackiertes Cover, lässt er sich einfach nach oben aus dem Unterrohr entnehmen. Das Bike kann auch direkt über den Ladeport geladen werden, welcher oberhalb des Motors platziert ist. Zu beachten ist jedoch, dass der Ladeport nur durch ein dünnes Gummi-Cover abgedeckt und somit unzureichend vor Feuchtigkeit geschützt ist.

Die Öffnung im Unterrohr macht nicht nur das Entnehmen des 625 Wh starken Bosch PowerTube-Akkus zum Kinderspiel, sondern gibt durch die lackierte Abdeckung auch optisch einiges her. Dafür verzichtet das Victoria sogar auf eine Befestigungsmöglichkeit für Trinkflaschenhalter auf dem Unterrohr.
Design vor Funktion: Victoria verzichtet auf einen winkelverstellbaren Vorbau zugunsten der Design-Variante mit integrierter Halterung für das Bosch Kiox 300-Display.
Beim Victoria Parcours 5 kommt das neue Bosch Smart System mit dem 85 Nm starken Performance Line CX-Motor zum Einsatz. Die Bosch-Parts punkten mit ordentlicher Motor-Unterstützung und nützlichen Connectivity-Features. Diese sind zudem schön im Rahmen integriert. Nur bei der fummeligen Gummi-Abdeckung des Ladecovers hätten wir uns mehr Liebe zum Detail gewünscht.

Das Victoria Parcours ist mit einer Vollausstattung versehen und somit sowohl für den Alltag als auch längere Touren konzipiert. Zu diesen Komponenten gehört unter anderem der MIK-Gepäckträger mit Federklappe, der ein schnelles und leichtes Befestigen der Taschen ermöglicht. Auch das im Schutzblech integrierte Bremslicht macht sich im Straßenverkehr besonders bezahlt und sorgt für eine gute Sichtbarkeit. Das CONTEC Dlux 120 E+-Frontlicht hätten wir für eine bessere Ausleuchtung allerdings weiter oben am Lenker platziert. Ebenfalls nicht ideal sind die klapprigen Plastik-Schutzbleche, die sich gerne mal verdrehen und dann am Vorderrad schleifen.

Solange man in gemäßigtem Terrain unterwegs ist, verrichtet die Enviolo-Nabenschaltung treu ihren Dienst. Sobald es jedoch steiler wird und Motor und Fahrer mit vereinten Kräften voll am Riemen ziehen, droht die Nabenschaltung durchzurutschen.
Die dünnen Metallstreben der Front-Schutzbleche verdrehen sich bei schlechten Fahrbahnbedingungen und schleifen dann am Vorderrad.

Laufsteg oder doch lieber Feldweg? Das Victoria Parcours 5 im Test

Schwingt man sich auf den Sattel, punktet das Victoria mit einem intuitiven Lenkverhalten und folgt auf gut befestigten Wegen den vorgegebenen Lenkbefehlen. Rollt man über Bordsteinkanten oder durch Schlaglöcher, bietet die Vollfederung genug Komfort und Reserven, um Stöße abzufedern. Die SR Suntour MOBIE34-Gabel und der SR Suntour EDGE-Luftdämpfer verfügen jeweils über 100 mm Federweg und sind ähnlich straff abgestimmt wie am ZEMO. Mit dem grandiosen Ansprechverhalten des CONWAY-Hinterbaus kann das Victoria allerdings nicht ganz mithalten. Zum etwas satteren Setup tragen auch die härteren Schwalbe Al Grounder 2,35”-Reifen bei. Sie bieten nicht nur etwas weniger Dämpfungseigenschaften, ihre glatte Lauffläche kann auch abseits befestigter Wege nicht die gleiche Traktion aufbringen wie die grober profilierten Schwalbe Johnny Watts-Reifen der anderen Bikes im Vergleichstests.

Bequeme Fahrer, die in Städten oder Regionen mit flacher Topographie unterwegs sind, finden an der Enviolo HD-Nabenschaltung Gefallen. Die Übersetzung kann stufenlos über den Handgriff gewählt werden und ermöglicht in Kombination mit dem starken Motor ein entspanntes Cruisen in der Ebene. Steht jedoch ein Ausflug in den Alpen an, hat die Nabenschaltung nicht genug Bandbreite, um auch steile Anstiege im kleinen Gang gut zu bewältigen. Bei hoher Belastung droht sogar die Gefahr, dass das Getriebe in der Nabenschaltung einfach durchrutscht. Auch Abenteurer, die viel Gepäck auf dem Heck transportieren, müssen nicht nur das moderate zulässige Gesamtgewicht von 140 kg im Blick, sondern das Bike auch immer fest im Griff behalten. Das Parcours 5 neigt bei hohem Tempo und starker Beladung zu Lenkerflattern, sobald man die Hand vom Lenker nimmt. Von schweren Fahrern und Radlern mit viel Gepäck erfordert das Victoria zudem eine saubere Bremstechnik, sonst kommen die Shimano-Zweikolbenbremsen trotz großer 200-mm-Bremsscheibe an der Front an ihr Limit. Aber auch weniger kräftige Fahrer könnten Mühe haben, das 31,6 kg schwere E-Bike sicher zu bedienen, denn kein anderes Bike im Test war schwerer.

Victoria Parcours 5

5.999 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX Smart System 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Kiox 300
Federgabel SR Suntour MOBIE 34 100 mm
Dämpfer SR Suntour Edge 100 mm
Sattelstütze Limotec A1 75 mm
Bremsen Shimano BR-MT420 200/180 mm
Schaltung Enviolo HD 380%
Vorbau Victoria "integrated Stem" 70 mm
Lenker Ergotec Riser Bar 720 mm
Laufradsatz Mach 1 "MAXX" 27,5"
Reifen Schwalbe Al Grounder 2,35"

Technische Daten

Größe S M L
Gewicht 31,6 kg
Zul. Gesamtgewicht 140 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 108 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme ja

Besonderheiten

CONTEC Dlux 120E+ /TL355-Lichtanlage

Größe S M L
Oberrohr 602 mm 605 mm 619 mm
Sattelrohr 460 mm 510 mm 560 mm
Steuerrohr 150 mm 160 mm 175 mm
Lenkwinkel 68° 68° 68°
Sitzwinkel 73° 73° 73°
Kettenstrebe 500 mm 500 mm 500 mm
Radstand 1.199 mm 1.203 mm 1.218 mm
Reach 415 mm 415 mm 425 mm
Stack 613 mm 622 mm 635 mm

Bei Design und Integration der Vollfederung haben die Entwickler von Victoria ganze Arbeit geleistet. Durch das etwas straffere Fahrwerk und die Komponentenwahl, wie Reifen und Schaltung, ist das Victoria Parcours 5 eher city- als offroad-tauglich und hat daher nicht so vielfältige Einsatzmöglichkeiten wie die anderen Bikes im Vergleichstest. Für Fahrten im Flachland ist der Riemenantrieb gut geeignet. Wer dagegen viel in bergigem Gelände unterwegs ist, sollte auf eine Offroad-Tiefeinsteiger-Variante mit Kettenschaltung setzen.

Tops

  • schönes Design und stilvolle Integration der Vollfederung
  • wartungsarmer Riemenantrieb
  • hilfreiche Connectivity-Features

Flops

  • Komponentenwahl beschränkt Einsatzgebiet
  • Nabenschaltung rutscht unter starker Belastung durch

Für mehr Infos, besucht victoria-bikes.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Der beste vollgefederte Offroad-Tiefeinsteiger 2023 – 4 E-Bikes im Vergleichstest

Alle Bikes im Test: CONWAY CAIRON SUV FS 5.7 | Malaguti Collina FW6.0 | Victoria Parcours 5 | ZEMO SU-E FS11


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als E-MOUNTAINBIKE-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, dass der E-Mountainbike-Sport auch weiter ein kostenloses und frei zugängliches Leitmedium hat! Jetzt Supporter werden!

Words: Mike Hunger Photos: Mike Hunger, Julian Lemme

Über den Autor

Mike Hunger

Von Slopestyle und Landschaftsfotografie, hin zu Enduro und Actionfotografie. Mike probiert gerne neue Dinge aus und hat eine Vorliebe für Action. Und Handwerk: So zieht es ihn mit seinem Syncro-Van, den er selbst restauriert und umgebaut hat, regelmäßig auf verschiedenste Roadtrips. Natürlich immer mit dabei ist sein Bike und seine Kamera, um die feinsten Trails von Italien bis in die Alpen unter die Stollen zu nehmen und die schönsten Momente festzuhalten. Durch seine Ausbildung als Industriemechaniker, seiner Erfahrung aus dem Radsport und seinen Foto-Skills kann er das Know-How perfekt in den journalistischen Alltag umsetzen und testet jetzt als Redakteur die neuesten Bikes und Parts. Als “Foto-Nerd” hält er außerdem die Tests fotografisch fest und sorgt im Magazin für geiles Bildmaterial.