Malaguti will das italienische Flair vergangener Tage wieder neu beleben und liefert einen vollgefederten Offroad-Tiefeinsteiger mit besonderem Fokus auf Design. Wir haben das Collina FW6.0 mit Bosch Performance Line CX-Motor unter die Lupe genommen und verraten euch, wie es sich im Vergleichstest geschlagen hat!

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Der beste vollgefederte Offroad-Tiefeinsteiger 2023 – 4 E-Bikes im Vergleichstest

Malaguti Collina FW6.0 | Bosch Performance Line CX/625 Wh | 110/100 mm (v/h)
28,3 kg in Größe L | 4.599 € | Hersteller-Website

Schon vor über 90 Jahren hat der Gründer, Antonino Malaguti, an motorisierten Fahrrädern mit Benzinmotor experimentiert. Später war die Marke Malaguti vor allem für Motorroller und Motorräder bekannt. Seit 2018 ist sie Teil der österreichischen KSR Group. Die Idee mit den Fahrrädern wurde daraufhin erneut aufgegriffen, anstatt Benzinmotoren kommen in den Bikes jetzt allerdings Elektromotoren zum Einsatz. Das Portfolio von Malaguti erstreckt sich vom abfahrtsorientierten Enduro-E-Mountainbike bis hin zum Trekking-E-Bike. Unser Testbike hört auf den Namen Collina FW6.0 und ist ein minimalistischer Offroad-Tiefeinsteiger mit großem Augenmerk auf Design. Mit 4.600 € ist es das günstigste und mit 28,3 kg das leichteste Bike im Test.

Sobald Spannung auf der Kette herrscht, wird der Hinterbau des Malaguti stark verhärtet und verliert seine komfortablen Eigenschaften.

Der Hinterbau des Malaguti Collina FW6.0

Das Malaguti Collina FW6.0 rollt in einem brachial sportlichen Look daher. Auf dem mattgrauen Lackkleid sind auffällige Farbakzente platziert, die auf die italienische Motorrad-Historie hindeuten und für ein polarisierendes Erscheinungsbild sorgen. Die interne Kabelführung durch den speziellen Acros-Steuersatz schafft ein aufgeräumtes Cockpit. Allerdings ist der Aufwand größer, wenn die Züge und Bremsen getauscht werden müssen. Im Vergleich zu den anderen E-Bikes wirkt der Rahmen massiver und langgestreckter. Das Fahrwerk wird von SR Suntour beigesteuert, die XCR32-Gabel liefert 110 mm Federweg an der Front und der EDGE-R-Dämpfer 100 mm am Heck. Ähnlich wie beim ZEMO wurde der Dämpfer hinter dem Sattelrohr verbaut, beim Malaguti wandert dieser aber noch weiter in Richtung Hinterrad, sodass viel Platz für ein langes Sattelrohr und eine lange Sattelstütze bleibt. Auf den ersten Blick fällt die sehr komplexe Hinterbau-Kinematik auf: Der einteilige Hinterbau ist über vier Gelenke mit dem Hauptrahmen verbunden. Eigentlich ist die Konstruktion ein bewährtes Erfolgsrezept, das von vielen Größen im MTB-Bereich verwendet wird und den Herstellern eine großen Einfluss auf die Auslegung der Hinterbau-Performance ermöglicht. Doch die Bauweise birgt auch Fallstricke.

Wie das CONWAY kommt auch das Malaguti Collina FW6.0 noch mit dem alten Bosch Motorsystem. Der Bosch Performance Line CX-Motor ist zwar ein echtes Kraftpaket, doch die Peripherie rund um den Motor entspricht mit dem eingeschränkten Funktionsumfang nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik.
Der 625 Wh starke Bosch PowerTube-Akku lässt sich entspannt über die große Aussparung nach oben entnehmen.
Die Sattelstütze mit 160 mm Hub sorgt für viel Bewegungsfreiheit, durch den Griff am Sattel lässt sich das Bike leichter anheben.
Das HERRMANS H-Black Frontlicht ist schön weit oben am Lenker angebracht und sorgt für gute Sichtbarkeit bei Nacht.
Minimalistisch und nicht mehr zeitgemäß ist das Bosch Purion-Display. Im Vergleich zum neuen Smart System fehlen praktische Connectivity-Features.

Beim Probesitzen – mit beiden Beinen auf dem Boden – federt der Hinterbau beim Auf- und Abhüpfen im Sattel zunächst noch butterweich ein und verspricht viel Fahrkomfort. Sobald man auf der Straße unterwegs ist und durch Pedalieren Zug auf die Kette kommt, reagiert der Hinterbau stark auf Antriebseinflüsse, verhärtet sich und kann nicht mehr frei schwingen. Hört man auf zu pedalieren, senkt sich der Hinterbau wieder tief in den Federweg, was bei ungleichmäßiger Fahrt zu einem störendem Wippen führt. Um den unruhigen Hinterbau in den Griff zu bekommen, muss der Dämpfer folglich mit höherem Luftdruck als üblich gefahren werden – dadurch geht jedoch viel Komfort verloren. Zudem gestaltet sich das Herumexperimentieren mit dem Luftdruck etwas mühsam, da eine vertikale Strebe des Hinterbaus den Zugang zum Dämpfer blockiert, sodass man nur eine Pumpe mit kurzem oder angewinkeltem Pumpenkopf verwenden kann.

Eine Strebe des schlecht abgestimmten Hinterbaus versperrt den Zugang zum Dämpfer, sodass nur Dämpferpumpen mit kurzem oder abgewinkeltem Kopf aufgeschraubt werden können.
Die Kabelführung durch den Steuersatz sorgt für ein aufgeräumtes Cockpit.

Angetrieben wird das Malaguti Collina FW6.0 vom kräftigen Bosch Performance Line CX-Motor mit 85 Nm Drehmoment. Der 625 Wh starke Bosch PowerTube-Akku bietet genug Energie für eine Tagestour und lässt sich über die große Aussparung leicht nach oben aus dem Rahmen entnehmen. Wer längere Touren ohne Laden fahren möchte, sollte dagegen lieber zum ZEMO mit dem größeren 750-Wh-Akku greifen. Wird der Stromspeicher direkt im Bike geladen, erfolgt die Zufuhr beim Collina über den gut abgedichteten Ladeport am Steuerrohr. Das nicht mehr zeitgemäße Bosch Purion-Display zeigt nur die wichtigsten Informationen, bspw. Akkustand oder Geschwindigkeit an. Praktische Zusatzfunktionen, wie Wegfahrsperre, Smartphone-Anbindung und Navigation, können nicht zur Verfügung gestellt werden. Der Nachfolger mit den Smart-Features steht für die nächste Saison allerdings bereits in den Startlöchern.

Auf Performance getrimmt – das Malaguti Collina FW6.0 im Test

Der niedrige und breite Durchstieg macht das Aufsteigen zum Kinderspiel, die Sattelstütze mit 160 mm Hub sorgt für viel Flexibilität. Sportliche Fahrer, die gerne über Stock und Stein unterwegs sind und auf maximalen Fahrkomfort verzichten können, freuen sich über den großen Bewegungsfreiraum und die aktive Fahrposition. Biegt man auf unbefestigte Wege ein, bieten die Schwalbe Johnny Watts-Reifen mit 2,35” einen guten Grip. Passend dazu stammen der breite Lenker und der kurze Vorbau aus dem MTB-Segment, wodurch man insgesamt viel Kontrolle über das Vorderrad hat und Lenkbefehle direkt umgesetzt werden. Zugunsten der Performance wird allerdings auf einen winkelverstellbaren Vorbau verzichtet. Das führt dazu, dass beim entspannten Cruisen auf langen Touren zu viel Druck auf den Händen lastet. Zudem bieten die Tektro HD-M275 Zweikolbenbremsen mit den 180-mm-Bremsscheiben zu wenig Biss auf langen Abfahrten. Das bemerken vor allem schwere Fahrer und Abenteurer, die mit viel Gepäck unterwegs sind. Einen Anschraubpunkt für den Flaschenhalter sucht man vergebens, sodass man seine Flasche daher im Rucksack oder der Tasche transportieren muss.

Wird es doch mal schneller dunkel als erwartet, sorgt das weit oben am Lenker montierte HERRMANS H-Black-Frontlicht für ausreichende Beleuchtung und das HERRMANS H-Cargo-Rücklicht ist selbst von der Seite gut erkennbar. Zur restlichen Alltagaustattung gehören Kunststoff-Schutzbleche, die am Vorderrad allerdings unzureichend befestigt sind und auf Schotterstraßen zu klappern beginnen. Das Collina FW6.0 besitzt zwar eine Anhängerfreigabe, doch das zulässige Gesamtgewicht mit 140 kg fällt nicht sehr hoch aus, weshalb schwere Fahrer mit leichtem Gepäck reisen sollten. Der Heckgepäckträger ist mit dem MIK-Standard ausgestattet und ermöglicht ein einfaches und schnelles Befestigen der Taschen. Leider kommt bei hoher Beladung am Heck auf unebener Fahrbahn ein Lenkerflattern auf, sobald man die Hand vom Lenker nimmt. Muss man das Bike zwischendurch einmal über ein Hindernis heben oder in der Stadt eine Treppe hochtragen, freut man sich mit 28,3 kg über das vergleichsweise geringe Gewicht und den praktischen Tragegriff am Sattel.

Malaguti Collina FW6.0

4.599 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Purion
Federgabel SR Suntour XCR32 110 mm
Dämpfer SR Suntour Edge-R 100 mm
Sattelstütze HL SP-C255 160 mm
Bremsen Tektro HD-M275 180/180 mm
Schaltung SRAM SX Eagle 1x12
Vorbau HL TDS-607 65 mm
Lenker HL MTB-AL 760 mm
Laufradsatz JALCO PHL-32 OS 27,5"
Reifen Schwalbe Johnny Watts 2,35"

Technische Daten

Größe S M L
Gewicht 28,3 kg
Zul. Gesamtgewicht 140 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 111 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme ja

Besonderheiten

Herrmans H-Black/H-Cargo Lichtanlage

Größe S M L
Oberrohr 605 mm 615 mm 630 mm
Sattelrohr 420 mm
Steuerrohr 150 mm 150 mm 150 mm
Lenkwinkel 69° 69° 69°
Sitzwinkel 74° 74° 74°
Kettenstrebe 485 mm 485 mm 485 mm
Radstand 1.182 mm 1.194 mm 1.244 mm
Reach 429 mm 434 mm 444 mm
Stack 612 mm 631 mm 650 mm

Bei der Kaufentscheidung zum Malaguti steht Emotionalität vor Rationalität, denn das Collina FW6.0 kann nicht mit den anderen Tiefeinsteigern im Test mithalten. Es punktet vor allem mit schickem Design und Minimalismus. Der schlecht abgestimmte Hinterbau kann in Sachen Funktionalität nicht überzeugen. Für alle, die auf schickes Design stehen oder in Sachen Connectivity bereit sind, Abstriche in Kauf zu nehmen, könnten mit dem Collina dennoch glücklich werden.

Tops

  • schickes Design
  • geringstes Gewicht im Testfeld
  • direktes Handling für sportive Fahrer

Flops

  • klappernde Kunststoff-Schutzbleche
  • kein Anschraubpunkt für Flaschenhalter
  • schlecht abgestimmter Hinterbau
  • keine Connectivity-Features

Für mehr Infos, besucht malaguti-bicycles.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Der beste vollgefederte Offroad-Tiefeinsteiger 2023 – 4 E-Bikes im Vergleichstest

Alle Bikes im Test: CONWAY CAIRON SUV FS 5.7 | Malaguti Collina FW6.0 | Victoria Parcours 5 | ZEMO SU-E FS11


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Words: Mike Hunger Photos: Mike Hunger, Julian Lemme

Über den Autor

Mike Hunger

Von Slopestyle und Landschaftsfotografie, hin zu Enduro und Actionfotografie. Mike probiert gerne neue Dinge aus und hat eine Vorliebe für Action. Und Handwerk: So zieht es ihn mit seinem Syncro-Van, den er selbst restauriert und umgebaut hat, regelmäßig auf verschiedenste Roadtrips. Natürlich immer mit dabei ist sein Bike und seine Kamera, um die feinsten Trails von Italien bis in die Alpen unter die Stollen zu nehmen und die schönsten Momente festzuhalten. Durch seine Ausbildung als Industriemechaniker, seiner Erfahrung aus dem Radsport und seinen Foto-Skills kann er das Know-How perfekt in den journalistischen Alltag umsetzen und testet jetzt als Redakteur die neuesten Bikes und Parts. Als “Foto-Nerd” hält er außerdem die Tests fotografisch fest und sorgt im Magazin für geiles Bildmaterial.