Ist ein serienmäßiges E-Mountainbike geeignet, an einem Profi-Rennen wie der E-Bike World Tour teilzunehmen oder sollten Teile an die harten Bedingungen angepasst werden? Wir haben die Haibike AllMtn SE-Rennmaschine des italienischen Haibike-Teamfahrers Andrea Garibbo unter die Lupe genommen und ihn zu seinen Tuning-Maßnahmen befragt.

Haibike AllMtn SE (Sonderedition)| Yamaha PW-X2/600 Wh | 160/160 mm (v/h)
22,58 kg in Größe L | 10.000 €

Das erste Rennen der E-Bike World Tour 2022 fand im Rahmen des 1. Flachauer E-Bike-Festivals statt und dort hatten wir unmittelbar nach dem Rennen die Gelegenheit, uns das Race-Bike des italienischen Haibike-Fahrers Andrea Garibbo genauer anzuschauen und uns die Unterschiede zum Serien-Bike von ihm erläutern zu lassen. Basis für Andreas Race-Bike ist die im Februar 2022 – anlässlich Haibikes 10-jährigem Jubiläum ihrer E-Mountainbike-Historie – vorgestellte Sonderedition des Haibike AllMtn SE.
Sofort ins Auge stechen die gelben Schriftzüge des hochwertigen Öhlins-Fahrwerks und die goldfarbene Kette der SRAM AXS-Schaltung des ansonsten dezenten Haibike mit seinem schwarz/grauen Vollcarbon-Rahmen.

Andrea GARIBBO | Jahrgang: 1989 | Nationalität: Italiener | Größe: 1,68 m |
Gewicht: 59 kg | Bike-Größe: M

Tuning-Maßnahmen des Haibike-Teamfahrers Andrea Garibbo

Cockpit:

Am Cockpit seines Renn-Boliden hat Andrea seiner Körpergröße entsprechend die Lenkerbreite reduziert und einen kürzeren Vorbau montiert.

Den serienmäßigen Race Face SixC-Carbon-Lenker hat Andrea von 785 mm auf 760 mm gekürzt, da er aufgrund seiner Körpergröße mit dieser Lenkerbreite besser zurechtkommt.
Kürzerer Vorbau: Statt dem Original-Vorbau mit einer Vorbaulänge von 50 mm hat Andrea einen 35-mm-Vorbau von SWITCH montiert.

Fahrwerk

Beim Rennen der E-Bike World Tour 2022 in Flachau war Andrea mit dem serienmäßigen Fahrwerk, einer Öhlins RXF36-Federgabel und einem Öhlins TTX Air-Dämpfer mit jeweils 160 mm Federweg, am Start. In ruppigerem Gelände mit mehr Downhill-Passagen wechselt Andrea seine Öhlins-Federgabel mit 36-mm-Standrohren auf eine steifere Gabel mit 38-mm-Standrohren. Den Dämpfer tauscht er dann gegen einen Stahlfederdämpfer der gleichen Marke.

In Flachau war Andrea mit der serienmäßigen Federgabel Öhlins RXF36 M.2 mit 160 mm Federweg unterwegs. Sein Luftdruck betrug in der Positivkammer 95 psi. In die Ramp-up-Kammer, die bei der Öhlins die Token ersetzt, hat Andrea 214 psi gepumpt.Wer Näheres über die Funktionsweise der Öhlins RXF36-Federgabel erfahren möchte, kann dies im Testbericht unseres Schwestermagazins ENDURO nachlesen.
Der Öhlins TTX Air-Dämpfer erzeugt 160 mm Federweg am Heck. In Flachau fuhr Andrea ihn mit einem Druck von 160 psi.

Antrieb

Das Haibike AllMtn SE ist noch mit dem Yamaha PW-X2-Motor mit 80 Nm ausgestattet, während der neue Yamaha PW-X3-Motor nicht nur leichter ist, sondern auch mit 5 Nm mehr aufwarten kann. Allerdings ist für einen Rennerfolg nicht nur die reine Motorleistung, sondern auch die Fahrtechnik, optimale Trittfrequenz etc. ausschlaggebend. Für Alltags-Racer haben wir in unserem Artikel 11 Tipps für mehr Akku-Reichweite am E-Bike weitere Ratschläge für euch.
Andrea hat die serienmäßige Kurbel gegen eine 155-mm-Kurbel getauscht, um Pedalaufsetzer möglichst zu vermeiden. Welches die richtige Kurbelarmlänge ist, haben wir in dem Artikel Was ist die optimale Kurbellänge am E-Mountainbike? für euch herausgefunden.

Das Haibike AllMtn SE ist noch mit dem Yamaha PW-X2-Motor mit 80 Nm ausgestattet. Allerdings passt der neue Yamaha PW-X3-Motor wegen der geänderten Motoraufnahme nicht in den bisherigen Rahmen. In unserem Motorenvergleichstest wurde dem Yamaha PW-X2-Motor ein ganz eigener, kerniger Charakter bescheinigt.
Kürzere Kurbel: Um Pedalaufsetzer zu minimieren, hat Andrea statt der serienmäßigen Kurbel eine 155 mm lange Kurbel des italienischen Herstellers MICHE verbaut.
Der fehlende Kettenstrebenschutz ist nicht der Gewichtsoptimierung zum Opfer gefallen, sondern ganz einfach während des Rennens abgefallen.

Laufräder:

Bei Laufrädern lässt sich durch die Verwendung von Carbon- statt Alu-Felgen und bei Reifen mit dünnerer Karkasse auf einfache Weise recht viel Gewicht sparen. Jedoch ist dies für den harten Geländeeinsatz nicht immer sinnvoll. Andrea war in Flachau mit den serienmäßigen leichten Carbon-Laufrädern von DT Swiss unterwegs. In extrem hartem Gelände wechselt er auf Alu-Laufräder der italienischen Marke MICHE. Bei den Reifen wechselte Andrea von den serienmäßigen MAXXIS Minion DHF EXO/DHRII EXO+ auf Reifen mit stabilerer Karkasse. Beim Vorderrad wechselte er auf den stabileren und schweren MAXXIS ASSEGAI Doubledown und als Hinterrad hat er einen Schwalbe Big Betty mit Super Downhill-Karkasse montiert. Im Frühjahr 2022 hat MAXXIS seinem EXO+ Reifen ein Upgrade verpasst, das mehr Pannensicherheit verspricht. Mehr dazu findet ihr in unserem Artikel MAXXIS EXO+ Reifen bekommen ein Upgrade – Neue EXO+ Karkassen-Technologie für robustere Reifen.
In richtig hartem Gelände switcht Andrea, wie bereits erwähnt, von Carbon- auf Alu-Felgen und montiert am Vorderrad und Hinterrad einen Schwalbe Magic Mary Ultra Soft, den er dann mit 1,1 bar (16 psi) vorne und 1,38–1,4 bar (20 psi) fährt.

Den MAXXIS ASSEGAI Doubledown im Vorderrad fuhr Andrea in Flachau mit 1,25 bar (18 psi) Reifendruck.
Beim Hinterrad vertraut Andrea auf den Schwalbe Big Betty-Reifen in der Super DH-Variante, der seiner Meinung nach schneller rollt als ein gleichwertiger MAXXIS-Reifen. Sein Reifendruck in Flachau betrug 1,1 bar (16 psi).

Bremsen, Schaltung und Co.:

Bei den hochwertigen Shimano XTR M9120-Bremsen mit 203-mm-Scheiben und der exklusiven SRAM XX1 Eagle AXS 1×12-Schaltung sah Andrea keinerlei Änderungsbedarf.

Vorne verzögert die serienmäßig verbaute Shimano XTR M9120 mit 203-mm-Bremsscheibe …
ebenso wie hinten.
Die Sattelstütze, eine RockShox Reverb AXS mit 150 mm, entspricht ebenso wie …
der Sattel von Prologo, ein Proxim W450 Sport, der Serienausstattung des Haibike AllMtn SE.
Mit der serienmäßigen SRAM XX1 Eagle AXS 1×12-Schaltung …
hatte Andrea bislang auch im härtesten Einsatz keine Probleme.
Fast alle Pro-Racer haben zur Sicherheit einen Ersatzschlauch am Rahmen fixiert.
Garmin sorgt bei Andrea für die Navigation.
Krönender Abschluss des zweitägigen E-Mountainbike-Rennens „E-Tour of Salzburger Land” mit den amtierenden UCI-E-MTB-Weltmeistern Jérôme Gilloux (FRA) und Nicole Göldi (SUI) bildete die spannende Nachtetappe, die rund um das Ortszentrum von Flachau führte und bei dem Andrea Garibbo knapp von Gilloux geschlagen wurde.
Andrea auf den Trails der „E-Tour of Salzburger Land”.

Wir drücken Andrea Garibbo für die nächsten Rennen die Daumen. Andrea könnt ihr auf Instagram unter garibboandrea folgen.


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Words: Manne Schmitt Photos: E-Bike World Tour und Manne Schmitt

Über den Autor

Manne Schmitt

Als stolzer Daddy von Robin und Max-Philip ist Manne der Mann der ersten Stunde und die „graue Eminenz“ im Redaktionsteam. Sein erstes Rad-Rennen gewann er im Grundschulalter beim Schulfest. Nach weniger erfolgreichen Versuchen im Fußball fand er über den Ausdauersport (Marathon) im Jahr 1989 seine Passion fürs Biken! Das Thema Racing verfolgt ihn noch immer, niemand im Team kennt die EWS-Profis besser als Manne. Als ehemaliger Chef-Analyst einer Landesbehörde weiß er, wie man richtig recherchiert, und findet exklusive News, die sonst niemand hat. Als Prokurist unterstützt er seine Söhne erfolgreich im Alltag – viva la familia!