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Vorsicht Hochspannung! – Brose präsentiert den mit Spannung erwarteten Drive³ Peak-Motor im 48V-System und einen Konzept-Motor mit integrierter stufenloser Schaltung

Die Spannung steigt: Nach langem Stillschweigen meldet sich Motorenhersteller Brose mit einen komplett neuen Motorsystem zurück, das auf einem 48Volt-Netz, statt wie bisher auf 36V, basiert. Neben neuen Akkus und neuer Peripherie bringt das auch zwei neue Motoren mit sich: das neue Flaggschiff Brose Drive³ Peak und den Concept Drive mit integrierter stufenloser Schaltung.

„Brose Quality on“ ist das Motto, unter dem die groß angelegte Produktkampagne bei Brose steht. Doch dass der Fokus dabei nicht nur auf Qualität, sondern auch auf Quantität gelegt wurde, zeigen die vielen Neuankündigungen bei Brose. Der Motorenhersteller krempelt einen großen Teil des Portfolios um und stellt dabei ein komplett neues Motorsystem vor, das auf den einfachen Namen „Brose Drive System“ hört. Bisher herrschte im Motorsystem eine Nennspannung von 36V, wie beispielsweise auch bei den Branchenriesen Bosch und Shimano. Doch so mancher Hersteller, und darunter auch Brose, sehen in einem 48V-System die Zukunft. Das neue Brose Drive System, das 2024 an den Start gehen soll, läuft auf der höheren Spannung. Das soll in der Theorie das Potential bieten (Wortspiel für Elektrotechniker😉), den Strom durch die höhere Spannung zu senken. Die Folge ist eine geringere Hitzeentwicklung, vor allem bei den Leitungen in Akkunähe. Das ermöglicht sogar, Stromleitungen mit geringerem Leiterquerschnitt zu verbauen. Brose nennt uns jedoch noch einen weiteren praxisnahen Grund, der auch die Zugehörigkeit zur Automobilindustrie erkennen lässt, aus der das Unternehmen eigentlich stammt. Die Automobilbranche hat den Wechsel auf 48V bereits vor Jahren vollzogen und zum Standard gemacht. Für Brose ergeben sich damit aus strategischen und ökonomischen Gründen Synergien, die zu besseren (Qualitäts-)Standards, Verfügbarkeiten und Preisen im E-Bike-Segment führen sollen. Da das bestehende Brose 36V-Motorsystem nicht mit dem neuen 48V-System kreuzkompatibel ist und zudem auch ein neues Kommunikationsprotokoll zwischen den Komponenten etabliert wurde (CANopen), benötigt das Brose Drive System neue Akkus, Displays, Remotes und alles, was zu einem funktionierenden Motorsystem dazugehört. Für Besitzer alter Brose-Bikes ist die fehlende Upgrade-Möglichkeit nachvollziehbar ärgerlich, doch nur durch diesen harten Cut kann, laut Brose, ein zukunftsfähiges Motorsystem etabliert werden. An der Spitze des neuen Systems thront der Brose Drive³-Motor, der uns in der höchsten Ausbaustufe Drive³ Peak mit Sicherheit in leistungsstarken E-MTBs im kommenden Jahr begegnen wird.

Der neue Platzhirsch bei Brose – Der Brose Drive³ Peak-Motor im Detail

Zwar nicht in der Bezeichnung, aber im Geiste wird der neue Drive³ Peak 2024 der Nachfolger des Brose Drive Mag S sein. Er besitzt, wie das bisherige Topmodell, über 410 % maximale Motorunterstützung, das maximale Drehmoment ist aber von 90 Nm auf 95 Nm angehoben worden. 2,9 kg verpackt in ein Magnesiumgehäuse – bei den harten Kenngrößen hat sich im Vergleich zum Vorgänger nur wenig getan. Brose spricht dem neuen Antrieb aber ein verbessertes Design und eine optimierte Integration zu und kündigt ein herausragendes Fahrgefühl bei nochmals verbesserter Geräuschentwicklung an. Gerade bei der Geräuschkulisse war der Brose Drive Mag S bei unseren bisherigen Tests im Downhill sehr beliebt, da sich der Motor geräuschlos verhält und selbst auf rauen Trails nichts klappert. Bergauf Passagen unter Volllast wurden jedoch von einem lauten Motoren-Surren begleitet.

Die nächste Evolutionsstufe ist stufenlos – Der neue Concept Drive-Motor mit integrierter stufenloser Schaltung im Detail

Ob der neue Concept Drive-Motor noch eine andere Bezeichnung bekommt oder unverändert in die E-Bike-Welt einzieht, können wir noch nicht sagen, aber wir können euch vom Konzept hinter dem Concept Drive-Motor berichten. Speziell für City- & Trekking-E-Bikes entwickelt, zeichnet er sich durch ein im Motor integriertes stufenloses Getriebe aus. Das macht eine externe Gangschaltung, z. B. mit Schaltwerk und Kassette überflüssig. Der Motor besitzt eine Bandbreite von 420 %, damit liegt er deutlich unter den 600 % Bandbreite, die die neue Pinion MGU E1.12 aufzuweisen hat. Für den Stadtbetrieb und Trekkingausfahrten ohne steile Anstiege sollte die Bandbreite jedoch genügen. Dafür hat der Pinion-Motor eben „nur“ 12 Gänge, der Brose hingegen virtuell unendlich viele. So soll laut Brose immer das perfekte Übersetzungsverhältnis genutzt werden können, auch da der neue Motor einen Automatikantrieb besitzt, der stufenloses Schalten ohne Drehmoment-Unterbrechung beherrschen soll. Der Motor soll wie der Drive³ Peak ebenfalls über 410 % Motorunterstützung bieten und auch an das neue 48V Brose Drive System angeschlossen sein. Das maximale Drehmoment ist hingegen bei 60 Nm gekappt.

Die neuen Akkus für das 48V Brose Drive System im Detail

Bei den neuen Akkus für das 48V Brose Drive System geht der Motorenhersteller einen besonderen Weg. Zum Start wird ein Akku mit einer Kapazität von 468 Wh und 814 Wh angeboten. Das Besondere: Beide Varianten teilen sich den gleichen Formfaktor und das gleiche Alugehäuse mit 385x83x64 mm Abmessungen. Der „kleinere“ Akku wiegt jedoch nur 3 kg, der kapazitätsstärkere, aber gleich große Akku bringt 4,1 kg auf die Waage. Der Akku wird im Rahmen verbaut, jedoch nicht fest, so dass er zum externen Laden entnommen werden kann. Brose bietet den Herstellern dazu noch unterschiedliche Halterungsoptionen an, um für etwas Flexibilität beim Rahmendesign zu sorgen. Warum wird der 468-Wh-Akku nicht in ein kleineres Gehäuse, z.B. für ein besonders schlank wirkendes E-MTB, gepackt? Laut Brose bietet sich dadurch für Fahrradhersteller die Möglichkeit, zwei unterschiedliche Bestückungsvarianten mit einem einheitlichen Rahmen anzubieten, was auch eine Kostenersparnis bedeutet, die an den Kunden weitergegeben werden kann. So kann der Verbraucher im Endeffekt wählen, ob er das etwas leichtere und günstigere E-Bike mit einem etwas zentraler platzierten Schwerpunkt möchte, oder ob er sich lieber für die maximale Akkukapazität entscheidet. Darüber hinaus gibt Brose an, dass das Gehäuse mit der angegebenen Länge von 385 mm kurz genug ist, um auch die meisten S-Rahmen zu realisieren. E-MTBs mit wählbaren Akkugrößen sind an sich nicht neu, das hat z.B. dem Orbea Wild – Testsieger aus unserem großen E-MOUNTAINBIKE Vergleichstests – für ein spürbar besseres Handling mit der kleinen Akkuvariante verholfen. Die Herangehensweise, dafür nur ein Gehäuse anzubieten, kann aus Kosten- und Komplexitätsgründen durchaus Sinn ergeben, Hersteller bei der Auslegung ihres Rahmendesigns aber auch einschränken.

Der Umstieg auf das 48V-Bordnetz macht bisherige Brose-Akkus inkompatibel. Das neue System ist jedoch, wie auch das Vorgänger-System, modular aufgebaut und darauf vorbereitet, bei Akkuherstellern auch Drittanbieter mit ins Boot zu holen. Noch kann uns Brose keine konkreten Player nennen, doch die Weichen dafür sind bereits gestellt.Für die eigenen 48V-Akkus rückt Brose zudem noch mit ein paar interessanten Eckdaten raus. Ein Smart Fast-Charger soll mit 220–250W laden, wobei die maximale Ladeleistung sogar bei 350W liegen soll. So ist der Akku laut Brose in 3 bis 4 Stunden wieder voll aufgeladen.

Neue Remote- und Displayoptionen für das Brose Drive System 2024

Das neue Brose Drive System wird von einer 48V Brose Control-Serie begleitet, dabei handelt es sich um neue Displays und Remotes. Die neue Control Allround ist eine Kombination aus Display und Remote. Sie verfügt neben 4 Tasten auf der Vorderseite noch über ein 1,9” großes Farbdisplay, das Auskunft über alle wichtigen Motordaten gibt. Als Besonderheiten bietet es einen Umgebungslichtsensor, um die Displayhelligkeit anzupassen, eine Bluetooth 5.0-Schnittstelle und einen USB-C-Ladeport auf der Rückseite.

Wer hingegen lieber auf ein minimalistisches Cockpit aus ist, geht bei Brose ebenfalls nicht leer aus. Um dem Ruf als Motorsystem-Komplettanbieter gerecht zu werden, bietet Brose für das neue 48V Drive System eine Kombo aus minimalistischer Control Remote und einem ins Oberrohr integrierbaren Display an, das auf die Bezeichnung Control Integrate hört. Die Control Remote bietet die gleichen 4 Tasten auf der Vorderseite und verfügt ebenfalls über eine Bluetooth 5.0-Schnittstelle. Ein Ladeport ist nicht vorhanden, da die Remote bereits von sich aus schnurlos ist und über eine Knopfzelle mit Strom versorgt wird – ähnlich wie die Bosch Mini Remote am Smart System. Da die Remote keine Auskunft über die Motordaten geben kann, bietet sich als Partner das Control Integrate-Display an, das im Oberrohr verbaut wird. Es erstreckt sich über eine 2”-Displaydiagonale, besitzt ebenfalls einen Umgebungslichtsensor sowie eine Bluetooth-Schnittstelle und einen USB-C-Ladeanschluss.

Auch hinter den Kulissen ist bei Brose Bewegung drin. Der Motorenhersteller kündigt an, dass Partner in Zukunft auf ein verbessertes Service-Netzwerk zugreifen können, mit einem cloudbasierten Diagnosetool. Wie sich das auf den Endkunden auswirkt, können wir noch nicht abschätzen. Darüber hinaus startet Brose mit dem Reman Drive (Reman kurz für Remanufactured) einen Wiederaufbereitungsprozess für alte E-Bike-Antriebe. Damit soll alten Antrieben neues Leben eingehaucht werden, was laut Brose nicht nur Ressourcen schont, sondern auch mindestens 21 kg CO2 pro Motor einsparen soll.

Das neue 48V Brose Drive System mit neuem Drive³ Peak-Motor wirkt (hoch-) spannend, nicht nur weil Brose an der Volt-Schraube gedreht hat. Auch die anderen Komponenten wie der Brose Concept Drive-Motor sowie die neuen Remotes und Display machen einen durchdachten Eindruck. Bei einem kurzen Tête-à-Tête auf der Eurobike 2023 wurde unser Interesse auf jeden Fall geweckt. Wiesich das neue Brose Drive System im harten Praxis-Test schlägt, verraten wir euch, sobald wir es in die Finger bekommen haben.


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Words: Rudolf Fischer Photos: Mike Hunger, Brose

Über den Autor

Rudolf Fischer

In seinem früheren Leben war Rudolf in der Innovationsförderung tätig und hat Patentbewertungen im Millionen- und Milliardenbereich durchgeführt. Heute widmet er sich als Redakteur für DOWNTOWN und E-MOUNTAINBIKE nicht weniger spannenden Aufgaben. Als Data-Nerd beschäftigt er sich intensiv mit Zukunftsthemen wie Connected Mobility, testet aber natürlich auch gerne die neuesten Bikes, und zwar täglich. Entweder beim Pendeln oder zusammen mit dem Team bei unseren großen Vergleichstests. Der technisch orientierte Diplom-Betriebswirt ist so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Beispiele gefällig? Rudolf beherrscht u. a. Front-, Side- und Backflip – zwar nicht auf dem Bike, aber per pedes in der Stadt. Seine Parkour-Karriere hat er mittlerweile jedoch an den Nagel gehängt. Darüber hinaus spricht er Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und etwas Esperanto. Beim Versuch, sich selbst Japanisch beizubringen, ist er jedoch kläglich gescheitert. Wichtig zu wissen: Im HQ ist Rudolf bekannt, gefürchtet und (manchmal auch) gehasst für seinen trockenen Humor im Ricky-Gervais-Stil. Natürlich lacht er am meisten selbst darüber …