John Tomac entwickelte mit Kenda in den frühen 2000er-Jahren den legendären Nevegal-Reifen, der jahrelang als „der“ Downhillreifen galt und Kenda auf den Radarschirm vieler Biker holte. Nach einigen Jahren der Ruhe sind die US-Amerikaner nun nicht nur im Downhill-Worldcup erfolgreich zurück, sondern bieten auch für E-Mountainbiker attraktive Reifen an. Besonders mit der großen Auswahl für S-Pedelecs (mit Geschwindigkeiten nis zu 45 km/h) setzt sich Kenda von der Konkurrenz ab.

Hier findest du alles, was du über Reifen wissen musst: Der beste E-Mountainbike-Reifen – … und der Grund, warum es ihn nicht gibt

Karkasse

Bei den Karkassen von Kenda gibt der Name den Einsatzzweck des Reifens vor – von Trail über Enduro bis hin zu Gravity, oder doch speziell für E-Mountainbikes. Im Vergleich zu einigen anderen Herstellern liegen die Modelle in Sachen Pannenschutz enger beieinander, dadurch hat man eine große Auswahl und kann nach Lust und Laune kombinieren.

Advanced Trail Casing (ATC)

Kendas Advanced Trail Casing bildet mit der Continental ProTection-Karkasse die Gruppe der leichtesten Karkassen im Testfeld. Das geringe Gewicht spiegelt sich aber auch im geringen Durchschlagschutz wider; für schwere Fahrer mit aggressivem Fahrstil eignet sich die ATC-Karkasse daher nicht. Im Vergleich zu MAXXIS’ EXO- oder Schwalbes Apex-Karkasse kommen bei der ATC-Karkasse sowohl an der Seitenwand als auch unter den Mittelstollen dünne Schutzgewebe zum Einsatz. Dadurch sind aufgeschlitzte Seiten oder Laufflächen mit ihr seltener.

E-Mountain Casing (EMC)

Die EMC-Karkasse wurde speziell für E-Mountainbikes entwickelt. Alle EMC-Reifen von Kenda sind ECE R75-zertifiziert und können am S-Pedelec (bis 45 km/h) eingesetzt werden. Gewichtstechnisch pendelt sich die EMC-Karkasse zwischen der super leichten ATC- und der stabilen AEC-Karkasse ein, erreicht beim Durchschlagschutz aber schon fast das AEC-Niveau. Sowohl unter der Lauffläche als auch in der Seitenwand sind Gewebe zur Verstärkung des Reifens angebracht. Sie sollen besonders bei S-Pedelecs mit hohem Gewicht und hohen Geschwindigkeiten auf hartem Untergrund das Walken des Reifens reduzieren.

Advanced Enduro Casing (AEC)

Beim Advanced Enduro Casing setzt Kenda im Unterschied zur ATC-Karkasse auf deutlich robustere und schwerere Schutzeinlagen. Die Vector Shield genannten Gewebe unter der Lauffläche und auf der Seitenwand sollen fast dreimal mehr Schnittschutz bieten als die Gewebe in der ATC-Karkasse. In puncto Pinch-Flat-Schutz liegt die AEC-Karkasse nur knapp unter dem Niveau von MAXXIS’ Doubledown und eignet sich für fast alle Enduro-Bikes. Auch beim Gewicht erzielt die Karkasse gute Werte und ist noch einmal ein gutes Stück leichter als die Doubledown von MAXXIS oder die Super Gravity aus dem Hause Schwalbe.

Advanced Gravity Casing (AGC)

Unter den spezifischen Downhillkarkassen im Test ist Kendas AGC-Karkasse die schwächste beim Widerstand gegen Pinch-Flats. Dafür ist sie mit großem Abstand aber auch die leichteste. Mit Ausnahme von schweren Downhill-Bikern wird kaum einer diese Karkasse platt kriegen. Den zusätzlichen Schutz im Vergleich zur AEC-Karkasse erreicht Kenda nicht etwa durch die Erhöhung der Karkassengewebelagen, sondern durch den Zusatz eines 20 mm breiten Apex am Reifenwulst.

Gummimischungen

Ein Blick in den Kenda-Katalog genügt, um von all den kryptischen Abkürzungen Kopfschmerzen zu bekommen. Wer dennoch genauer hinschaut, stellt fest, dass für den Einsatz am E-Mountainbike hauptsächlich zwei Compounds infrage kommen: RSR Dual Layer (RSRDL) und Enduro Dual Tread Compound (EN-DTC).

RSR Dual Layer (RSRDL)

RSRDL ist die neueste Gummimischung von Kenda, wenn es um maximalen Grip im Downhill geht. Anders als bei vielen anderen Dual-Compounds bestehen sowohl die Seiten- als auch die Mittelstollen aus dem weichsten Gummi von Kenda. Das härtere Material kommt darunter zum Einsatz, um den Reifen zu versteifen und den Verschleiß zu minimieren. Trotz des harten Materials kann der RSRDL bei trockenen Bedingungen mit schier endloser Präzision und Traktion glänzen. Auch bei strömenden Regen liefert er noch immer eine solide Performance in Sachen Grip ab, liegt aber nicht ganz auf dem Level des Schwalbe ADDIX Super Soft oder der Seitenstollen der MAXXIS 3C MaxxGrip. Wer mit dem Enduro viele Höhenmeter aus eigener Kraft erklimmt, sollte RSRDL nur am Vorderrad einsetzen.

Enduro Dual Tread Compound (EN-DTC)

Beim Enduro Dual Tread Compound setzt Kenda auf den klassischen zweilagigen Aufbau. Der Rollwiderstand hält sich dank der härteren Mischung an den Mittelstollen in Grenzen. Dennoch liefert der EN-DTC genug Bremstraktion, ohne zu schnell zu verschleißen. Sobald Reifen mit EN-DTC in die Kurve gelehnt werden, liefern sie viel Traktion auf nahezu jedem Untergrund. Bei feuchten Bedingungen zeigt sich aber ein großer Performance-Unterschied zwischen RSRDL und EN-DTC: Der RSRDL ist in seinem Element, der EN-DTC ist innerlich schon bei der Planung für den nächsten Sommerurlaub.

Profile

Bei Kenda bietet sich für den Einsatz auf harten Trails vor allem der grobstollige Hellkat an, der seine Wurzeln im Downhill-Sport hat. Doch auch der etwas flacher profilierte Nevegal 2 funktioniert auf vielen Böden hervorragend. Außerdem hat Kenda mit dem Helldiver einen Semislick im Programm.

Hellkat

Der Hellkat ist der grobstolligste Reifen in Kendas Sortiment. Das Profil wurde maßgeblich vom Polygon UR Team um Mick und Tracey Hannah gestaltet. Mit großen Abständen zwischen den Profilblöcken ist die Selbstreinigung des Reifens auch bei schwerem, klebrigem Schlamm gegeben. Die nahezu quadratischen Seitenstollen beißen sich im Schräghang oder in offenen Kurven im Untergrund fest, ohne in Anliegern schwammig oder undefiniert zu sein. Top! Die massiven Mittelstollen sind auf der Bremse eine Macht, treiben aber auch den Rollwiderstand in die Höhe. Obwohl der Hellkat nur einige wenige Transitionsstollen hat, gelingt der Übergang von den Mittel- auf die Seitenstollen intuitiv und problemlos. Am E-Mountainbike ist er vorne immer eine Top-Wahl! Wer seinen Fokus auf die Performance auf dem Trail legt, kann ihn auch am Hinterrad gut einsetzen, muss dann aber besser auf den Ladezustand seines Akkus achten.


Helldiver

Der Helldiver ist die Lösung, wenn der Hellkat am Hinterrad einfach zu viel Rollwiderstand erzeugt. Die minimalistischen Mittelstollen des Semislick reduzieren den Rollwiderstand im Vergleich zum Hellkat, je nach Gummimischung, enorm. Wie alle Semislicks kann auch er bei matschigen Bedingungen keine Bremstraktion generieren und hat außerdem nichts am Vorderrad verloren. Als 27,5”-Reifen gibt es ihn in vielen Karkassen und Gummimischungen. 29er-Fahrer müssen sich leider mit der dünnen ATC-Karkasse begnügen.


Nevegal 2

Bei der Neuauflage des Nevegal hat Kenda keinen Profilblock über dem anderen gelassen! Der Nevegal 2 rollt jetzt deutlich besser und liegt genau zwischen Hellkat und Helldiver. Die relativ flachen Stollen sorgen für geringes Gewicht, niedrigen Rollwiderstand und direktes Fahrgefühl auf hartem Untergrund. Ähnlich wie Schwalbes Hans Dampf ist der Nevegal 2 nur so mit Übergangsstollen übersät. Driften? Sehr gerne, und zwar sehr kontrolliert! Am besten eingesetzt ist er als Hinterreifen bei hartem Traileinsatz, oder vorne sowie hinten beim Tourenfahren. Bei sehr zähem Matsch kann er sich im Vergleich mit dem Hans Dampf schnell zusetzen, reinigt sich aber deutlich besser als der MAXXIS Aggressor.

Unsere Empfehlung

Traileinsatz – Vollgas (v/h): Hellkat, AEC, RSRDL / Hellkat, AGC, RSRDL
Traileinsatz – Grip (v/h): Hellkat, EMC, EN-DTC / Nevegal 2, EMC, EN-DTC
Tour – leicht rollend (v/h): Nevegal 2, ATC, EN-DTC / Nevegal 2, ATC, EN-DTC


Mehr Informationen findet ihr unter kendatire.com

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Words: Photos: Valentin Rühl