Haibike stellt mit dem HYBE ein E-Mountainbike vor, das speziell für Racing konzipiert sein soll. Das Rezept dafür: ein Bosch Performance Line CX Race Motor, 170 mm Federweg an der Front und 160 mm am Heck sowie eine ordentliche Portion Haibike-typische brachiale Optik. Ob Racing hier nicht nur drauf steht, sondern auch drin steckt?

Kaum eine Marke steht so für motorisiertes Radfahren wie die E-Bike-Brand Haibike. Schon seit Langem bauen die Deutschen nur noch E-Bikes und bieten eine riesige Auswahl an E-Mountainbikes. Eine Lücke gab es aber nach wie vor im Haibike-Portfolio, und die soll mit dem HYBE nun geschlossen werden – die Rede ist vom E-MTB Racing. Dafür haben sich die Entwickler die bewährte AllMtn-Plattform geschnappt und auf Rennbedürfnisse angepasst. Herausgekommen ist ein Bike mit etwas angepasster Geometrie und 170 mm Federweg, statt 160 mm an der Front. Damit reiht es sich auch unter den potentesten Bikes im Line-up von Haibike ein, lediglich die NDURO-Plattform, die wir mit dem NDURO 7 bereits im Vergleichstest bis 7.000 Euro hatten, bietet mehr Federweg. Wenn das Stichwort Racing fällt, darf natürlich nicht der extra für den Renneinsatz entwickelte Bosch Performance Line CX Race Motor fehlen. Kombiniert wird der Motor mit einem 750 Wh großen Akku, der mit der Option auf einen Range Extender um 210 Wh erweitert werden kann. Erhältlich ist das Haibike HYBE in zwei Ausstattungsvarianten: als Topmodell HYBE 11 für 10.000 € und als HYBE 9 für 7.399 €. Das ganz große Rennfieber ist beim HYBE 9 allerdings schnell erloschen, denn hier wird ein normaler Bosch Performance Line CX-Motor verbaut.

Haibike HYBE 11 | Bosch Peformance Line CX-R/750 Wh | 170/160 mm (v/h)
10.000 € | Hersteller-Website

Darf’s etwas auffälliger sein? Das Haibike HYBE 2024 im Detail

Bereits beim ersten flüchtigen Blick besteht absolut kein Zweifel, dass es sich beim HYBE um ein Haibike handelt. In klassischer Haibike-Formsprache kommt es bullig, kantig und ziemlich auffällig daher. Dazu der sehr markante Knick im Ober- und Unterrohr. Auch der Bereich um die Dropouts am Hinterbau fällt gewohnt sehr ausladend aus. Am Carbon-Hauptrahmen und dem Alu-Hinterbau lässt Haibike auch mit auffälligen Brandings erst gar keinen Zweifel aufkommen, von welcher Firma das Bike stammen könnte. Neu ist dagegen das Loch, das vor dem Motor zwischen Motor und Hauptrahmen liegt. Typisch Haibike wird auch tief in den Farbtopf gegriffen. Dabei sind für das Topmodell HYBE 11 die drei sehr knalligen Farben Pearl Blue, Deep Magenta und Neon Pink herausgekommen – muss man mögen. Für das HYBE 9 fallen die Farben etwas dezenter aus.

Den markanten Knick im Unter- und Oberrohr findet man an allen E-MTBs von Haibike.
Mit dem Branding hat man sich nicht gerade zurückgehalten.

Bei der Motorsystemintegration gibt sich Haibike gar nicht erst die Mühe, etwas zu verstecken, sondern rückt das Bosch-Aggregat direkt in den Mittelpunkt. Das bereits erwähnte Loch zwischen Motor und Rahmen lässt den Blick direkt auf den Motor fallen. Gesteuert wird das Motorsystem durch eine Bosch LED-Remote am Lenker. Die ist allerdings aufgrund der klobigen Form und der vielen Tasten nicht die beste Wahl für Racer. Besonders auf stressigen und harten Rennstages kann man hier schon mal den falschen Knopf erwischen. Wir hätten hier lieber die minimalistische Bosch Mini-Remote mit einem im Rahmen integrierten Bosch System Controller gesehen. Aber auch Biker, die nicht vorwiegend an Rennen teilnehmen, sind mit der minimalistischeren Variante meist besser bedient. Der 750 Wh große Akku ist entnehmbar und lässt sich über einen Range Extender für richtig lange Tage im Sattel noch um 210 Wh erweitern. Für den Race-Einsatz hätten wir eher einen 625 Wh großen Akku verbaut, da die Rennstages vergleichsweiser kurz ausfallen und man so nicht unnötigerweise mehr Gewicht mit sich herumschleppt. Hier wäre es eine feine Sache, wenn man die Akkugröße beim Kauf wählen könnte. Tourenfahrer, die gerne lange unterwegs sind, freuen sich aber über viel Reichweite. Der Ladeport liegt vor dem Dämpfer über dem Motor und ist leicht geneigt angebracht. So sollten Wasser und Dreck gut ablaufen können und sich nicht im Ladeport sammeln.

Das Loch zwischen dem Bosch CX Race Motor und dem Rahmen ist sehr markant und ein echter Blickfang.
Die Bosch LED-Remote fällt recht klobig aus und hat viele Tasten, bei denen man auch mal, wenn es hektisch wird, daneben drückt.
Um das Ansammeln von Schmutz und Wasser zu vermeiden, wurde der Ladeport geneigt angebracht. So soll alles gut abfließen.

Wie man es von Haibike kennt, kommt auch am HYBE das Modular Rail System zum Einsatz. An der Schiene auf dem Unterrohr können die verschiedensten Sachen befestigt werden. Besonders XLC Parts hat hier viel Zubehör im Programm, das mit einem FIDLOCK-Verschluss an der Schiene fixiert werden kann, etwa Flaschen, Toolstraps, Taschen oder Schlösser. Allerdings findet man keine Anschraubpunkte für einen herkömmlichen Flaschenhalter und muss so mit den angebotenen Lösungen leben. Am Oberrohr hätten wir uns für ein Race-Bike noch einen Toolmount gewünscht, um noch zusätzliches Werkzeug oder Ersatzteile für Notfälle im Rennen transportieren zu können. Die Züge laufen am Haibike HYBE durch den Steuersatz in den Rahmen und treten erst an ihrem Bestimmungsort wieder aus. Das verleiht dem Bike eine cleane Silhouette. An den Kettenstreben kommt ein gewellter Schutz zum Einsatz, der für Ruhe sorgen soll. Allerdings könnte der noch etwas weiter Richtung Hinterradachse gezogen sein, da er hier schon früh wieder aufhört. Hier wird sich zeigen, ob die Kette gröber schlägt oder nicht.

Die Ausstattungsvarianten des Haibike HYBE 2024

Das Haibike bringt das HYBE in den beiden Ausstattungsvarianten HYBE 11 und HYBE 9 auf den Markt. Während am HYBE 11 alles zum Einsatz kommt, was edel und teuer ist, geht es am HYBE 9 deutlich bodenständiger zu. Größter Unterschied: Das HYBE 9 muss mit dem normalen Bosch Performance Line CX-Motor vorliebnehmen und auf das Rennaggregat verzichten.

Haibike HYBE 11

10.000 €

Ausstattung

Motor Bosch Peformance Line CX-R 85 Nm
Akku Bosch Powertube 750 Wh
Display BOSCH LED-Remote
Federgabel FOX 38 Factory 170 mm
Dämpfer FOX FLOAT X Factory 160 mm
Sattelstütze Haibike Dropper Post 125 - 170 mm
Bremsen Magura MT5 200/200 mm
Schaltung SRAM GX Eagle AXS 1x12
Vorbau Raceface Chester 35 mm
Lenker Raceface Atlas 785 mm
Laufradsatz Mavic E-DEEMAX 29"/27,5"
Reifen MAXXIS Minion DHF MaxxTerra EXO/ MAXXIS Minion DHR II MaxxTerra EXO+ 2,5"/2,4"

Technische Daten

Größe S M L XL
Zul. Gesamtgewicht 120 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 120 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

Modular Rail System

Für das HYBE 11 setzt Haibike auf ein edles FOX Factory-Fahrwerk, bestehend aus FOX 38-Gabel und FLOAT X-Dämpfer – beide vielfältig einstellbar und mit der edlen goldenen Kashima-Beschichtung ein echter Hingucker. Kraftvolle MAGURA MT5-Vierkolbenbremsen mit 203-mm-Scheiben vorne wie hinten bringen einen auch auf den anspruchsvollsten Rennstages zum Stehen. Geschalten wird mit einer elektronischen SRAM GX Eagle 12-fach-Gruppe. Mit einer billigen und deutlich schneller verschleißenden SRAM SX Eagle-Kette wird hier allerdings da gespart, wo es nicht direkt sichtbar ist – für den ambitionierten Racer heißt das schnell: Kette tauschen. Die hauseigene Dropper Post wächst im Hub mit den Rahmengrößen. In Größe S gibt’s 125 mm Hub, in M und L 150 mm und in XL 175 mm. Besonders Langbeiner werden hier allerdings nicht glücklich, weil die Länge der Stütze über alle Größen hinweg recht kurz ausfällt. Das HYBE 11 rollt auf Mavic E-Deemax-Laufrädern aus Aluminium. Würden wir bei einem Rennen an den Start gehen, würden wir ganz sicher nicht auf die verbaute Reifenkombi aus MAXXIS Minion DHF in der dünnen EXO-Karkasse und der harten MaxxTerra Gummimischung an der Front und einem Minion DHR in der etwas stabilen EXO+ Karkasse und gleicher Gummimischung am Heck setzen. Für maximalen Grip auf Rennstages sollte man zumindest am Vorderrad auf die weichere MaxxGrip-Gummimischung setzen und vorne wie hinten auf die deutlich robustere DoubleDown-Karkasse upgraden. Denn nichts ist ärgerlicher als ein Defekt im Rennen!

Haibike HYBE 9

7.399 €

Ausstattung

Motor Bosch Peformance Line CX 85 Nm
Akku Bosch Powertube 750 Wh
Display BOSCH LED-Remote
Federgabel RockShox ZEB Select RC 170 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Select+ 160 mm
Sattelstütze Haibike Dropper Post 125 - 170 mm
Bremsen Shimano SLX 200/200 mm
Schaltung Shimano SLX 1x12
Vorbau Haibike TheStem 35 mm
Lenker Haibike TheBar 780 mm
Laufradsatz WTB ST i30 TCS 29"/27,5"
Reifen MAXXIS Minion DHF MaxxTerra EXO/ MAXXIS Minion DHR II MaxxTerra EXO+ 2,5"/2,4"

Technische Daten

Größe S M L XL
Zul. Gesamtgewicht 120 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 120 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

Modular Rail System

Das HYBE 9 muss auf den Glanz des HYBE 11 verzichten und wird mit deutlich günstigeren Parts bestückt. Das Fahrwerk besteht aus einer RockShox ZEB Select RC-Gabel und einem RockShox Super Deluxe Select+ Dämpfer. Besonders Racer und fortgeschrittene Fahrer sind hier sehr eingeschränkt in der Einstellbarkeit. Anfänger finden aber dank wenig Verstellmöglichkeiten unkompliziert ihr Setup. Zum mechanischen Shimano SLX 12-fach-Antrieb gesellen sich die passenden Shimano SLX-Vierkolbenbremsen mit 203-mm-Scheiben. Die Dropperpost und Reifen sind dieselben wie beim Haibike Hybe 11.

Die Geometrie des Haibike HYBE 2024

Haibike spendiert dem HYBE vier Größen von S bis XL. Von der Länge ist es dabei eher auf der kürzeren Seite mit Reach-Werten von 408 mm (S) bis 500 mm (XL). Der Lenkwinkel liegt mit 64,5° ziemlich genau im Mittelfeld dessen, was man aktuell an potenten E-MTBs findet – nicht zu steil und nicht zu flach. Mit 455 mm über alle Größen fallen die Kettenstreben ziemlich lang aus. Dadurch, dass die Kettenstrebenlänge nicht an die jeweilige Rahmengröße angepasst ist, muss man im Hinterkopf behalten, dass sich die Balance zwischen den verschiedenen Rahmengrößen unterscheiden dürfte. Der Stack fällt mit 644 mm in Größe L recht hoch aus und zieht die Front weit nach oben, was besonders in steilen Stücken für Sicherheit sorgen dürfte. Für Unsicherheit im Intimbereich dürften dagegen die in allen Größen sehr langen Sitzrohre sorgen. In Größe L ist das Sitzrohr mit 470 mm länger als der Reach und dürfte damit die Bewegungsfreiheit auf dem Trail stark einschränken.

Grösse S M L XL
Sattelrohr 410 mm 440 mm 470 mm 500 mm
Oberrohr 560 mm 590 mm 625 mm 660 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm 130 mm
Lenkwinkel 64.5° 64.5° 64.5° 64.5°
Sitzwinkel 76.3° 76.3° 76.3° 76.3°
Kettenstreben 455 mm 455 mm 455 mm 455 mm
BB Drop 20 mm 20 mm 20 mm 20 mm
Radstand 1.191 mm 1.223 mm 1.260 mm 1.296 mm
Reach 408 mm 435 mm 468 mm 500 mm
Stack 626 mm 635 mm 644 mm 653 mm

Fazit zum Haibike HYBE 2024

Haibike bleibt sich mit dem HYBE selbst treu. Der gewohnt auffällige Look zusammen mit dem bulligen Rahmen könnte nicht besser zur Marke passen. Ob im Haibike HYBE allerdings wirklich ein reines Race-Bike steckt, wird sich noch auf dem Trail zeigen müssen. Der Bosch CX Race Motor verspricht hier bereits einiges, auch wenn Remote und Akku nicht zu unseren Vorstellungen eines Race-Bikes passen. Wir sind auf jeden Fall schon gespannt darauf, ob das Haibike HYBE abliefern kann, sobald wir es zum Testen in die Finger bekommen.


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als E-MOUNTAINBIKE-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, dass der E-Mountainbike-Sport auch weiter ein kostenloses und frei zugängliches Leitmedium hat! Jetzt Supporter werden!

Words: Felix Rauch Photos: Haibike