Mit dem ECC 6 stellt GASGAS ein neues E-Mountainbike vor und setzt neben dem Moto-Look auf den SRAM Eagle Powertrain mit automatischer Schaltung. Mit 170/160 mm Federweg soll das E-MTB für alles gewappnet sein und sich auch als Race-Bike eignen. Wir haben es intensiv getestet, um zu sehen, ob es die Versprechen hält.
Denkt ihr nicht auch an rote Motorräder, die sich unaufhaltsam ihren Weg durch Wälder und Wüsten bahnen oder quer durch die Lüfte fliegen, wenn ihr die Marke GASGAS hört? Dann liegt ihr goldrichtig, schließlich liegen die Wurzeln der Spanier tatsächlich im Offroad-Motorradbereich, und auch die aktuelle Produktpalette an E-Mountainbikes schreit nach Benzin im Blut. Selbst unter Motocross- und Enduro-Fahrern werden E-MTBs immer beliebter. So verwundert es wenig, dass die Marke GASGAS schon seit längerem auch E-Bikes anbietet. Ihre neu vorgestellte E-MTB-Reihe besteht aus zwei verschiedenen Bikes. Sie teilen sich zwar dieselbe Vollcarbon-Rahmenplattform, unterscheiden sich aber in der Ausrichtung. Genauso setzen beide E-MTBs auf das neu vorgestellte Motorsystem, den SRAM Eagle Powertrain. Dieser Antrieb von SRAM setzt auf die hauseigene elektrische Eagle-Transmission-Schaltgruppe samt Motor. So werden mit der SRAM Eagle Powertrain-Software eine automatische Schaltung und eine Coast-Shift-Funktion, also Schalten ohne Treten, ermöglicht. Aber dazu gleich mehr. Wir haben das Top-Modell der ECC-Reihe getestet, das ECC 6 für 9.999 €. Das 24,6 kg schwere E-Bike möchte mit seinem Racing-Ansatz überzeugen. Dafür setzt es auf 29-Zoll-Laufräder und 170/160 mm Federweg. Der kleine Bruder des ECC ist das MXC. Hier wurde der Racing-Ansatz fallengelassen, was zu einem verspielteren Charakter und mehr Spaß auf einer größeren Trail-Bandbreite führen soll. Dafür kommt etwas weniger Federweg zum Einsatz, nämlich 160/140 mm sowie eine Mullet-Bereifung, also ein großes 29-Zoll-Vorderrad und ein kleineres 27,5-Zoll-Hinterrad.
Das neue GASGAS ECC 6 2024 im Detail
Bei der Design-Sprache spielt das GASGAS-Team auf sein Kerngeschäft an. Dennoch wurde keine Motocross designt, bei der nur der Tankdeckel fehlt, sondern ein reinrassiges E-Mountainbike. Das kommt besonders beim schönen, aber auch bulligen Rahmen zum Ausdruck. Bei der Farbauswahl besann man sich ebenfalls auf die Firmenwurzeln, denn das Rot mit dem großen weißen GASGAS-Schriftzug findet man fast genauso auf den mit Benzin betriebenen Bikes der Spanier. Ebenfalls an den Motocross-Look angelehnt sind die vier austauschbaren Rahmen-Cover. Dabei handelt es sich um harte Kunststoffabdeckungen, die – in Rahmenfarbe lackiert – sogar den gleichen auffälligen GASGAS-Schriftzug tragen. Drei der Cover werden zusammengesteckt und decken so das Oberrohr und die Seiten des Steuerrohrs ab. Sie werden nur an den Rahmen gesteckt und können ohne Werkzeug montiert oder demontiert werden. Diese Cover sollen den Lack schützen und zur Motorrad-Optik beitragen. Das vierte Rahmen-Cover wird mit einer Schraube auf der Unterseite des Unterrohrs befestigt und dient gleichzeitig als Akku-Abdeckung. Um den Akku aus dem Bike zu entnehmen, braucht ihr für das Akku-Cover einen Torx 30 und für die Halteschraube des Akkus einen 5-mm-Inbus – nervig. Auch wenn die Cover beim Fahren nicht direkt abfallen, sitzen sie nicht fest genug auf dem Bike und bestehen aus recht weichem Kunststoff, sodass sie leider klappern. Die Farbe der Cover bleibt bei allen Varianten rot. Geplant ist jedoch, verschiedenfarbige Abdeckungen zum Individualisieren der Räder anzubieten. Beim Entwickeln des Unterfahrschutzes wurde wohl Unterstützung aus der Motocross-Abteilung geholt: Er fällt groß und massiv aus und besteht aus einer dicken Aluminiumplatte. So müsst ihr euch bei Aufsetzern und umherfliegenden Steinen zumindest keine Sorgen um den Motor machen.
Dank Funksattelstütze und Funkschaltung verlaufen am Cockpit nur die zwei Bremsleitungen. Das führt zu einem cleanen Cockpit, welches mithilfe der internen Zugführung das optische Gesamtpaket abrundet. So verschwindet die Bremsleitung hinter dem Steuerrohr durch einen Kabelport im Rahmen und bleibt dort unsichtbar bis zu ihrem Bestimmungsort. Die Bremsleitung an unserem Test-Bike war allerdings nicht gut geklemmt, was in einem nervigen Klappern resultierte. Überraschenderweise befindet sich neben dem Leitungseingang der Bremse noch Platz für zwei weitere Leitungen, während auf der rechten Seite kein Leitungsport vorhanden ist. Im Gegensatz zu unserer Top-Ausstattung müssen wohl die Züge der mechanischen Dropper Post bei beiden günstigeren Ausstattungsvarianten ebenfalls durch den linken Leitungsport in den Rahmen wandern. Das könnte zu einer ungewöhnlichen Leitungsführung bei der Dropper Post führen, da Remote und Leitungseingang so auf derselben Rahmenseite liegen.
Auf den Kettenstreben des GASGAS E-Mountainbikes ist ein großer Kettenstrebenschutz angebracht. Auch wenn er den Lack der Kettenstrebe wegen seiner Größe gut schützt, dämpft er Geräusche nicht sonderlich effektiv, da der Gummi recht hart ist.
Das SRAM Eagle Powertrain-Motorsystem am GASGAS ECC 6 2024
Das Herzstück des GASGAS, also das Motorsystem, ist der vor kurzem vorgestellte SRAM Eagle Powertrain. Für den Motor setzt SRAM auf keine Neuentwicklung. Stattdessen nutzt SRAM als Basis den altbekannten und bewährten Brose Drive S Mag. Dass dieser Motor bereits seit ein paar Jahren auf dem Markt ist, sieht man an seiner Größe. Seine Abmessungen sind größer und klobiger als bei aktuelleren Full-Power-Motoren. Aufgrund des Motocross-Looks und des bulligen Rahmen-Designs fällt der Motor trotz der Größe kaum auf. Beim Kräftemessen mit der aktuellen Konkurrenz muss sich der Motor von SRAM zudem nicht verstecken und unterstützt euch in zwei verschiedenen Unterstützungsstufen: Rally und Range. Die könnt ihr mithilfe der AXS-App auf euch anpassen. Wir sind hauptsächlich mit maximaler Unterstützung gefahren. Um genügend Energie dabeizuhaben, wird ein 630 Wh großer Akku verbaut, dieser kann zum Laden nach unten herausgeklappt werden. Um Akku-Stand, Unterstützungsstufe und Schaltmodus im Blick zu haben, verbaut SRAM ein kleines Farbdisplay, das SRAM Bridge Display. Da neben dem Motorsystem auch die Schaltgruppe aus dem Hause SRAM stammt, ermöglicht das eine Auto-Shift- und Coast-Shift-Funktion.
Die Ausstattung des neuen GASGAS ECC 6 2024
Zum Testen hat uns GASGAS das Top-Modell ECC 6 geschickt. Das Fahrwerk entstand dabei aus einer Kooperation von DVO und WP. Die beiden Marken produzieren seit vielen Jahren Fahrwerke. Während DVO nur Fahrwerke für Mountainbikes herstellt, ist WP ein Schwesterkonzern von GASGAS und baut Fahrwerke für Motorräder. Die Hardware des Fahrwerks kommt dabei von DVO, WP steuert seine im Motorradsport bewährte Cone-Valve-Technologie bei. Diese betrifft das Innenleben der Gabel und des Dämpfers und soll die Fahrstabilität verbessern. Die 170 mm an der Front werden so von einer DVO Onyx CV OTT-Gabel verwaltet, während im Heck ein DVO Jade X CV Coil-Dämpfer arbeitet.
Das robuste SRAM X0 Eagle Transmission-Schaltwerk wird ohne Schaltauge direkt an den Rahmen geschraubt. Die Schaltung ist für den harten E-MTB-Einsatz geradezu prädestiniert, da sie besonders gut unter Last schalten kann. Dabei bezieht das elektrische Funkschaltwerk seinen Strom aus dem Haupt-Akku und nicht wie üblich aus einem kleinen Extra-Akku am Schaltwerk. So könnt ihr nie vergessen, den kleinen Akku zu laden. Im Gegenzug kann aber nur geschaltet werden, wenn das E-Mountainbike an ist. Aber keine Angst, selbst wenn ihr euch verschätzt und mit leerem Akku irgendwo im Nirgendwo steht, könnt ihr zumindest noch schalten. Für die Restenergie im Akku ist der Tiefentladeschutz verantwortlich. Gäbe es diesen nicht und der Akku würde sich zu sehr entladen, könnte das die Zellen beschädigen. Ebenfalls von SRAM kommt die elektrische RockShox Reverb AXS-Sattelstütze. Sie lässt sich zwar komplett im Rahmen versenken, bietet mit ihren 150 mm Verstellweg für ein modernes E-MTB aber zu wenig Hub, was die Bewegungsfreiheit des Fahrers stark einschränkt.
Verzögert wird mit der kraftvollen SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremse in Kombination mit einer großen 220-mm-Bremsscheibe vorne und einer 200-mm-Scheibe am Heck. Die Bremshebel sind an einem NEWMEN Advanced Carbon-Lenker mit einer Breite von 800 mm angebracht. Genau wie das Cockpit kommt auch der Laufradsatz aus dem Hause NEWMEN. Auf dem stabilen SL E.G. 30 Alu-Laufradsatz sind Mäntel von MAXXIS aufgezogen. Genauer gesagt: vorne ein MAXXIS ASSEGAI mit einer EXO+ Karkasse. Die weiche MaxxGrip-Gummimischung bietet hier viel Grip. Auf der Hinterradfelge wurde ebenfalls ein MAXXIS ASSEGAI aufgezogen. Zum Schutz gegen Platten wurde jedoch die stabilere Doubledown-Karkasse gewählt, was bei einem E-Mountainbike dieser Federwegs-Klasse durchaus Sinn ergibt. Bei der Hinterrad-Gummimischung wurde zugunsten des Rollwiderstands und für eine längere Haltbarkeit die etwas härtere MaxxTerra-Mischung gewählt.
GASGAS ECC 6
9.999 €
Ausstattung
Motor SRAM Eagle Powertrain 90 Nm
Akku SRAM Battery 630 Wh
Display SRAM AXS Bridge Display
Federgabel DVO Onyx D1CV OTT 170 mm
Dämpfer DVO Jade X CV Coil 160 mm
Sattelstütze RockShox Reverb AXS 150 mm
Bremsen Die SRAM CODE RSC-Stealth 220/200 mm
Schaltung SRAM X0 Eagle Transmission 1x12
Vorbau Newmen Evolution 40 mm
Lenker Newmen Advanced 800 mm
Laufradsatz Newmen Evolution SL E.G. 30 29"
Reifen MAXXIS ASSEGAI/ MAXXIS Minion DHRII 2,5"/2,4"
Technische Daten
Größe S/M M/L L/XL
Zul. Gesamtgewicht 130 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Das Fahrwerk des GASGAS ECC 6 2024
Achtung – jetzt wird’s kompliziert! Aber wir wollen euch die Funktionen des Fahrwerks nicht vorenthalten. Die Cone-Valve-Technologie funktioniert bei harten Schlägen prinzipiell wie ein Blow-Off-Ventil. Bei harten Schlägen möchte WP einen freieren Ölfluss erreichen. So sollen das Ansprechverhalten verbessert und Schläge leichter abgefedert werden, was zu einer höheren Fahrstabilität führt. Mit der Highspeed-Druckstufen-Einstellung an Gabel und Dämpfer könnt ihr das Cone Valve an eure Bedürfnisse anpassen.
Die Federgabel hat aber neben der normalen Highspeed-Druckstufe, Lowspeed-Druckstufe und einer Rebound-Einstellung noch eine OTT-Einstellung. OTT steht dabei für „Off the Top“, und ihr könnt damit die Vorspannung der negativen Stahlfeder anpassen. Damit könnt ihr die ersten 30 mm des Federwegs unabhängig vom Luftdruck auf euch einstellen. Mit mehr Vorspannung verringert sich das Losbrechmoment der Federgabel, sie soll auf kleine Unebenheiten sensibler ansprechen, ohne sich dabei ungewollt auf den Gegenhalt im restlichen Federweg auszuwirken. Auf den Trails merkt man durchaus einen Unterschied zwischen den verschiedenen Positionen der OTT-Einstellung. Trotzdem kam die Performance der Federgabel bei unseren ersten Feldversuchen leider nicht an die einer RockShox ZEB Ultimate oder einer FOX 38 mit GRIP2-Kartusche heran.
Auch der Stahlfederdämpfer am Heck bietet die normale Highspeed-Druckstufe, Lowspeed-Druckstufe und Rebound-Einstellungen. Dazu werdet ihr noch ein Ventil im oberen Bereich des Piggybacks finden, was für einen Stahlfederdämpfer eher ungewöhnlich ist. Über das Ventil könnt ihr den Druck des Bladders auf euch einstellen. Das ist vereinfacht gesagt ein Ballon, der mit zunehmendem Druck stärker gegen das Öl im Dämpfer drückt. Damit könnt ihr das Dämpfungsgefühl auf euch anpassen. Mit diesen ganzen Einstellmöglichkeiten ist es recht kompliziert, das Fahrwerk gut einzustellen und es nimmt viel Zeit in Anspruch – aber das macht man ja auch nicht jeden Tag. Hilfe bietet der DVO Setup Guide und unser How-to zum perfekten Fahrwerks-Setup.
Die verschiedenen Ausstattungsvarianten des GASGAS ECC 2024
Neben dem von uns getesteten ECC 6 gibt es noch zwei weitere Ausstattungsvarianten im ECC-Portfolio von GASGAS: das ECC 5 für 8.999 € und das ECC 4 für 7.999 €. Die beiden Modelle setzen wie das ECC 6 auf den gleichen Carbon-Rahmen, der sich aber in der Farbe unterscheidet. Bei der Ausstattung ähnelt die MXC-Reihe stark den ECC-Modellen. Es gibt ebenfalls drei verschiedene Varianten: MXC 6, MXC 5 und MXC 4. Der größte Unterschied zwischen dem ECC und dem MXC ist, abgesehen von einem kleineren 27,5-Zoll-Hinterrad und etwas weniger Federweg, dass ein Luftdämpfer anstelle eines Stahlfederdämpfers im Heck arbeitet. Selbst der Preis der entsprechenden Modelle ist identisch.
GASGAS ECC 4
7.999 €
Ausstattung
Motor SRAM Eagle Powertrain 90 Nm
Akku SRAM Battery 630 Wh
Display SRAM AXS Bridge Display
Federgabel RockShox ZEB Select+ 150 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Select+ 160 mm
Sattelstütze GASGAS Pro
Bremsen SRAM DB8 200/200 mm
Schaltung SRAM GX Eagle 1x12
Vorbau GASGAS 35 35 mm
Lenker GASGAS Riser 35 mm 780 mm
Laufradsatz MACH 1 Trucky 30 29"
Reifen MAXXIS ASSEGAI/ MAXXIS Minion DHRII 2,5"/2,4"
Technische Daten
Größe S/M M/L L/XL
Zul. Gesamtgewicht 130 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Los geht es bei GASGAS mit dem ECC 4. Dieses E-Bike ist, neben dem MXC 4, das einzige E-MTB mit dem SRAM Eagle Powertrain-Motorsystem, bei dem eine mechanische SRAM-Schaltung verbaut ist. Somit fällt außerdem die Auto- und Coast-Shift-Funktion weg, die nur von einer elektrischen SRAM Transmission-Schaltung unterstützt wird. Das ECC 4 ist auch das einzige der drei Modelle von GASGAS, welches mit einem RockShox-Fahrwerk daherkommt. An der Front arbeitet eine RockShox ZEB Select+. Diese Federgabel besitzt dieselbe Kartusche wie das Ultimate-Modell und liefert so fast dieselbe Trail-Performance, nur in Sachen Einstellbarkeit ist sie nicht so umfangreich wie die DVO-Modelle. Die 160 mm am Heck verwaltet ein RockShox Super Deluxe Coil-Dämpfer.
GASGAS ECC 5
8.999 €
Ausstattung
Motor SRAM Eagle Powertrain 90 Nm
Akku SRAM Battery 630 Wh
Display SRAM AXS Bridge Display
Federgabel DVO Onyx D1CV SL 170 mm
Dämpfer DVO Jade X CV Coil 160 mm
Sattelstütze GASGAS Pro
Bremsen SRAM G2 RS 200/200 mm
Schaltung SRAM GX AXS Eagle Transmission 1x12
Vorbau GASGAS 35 35 mm
Lenker GASGAS Riser 35 mm 780 mm
Laufradsatz MACH 1 Trucky 30 29"
Reifen MAXXIS ASSEGAI/ MAXXIS Minion DHRII 2,5"/2,4"
Technische Daten
Größe S/M M/L L/XL
Zul. Gesamtgewicht 130 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Die ECC-5-Variante liegt preislich zwischen dem ECC-4- und dem ECC-6-Modell und kostet 8.999 €. Dafür bekommt man fast das gleiche Fahrwerk wie beim Top-Modell. Nur bei der Gabel wurde die etwas günstigere DVO Onyx D1CV SL verbaut. Das SL steht dabei für Super-Light und bezieht sich auf die Luftfeder. Das Innenleben der Federgabel wird so etwas leichter, aber auch die OTT-Einstellung fällt weg. Geschaltet wird mit einer elektrischen SRAM Eagle GX Transmission-Schaltgruppe, welche auch wieder die Auto-Shift- und Coast-Shift-Funktion unterstützt. GASGAS verzögert beim ECC 5 mit einer schwachen SRAM G2-Vierkolbenbremse. Diese bietet wenig Power und ist nicht standfest genug für längere Abfahrten. Da helfen auch die 220 mm große Bremsscheibe vorne beziehungsweise die 200 mm große Scheibe hinten nicht viel.
Die Geometrie des GASGAS ECC 2024
Das GASGAS ist in den drei Größen S, M und L erhältlich. Der Reach in der von uns getesteten Größe M beträgt sehr lange 475 mm. Das entspricht bei vielen anderen Firmen bereits einer Rahmengröße L. Auch die Reach-Sprünge sind mit +/-25 mm recht groß. Damit deckt GASGAS zwar eine große Bandbreite an Fahrergrößen ab, aber die Wahrscheinlichkeit zwischen zwei Größen zu stehen, von denen keine richtig passt, ist damit vergleichsweise hoch. Die Kettenstreben sind in Größe S mit 461 mm bereits sehr lang und wachsen pro Größe um weitere 4 mm an. Das soll für ein gleichbleibendes Handling über alle Größen hinweg sorgen. Diese langen Kettenstreben tragen auch zu einem langen Radstand bei. Der Lenkwinkel liegt mit 64° ziemlich genau im Mittelfeld dessen, was man aktuell an potenten E-MTBs findet – nicht zu steil und nicht zu flach. Das Sattelrohr ist in Größe S mit gerade einmal 400 mm sehr kurz, was kleine Fahrer freuen dürfte. Es wächst aber auch für die Größe M um 40 mm an, während es bei L sogar um ganze 70 mm länger wird im Vergleich zu S. So bekommt man bei Größe M ein 440 mm langes Sattelrohr, was gerade noch so akzeptabel ist, während die 470 mm auch für ein L-Bike zu viel sind. In Kombination mit dem geringen Hub der Dropper Post schränkt das eure Bewegungsfreiheit stark ein. Darum würden wir empfehlen, wenn ihr zwischen zwei Größen steht, die kleinere zu nehmen.
Größe | S/M | M/L | L/XL |
---|---|---|---|
Oberrohr | 588 mm | 613 mm | 638 mm |
Sattelrohr | 400 mm | 440 mm | 470 mm |
Steuerrohr | 115 mm | 130 mm | 145 mm |
Lenkwinkel | 64° | 64° | 64° |
Sitzwinkel | 74,7° | 75,2° | 75,5° |
Kettenstrebe | 461 mm | 465 mm | 469 mm |
Tretlagerabsenkung | 31,5 mm | 31,5 mm | 31,5 mm |
Radstand | 1.257 mm | 1.289 mm | 1.325 mm |
Reach | 450 mm | 475 mm | 500 mm |
Stack | 649 mm | 663 mm | 676 mm |
Das GASGAS ECC 6 2024 auf den Trails
Wenn ihr mit dem GASGAS ECC 6 zum Trail unterwegs seid, überzeugt das Bike mit seiner hohen Front und der daraus resultierenden aufrechten und angenehmen Sitzposition. So lassen sich auch lange Touren komfortabel fahren. Trotzdem ist die Sitzposition wegen des langen Reach etwas handlastig, sodass ihr bergauf immer genug Druck auf dem Vorderrad habt. Deshalb steigt es nicht, auch wenn die Schotter-Rampe vor euch steiler wird. Beim Cruisen zum Gipfel wippt der Hinterbau leicht und bietet somit viel Komfort. Der Drang, ihn zu sperren, kommt auch bei längeren Uphills nicht auf, was wegen des fehlenden Lockouts auch nicht möglich wäre. Damit ihr die steilen Rampen auch entspannt nach oben kommt, hilft euch der kraftvolle SRAM Eagle Powertrain-Motor. Dank der Auto-Shift-Funktion könnt ihr ganz entspannt auf Forstwegen zum Gipfel cruisen und euch in die Diskussion mit eurem Bike Buddy über den bevorstehenden Bike-Trip nach Spanien vertiefen.
Was beim Touren noch für entspanntes Fahrfeeling sorgt, erweist sich in komplexen Trail-Situationen aber als hinderlich. So ist die Automatikschaltung in steilen und technischen Uphills überfordert und schaltet bisweilen in andere Gänge, als man es selbst tun würde. Denn der Algorithmus kann nicht vorausschauen und agiert nur anhand eurer aktuellen Geschwindigkeit und Kadenz. Das System schaltet zum Beispiel in einer Senke in einen größeren Gang, nicht wissend, dass gleich ein steiler Anstieg mit einer engen Kurve kommt, für die ein kleiner Gang benötigt wird. Während der Hinterbau auf Forststraßen noch leicht gewippt hat, profitiert man bei technischen Climbs nun von einem feinfühligen Heck. So habt ihr für jede Uphill-Challenge genug Traktion.
Wenn ihr nach dem Uphill vor dem Trail noch eine kurze Pause macht, um eure Diskussion über den Bike-Trip nach Spanien zu beenden, empfehlen wir euch den Auto-Shift-Modus zu deaktivieren. Denn wenn dieser aktiviert ist, schaltet das Rad unter euch abhängig von eurer Geschwindigkeit munter hin und her. Das stört etwas, da man bei jedem Schaltvorgang den Motor des Schaltwerks hört. Aber viel schlimmer ist, dass bei schnellen Geschwindigkeitsänderungen die Automatik nicht mehr hinterherkommt und ihr dann vermutlich in einem falschen Gang seid. Wenn ihr zum Beispiel nach einem schnellen Stück Trail in eine enge Kurve kommt, aus der ihr heraus treten wollt, seid ihr in einem viel zu schweren Gang. Auf dem Trail bringt die Coast-Shift-Funktion schon mehr Vorteile. Diese erlaubt es euch, den Gang zu wechseln, ohne treten zu müssen und so eure sichere, horizontale Fußstellung beizubehalten. Solange das Hinterrad sich dreht, könnt ihr also in einen passenden Gang für den Gegenanstieg schalten. Dabei ist es auch egal, ob man gerade über ein riesiges Steinfeld fliegt.
Wird der Trail zusehends steiler, steht man dank der hohen Front sicher im Bike integriert und fühlt sich schnell wohl. Das freut Anfänger genauso wie fortgeschrittene Fahrer. Aber wegen der hohen Front müsst ihr euer Vorderrad in Kurven aktiv belasten, damit es euch nicht wegrutscht und ihr eine ungewollte Bodenprobe nehmt. Werden die Kurven dann enger, wird viel Input von euch benötigt, damit ihr das Rad um die Kurve wuchten könnt. Das liegt unter anderem an den sehr langen Kettenstreben und dem daraus resultierenden langen Radstand. Aber auch das weiche Fahrwerk trägt dazu bei, denn darin verpufft ein recht großer Teil eures Inputs und ihr benötigt deshalb mehr Kraft. Vor allem Flowtrails werden zum Kraftakt, wenn ihr das E-Bike durch Pushen über Wellen und Anlieger auf Geschwindigkeit bringen wollt. Das Rad ist dabei unterfordert und ihr baut so wenig Geschwindigkeit auf. Auch wenn ihr auf dem Flowtrail zwei Wellen doppeln oder an einer kleinen Kante abziehen wollt, wird viel Kraft benötigt, denn auch hier geht ein großer Teil der Energie im Fahrwerk verloren. Seid ihr mit dem Bike aber erst einmal in der Luft, fliegt es stabil und sicher. Bei der Landung überzeugt das E-MTB mit hohen Reserven, auch wenn man mal eine Landung verpatzt. Diese Stabilität und die damit einhergehende Laufruhe bieten viel Sicherheit bei Highspeed-Passagen. Auch das Fahrwerk unterstützt hier und saugt sich regelrecht am Boden fest. Leider ist dadurch das Feedback des Untergrunds sehr gering und man hat kein Gefühl dafür, was unter einem passiert. Das ist einerseits gut für eher passive Piloten, die blind draufhalten und einfach das Beste hoffen, macht es aber für fortgeschrittene Fahrer und vor allem für Racer auf Sekundenjagd schwer, einen aktiven Fahrstil beizubehalten.
Für wen ist das neue GASGAS ECC 6 2024
Das GASGAS ECC 6 richtet sich mit seiner Design-Sprache klar an Fans des Enduro- und Motocross-Sports. Obendrein vermittelt das Rad ein sehr hohes Maß an Sicherheit, mit dem es Anfänger anspricht. Auch nicht so versierte Fahrer, die gerne längere Touren machen, können mit dem GASGAS ECC 6 glücklich werden. Denn hier überzeugt das Rad mit viel Komfort. Fortgeschrittene Fahrer und Racer werden jedoch Gegenhalt im Fahrwerk und Wendigkeit vermissen.
Das Fazit zum GASGAS ECC 6 2024
Das neue GASGAS ECC 6 ist entgegen seines Anspruchs kein Race-Bike. Dafür fehlen dem E-Mountainbike der Gegenhalt im Fahrwerk und das letzte Quäntchen Wendigkeit. Allerdings bringt es, dank seiner hohen Front, ein ordentliches Maß an Sicherheit mit, die vor allem Anfängern zugutekommt. Sollten eure Touren mit dem GASGAS länger werden, überzeugt es mit viel Komfort und praktischer Automatikschaltung, welche leider in komplexen Trail-Situationen schnell an ihr Limit kommt.
Tops
- laufruhiges Bike
- hohes Sicherheitsgefühl
- polarisierendes Design
Flops
- Auto-Shift in komplexen Trail-Situationen überfordert
- wenig Gegenhalt im Fahrwerk
- Bremsleitung und Rahmen-Cover klappern
- umständliche Akku-Entnahme
Mehr Infos findet ihr bei: GASGAS.com
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Words: Sebastian Dirscherl Photos: Mike Hunger