Mit dem JAM² SL mit leichtem FAZUA Ride 60-Antrieb reiht sich FOCUS in der ersten Reihe der neuen Riege an Light-E-MTBs ein. Interpretiert FOCUS das Konzept Light-E-MTB genauso sportlich und agil wie die bisherigen Hersteller oder beschreiten die Stuttgarter mit dem JAM² SL neue Wege? Wir haben es für euch in einem ersten Test herausgefunden.
Auf zu neuen Höhen! Genau das verspricht FOCUS mit dem JAM² SL und will damit hoch hinaus. Für ihr erstes Light-E-MTB setzen die Stuttgarter Entwickler auf das noch ziemlich neue FAZUA Ride 60-Antriebssystem. Die Ingenieure haben hier ordentlich Gas gegeben, denn bisher lassen sich Bikes mit FAZUA-Antrieb auf dem Markt noch an einer Hand abzählen. Damit surft FOCUS voll auf der Trendwelle und mischt mit dem JAM² SL ganz vorne mit, in einer neuen Generation von Light-E-MTBs. Die komplett neu entwickelte Plattform setzt auf 29”-Laufräder und 160 mm Federweg an der Front sowie 150 mm am Heck. In Kombination mit leichten 17,9 kg in der Top-Ausstattung soll euch das JAM² SL zu neuen Höhen aufschwingen. Bevor es nach oben geht, müsst ihr euren Geldbeutel aber erst mal um – je nach Ausstattung – zwischen 6.199 € und 11.499 € Euro erleichtern. Ob ihr dafür dann eine agile Trail-Rakete bekommt, die euch in neue Höhen katapultiert, oder euch die Schwerkraft einen Strich durch die Rechnung macht, haben wir ausgiebig getestet. Kleiner Spoiler: Davongeflogen ist keiner von uns.
Das neue FOCUS JAM² SL 2023 im Detail
Das FOCUS JAM² SL kommt mit einer sehr markanten und kantigen Formsprache daher. Die klaren Linien des Carbon-Hauptrahmens sind größtenteils dem analogen kleinen Bruder JAM nachempfunden, unterscheiden sich aber durch einen deutlichen Knick im Unterrohr. Auch im Vergleich zum großen Full-Power-Bruder JAM² sind die Familienbande sichtbar. Das JAM² SL hat aber die „schlankeren, eleganteren Gene“ abbekommen und man muss schon etwas genauer hinschauen, um zu erkennen, dass es sich um ein E-Bike handelt. Der markante Knick im Unterrohr und die dezente Akkuanzeige auf dem Oberrohr verraten aber die wirklichen Intentionen des Bikes. Die Ähnlichkeiten zu seinen Brüdern hören dann aber beim überarbeiteten F.O.L.D-Hinterbau auf. Hier setzt FOCUS beim JAM² SL auf einen komplett neu entwickelten Viergelenker und bricht mit der Familientradition des abgestützten Eingelenkers. An der Dämpferanlenkung hat FOCUS die Anzahl der Gelenkteile reduziert, was nicht nur Gewicht sparen, sondern auch die Bremseinflüsse auf den Hinterbau minimieren soll.
Um in den Topmodellen ein besonders leichtes Gewicht zu realisieren, verwendet FOCUS für die Rahmen in den Ausstattungsvarianten 9.0 und 9.8 das Carbon MAX Layup: Hierbei wird das Carbon-Lay-up durch High Modulus-Fasern ergänzt, die ähnliche Steifigkeitswerte bei geringerem Gewicht mit sich bringen sollen. Der dadurch realisierte Gewichtsunterschied zwischen zwei Rahmen in Größe M – einer mit Carbon MAX-Layup, einer ohne – liegt bei etwa 300 g.
Am JAM² SL hat FOCUS mit schicken Detaillösungen nicht gegeizt. Die Züge verschwinden durch den hauseigenen C.I.S-Vorbau in den Rahmen. Die dadurch wegfallenden Ports am Rahmen für die interne Zugverlegung unterstreichen das sehr cleane und schlichte Erscheinungsbild. Was rein optisch Staunen auslöst, sorgt in der Werkstatt eher für genervtes Stöhnen: Der C.I.S-Vorbau ist leider nicht gerade das benutzerfreundlichste System. Besonders beim Festziehen vom Lenker oder dem Verlegen von Zügen reichen zwei Hände oft nicht aus, da man immer gleichzeitig die Kabel in Position halten muss. Deutlich einfacher passiert die Verstellung der Kettenstrebenlänge. Hier muss einfach nur der Flip-Chip an der Kettenstrebe zusammen mit dem Flip-Chip an der Umlenkung umgedreht werden, um zwischen einer kurzen agilen und einer langen spurstabilen Einstellung zu wechseln. Die Kettenstrebe ist zudem durch einen gewellten, weit nach vorne gezogenen Kettenstrebenschutz gut gegen Abnutzung durch die Kette geschützt. Neben seiner Schutzfunktion sorgt er auch für angenehme Ruhe auf dem Trail und schont damit die Nerven von euch und euren Mitfahrern. Während das Zermalmen von Steinchen in der Lücke zwischen Hauptrahmen und Kettenstrebe bei anderen Herstellern zum Programm gehört, soll FOCUS mit einer schicken kleinen Abdeckung vorgesorgt haben: So sollen von oben keine Steinchen reinkommen, was den Carbon-Rahmen freut – top!
Das FAZUA Ride 60-System im neuen FOCUS JAM² SL 2023 im Detail
Das im FOCUS verbaute FAZUA Ride 60-Antriebssystem ist noch brandneu und bisher lassen sich die verfügbaren Bikes mit dem Light-Antrieb noch an einer Hand abzählen. FOCUS integriert den 60 Nm starken Motor und den 430 Wh großen Akku elegant im Bike und nutzt damit die neuen schlanken Designmöglichkeiten, die durch die kompakten Light-Antriebe möglich werden. Gesteuert wird der Motor mit der FAZUA-Ring Control-Remote am Lenker. Die Bedienung ist einfach und intuitiv: hochschnipsen für mehr Power, runter für weniger. Die Verarbeitung lässt allerdings noch zu wünschen übrig. Der Plastikring fühlt sich recht fummelig an und hat in alle Richtungen etwas Spiel. Dadurch geht leider das haptische Feedback etwas verloren und man muss öfters einen Blick auf den FAZUA LED-HUB – also die minimalistische Akkuanzeige im Oberrohr – werfen, um zu sehen, in welchem Unterstützungsmodus man sich gerade befindet. Auf der Akkuanzeige kann der Akkustand in 20-%-Schritten abgelesen werden und die drei Unterstützungsmodi werden in jeweils einer anderen Farbe angezeigt. Die LEDs könnten dabei etwas heller sein, da das Ablesen bei starker direkter Sonneneinstrahlung eher ein Raten statt Ablesen ist. An der Unterseite des LED-HUBs ist ein USB-C Ladeport integriert, mit dem Smartphones oder GPS-Navis geladen werden können. Das ist besonders für Tourenfahrer interessant, oder auch für Trailrider mit schlechtem Orientierungssinn.
FOCUS verzichtet zugunsten einer sauberen Optik und Gewichtseinsparung auf einen Ladeport am Rahmen, der Akku muss zum Laden entnommen werden. Was sich zunächst nach einem ordentlichen Mehraufwand anhört, ist in der Praxis nur ein extra Handgriff. Das Akkucover am Unterrohr lässt sich durch eine Vierteldrehung mit einem 6er-Inbus öffnen – das passende Werkzeug versteckt FOCUS in der hinteren Steckachse. Unter dem Akkucover offenbart sich eine weite Öffnung, durch die man leicht an den Akku kommt. Aus der Akkupalette von FAZUA greift FOCUS zum 430-Wh-Akku mit eingebautem Ladeport, Batteriestandsanzeige und praktischem Tragegriff. Dank des Griffs lässt er sich leicht aus dem Unterrohr entnehmen und wieder einsetzen. Der Vorgang dauert kaum länger als das Anstöpseln bei einem Bike mit zusätzlichem Ladeport am Rahmen. Nur nach einer Matsch- und Regenfahrt bleiben schmutzige Finger nicht aus, wenn man das Akkucover öffnet. Trotz des fehlenden Ladeports verspricht FOCUS die Möglichkeit auf einen FAZUA Range Extender, der aktuell allerdings noch nicht verfügbar ist. Im Gegensatz zu anderen Systemen soll der Range Extender von FAZUA nicht mit einem Kabel am Ladeport angeschlossen werden, sondern in eine spezielle Halterung geklippt werden, die durch die Flaschenhalter-Gewinde direkt mit der Batterie verkabelt ist. Die Halterung soll vom Fachhändler – sobald verfügbar – nachgerüstet werden können.
Auf dem Bike liefert der FAZUA Ride 60-Motor mit 60 Nm ordentlich Vortrieb, im Vergleich zu einem Full-Power-E-MTB muss man allerdings schon etwas mehr in die Pedale treten. Geht einem doch mal die Kraft aus oder möchte man sich zusätzliche Power für einen steilen technischen Anstieg gönnen, kann man auf die vorübergehende Boost-Funktion zurückgreifen. Das klingt zwar nach Need for Speed und Nitro, lässt aber keine Flammen aus dem nicht vorhandenen Auspuff schießen. Dafür gibt es bei Aktivierung für 12 Sekunden aus dem Fahren oder 4 Sekunden aus dem Stehen einen ordentlichen Boost mit 450 W Spitzenleistung. Das Motorgeräusch des FAZUA-Antriebs ist bei geringer Unterstützung kaum wahrnehmbar, wird mit zunehmender Motorunterstützung aber lauter.
Die Ausstattung unseres JAM² SL 9.9 Test-Bike im Detail
FOCUS bietet das JAM² SL in vier Ausstattungsvarianten an. Wir haben mit dem JAM² SL 9.9 die zweithöchste und abfahrtslastigste Ausstattungsvariante getestet, die für 8.499 € über die Ladentheke geht. Für den Rahmen des 9.9 verwendet FOCUS sein höherwertiges Carbon mit dem sogenannten MAX-Lay-up für geringeres Gewicht bei gleicher Steifigkeit. Das Ausstattungspaket ist eine recht runde Sache mit hochwertigen, preiswerten Komponenten und kommt dabei auf ein Gewicht von 18,8 kg in Größe M. Das Fahrwerk mit der 36 FLOAT Performance Elite-Gabel und dem FLOAT X Performance-Dämpfer kommt aus dem Hause FOX. An der Gabel müsst ihr mit der GRIP2-Kartusche absolut keine Abstriche machen und seid für die wildesten Trails gerüstet. Auch den FLOAT X Performance-Dämpfer mit Ausgleichsbehälter bringen lange und wilde Abfahrten nicht aus der Ruhe. Unser Testbike war aus Verfügbarkeitsgründen zum Testzeitpunkt mit einem FOX FLOAT X Performance Elite-Dämpfer ausgestattet.
Beim Antrieb und den Bremsen setzt FOCUS auf das japanische Gesamtpaket von Shimano. Der Antrieb besteht komplett aus der zuverlässigen DEORE XT-Gruppe. Gebremst wird mit XT-Vierkolbenbremsen auf 203 mm großen ICE-TECH-Bremsscheiben. Das wird dem Einsatzgebiet des Bikes absolut gerecht und sorgt auch auf langen Abfahrten dafür, dass euch nicht die Bremsen abrauchen.
Der stabile HX 1700 LS-Alulaufradsatz von DT Swiss wird mit leider nicht allzu stabilen Schwalbe-Reifen kombiniert. Der Magic Mary-Reifen an der Front kommt mit der sehr dünnen Super Ground-Seitenwand und der Nobby Nic-Reifen am Hinterrad mit der etwas dickeren, aber immer noch recht dünnen Super Trail-Seitenwand. Laut Focus soll der Nobby Nic am Hinterrad mit seinem geringen Rollwiderstand im Vergleich zum aggressiveren Big Betty die Reichweite erhöhen. Wir könnten mit weniger Reichweite und dafür mehr Grip am Hinterrad besser leben. Tourenfahrer oder Fahrer mit einem sehr vorsichtigen oder präzisen Fahrstil können mit den dünnen Seitenwänden der verbauten Reifen zurechtkommen. Fahrer, die auch gern mal die falsche Linie wählen oder in eher steinigem Gelände unterwegs sind, werden mehr Zeit mit Platten flicken als mit dem Fahren verbringen. Hier wäre wünschenswert, dass FOCUS zum Einsatzgebiet passende Reifen verbaut, da man hier nur unnötig Pannenschutz, Grip und Dämpfung eingebüßt.
FOCUS Jam² SL 9.9
8.499 €
Ausstattung
Motor Fazua Ride 60 60 Nm
Akku Fazua Energy 430 Wh
Display fazua Led Hub
Federgabel FOX 36 Float Performance Elite 160 mm
Dämpfer FOX Float X Performance 150 mm
Sattelstütze Post Moderne 171 mm
Bremsen Shimano XT 203/203 mm
Schaltung Shimano Deore XT 1x12
Vorbau FOCUS C.I.S 50 mm
Lenker RaceFace Atlas 35 820 mm
Laufradsatz DT Swiss HX1700 LS 29"
Reifen Schwalbe Magic Mary Super Ground Soft/ Schwalbe Nobby Nic SuperTrail SpeedGrip 2,4"
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 18,8 kg
Zul. Gesamtgewicht 135 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 116 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Besonderheiten
verstellbare Kettenstreben und Lenkwinkel
Weitere Ausstattungsvarianten des neuen FOCUS JAM² SL 2023
FOCUS will sich mit dem JAM² SL nicht auf ein Einsatzgebiet festlegen. Enduro, Trail, All-Mountain? FOCUS lässt euch hier einfach die Ausstattung wählen, die zu eurem Style passt. Wer Wert auf ein sehr leichtes Bike legt, das Agilität und Bling Bling verspricht, ist mit dem Topmodell JAM² SL 9.0 am besten bedient. Wenn es auf euren Trails auch mal deftiger zur Sache geht, greift ihr besser zum von uns getesteten JAM² SL 9.9.
JAM² SL 9.0
Das JAM² SL 9.0 ist das Topmodell im JAM²-Line-up mit dem höherwertigen Carbon MAX-Layup und laut Hersteller 17,9 kg. Hier gibt’s zum stolzen Preis von 11.499 € ein FOX Factory-Fahrwerk mit goldener Kashima-Beschichtung. Allerdings ist hier nicht alles Gold, was glänzt: Der FOX FLOAT DPS Factory-Dämpfer kommt ohne Ausgleichsbehälter. Das macht sich bei einem Bike mit ordentlichen Trail-Ansprüchen in der Performance und der Hitzebeständigkeit des Dämpfers negativ bemerkbar. Auch mit den MAXXIS DISSECTOR-Reifen vorne und hinten mit der sehr dünnen EXO-Seitenwand sowie 180-mm-Bremsscheiben am Heck wurde an den falschen Ecken am Gewicht gespart. Zu diesem Preis würde man sich die MAXXIS-Reifen auch in einer höherwertigen und weicheren Gummimischungen für mehr Grip wünschen. Die dünnen Seitenwände der Reifen sorgen bei den hochwertigen Mavic Crossmax XLR-Carbon-Laufrädern und später auch in eurem Geldbeutel für nervöses Zittern, da die Felgen nur unzureichend geschützt werden. Geschaltet wird am JAM² SL 9.0 elektronisch mit SRAM X01 Eagle AXS-Schaltwerk mit SRAM AXS Rocker-Schalthebel. Auch die leichten G2-Bremsen kommen von SRAM.
JAM² SL 8.8
Das JAM² SL 8.8 gibt’s für 6.999 €, muss dabei aber auf das Carbon MAX-Layup verzichten. Das Fahrwerk kommt hier noch von FOX, allerdings in den günstigeren Varianten. Die 36 FLOAT Rhythm-Gabel muss mit der einfachen GRIP-Kartusche mit sehr sparsamen Verstellmöglichkeiten auskommen. Auch am FLOAT DPS-Dämpfer ohne Ausgleichsbehälter lässt sich die Druckstufendämpfung nur in drei Stufen einstellen. Der Shimano DEORE XT-Antrieb wird mit einer billigen DEORE-Kassette kombiniert, die ordentlich auf die Waage drückt. Die MAGURA MT-5 Bremsen gehören zu den stärksten Bremsen am Markt und verzögern euch in Kombination mit 203-mm-Bremsscheiben vorne und hinten ohne Kompromisse. Auch hier kommen MAXXIS-Reifen mit der dünnen EXO-Seitenwand zum Einsatz. In Summe ergibt das laut Hersteller ein Gewicht von 19,7 kg für das JAM² SL 8.8.
JAM² SL 8.7
Das günstigste Bike im Line-up ist das JAM² SL 8.7 für 6.199 €. An der Front arbeitet hier eine DVO Diamond E3-Gabel in Kombination mit einem RockShox Deluxe Select+-Dämpfer am Heck. Wer ein Fan vom Smalltalk am Trail ist, wird sich mit der DVO-Gabel voll ausleben können. Die seltenen US-Gabeln strahlen immer noch eine gewisse Exotik aus und sorgen immer für guten Gesprächsstoff. Geschaltet wird mit einem SRAM SX Eagle-Schalthebel mit SRAM NX Eagle-Schaltwerk und gebremst mit einer SRAM GUIDE T-Bremse mit 200-mm-Scheiben vorne und hinten. Auch in der günstigsten Ausstattungsvariante verbaut FOCUS Reifen von MAXXIS mit den dünnen EXO-Seitenwänden. Die günstige Ausstattung spiegelt sich natürlich auch auf der Waage wider und beschert dem JAM² SL 8.7 laut Hersteller 20,2 kg.
Die Geometrie des neuen FOCUS JAM² SL 2023 im Detail
Das FOCUS JAM² SL kommt in vier Größen von S bis XL daher. Die Geometrie fällt dabei in keine Richtung zu extrem aus. Der Reach reicht von 430 mm in Größe S bis zu langen 515 mm in Größe XL und deckt damit eine große Bandbreite ab. Wer gern mit verschiedenen Geometrieeinstellungen experimentiert, kommt hier auf seine Kosten: Lenkwinkel und Kettenstrebenlänge können beide variiert werden. Die Kettenstreben lassen sich mittels Flip-Chip je nach persönlichem Gusto von moderaten 440 mm auf lange 447 mm verstellen. Das kürzere Kettenstreben-Setting begünstigt ein agileres Fahrverhalten, während euch das lange Setting mehr Laufruhe und Grip in Kurven geben soll. Die Länge der Kettenstreben ist über alle Rahmengrößen gleich und wächst nicht mit, dafür liefert FOCUS die Bikes in Rahmengröße S und M im kurzen Setting aus, die Größen L und XL im langen Setting. Damit soll die Länge von Hinterbau und Hauptrahmen ausbalanciert bleiben. Die drehbaren Steuersatzschalen lassen euch die Qual der Wahl zwischen 64,5° oder steilen 65,5° Lenkwinkel. Die flache Option sorgt für ein stabileres Handling und weniger Überschlagsgefühle. Für ein direkteres Handling könnt ihr auf die steilere Option wechseln.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Oberrohr | 578 mm | 608 mm | 637 mm | 672 mm |
Sattelrohr | 390 mm | 420 mm | 440 mm | 460 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 100 mm | 120 mm | 140 mm |
Lenkwinkel (flach/steil) | 64,5°/65,5° | 64,5°/65,5° | 64,5°/65,5° | 64,5°/65,5° |
Sitzwinkel | 76,5° | 76,5° | 76,5° | 76,5° |
Kettenstrebe (kurz/lang) | 440/447 mm | 440/447 mm | 440/447 mm | 440/447 mm |
Tretlagerabsenkung | 25 mm | 25 mm | 25 mm | 30 mm |
Radstand | 1.209 mm | 1.234 mm | 1.274 mm | 1.308 mm |
Reach | 430 mm | 460 mm | 485 mm | 515 mm |
Stack | 614 mm | 614 mm | 631 mm | 650 mm |
Test: So fährt sich das neue FOCUS JAM² SL 9.9 2023
Schwingt man sich auf das FOCUS JAM² SL, landet man direkt in einer recht zentralen, kompakten Sitzposition. Besonders bei steilen Anstiegen sorgt die Sitzposition für eine sehr angenehme Gewichtsverteilung und man muss die Front kaum zusätzlich belasten. In der Ebene liegt das Gewicht dafür etwas mehr auf den Händen. Was auf kürzeren ebenen Transfers zum nächsten Anstieg nicht tragisch ist, kann auf langen Touren im flachen Terrain für die Hände und Handgelenke auf Dauer unangenehm werden.
Im technischen Uphill macht sich die zentrale Sitzposition dafür wieder sehr positiv bemerkbar. Hier hat man an steilen Rampen und an Stufen kaum das Gefühl nach hinten abgeworfen zu werden, selbst mit den Kettenstreben in der kurzen Einstellung. Lenkimpulse werden direkt umgesetzt und erst in sehr steilem Gelände muss man die Front aktiver belasten. Das alles macht das Bike zu einem gutmütigen Kletterer und ermutigt auch Trail-Anfänger, von der Forststraße in den Trail Richtung Gipfel abzubiegen. Die drei Unterstützungsstufen des FAZUA Ride 60-Antriebs decken alle nötigen Unterstützungsbereiche gut ab. Man kann mit wenig Unterstützung und damit natürlichem Fahrgefühl unterwegs sein, gleichzeitig schiebt der Antrieb an steilen Rampen mit mehr Unterstützung trotzdem kräftig genug an. Auch wenn man sich mal verschalten hat oder ein sehr überraschender Gegenanstieg auftaucht, kommt man verlässlich nach oben.
Biegt man auf den Trail Richtung Tal ein, merkt man erst mal, dass man ziemlich wenig merkt. Der Hinterbau ist feinfühlig und spricht gut an. Dadurch werden Unebenheiten wie kleinere Wurzelteppiche beinahe komplett weggeschluckt und dadurch viel Sicherheit vermittelt. Der Hinterbau folgt hier gut dem Untergrund und liefert ordentlich Traktion. Das satte Fahrgefühl geht leider zulasten des Gegenhalts. Besonders beim Pushen durch Wellen oder beim Abziehen rauscht der Hinterbau schnell durch den Federweg. Auf Flowtrails mit schnellen Richtungswechseln muss man so mit mehr Körpereinsatz arbeiten, um das Bike auf Geschwindigkeit und in die Luft zu bekommen. Wer dem Bike im Bikepark oder auf Shuttleruns mehr Agilität verpassen möchte, kann auch die einfach herausnehmbare Batterie zuhause lassen. Das macht den Hinterbau zwar nicht straffer, das Abziehen auf dem Trail aber leichter. Auf technischen Trails mit größeren Stufen und Schlägen stößt der lineare Hinterbau an seine Grenzen. Denn er versinkt hier tief im Federweg und kommt – ähnlich einem angeschlagenen Boxer in der Ringecke – bei aufeinanderfolgenden Schlägen nicht hinterher.
Das Handling des JAM² SL liegt eher auf der ruhigen Seite: Es folgt treu und berechenbar der vorgegebenen Spur, möchte dafür aber nicht allzu gern schnell von Kurve zu Kurve geworfen werden. Driftmanöver, Flicks oder andere Spielereien sind nicht so ganz sein Fall und das JAM² neigt eher zu Unter- als Übersteuern. Besonders Einsteiger und Fahrer, die Wert auf ein berechenbares und sicheres Handling legen, profitieren vom sensiblen Hinterbau, dem hohen Komfort, dem gutmütigen Handling und der Spurstabilität. Fahrer mit einem aktiven und verspielten Fahrstil wünschen sich mehr Gegenhalt und Progression, um noch spielerischer, aktiver und aggressiver fahren zu können.
Unser Fazit zum neuen FOCUS JAM² SL 9.9
FOCUS hat mit dem JAM² SL den Einstieg in den Light-E-MTB-Markt gewagt und dabei ein solides Gesamtpaket geschnürt. Das Konzept Light-E-MTB hat der Stuttgarter Hersteller dabei in Sachen Fahrverhalten im Gegensatz zur Konkurrenz einsteigerfreundlich und sehr gutmütig interpretiert. Bergauf wie bergab vermittelt es Komfort, Sicherheit und Ruhe und wird damit zum abgespeckten Begleiter für sportliche Trailtouren. Aktive Fahrer wünschen sich allerdings mehr Gegenhalt und Progression, um sich zu neuen Höhen aufzuschwingen.
Tops
- vermittelt viel Sicherheit
- gutes Ausstattungspaket bis auf die Reifen
- schöne Integration von Motor, Kabelführung und Kettenstrebenschutz
Flops
- zu wenig Gegenhalt für aktive Fahrer und harte Trails
- fummelige Remote
- Akku muss zum Laden entnommen werden
- instabile Reifen
Für mehr Infos, besucht focus-bikes.com
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Words: Felix Rauch Photos: Peter Walker