„Wenn dir nichts mehr weh tut, bist du tot.“ Diesen Spruch bemühen meist ältere Semester gern. Er könnte aber auch auf uns Mountainbiker zutreffen. Irgendwas zwickt oder zwackt doch immer, oder? Doch wo kommen die Zipperlein her und wie gehen sie wieder weg? Eine kleine Tour durch unser Redaktions-Lazarett.

DISCLAIMER: Wir sind beileibe keine Gesundheitsexperten, erst recht keine Ärtze und um Himmels willen keine Wunderheiler. Aber wir fahren sehr viel Rad, üben teils noch einige andere Sportarten aus, sind nicht mehr alle ganz so jung und haben auch einfach mal Pech – wie so viele. Wir plagen uns vermutlich mit denselben Verletzungen, Zipperlein und Krankheiten herum wie ihr. Genau darum wollen wir unsere Erfahrungen im Rahmen einer kleinen Serie mit euch teilen: Was ist passiert? Was wurde unternommen? Was war sinnlose Zeitverschwendung und was hat wirklich geholfen? Den Startschuss feuert Gründer-Daddy Manne bzw. sein rechtes Knie ab: Feuer frei, Evil Knievel!

Hier war Mannes Welt noch in Ordnung. Knieschmerzen? Was ist das?

Und da war er zum ersten Mal: dieser stechende Schmerz im rechten Knie. Aus heiterem Himmel, ohne Vorwarnung. „Geht schon wieder weg“, dachte sich Gründer-Daddy Manne, als eine monatelange Leidenszeit ihren unscheinbaren Anfang nahm. Denn sein böses Knie – oder wie er es liebevoll nannte: Evil Knievel – war ihm in den kommenden Monaten ein treuer, wenn auch nicht sehr willkommener Begleiter. Doch eins nach dem anderen.

Der erste Gang – Auf zum Schulmediziner

Wochenlang litt Manne starke Schmerzen und humpelte durch die Gegend, anstatt große Runden mit Hund Henry und seinem E-Bike zu drehen. Selbst das Treppensteigen entwickelte sich zur quälenden Tortur. Nachdem es auch nach Wochen trotz Anwendung der üblichen Hausmittel wie Kälte, Wärme und Schmerzgel – und selbst trotz Verzicht auf sportliche Betätigung – einfach nicht besser, ja eher schlechter wurde, suchte Manne zunächst einen ortsansässigen Orthopäden auf. Der erste Verdacht war schnell ausgesprochen, sogar noch vor der Untersuchung: Arthrose, eine Abnutzung von Knochen und Knorpelmaterial in den Gelenken – nichts Ungewöhnliches in Mannes fortgeschrittenem Alter (:-P). Die obligatorischen Röntgenbilder förderten keine anderen offensichtlichen Schäden zutage. Manne war also so schlau wie am Anfang. Die Schmerzen würden mit der Diagnose jedenfalls nicht verschwinden. Der Doc gab Manne aber noch eine Verschreibung für eine Physiotherapie und einen Buchtipp mit auf den Weg: „Die Arthrose-Lüge“ von den unter Medizinern umstrittenen Autoren Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht. Manne bestellte sich das Buch natürlich prompt online. Der Weg zur Buchhandlung wäre auch zu schmerzhaft gewesen.

Im nahegelegenen Reha-Zentrum kümmert sich Manne nicht nur um sein Knie, sondern betreibt ein Ganzkörpermuskeltraining.

Die Arthrose-Lüge – Jeden Cent wert!

Obwohl es bereits im Jahr 2017 erschien, hat das Buch „Die Arthrose-Lüge“ von Liebscher und Bracht nichts von seiner Aktualität verloren. Im Gegenteil: Immer mehr, darunter auch häufig jüngere Menschen, leiden an Arthrose oder ähnlichen Beschwerden. Sie ist die weltweit häufigste Art von Gelenkschmerzen und – noch viel schlimmer – wird als Krankheit nach wie vor von vielen als genetische Veranlagung und meist als unheilbar eingestuft. „Ist halt so“, „Musst du jetzt damit leben“, und „Mit Schmerzmitteln und Kortison ist das gut in den Griff zu bekommen“ – so lauten häufig die markigen Aussagen, wenn die Diagnose Arthrose im Raum steht. Doch gibt es mittlerweile zunehmend viele anderslautende Meinungen zum Thema Arthrose.

Viele Knie-Operationen sind überflüssig, außerdem können schwerwiegende Komplikationen auftreten. Oftmals verbessern sich die Beschwerden nach einer Operation nicht. Empfehlenswert sind ein kniegelenknahes Muskeltraining sowie ein Gesamtkörpermuskeltraining, welches dazu beiträgt, das Gelenk zu stabilisieren. So kann das Kniegelenk vor einer Überlastung geschützt werden. – Achim Weiß, Sporttherapeut

Der Tenor: Arthrose lässt sich vielleicht nicht völlig heilen, aber zumindest lindern und auch ohne dauerhafte Medikation in den Griff bekommen. Und zwar so, dass ein unbeschwertes Leben ohne große Einschränkungen – und mit Sport – möglich ist. Ernährung spielt hier eine Rolle, und Bewegung natürlich.

Achim Weiß, Sporttherapeut: „Um die Knieschmerzen zu lindern, müssen die Physiotherapie und der Muskelaufbau parallel durchgeführt werden. Auf jeden Fall sollte der Muskelaufbau nach Ablauf des Krankengymnastikrezeptes fortgeführt werden, da sonst die Schmerzen nach einem Vierteljahr wieder zurück sind.“

Die Autoren Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht wählen einen Ansatz, der die beiden Bausteine Ernährung und gezielte Übungen kombiniert und eine Umkehr der degenerativen Prozesse ermöglichen soll. Sogar bereits geschädigtes Knorpelgewebe soll wieder nachwachsen können. Ob dies physiologisch erklärbar und belegbar ist, können wir an dieser Stelle weder abschließend klären, noch ist es für diesen Artikel wirklich von Belang. Wichtig ist: Man muss sich drauf einlassen und vorbehaltlos an die Sache rangehen. Genau das hat Manne gemacht. Vor allem die im Buch beschriebenen Dehnübungen haben schnell zu einer Linderung der akuten Beschwerden geführt. Parallel ging Manne in ein Reha-Zentrum mit angeschlossenem Fitnesszentrum zur Krankengymnastik, die um Lymphdrainage und Krafttraining ergänzt wurde. Die Übungen und vor allem die Intensität des Trainings wurden speziell auf das geschädigte Knie abgestimmt.

Der Orthopäde empfahl trotz der mehr und mehr verschwindenden Beschwerden ein MRT, um Gewissheit über das Stadium der Knieschädigung zu erhalten. Gesagt – getan.

Also doch unters Messer?

Mit dem Befund vom MRT wurde Manne nun erneut beim Orthopäden vorstellig. Das Ergebnis: Kniearthrose in altersgemäßem Stadium. Während der Radiologe Manne zu einem minimalinvasiven Eingriff riet, bei dem die Knochenränder abgeschliffen werden, was zu einer weiteren Linderung beitragen sollte, warnte der Orthopäde davor, dass letztlich jeder Eingriff ein Risiko darstellt und die OP sogar eine Verschlechterung bewirken könnte. Und da Manne mit den Dehnübungen und der Krankengymnastik bereits große Fortschritte erzielt hatte und mittlerweile sogar tagelang völlig schmerzfrei war, entschied er sich gegen eine OP. Und ist damit in bester Gesellschaft: Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), eine vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Stiftung, warnt nicht nur vor etwaigen Nebenwirkungen und Komplikationen einer Kniearthroskopie. Sie spricht dieser Behandlung sogar klar ab, dass sie die Beschwerden einer Kniearthrose lindern oder gar dauerhaft beseitigen könne.

Nach Beendigung seiner Physio ist Manne erstmals in seinem Leben Mitglied eines Fitness-Clubs und trainiert dort 2–3 Mal wöchentlich. Knieschmerzen, Ade!

Seine Übungen macht Manne natürlich weiterhin. Auch Krankengymnastik steht nach wie vor auf dem Plan. Und beim Thema Ernährung ist Manne schon seit vielen Jahren auf dem richtigen Weg: Morgens kommt meist ein Frischkornmüsli, gern auch mal als Bircher-Variante mit frischem Obst, auf den Tisch. Die übrigen Mahlzeiten sind möglichst vollwertig und der Fleischanteil gering. Ob die Schmerzen damit Geschichte sind oder ob sie eines Tages wiederkommen, das steht in den Sternen. Eins ist aber sicher: Eine OP kommt für Manne auf absehbare Zeit nicht infrage.

Neben dem Training im Fitnessstudio können auch gelenkschonende Verhaltensweisen wie Fahrradfahren die Muskulatur um die Gelenke stärken.

Fazit: Nicht gleich operieren

Mit dem Alter (sorry, Manne 😉 ) treten fast unausweichlich Verschleißerscheinungen auf – nicht nur am Bike. Die Schulmedizin greift dann schnell zu Medikamenten und leider auch oft vorschnell zum Messer. Das kann helfen – muss es aber nicht. Solange eine OP nicht unumgänglich ist, solltet ihr auch über konservative Alternativen nachdenken: Dehn- und Kräftigungsübungen, Ernährung, Physiotherapie … oder eine Kombination aus allem. Bei Manne hat es funktioniert. Evil Knievel konnte auch ohne OP gebändigt werden.


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Words: Patrick Gruber Photos: Antonia Feder, Robin Schmitt