Vor gerade einmal 8 Monaten hat Giant das umfassend überarbeitete Full-E+ vorgestellt – doch jetzt legen die Taiwanesen noch mal eine Schippe drauf und spendieren ihren Topmodellen einen komplett neuen SyncDrive Pro-Antrieb. Wir verraten euch, was sich hinter dem Pro-Kürzel verbirgt und wie sich die neuen Bikes fahren lassen.
Die neue Generation des Giant Full-E+, die im Juni 2016 vorgestellt wurde, gefiel uns mit ihrem stimmigen Gesamtpaket und dem tollen Maestro-Hinterbau. Der Antriebsstrang auf Basis des Yamaha PW-Motors konnte jedoch weniger überzeugen und wirkte gegen die Konkurrenz von Bosch, Shimano und Brose etwas altbacken. Jetzt bekommen die Topmodelle des Giant Full-E+ einen neuen Antrieb verpasst, der auf der Hardware des Yamaha PW-X-Motors basiert.
Der SyncDrive Pro-Antrieb im Detail
Die Giant-Version des Yamaha PW-X hört auf den Namen SyncDrive Pro. Wie in der Vergangenheit wird bei Giant der Yamaha-Motor mit einem hauseigenen 500-Wh-Akku, Display und Bedienhebel kombiniert. Aber während Giant bisher nur leichte Eingriffe in die Motor-Software vorgenommen hat, wird beim SyncDrive Pro nun deutlich stärker in die Charakteristik des Yamaha-Motors eingegriffen. Das Ergebnis erinnert ein wenig an ein Chiptuning beim Auto: Die Software soll mehr Drehmoment und Leistung über ein breiteres Drehzahlband ermöglichen und den Motor damit für sportliche Fahrer optimieren.
Beim SyncDrive Pro kann der Fahrer zwischen fünf Unterstützungsstufen wählen, bei denen die Kraft des Fahrers um bis zu 360 % verstärkt wird. In allen Stufen liegt die Unterstützung über der des Serien-PW-X, der in der höchsten Stufe 320 % leistet. Das maximale Drehmoment von 80 Nm liegt dabei in allen Stufen an, beim PW-X steht dieses lediglich in der höchsten Stufe zur Verfügung, während in den anderen Stufen nur 70 Nm freigegeben werden. Die Unterstützung funktioniert beim SyncDrive Pro in den obersten drei Stufen bis zu einer Trittfrequenz von 120 rpm, in den verbleibenden zwei bis 110 rpm – auch hier setzt sich der Giant SyncDrive Pro vom Yamaha PW-X ab, der lediglich in der höchsten Stufe bis 120 rpm unterstützt.
Unterstützungsstufe | Unterstützung in % | Max. Trittfrequenz |
---|---|---|
Power | 360 % | 120 |
Sport | 300 % | 120 |
Active | 250 % | 120 |
Tour | 175 % | 110 |
Eco | 100 % | 110 |
Die Verwendung der kompakten PW-X-Hardware bringt jedoch neben der gestiegenen Leistung auch eine ganze Reihe weiterer Vorteile mit sich. Eine feinere Freilaufrasterung und doppelte Sperrklinken sorgen für ein schnelleres Ansprechverhalten und sollen ein direkteres Fahrgefühl ermöglichen. Der neue Motor spart außerdem satte 380 g Gewicht ein, ist 13 % kleiner und baut mit einem Q-Faktor von 168 mm ähnlich breit wie eine handelsübliche MTB-Kurbel. Der bisherige SyncDrive bleibt weiterhin im Programm und läuft künftig unter der Bezeichnung SyncDrive Sport.
Das neue Giant Full-E+ 0 SX Pro
Wir konnten den neuen Antrieb im Topmodell Full-E+ 0 SX Pro testen, das außer dem neuen Motor nur im Detail überarbeitet wurde. Die Ausstattung ist auf den gröberen Geländeeinsatz ausgelegt und lässt kaum Wünsche offen. Der SyncDrive Pro-Antrieb wird mit einer SRAM EX1-Schaltung kombiniert, das Fahrwerk besteht aus einer RockShox Lyrik RCT3 Dual Position Air mit 160 mm an der Front und einem RockShox Super Deluxe RC3 am Heck. Für die Verzögerung sorgt eine SRAM Guide RE, alle weiteren Anbauteile inkl. der Laufräder mit 35 mm Innenbreite stammen direkt von Giant. An unserem Testbike waren MAXXIS Minion 2.5 WT-Reifen montiert, in Serie wird das Bike jedoch mit MAXXIS Rekon in 2,6″ ausgeliefert, die zum Testzeitpunkt noch nicht verfügbar waren.
Ausstattung der neuen Modelle im Überblick
Der SyncDrive Pro kommt bis auf Weiteres in drei Full-E+ Modellen zum Einsatz. Während das Full-E+ 0 SX Pro mit einer 160er-Gabel aufwartet, müssen sich die verbleibenden Modelle mit 140 mm begnügen. Die neuen Modelle rollen ab Anfang März zu den Händlern. Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über die drei neuen E-MTBs:
GIANT FULL-E+ 0 SX Pro | GIANT FULL-E+ 0 Pro | GIANT FULL-E+ 1.5 Pro | |
---|---|---|---|
Federgabel | RockShox Lyrik RCT3 160 mm | FOX 34 Float Factory 140 mm | SR Suntour Aion 35 140 mm |
Dämpfer | RockShox SuperDeluxe RCT | FOX Float Factory DPS | SR Suntour UnAir |
Motor/ Akku | Giant SyncDrive Pro 500 Wh | Giant SyncDrive Pro 500 Wh | Giant SyncDrive Pro 500 Wh |
Bremsen | SRAM Guide RE | Shimano XT | Shimano BR-M506 / 407 |
Schaltung | SRAM EX1 | Shimano XT Shadow Plus | Shimano XT Shadow |
Sattelstütze | Giant Contact Switch SL Trail | Giant Contact Switch SL Trail | Tranz-X |
Vorbau | Giant Contact | Giant Contact | Giant Contact |
Lenker | Giant Contact DH 800 mm | Giant Connect TR 730 mm | Giant Connect TR 730 mm |
Reifen | MAXXIS Rekon 2,6″ | Schwalbe Nobby Nic 2,6″ | Schwalbe Rocket Ron 2,55″ |
Felgen / Naben | Giant GE35 / Giant eTracker Boost | Giant GE35 / Giant eTracker Boost | Giant GE35 / Giant eTracker Boost |
Preis | 5.999 € | 4.999 € | 3.899 € |
Fahreindruck des Giant Full-E+ 0 SX Pro 2018
Wir waren äußerst gespannt, ob der SyncDrive Pro in der Praxis mit seinem selbstbewussten Auftreten mithalten kann – um es kurz zu machen: Er kann! Der neue Motor liefert eine deutlich bessere Performance ab als sein Vorgänger und bestätigt damit unseren ersten Eindruck des Yamaha PW-X.
Bisher war die Unterstützung stark von der Trittfrequenz abhängig, mit dem neuen SyncDrive Pro gehört diese Schwäche der Vergangenheit an. Egal in welcher Trittfrequenz man sich aufhält, der Motor schiebt stets souverän an. Wie versprochen liefert der Antrieb bereits in den unteren Stufen jede Menge Power, sodass wir uns die meiste Zeit im Eco- oder Tour-Modus aufhielten. Die Leistungsentfaltung bleibt dennoch sehr natürlich und der verbesserte Freilauf sorgt für ein deutlich direkteres Ansprechverhalten. Dabei harmoniert der Motor sehr gut mit der SRAM EX1, die mit ihrer großen Bandbreite den richtigen Gang für jede Lebenslage parat hält.
Da die Leistung der untersten Unterstüzungsstufe deutlich gesteigert wurde, ist die erzielbare Reichweite leicht zurück gegangen. Dafür ist der Eco-Modus nun wirklich praxistauglich und im Gelände oft völlig aussreichend, was sich unterm Strich wieder positiv auf den Akkuverbrauch auswirkt. Erreicht man die maximale Trittfrequenz oder Höchstgeschwindigkeit, wird die Kraft des Motors sehr geschmeidig gedrosselt, was zum natürlichen Fahrgefühl beiträgt. Auf weniger technischen Trails sind wir in den oberen Unterstützungsstufen gefahren, die mit ihrer schier endlosen Power überzeugen konnten.
Doch ein E-MTB ist mehr als sein Motor und beim Full-E+ 0 SX Pro hat Giant sehr vieles richtig gemacht. Das Fahrwerk hatte auf unseren abwechslungsreichen Teststrecken auf Korsika einiges zu tun und ließ sich dabei nie aus der Ruhe bringen. Der Maestro-Hinterbau holt zwar nur 140 mm aus dem RockShox Super Deluxe, kann jedoch gut mit der 160-mm-Lyrik mithalten. Das Bike liegt damit satt auf der Strecke und überzeugt mit hervorragendem Handling. Durch die recht hohe Front steigt das Vorderrad in steilen technischen Anstiegen oft an, doch hier schafft die Dual Position Absenkung der Gabel abhilfe.
Die SRAM Guide RE beweist einmal mehr ihr Talent und lässt sich sehr gut dosieren. Der heimliche Star des Ausstattung-Ensembles war jedoch der MAXXIS Minion DHF 2.5, der mit endlosem Grip begeistern konnte, leider aber im Serienbike nicht verbaut wird. Das Display und die Bedieneinheit bleiben unverändert und sind nach wie vor nicht perfekt. Die hauseigene Sattelstütze tut ihren Dienst, bietet aber leider nur 125 mm Hub. Diese Kleinigkeiten hat man jedoch schnell vergessen, denn das Giant Full-E+ 0 SX Pro bietet ein überdurchschnittliches Gesamtpaket ohne echte Schwächen.
Fazit
Mit dem neuen Yamaha PW-X steht dem FULL-E+ endlich ein angemessenes Triebwerk zur Seite, welches das Bike hervorragend abrundet. Das Giant-Tuning sorgt für eine äußerst kraftvolle Leistungsentfaltung, die dabei jedoch stets sehr natürlich bleibt. Das Full-E+ 0 SX Pro überzeugt mit toller Ausstattung und klasse Handling. Wir sind gespannt, wie sich das Bike und der SyncDrive Pro in einem längeren Test schlagen werden.
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Words: Photos: Moritz Dittmar, Damien Rosso