Yeti ist einer der Spätstarter im E-Bike-Segment. Mit ihrem ersten E-MTB, dem Yeti 160E, wurde die MTB-Kultmarke aus den USA jedoch direkt Testsieger unseres großen E-Mountainbike-Vergleichstests 2022 und scheint somit alles richtig gemacht zu haben. Wir haben uns das Race-Bike des US-Mountainbike-Stars Richie Rude näher angesehen.

Bereits das Serienbike der US-Amerikaner kommt laut unserem großen Vergleichstest 2022 mit fast perfekter Ausstattung daher und bietet einen enorme Fahrperformance im Up- und Downhill, mit der sowohl Einsteiger als auch Profis glücklich werden. Deshalb waren wir sehr gespannt darauf, welche Änderungen ein Profi-Team für den Renneinsatz am Yeti 160E vornehmen würde.

Richie Rude

Richie Rude JR | Jahrgang: 1995 | Nationalität: USA | Team: Yeti Fox Factory Team | Größe: 1,82 m | Gewicht: 92 kg | Bike-Größe: M

Richie ist ein Kraftpaket von 92 kg mit sehr athletischem Fahrstil. Trotz seiner Größe von 1,82 m ist er seit Jahren auf einem M-Rahmen unterwegs. Er wurde 2022 Zweiter des Gesamtklassements der Enduro World Series, nachdem er sich zuvor bereits zweimal den Gesamtsieg der EWS als Werksfahrer des Yeti Fox Factory Teams sichern konnte. Beim letzten Rennen der E-Serie der EWS 2022 in Finale Ligure bestritt Richie seinen ersten Wettkampf auf einem E-Mountainbike und fuhr als Dritter aufs Podest. Durch einen Sturz auf einer der 12 Stages, von denen er vier gewinnen konnte, verlor er jedoch zu viel Zeit, um am Ende als Sieger das Rennen zu beenden.

Die Startzeiten der 12 Stages sind zur schnellen Kontrolle auf dem Oberrohr zu sehen.
Die Anspannung vor dem Start: Richie fährt bei der EWS-E in Finale Ligure sein erstes E-Mountainbike-Rennen.

Das Bike

Die Race-Bikes der großen Teams werden von ihren Sponsoren immer wieder als Produktträger für Neuentwicklungen genutzt, so auch das Yeti 160E von Richie. Neben den meist weniger spektakulären neuen Gummimischungen der Reifenhersteller, in diesem Fall von MAXXIS, fielen uns vor allem unbekannte FOX-Teile am Bike auf.

Ready to race: Das Yeti 160E in der typischen Race-Lackierung des kalifornischen Rennteams Yeti Fox Factory Team.

Cockpit und elektronisches Fahrwerk von FOX

Nach der Devise “ein leises Bike ist auch ein schnelles Bike” wurden die Züge ummantelt, um nerviges Klappern zu unterbinden.
Statt dem serienmäßigen Yeti Carbon-Lenker mit 800 mm Breite ist an Richies Bike ein Carbon E-Bar-Lenker von OneUp Components montiert, der auf 750 mm gekürzt wurde.
Der FOX Prototypen-Dämpfer ist mit der Aufschrift RAD (Racing Application Development) versehen, was darauf hindeutet, dass FOX hier ein neues Produkt unter realen Rennbedingungen testet.
Mit diesem Prototypen-Dreifach-Schalter kann Richie sein Fahrwerk während der Fahrt verändern. Genaue Details dazu wollten uns weder Richie noch FOX mitteilen.
Der OneUp Components-Lenker hat einen Rise von 35 mm. Der Lenkervorbau stammt ebenfalls von OneUp und ist 50 mm lang. Beim Serienbike ist ein Vorbau von Burgtec Enduro MK3 mit der gleichen Vorbaulänge verbaut. Im Gabelschaft steckt ein EDC-Tool von OneUp Components für kleinere Reparaturen während des Rennens.

FOX ist offensichtlich dabei, ein elektronisches Fahrwerk zu optimieren und mit Richie Rude als Testfahrer weiterzuentwickeln. Ob es sich um ein komplett neues Fahrwerk oder eine Weiterentwicklung des E-Live Valve handelt, können wir euch nicht verraten. Mit dem 2021 vorgestellten E-Live Valve hat FOX erstmals ein elektronisch geregeltes Fahrwerk für E-Mountainbikes vorgestellt. Die FOX E-Live Valve-Technologie passt die Druckstufendämpfung (Compression) von Federgabel und Dämpfer an die Gegebenheiten auf dem Trail an. An Richies Race-Bike fehlt zumindest die Kabelverbindung zur Druckstufenverstellung an der Gabel. Auch die Kabelverbindung zum Beschleunigungssensor an der Gabelkrone ist nicht mehr vorhanden. Dafür befinden sich jetzt zwei verräterische FOX-Sensoren an den Bremssattel-Aufnahmen. Die Anpassung der Druckstufe am E-Live Valve geschah bisher komplett automatisch, wobei zwischen zwei Einstellungen hin- und hergeschaltet wird: einer offenen und einer straffen Fahrwerkseinstellung. An Richies 160E befindet sich jedoch eine zusätzliche Fernbedienung am Lenker, zu dessen Funktion sich der EWS-Champion gegenüber uns nicht äußert. Wer sich genauer für die Funktionsweise interessiert, kann sich in unserem Artikel Das neue FOX E-Live Valve für E-MTBs im Test – Intelligentes Fahrwerk 2.0 schlau machen.

Statement zu den FOX-Produkten an Richie Rudes Yeti 160E: In dem Bestreben, kontinuierlich hochmoderne Fahrwerksprodukte zu entwickeln, testet FOX mit den besten Rennfahrern der Welt ständig Prototyp-Komponenten. Einige dieser Komponenten – oder Teile davon – schaffen es schließlich in die Produktion, viele von ihnen jedoch nicht. Das Testen unter realen Bedingungen ist ein entscheidender Teil unserer Arbeit, um herauszufinden, was am besten funktioniert – nicht nur für unsere professionellen Athleten, sondern letztlich für jeden Fahrer, der auf FOX-Produkte vertraut. Dieses Praxistest-Protokoll ist Teil unseres bewährten und langjährigen RAD-Programms (Racing Application Development).

FOX 38 Factory im Yeti Fox Factory Team-Design mit 170 mm Federweg. Richie fuhr die Gabel in Finale Ligure mit einem Druck von 125 psi.
Für die Verzögerung des Yeti 160E sorgen Shimano Saint-Bremsen mit 203-mm-Bremsscheiben vorne und hinten, während das Serienbike mit SRAM-Bremsen (v/h: 220 mm/200 mm) ausgestattet ist. Zu sehen ist ferner auf dem Bremssattel ein FOX-Sensor für das elektronische Fahrwerk.
Auch auf dem Bremssattel des Hinterrades befindet sich ein Sensor für das elektronische Fahrwerk.
Die elektrische Zusatzpower im Yeti 160E liefert der bewährte Shimano EP8-E-Bike-Motor.

Reifen, Felgen & Co.

Alle großen Reifenhersteller nutzen den Profi-Rennsport, um ihre Prototypen-Reifen zu testen. Die Taiwanesen von MAXXIS bilden da keine Ausnahme. Da das Reifenprofil an Richies Bike nicht neu zu sein scheint, dürfte es sich lediglich um eine andere Gummimischung handeln.
Am Hinterrad hat Richie einen MAXXIS Minion DHR II 2,5″ montiert, den er in Finale Ligure mit einem Druck von 27 psi fuhr. Sein Vorderradreifen MAXXIS ASSEGAI 2,5″ war mit 24 psi aufgepumpt.

Viele Infos zu MAXXIS-Reifen und unseren diesbezüglichen Empfehlungen findet ihr in unserem Mountainbike-Reifen-Test.

Stabile Laufräder aus Aluminium sind in ruppigem Gelände das A und O. Der DT Swiss EX 1700-Laufradsatz ist für den harten Enduro-Einsatz konzipiert und Richies Wahl. Wie fast alle Profi-Biker hat Richie Tire-Inserts im Vorder- und Hinterrad montiert, um Schäden an Felgen und Reifen zu minimieren. Bei ihm sind es die CushCore PRO Tire-Inserts.

Wer mehr über die Vor- und Nachteile der CushCore PRO Tire-Inserts erfahren möchte, dem empfehlen wir unseren Artikel CushCore PRO Tire-Insert im Dauertest – Starke Performance für starke Hände.

Sportliche E-Mountainbikes haben in der Regel kurze Kurbeln mit einer Länge von 160 bis 165 mm, um gefährliche Pedalaufsetzer zu minimieren. Das Yeti 160E wird serienmäßig mit einer 160-mm-Kurbel ausgeliefert. Wie fast alle Profi-Biker ist auch Richie mit Klickpedalen unterwegs. Seine Wahl sind die robusten Shimano SAINT.
Von Richies Sponsor Ergon kommt der Ergon SM Enduro-Sattel, der auf eine FOX Transfer-Sattelstütze geschraubt ist.

Der Erfolg hat viele Väter oder: Was über Sieg und Niederlage entscheidet

Das letzte Rennen der EWS-E in Finale Ligure stand ganz im Zeichen der dortigen Präsentation des neuen Bosch Performance Line CX Race-Motors, weshalb natürlich die alles dominierende Frage im Raum stand, welchen Einfluss der Motor auf Sieg und Niederlage hat. Die ersten fünf Plätze wurden von Bikern mit folgenden Motoren belegt: zweimal Bosch, Shimano, Specialized/Brose und Yamaha (in dieser Reihenfolge).

Wer sich für die vollständige Ergebnisliste interessiert, findet sie auf der Website der Enduro World Series.

Erfolg beim E-MTB Race:

  1. Skills des Fahrers
  2. Fitness und mentale Stärke des Fahrers
  3. Motor an dritter Stelle

Todd Schumlick

Richie Rude im Gespräch mit seinem Fitnesstrainer Todd Schumlick.

Nach dem Rennen trafen wir uns mit Richie und seinem Fitnesstrainer Todd Schumlick, um über die Wege zum Erfolg zu sprechen. Todd ist Direktor von PerformX und unterstützt eine Reihe von Mountainbike- (Downhill & Enduro), Motocross- und Action-Sport-Athleten mit seinen Online-Fitness-Kursen.

Das Ergebnis unseres Gesprächs lässt sich kurz zusammenfassen: Der Erfolg bei einem E-MTB-Rennen beruht in erster Linie auf den fahrtechnischen Skills des Bikers sowie seiner Fitness und mentalen Stärke. Der vermeintlich wichtige Motor kommt dabei erst an dritter Stelle.

Wir drücken Richie Rude für die kommende Saison die Daumen. Ihr könnt ihm auf Instagram unter richie_rude1 folgen.

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Words: Manne Schmitt Photos: Thomas Weiss