Bereit für ein urbanes Escape? Das SUV E-Bike ist voll im Trend, wird aber auch kritisch betrachtet. Dabei steckt in ihm ein ungeahntes Abenteuer-Potenzial. Wir haben das Specialized Turbo Tero X und das Riese & Müller Multitinker beladen und sind damit auf eine Overnighter-Gipfeltour rund um den Gardasee gestartet. Abenteuer, wir kommen!

Unter der Woche zuverlässiges Commuter-Bike, SUV E-Bike und Lastenesel, und am Wochenende dann die Transformation in einen Abenteuer-Buddy?

Von Montag bis Freitag bringen sie uns brav an unseren Arbeitsplatz und zum Sport oder sie transportieren Einkäufe und Kinder durch die City: Egal ob Commuter-, Cargo- oder Trekking-Bike, vollausgestattetes SUV E-Bike oder City-Bike mit Offroad-Bereifung – unter dem Begriff SUV-E-MTBs sammelt sich eine Vielzahl unterschiedlichster Bike-Konzepte, die unseren Alltag praktischer, gesünder, umweltfreundlicher und effektiver machen sollen. Als Lastenesel und Transportmittel zu Yoga-Sessions oder Business-Terminen sind sie vor allem eines: rational. Doch da geht noch mehr, beschlossen wir, und so haben wir uns das Riese & Müller Multinker und das Tero X geschnappt, um mit ihnen auf einen Overnighter in die Berge zu starten. Spoiler: SUV E-Bikes können nicht nur rational, sondern auch emotional und aufregend sein!

Ein Trekking-Bike und ein Cargo-Bike, voll beladen mit allem, was man für einen gediegenen Ausflug braucht. Übernachten, ohne jedes Gramm Gepäck abzuwiegen, und mitnehmen, wonach einem gerade ist. Wir haben die City von Riva verlassen und einen Selbstversuch in den Bergen im Hinterland des Gardasees gestartet. Mit zwei Rädern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. So ungewöhnlich wie die Idee war die Zusammensetzung der Teams.

Julian
Juli hat sein eigenes Dirtjump-Bike aus dicken Alurohren geschweißt und lässt mit seinem Fully keinen Gipfel aus. Hat er kein Rad zur Verfügung, erklimmt er Berge gerne über Klettersteige oder senkrecht an der Wand. Für diesen Ausflug hat er sich das Riese & Müller Multitinker geschnappt, um auszuprobieren, was so geht. Frei nach dem Motto „Man kann sich ja immer noch steigern!“

Riese & Müller Multinker

Riese & Müller Multitinker vario | Bosch 625 Wh | 80 mm (v) | 39,3 kg (Unisize) | 6.838,30 € | Hersteller-Website

Als kompaktes Longtail-Cargo-Bike mit massig Optionen für Zuladung, sowie Trekking-Bereifung auf wendigen 20” Laufrädern und gutem Komfort musste das Multitinker mit dem Bosch Performance Line CX-Motor einfach mit auf Tour. Normalerweise wird es als vielseitiger Auto-Ersatz für die ganze Familie genutzt. Unser Ausflug in die Berge war für das Cargo-Bike eine richtige Challenge! Dafür hat es sich sowohl bergauf als auch bergab erstaunlich gut geschlagen. Hut ab! Lediglich an unseren Beladungskünsten müssen wir noch arbeiten.

Antonia
Antonia fährt seit 2 Jahren Mountainbike und liebt das Springen im Bikepark mehr als die klassischen Downhill-Wurzeltrails. Sie ist für alle Outdoor-Aktivitäten zu haben und bringt die nötige Power für unseren Overnighter in den Bergen mit.

Specialized Tero X 6.0 eSUV 2023

Specialized Turbo Tero X 6.0 | Specialized U2 710 Wh | 130/120 (v/h) | 26,5 kg in Größe L | 6.200 € | Hersteller-Website

Im Gegensatz zum Riese & Müller Cargo-Bike Multitinker ist das Trekkingbike Turbo Tero X von Specialized wie die Mercedes G-Klasse absolut geländetauglich. Auch wenn das voll ausgestattete E-MTB speziell für den Alltagseinsatz entwickelt wurde, macht es vor Steinen und Wurzeln nicht halt. Der Heck-Gepäckträger mit seitlichen Schienen kann bis zu 20 kg Ladung aufnehmen und optional könnte man noch einen Frontkorb für weiter 10 kg Gepäck befestigen. Den hatten wir nicht dabei – dafür musste dann das Riese & Müller Multitinker den Löwenanteil des Gepäcks übernehmen.

Abenteuer mit Luxus-Equipment

Was haben wir nicht schon alles unternommen, um Abenteuer zu erleben und unsere Grenzen zu überwinden: Mountainbiken auf unsicheren Trails in Rio de Janeiro, Tauchen mit Haien auf den Burma Banks, Alpenüberquerungen im Schneesturm mit den Bikes auf dem Rücken. Und dann die absurde Idee, unsere für den urbanen Einsatz entwickelten SUV E-Bikes à la Transformers in Offroad-Warriors umzuwandeln? Egal, Hauptsache raus aus der Stadt, den Alltag hinter sich lassen und mal wieder die eigenen Grenzen testen. Betrachtet man die riesigen Taschen des Riese & Müller Multitinker, liegt so ein Übernachtungsausflug eigentlich auf der Hand. Schließlich muss ja noch mehr gehen, als nur Kinder oder die Einkäufe durch die Stadt zu kutschieren. Ob’s funktioniert, wird sich später herausstellen. Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 200 kg kann man auch mal aus dem Vollen schöpfen: riesiges Zelt, Campingstühle und Tisch, Übernachtungszeugs sowie Kaffeekocher, Porzellan – und natürlich darf der Aperol zum Sundowner auch nicht fehlen.

Mit 60 Kilogramm Zusatzgepäck in die Berge? Geht doch!

Nicht erreichte Gipfel und andere Höhepunkte

Voll beladen mit Ausrüstung, die man nicht unbedingt zum Übernachten braucht, aber in unserem Fall nicht missen möchte, starten wir unsere Tour. Mit einem SUV E-Bike in die Berge zu fahren, erfordert jede Menge Ausdauer und Durchhaltevermögen. Aber sind es nicht diese Eigenschaften, die man bei einem Abenteuer erwartet? Schließlich sind Abenteuer nichts anderes als neue Erfahrungen, die mit Ungewissheit, Risiko und Vorfreude verbunden sind. Man entdeckt neue Orte, überwindet seine eigenen Grenzen – und die des mitgeführten Materials. Körperliche Herausforderung und Adrenalin inklusive.

Zusammenfassend betrachtet, kann man sagen: Es geht alles besser als erwartet. Das Gepäck drückt auf das Hinterrad des Multitinker und sorgt für die nötige Traktion – so wie früher der Zementsack im Daimler mit Heckantrieb auf glatten Straßen. Auch der Akku hält gut durch und zieht bergauf – mit so viel Gepäck, besser als erwartet. Ein wenig muss auch geschoben werden, was dank der integrierten Schiebehilfe zu bewältigen ist. Dennoch scheitern unsere Pläne: Der ursprünglich angepeilte Gipfel entpuppt sich als zu steil, zu windig und unwegsam. Aber egal, um Höhen-Rekorde zu brechen, sind wir heute nicht unterwegs. Plan A gekippt, aber darum geht’s auch nicht. Wir finden einen anderen Hügel und setzten Plan B um: Nehmen, wie’s kommt! Statt krampfhaft nach Alternativen und dem Mega-Instagram-Fotospot zu suchen, schlagen wir unser Zelt dort auf, wo es sich eben anbietet. Jetzt bewähren sich die Unmengen an Gepäckstücken, die schon auf unserem Weg aus der Stadt für Aufsehen gesorgt haben. Das Zelt ist schnell aufgebaut, bzw. aufgeblasen und bietet großzügig Platz für 3–4 Personen, die Campingstühle sorgen erst für Puzzle-, dann für Glamping-Feeling, und auch sonst sind wir gut aufgestellt. Eine Mega-Aussicht und der mitgebrachte Aperol samt Eiswürfeln aus echten Gläsern, gepaart mit einem bilderbuchmäßigen Sonnenuntergang, entschädigen für den Aufstieg. Kurzum, wir haben alles dabei, um unser karges Bergcamp zum Luxusresort umzufunktionieren.

Zugegeben – wir haben das Gepäckvolumen leicht übertrieben: Die Taschen, vor allem beim Cargo-Bike, waren dann doch zu vollgepackt und die beim Tero X nicht richtig von uns gefixt und sind immer hin- und hergerutscht. Das nächste Mal würden wir etwas gleichmäßiger beladen und nicht alles einfach random auf das SUV E-Bike werfen, was man irgendwie gebrauchen kann. Aber was bleibt, ist das Gefühl, mal wieder etwas Neues ausprobiert zu haben. Und das mit Bikes, die man in erster Linie nicht hier vermuten würde, die sich aber hinterher als zuverlässige Gefährten bewährt haben.

Bikepacking mit SUV-E-Bike mal anders, mit Fokus auf die Ausrüstung und nicht auf die Performance. Drei Erkenntnisse haben wir bei diesem Ausflug in die Berge mitgenommen. Erstens: Hab den Mut, eigene Ideen umzusetzen und Grenzen zu sprengen, die von Produkten vorgegeben werden. Zweitens: Unterschätze niemals dein Bike – es hat mehr Abenteuer-Potenzial, als du denkst. Und drittens: Genieß die Aussicht, den Sonnenuntergang und vergiss die Eiswürfel für den Aperol nicht!


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Words: Susanne Feddersen Photos: Peter Walker

Über den Autor

Susanne Feddersen

Mit ihrem Background als Texterin und Konzeptionerin bei renommierten Werbeagenturen, als Leiterin der Stuttgarter Texterschule und ehemalige Produkt-Marketing-Managerin bei Ferrero ist klar: Susannes Leidenschaft gehört der Kommunikation! Zudem ist sie ein Organisationstalent. Selbst im größten Trubel behält sie den Überblick und unterstützt so vor allem unser Leadership-Team bei der Umsetzung zahlreicher Projekte und der Koordination von Marketing-Kampagnen. Susanne ist langjährige Mountainbikerin und steigt gerade aufs E-Bike um – ihre ganze Familie übrigens auch!