Anfang des Jahres hat das neue Specialized Levo SL wie eine Bombe eingeschlagen und nicht nur unsere Sichtweise auf E-Mountainbiken, sondern vor allem auf Trail-Bikes ohne Motor grundlegend verändert. Kann das Specialized Levo SL Expert mit seinem exklusiven 35 Nm leistenden Motor mit den FAZUA-Bikes mithalten?
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2020 – 3 super leichte E-Bikes im Vergleichstest
Seit der ersten Generation des Levo hat Specialized bewiesen: In Sachen Integration des Systems rund um den Motor und die digitale User-Experience sind die Kalifornier allen anderen immer einen Schritt voraus. So auch beim 8.699 € teuren Specialized Levo SL Expert, in dem der Specialized SL 1.1-Motor werkelt, der sonst nur noch im E-Rennrad Specialized Turbo Creo zum Einsatz kommt und in Zusammenarbeit mit Mahle entwickelt wurde. Der kompakte und leichte Mittelmotor zieht seinen Saft aus einem 320-Wh-Akku, der fest im Unterrohr verbaut ist. Ein optionaler 160 Wh Range-Extender (400 €) findet während der Fahrt im Flaschenhalter Platz. Typisch Specialized thront die Turbo Connect Unit im Oberrohr des Carbon-Rahmens, sodass das Levo SL wahlweise ganz ohne, mit minimalistischer-Remote oder mit einem zusätzlichen Display im Cockpit ausgestattet werden kann. Auch wenn das erst kürzlich lancierte Firmware-Update die Fahr-Performance der FAZUA-Motoren in den Bikes der Konkurrenten deutlich verbessert hat, so ist die gesamte User-Experience rund um das Specialized-Ökosystem nochmals auf einem ganz anderen Niveau. Mit 150 mm Federweg liegt das Levo SL auf einem Level mit der Konkurrenz, setzt aber als einziges Bike auf große 29”-Laufräder.
Ausstattung, Gewicht und technische Daten des Specialized Levo SL Expert
Betrachtet man die Ausstattungsliste des Specialized Levos SL Expert isoliert, stellt sich die Frage: Warum kostet es 2.700 € mehr als NOX oder Lapierre? Die Carbon-Felgen des hauseigenen Roval Traverse Carbon-Laufradsatzes allein können nicht der Grund sein. Zumal am Hinterrad eine schwere und günstige DT-Swiss 370er-Nabe montiert ist. An einem Bike jenseits der 8.000 € erwarten wir uns hochwertigere Komponenten. Generell stellt Specialized Gewicht vor Performance und spart bei der Bremse und Federgabel am falschen Ende. Vor allem da die SRAM G2 RSC-Bremse hinten nur mit einer kleinen 180-mm-Bremsscheibe kombiniert wird und so auf längeren Abfahrten schnell zu heiß wird. Beim Fahrwerk setzt Specialized auf eine FOX 34 Performance-Federgabel anstelle einer steiferen und potenteren 36er wie beim Lapierre. Positiv dagegen: Am FLOAT DPS Performance-Dämpfer lässt sich – im Gegensatz zum Lapierre – die Druckstufe im Open-Modus noch einmal in drei Schritten feinjustieren.
Specialized Turbo Levo SL Expert
8.699 €
Ausstattung
Motor Specialized SL 1.1 35 Nm
Akku Specialized SL1-320 320 Wh
Display Specialized TCU
Federgabel FOX 34 Performance 150 mm
Dämpfer FOX DPS Performance 150 mm
Sattelstütze X-Fushion Manic 125 - 170 mm
Bremsen SRAM G2 RSC 200/180 mm
Schaltung SRAM GX Eagle 1x12
Vorbau Specialized Trail 40 mm
Lenker Specialized Trail 780 mm
Laufradsatz Roval Traverse Carbon 29"
Reifen Specialized Butcher/Eliminator GRID 2,3"
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 17,7 kg
Zul. Gesamtgewicht 130 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 112 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Besonderheiten
optionaler Range Extender (400 €)
SWAT-Multitool im Steuerrohr
Geometrie und Größe des Specialized Levo SL
Obwohl das Levo SL das jüngste Bike im Test ist, ist die Geometrie des 29ers im Vergleich zu NOX und Lapierre eher konservativ. Mit einem Reach von 455 mm (Größe L) ist es mit Abstand das kürzeste Bike im Test. Auch der Sitzwinkel ist, ebenso wie beim Lapierre, auf der flachen Seite. Mit einem Flip-Chip lässt sich die Geometrie minimal an die persönlichen Vorlieben anpassen. Wir bevorzugen und empfehlen das flache Setup. Im Vergleich zu der beschränkten Auswahl der anderen Bikes im Test gibt es das Levo SL in vier Rahmengrößen von S bis XL.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 390 mm | 410 mm | 455 mm | 505 mm |
Oberrohr | 574 mm | 597 mm | 629 mm | 663 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 95 mm | 125 mm | 140 mm |
Lenkwinkel | 66,0° | 66,0° | 66,0° | 66,0° |
Sitzwinkel | 75,3° | 75,0° | 74,6° | 74,2° |
Kettenstrebe | 437 mm | 437 mm | 437 mm | 437 mm |
BB Drop | 27 mm | 27 mm | 27 mm | 27 mm |
Radstand | 1.165 mm | 1.185 mm | 1.217 mm | 1.248 mm |
Reach | 415 mm | 435 mm | 455 mm | 480 mm |
Stack | 606 mm | 606 mm | 633 mm | 647 mm |
Die Integration und User-Experience des Levo SL ist Next Level. Da kann sich FAZUA noch eine Scheibe davon abschneiden.
Das Specialized Levo SL Expert im Test
Die Sitzposition auf dem Specialized Levo SL fällt in der Ebene ähnlich komfortabel aus wie beim Lapierre. Lange Touren können kommen! Im Gegensatz zum Franzosen sackt das Heck aber auch bei steileren Rampen nicht so stark ein. Man pedaliert zwar noch immer leicht von hinten, doch das lässt sich durch Vorschieben des Sattels und Zuschalten der Dämpfungsplattform gut kompensieren. Auf technischen Anstiegen kommt das Levo SL besser zurecht als das Lapierre, kann aber nicht mit dem NOX mithalten, bei dem die Kombination aus Sitzposition und stärkerem Motor klare Vorteile bietet. Der Specialized SL 1.1-Motor erfordert im direkten Vergleich mehr Körpereinsatz, um seine Kraft zu entfalten. Dadurch fühlt sich das Levo SL noch natürlicher an – und zwar in allen Unterstützungsstufen. Auch die Front möchte im Steilen aktiver belastet werden als beim NOX, um das Vorderrad auf dem Boden zu halten. Statt Hindernisse zu überrollen schlängelt sich das Levo SL aber auch bergauf leichtfüßiger um Hindernisse als die beiden Konkurrenten.
Im Downhill findet das Levo SL genau den richtigen Kompromiss zwischen Laufruhe und Agilität. So ist es super intuitiv und leicht zu manövrieren, lässt sich ohne Probleme durch Kurven zirkeln oder durch ein Steinfeld jagen. Dabei ist das Fahrwerk eher auf der plushen, schluckfreudigen Seite abgestimmt, und generiert so viel Traktion, sogar am flach profilierten 2,3” Specialized Eliminator-Hinterreifen. Wie das Lapierre benötigt es für ganz aktive Fahrmanöver und Sprünge etwas mehr Nachdruck, lässt sich aber dennoch ohne Mühen in die Luft ziehen oder in einen Anlieger drücken. Ebenfalls ähnlich wie beim Lapierre flexen auch der Hinterbau und die Gabel des Levo SL ordentlich, wenn es unsere schwersten Testfahrer mit Druck in einen Anlieger fahren. Beim Levo SL lockern sich dabei relativ schnell die obere Dämpferaufnahmen sowie das Hauptlager des Hinterbaus, sodass die Schrauben regelmäßig kontrolliert werden müssen. Auch die Bremse hat unseren schwereren Testern auf langen steilen Abfahrten nur wenig entgegenzusetzen. Davon abgesehen kann das Levo SL Expert beim normalen Trail-Einsatz in jeder Fahrsituation überzeugen.
Tuning-Tipp: Sattel ganz vorschieben | 200-mm-Bremsscheibe hinten montieren | Griffe | Schraubensicherungslack am Hinterbau
Fazit
Betrachtet man nur die Ausstattungsliste und den von Specialized aufgerufenen Preis für das Levo SL Expert, so ist dieser heftig. Was aber am Ende auf dem Trail zählt, ist die Fahr-Performance. Und hier kann das Levo SL Expert begeistern. Es punktet mit dem natürlichsten Fahrgefühl und dem besten Handling bergauf wie bergab. Während Lapierre und NOX sich entweder bergauf oder bergab Schwächen leisten, punktet das Specialized in allen Belangen. Auch die Integration und User-Experience des Motors sind noch immer unerreicht. Trotz kleiner Unstimmigkeiten bei der Wahl der Komponenten sichert sich das Rad so den begehrten Testsieg!
Tops
- Integration und User-Experience des SL 1.1-Motors
- intuitives und spaßiges Handling
- natürliche Motorcharakteristik
Flops
- schwache Bremse
- wartungsintensiver Hinterbau
Mehr Informationen findet ihr unter specialized.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2020 – 3 super leichte E-Bikes im Vergleichstest
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Words: Photos: Christoph Bayer