P wie Panasonic und Pionier. Die Japaner zählen – das wissen die wenigsten – zu den wahren E-Bike-Motor-Pionieren. Auf dem Papier ist der Panasonic GX Ultimate mit 95 Nm Drehmoment der stärkste Motor im Testfeld und lässt ordentlich die Muskeln spielen. Ob er aber auch abseits der Hantelbank überzeugen kann?

Dieser Test ist Teil unseres großen E-Bike-Motoren-Vergleichstest. Einen Überblick über alle 13 von uns getesteten Motorensysteme, spannende Hintergrundinfos und eine Kaufberatung, worauf ihr beim E-MTB-Kauf achten solltet, erhaltet ihr hier!

Panasonic GX Ultimate | 95 Nm | 2,95 kg | Hersteller-Website

Auch wenn es den wenigsten bekannt sein mag, Panasonic gehört zu den ältesten Herstellern von E-Bike-Motoren. Was immer wieder verwundert, weil man Panasonic doch eher von Flatscreens im Elektrogeschäft kennt. Die Motoren haben sich auf dem europäischen und amerikanischen Markt auch nie so wirklich in der breiten Masse durchgesetzt, weshalb die E-Antriebe von Panasonic immer noch einen gewissen Underdog-Status haben. 2021 wurde der Panasonic GX Ultimate-Motor vorgestellt und ist seitdem das Flaggschiff im Portfolio. Mit 95 Nm Drehmoment stellt er nicht nur alle anderen Motoren von Panasonic in den Schatten, sondern lässt auch die versammelte Konkurrenz in unserem Vergleichstest alt aussehen. Mit der ZEG-Gruppe hat Panasonic auf dem europäischen Markt einen starken Partner gefunden. Deshalb wird der Panasonic GX Ultimate-Motor auch hauptsächlich in Bikes von Hercules, BULLS und FLYER verbaut. Hier dann allerdings in einer ganzen Reihe von Bikes, vom Trekking-Bike bis zum sportlichen E-MTB. Zusätzlich wird der Motor dann auch mit der gesamten Integrations-Palette der Firma FIT kombiniert, die Akku, Remote und Display beisteuert. Bei Problemen mit dem Motorsystem kann man auf das Service-Netzwerk von FIT zurückgreifen, denn Panasonic unterhält nicht nur gute Beziehungen zu FIT, sondern ist direkt Key-Partner.

Das Panasonic GX Ultimate-Motorsystem im Detail – Discopumper oder Kraftpaket?

Der Panasonic GX Ultimate ist der Bodybuilder im Motor-Testfeld, denn durch ein Leistungsupgrade von Motor-System-Integrator FIT erreicht er 95 Nm Drehmoment statt der 90 Nm in Serie und setzt sich unangefochten die Drehmoment-Krone im Test auf. Trotz der schieren Kraft sticht der Panasonic-Motor in puncto Gewicht mit 2,95 kg nicht negativ aus der Masse an Full-Power-Motoren heraus. So hält er sich mit dem Brose Drive S Mag die Waage und ist nur rund 150 g schwerer als der Platzhirsch Bosch Performance Line CX Race.
Die Japaner von Panasonic lassen den Bike-Herstellern bewusst die Möglichkeit, auf Akkus und Anbauteile von Drittanbietern zurückzugreifen. Hier bieten Hersteller wie Simplo, BMZ oder FIT eine Auswahl an verschiedenen Akkugrößen.
Ein Großteil der Bike-Hersteller setzt auf Anbauteile von Systemintegrator FIT, der das Motorsystem mit verschiedenen Remotes und Displays ausstattet. Am Vorbau kann das FIT Display Compact in die dafür vorgesehene Halterung eingeklickt und bei Bedarf auch einfach gegen das größere FIT Display Comfort getauscht werden. Durch die exponierte Halterung vor dem Vorbau sind alle Displays vor allem bei einem Sturz ungünstig platziert. Die recht klobige FIT Basic Remote am Lenker ist mit ihrem kleinen Joystick in der Bedienung etwas gewöhnungsbedürftig. Anspruchsvoll wird es, wenn man versucht, auf unebenen Untergründen oder auf dem Trail die Remote mit dem Joystick zu bedienen. Ebenfalls ungewohnt bei der ersten Bedienung ist das Vibrationsfeedback beim Tastendruck der Remote, wodurch man aber gut merkt, dass eine Verstellung vorgenommen wurde. Wer sich mit der Vibration nicht anfreunden kann – sie lässt sich auch ausschalten. Alternativ zum Angebot von Drittanbietern wie FIT hat Panasonic auch eine eigene Remote im Angebot. Die Panasonic Side Colour Display-Remote-Kombi vereint Display und Remote in einem Bauteil, das am Lenker befestigt wird.

Durch die exponierte Halterung vor dem Vorbau führen die Displays bei einem Sturz ein gefährliches Leben.
Das Compact Display von Systemintegrator FIT kann bei Bedarf einfach gegen das größere FIT Display Comfort getauscht werden.
Die FIT Basic Remote am Lenker fällt recht klobig aus, und die Bedienung durch den Joystick ist etwas gewöhnungsbedürftig.

Um sich mit dem Panasonic GX Ultimate-Motor zu verbinden und Individualisierungen vorzunehmen, muss man auf die FIT E-Bike Control-App zurückgreifen, denn Panasonic bietet keine eigene App für das Motorsystem an. Sofern das Bike mit einem FIT-Display ausgestattet ist, lassen sich Anordnung und Erscheinung des Displays auf eigene Bedürfnisse anpassen. Bei aktivierter Navigation, die direkt über die App geplant werden kann, werden am Display Abbiegehinweise in Form von Pfeilen und Meterangaben angezeigt. Auf der Karte in der App kann man sich die Reichweite des Motorsystems in den unterschiedlichen Fahrmodi ansehen. Die Möglichkeit, die Motoreinstellungen an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, war zu unserem Testzeitpunkt noch nicht möglich, soll aber bald folgen. Alternativ lassen sich alle Fahrmodi Eco, STD und Auto, nicht jedoch High, direkt am Display anpassen. Diese Einstellung ist aber nicht mit der feinen Abstimmung in der App wie z. B. bei Bosch vergleichbar. Über die App lässt sich die letzte bekannte Position des E-Bikes anzeigen, leider wird der Standort nur aktualisiert, solange das Motorsystem eingeschaltet ist, und eignet sich deshalb nicht wirklich als Diebstahlschutz. Ein richtiger Bewegungsalarmdienst, der eine Verfolgung per GPS auch bei ausgeschaltetem Motorsystem zulässt, funktioniert nur mit dem FIT E-Bike Tracker, der nachgerüstet werden muss.

Über die farblich gekennzeichneten Ringe kann man die ungefähre Reichweite des jeweiligen Fahrmodi erkennen.
Bei aktivierter Navigation in der App werden am Display Abbiegehinweise in Form von Pfeilen und Meterangaben eingeblendet.

Das Panasonic GX Ultimate-Motorsystem im Test – Brachiale Power

Am Panasonic GX Ultimate stehen euch insgesamt vier Unterstützungsstufen zur Verfügung. Neben den drei klassischen Modi Eco, STD und High gibt es einen dynamischen Automatik-Modus (Auto), der die Unterstützung an die jeweilige Fahrsituation anpasst. Der dynamische Automatikmodus agiert in der Ebene etwas abrupt und unnatürlich, ist dafür aber auf Uphill-Trails in seinem Element. Hier gibt er die Pedalkraft noch etwas exakter und sensibler weiter als der stärkste Modus, und die viele Power lässt sich etwas einfacher beherrschen, kann aber mit der Feinfühligkeit des Bosch eMTB-Modus nicht mithalten. Im höchsten Fahrmodus High schiebt der Panasonic-Motor ordentlich an. Auch bei niedriger Trittfrequenz unterstützt er kräftig und sorgt auf Forststraßen für Shuttle-Feeling. Das hat sich nicht nur in der Praxis, sondern auch in unserem Labortest beim Prüfinstitut Velotech gezeigt. Die mechanische Leistung steigt schnell an, und auch seine maximale Leistung erreicht der Panasonic GX Ultimate bereits bei einer niedrigen Trittfrequenz und einer Fahrerleistung, die auch wenig trainierte Rider im Sitzen mit geringer Anstrengung erreichen können.

Allerdings haben vor allem Einsteiger beim Panasonic-Motor mit einer etwas unsanften Motorabstimmung zu kämpfen. Durch das direkte Ansprechverhalten in der höchsten Unterstützungsstufe ist der GX Ultimate deutlich stürmischer und schwerer zu kontrollieren als der Bosch Performance Line CX oder der GIANT SyncDrive Pro2 in jeweils der höchsten Fahrstufe. Auch an der 25-km/h-Grenze ist das Aussetzen des Motors deutlich spürbar und es wirkt, als würde der Motor einfach abschalten statt langsam auszufaden. Erfahrene Biker machen sich den langen Nachlauf im technischen Uphill zu Nutze, mit dem man sich recht entspannt über Stufen oder sonstige Hindernisse drüberschieben lassen kann. Allerdings muss man zum plötzlichen Anhalten auch ordentlich gegenbremsen, um nicht weitergeschoben zu werden. Mit seiner von Haus aus sehr stürmischen Abstimmung und dem starken langen Nachlauf könnte der Motor gut eine Anpassung der Fahrmodi via App vertragen, was ihn mit einer weniger vehementen Abstimmung für eine breitere Masse tauglich machen würde.

Fazit

Der Panasonic GX Ultimate überzeugt mit viel Kraft, ihm fehlt es aber etwas an Feinschliff in der Motorabstimmung. Erfahrene Biker schaffen es, den Panasonic-Motor im Zaum zu halten, Einsteiger sind hingegen schnell überfordert. Gerade für letztere wäre eine Einstellung der Motorcharakteristik über die App mit Sicherheit sinnvoll. Hier offenbart der Panasonic GX Ultimate noch einige Schwächen, und auch in Sachen Connectivity fährt ihm die Konkurrenz davon.

Tops

  • sorgt für Shuttle-Feeling im Uphill

Flops

  • stürmische Motorcharakteristik
  • Kraft lässt sich schwer kontrollieren

Für mehr Informationen besucht panasonic.eu


Das Testfeld

Einen Überblick über unseren großen E-Bike-Motoren-Vergleichstest erhaltet ihr hier

Alle Motoren im Test: Bosch Performance Line CX | Bosch Performance Line CX Race (zum Test) | Bosch Performance Line SX (zum Test) | Brose Drive S Mag (zum Test) | FAZUA Ride 60 (zum Test) | GIANT SyncDrive Pro2 (zum Test) | Panasonic GX Ultimate | Pinion MGU E1.12 (zum Test) | Shimano EP801 (zum Test) | Specialized SL 1.2 (zum Test) | Specialized 2.2 (zum Test) | TQ HPR 50 (zum Test) | Yamaha PW-X3 (zum Test)


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Words: Felix Rauch, Mike Hunger Photos: Diverse