Bei Brose ist der Bike-Hersteller der Star! Hoch individualisierbar und offen für Drittanbieterlösungen ist der 2018 vorgestellte Brose Drive S Mag nach wie vor ein interessanter Motor und mit einem Unterstützungsverhältnis von bis zu 410 % ein richtiges Kraftpaket. Wir sagen euch, was der Motor im Vergleich zu Bosch CX Race und Specialized Turbo 2.2 kann und was die Brose-Zukunft bringt!

Dieser Test ist Teil unseres großen E-Bike-Motoren-Vergleichstest. Einen Überblick über alle 13 von uns getesteten Motorensysteme, spannende Hintergrundinfos und eine Kaufberatung, worauf ihr beim E-MTB-Kauf achten solltet, erhaltet ihr hier!

Brose Drive S Mag | 90 Nm | 2,98 kg | Hersteller-Website

„Hoffentlich hält der Motor.“ So oder ähnlich denken wohl viele E-Mountainbiker über ihren Brose Drive S Mag. Mit gutem Grund, denn Kunden, die 2018 direkt auf den damals neu erschienenen Brose Drive S Mag aufgesprungen sind, mussten einiges mitmachen. Von häufigen Problemen mit dem internen Riemen war zu lesen – ein Fluch, aber auch ein Segen des Motors. Denn dieser ist für die geringe Geräuschkulisse und das Fahrgefühl des Motors im positiven Sinne mitverantwortlich – auf der anderen Seite bereitete er aber auch Probleme. Der Brose-Motor wurde seitdem leicht mechanisch überarbeitet und die Software nachgebessert, entsprechend wurden die technischen Probleme weniger. Entwickelt wurde der Brose Drive S Mag für den Einsatz an E-Mountainbikes, er findet aber auch im urbanen Bereich Anwendung. Specialized ist einer der größten Abnehmer und hat den Specialized 2.2-Motor – den wir ebenfalls getestet haben – in Zusammenarbeit mit Brose basierend auf dem Drive S Mag entwickelt. Auf der EUROBIKE 2023 wurde für das Modelljahr 2024 der neue Drive³ Peak-Motor vorgestellt, der mit vielen technischen Neuerungen aufwartet. Das System setzt auf 48 V statt 36 V, schafft den Riemen ab und die Kraftübertragung vom Elektromotor auf die Kurbel erfolgt durch ein Getriebe statt Riemen. Doch damit wird der Drive S Mag nicht automatisch zum Auslaufmodell und bleibt weiterhin im Portfolio von Brose bestehen.
In puncto Service ist man am besten damit bedient, sich an den jeweiligen Fahrradhändler zu wenden, der Bike-Marken mit Brose E-Bike-Motoren im Programm hat. Der E-Bike-Integrationsriese FIT, der zum Teil auch Hardware rund um den Brose-Motor bereitstellt, ist eine mögliche Anlaufstelle. Neben FIT werden auch andere Fachhändler von Brose geschult.

Das Brose Drive S Mag Motorsystem im Detail – Maximale Variabilität für den Hersteller?

Der Brose Drive S Mag kommt bullig daher und der Tretlagerbereich rund um den Motor fällt recht klobig aus, was dem Motor eine eher altmodische Optik beschert. Das Gehäuse des Antriebs gibt es in zwei Varianten, mit jeweils unterschiedlichen Montagepunkten, um den Bike-Herstellern maximale Flexibilität bei der Integration in den Rahmen zu bieten. Im Inneren des Magnesiumgehäuses wird die Motorkraft mit einem System aus Riemenantrieb und doppeltem Klemmkörperfreilauf übertragen. Dadurch ist kein Tretwiderstand beim Pedalieren ohne Motorunterstützung spürbar und man kann das Bike auch im Falle eines leeren Akkus noch relativ entspannt nach Hause treten. Mit 90 Nm Drehmoment gehört er zu den Kraftpaketen im Testfeld und übertrumpft mit einem Unterstützungsverhältnis von 410 % sogar den Bosch Performance Line CX Race. Mit seinen 2,98 kg bringt der Brose E-Bike Motor nur unwesentlich mehr auf die Waage als der Bosch Performance Line CX oder der Panasonic GX Ultimate. Der Bosch Performance Line CX in der Race-Limited-Variante ist rund 200 g leichter als der Brose Drive S Mag.

Seit 2019 bietet Brose den Bike-Herstellern ein Komplettsystem aus Brose Drive S Mag-Motor, 630-Wh-Akku, verschiedenen Display- und Remote-Optionen und Geschwindigkeitssensor an. Der Stromspeicher fällt recht groß aus und lässt sich aufgrund der eckigen Bauform schlecht in ein rundes Unterrohr integrieren. In Sachen Gewicht muss er sich dem vergleichbaren Bosch PowerTube 625 Akku mit 625 Wh geschlagen geben. Bei den Displays und Remotes kann der Bike-Hersteller aus minimalistischen LED-Lösungen bis hin zum großen, zentral am Cockpit angebrachten Display mit zusätzlicher Daumen-Remote auswählen. Die wohl gängigste Display/Remote-Kombination ist das Brose Display Allround, das die wichtigsten Informationen wie den Akkustand in 20-%-Schritten, Geschwindigkeit oder die gewählte Unterstützungsstufe anzeigt. Es ist direkt mit der Remote kombiniert und kann links oder rechts am Lenker montiert werden – praktisch! Leider sind die Tasten vor allem während des Fahrens schwer zu erreichen. Durch ein deutliches Klicken und gutes haptisches Feedback der Tasten merkt man zumindest, wann ein Befehl angenommen wurde. Das Display leidet darunter, dass es stark spiegelt. Dreht man es so, dass der Spiegeleffekt reduziert ist, lassen sich dafür dann die Knöpfe noch schwerer erreichen. Alternativ hat Brose auch noch das große Display Central im Programm, das zentral am Lenker befestigt wird. Die schlanke Brose Display Remote kann entweder als Bedienung für das Central-Display oder auch einzeln ohne Display genutzt werden. Hier sind die Lösungen des Specialized Turbo 2.2 deutlich besser. Brose lässt dem Bike-Hersteller die Möglichkeit, auf Komponenten wie z. B. Akku, Display oder Remote von Drittanbietern zurückzugreifen. Das gibt den Herstellern große Freiheit bei der Integration, stellt sie bei Service-Fällen möglicherweise aber vor Herausforderungen, da die Verantwortung zwischen den verschiedenen Zulieferern hin und her gespielt werden kann.

Das Brose Display Allround vereint Display und Remote in einem Bauteil und zeigt die wichtigsten Informationen wie Akkustand, Geschwindigkeit oder Unterstützungsstufe an.
Die Tasten überzeugen zwar mit einem guten Feedback, sind aber vor allem während des Fahrens schwer zu erreichen.

Für Nutzer des kompletten Brose-Motorsystems inklusive Akku, Remote und Display hat Brose eine eigene App entwickelt, alle anderen können die App nicht nutzen. Wie bei den meisten anderen Motoren im Test, lassen sich die Unterstützungsstufen in der Brose E-Bike App auf eigene Vorlieben anpassen. Jedoch ist die Anpassung wenig durchdacht und die Modi können nach Belieben und ohne jede Limitierung bearbeitet werden. So lässt sich z. B. der Eco-Modus zum kraftvollen Turbo umpolen. Die Anpassung erfolgt auch nur mit einem Regler pro Unterstützungsstufe, der von 0 bis 100 positioniert werden kann. Hier geht Specialized ebenfalls deutlich mehr ins Detail und erlaubt es, drei Parameter pro Unterstützungsstufe einzustellen – und dort lassen sich wirklich coole Settings finden! Auch in Sachen Navigation haben die Apps anderer Hersteller die Nase vorn. Eine Navigation über die App ist zwar möglich, allerdings bekommt man keine Routenanweisungen auf das Display geschickt und muss immer wieder das Smartphone aus der Tasche holen, um nach dem richtigen Weg zu schauen. Wie bei älteren Autos schwankt die Restreichweite bei Brose teilweise stark, da die Berechnung derzeit auf Basis von Momentan-Verbrauchswerten anstatt von Durchschnittswerten stattfindet.

Bei aktivierter Navigation bekommt man leider keine Routenanweisungen auf das Display, und man muss immer wieder den Weg am Smartphone kontrollieren.
Die Anpassung der Unterstützungsstufen in der Brose E-Bike-App ist wenig durchdacht, da die Modi nach Belieben und ohne Limitierung bearbeitet werden können.

Brose Drive S Mag: Der E-Bike Motor im Test – Kraftvoll oder gutmütig?

Die Freiheit, die Brose den Bike-Herstellern bei der Motorcharakteristik lässt, spiegelt sich im Fahrverhalten unterschiedlicher Bikes wider. Je nach Motor-Setup und Unterstützungsstufe reicht die Spanne von ungestüm, kraftvoll und schwer zu kontrollieren bis hin zu super natürlich, progressiv und intuitiv kontrollierbar. Wir sind den Brose Drive S Mag bereits in zahlreichen Bikes zum Test gefahren, für die direkten Vergleichsfahrten der einzelnen Motorensysteme haben wir das ROTWILD R.E750 Pro verwendet, das sich durch sein ausgewogenes und intuitives Handling als Testplattform anbietet. Startet man auf den Trail, hat der Rider die Qual der Wahl, aus den vier verschiedenen Fahrmodi Eco, Normal, Flex Mode und Sport auszuwählen. Der Flex Mode ist ein dynamischer Fahrmodus, der die Unterstützungsleistung an die jeweilige Fahrsituation anpasst und mit einer guten Balance aus Power und Dosierbarkeit überzeugt.

Trotz der 90 Nm Drehmoment kann der Brose Drive S Mag mit einem Ticken mehr natürliches Fahrgefühl als der Bosch Performance Line CX Race punkten. Gerade an Schlüsselstellen, bei denen oftmals langsames Fahren in niedrigen Kadenzen gefragt ist, spielt der Brose Motor seine Stärken aus und glänzt mit einem starken Durchzug. Selbst wenn man mal zum Stehen kommt, säuft der Motor nicht ab und unterstützt einen zuverlässig beim Anfahren, der kraftvolle Nachlauf schiebt einen über Stufen oder Hindernisse. In Sachen Power ist er noch mit den starken Motoren wie Bosch Performance Line CX oder Specialized 2.2 gleichauf und nimmt steilen Anstiegen den Schrecken, muss aber den Panasonic GX Ultimate und die Pinion MGU E1.12-Einheit auf Schotterwegen ziehen lassen. Lässt man es entspannter angehen, kann man mit dem Brose gemütlich cruisen, ohne viel Input geben zu müssen. Das zeigt auch unser Labortest des Prüfinstituts Velotech, denn der Drive S Mag stellt im Vergleich zum restlichen Testfeld bereits bei niedrigen Eingangsleistungen schon sehr früh mehr Drehmoment zur Verfügung. Wird es auf dem Trail ruppiger, ist der Brose E-Bike-Motor im Gegensatz zu vielen anderen Motoren des Testfelds mucksmäuschenstill. Aufgrund der Konstruktionsweise greifen weniger Getrieberädchen ineinander, die ein Klappern erzeugen könnten.

Fazit

Brose ist nicht Brose. Bei keinem anderen Motor im Test haben die Bike-Hersteller so viel Spielraum bei der Motorcharakteristik und der Integration wie beim Brose Drive S Mag. Die Qualität des gesamten Motorsystems steht und fällt letztendlich mit der Umsetzung des Bike-Herstellers. Er überzeugt zwar mit einem starken Durchzug, aber die Motorcharakteristik kann je nach Bike-Hersteller stark schwanken. Auch in Sachen Konnektivität haben viele andere Motorenhersteller die Nase vorn.

Tops

  • kraftvoll und durchzugsstark
  • kein spürbarer Tretwiderstand
  • große Konfigurationsfreiheiten für Bike-Hersteller

Flops

  • Augen auf beim Gebrauchtkauf: Die ersten Generationen von Brose Drive S Mag sind sehr anfällig für Riemenprobleme
  • Charakteristik kann je nach Bike-Hersteller stark schwanken
  • schlechte Display-Lösung und klobige Akku-Optionen
  • schlechte App und keine gute Individualisierbarkeit der Motoreinstellungen

Für mehr Informationen besucht brose-ebike.com


Das Testfeld

Einen Überblick über unseren großen E-Bike-Motoren-Vergleichstest erhaltet ihr hier

Alle Motoren im Test: Bosch Performance Line CX | Bosch Performance Line CX Race (zum Test) | Bosch Performance Line SX (zum Test) | Brose Drive S Mag | FAZUA Ride 60 (zum Test) | GIANT SyncDrive Pro2 (zum Test) | Panasonic GX Ultimate (zum Test) | Pinion MGU E1.12 (zum Test) | Shimano EP801 (zum Test) | Specialized SL 1.2 (zum Test) | Specialized 2.2 (zum Test) | TQ HPR 50 (zum Test) | Yamaha PW-X3 (zum Test)


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Words: Mike Hunger Photos: Diverse

Über den Autor

Mike Hunger

Von Slopestyle und Landschaftsfotografie, hin zu Enduro und Actionfotografie. Mike probiert gerne neue Dinge aus und hat eine Vorliebe für Action. Und Handwerk: So zieht es ihn mit seinem Syncro-Van, den er selbst restauriert und umgebaut hat, regelmäßig auf verschiedenste Roadtrips. Natürlich immer mit dabei ist sein Bike und seine Kamera, um die feinsten Trails von Italien bis in die Alpen unter die Stollen zu nehmen und die schönsten Momente festzuhalten. Durch seine Ausbildung als Industriemechaniker, seiner Erfahrung aus dem Radsport und seinen Foto-Skills kann er das Know-How perfekt in den journalistischen Alltag umsetzen und testet jetzt als Redakteur die neuesten Bikes und Parts. Als “Foto-Nerd” hält er außerdem die Tests fotografisch fest und sorgt im Magazin für geiles Bildmaterial.