Das MERIDA eONE-FORTY und eONE-SIXTY sehen sich nicht nur nahezu zum Verwechseln ähnlich, sie kommen auch aus der Feder des gleichen Teams. Dennoch unterscheiden sich ihre Charaktere grundlegend. Welches solltest du wählen?

Das MERIDA eONE-SIXTY ist seit Jahren eines der Lieblings-Bikes der Redaktion und hat zahlreiche Vergleichstests bei uns gewonnen. Für das Modelljahr 2020 hat MERIDA Ende Mai 2019 ein neues eONE-SIXTY präsentiert und legt nun mit dem brandneuen eONE-FORTY nach, das wir ebenfalls bereits exklusiv testen konnten. Dass sich beide Bikes optisch stark ähneln, hat einen einfachen Grund: Sie verfügen über den gleichen Rahmen. Allerdings hat MERIDA sich einiges einfallen lassen, um die Bikes klar voneinander abzugrenzen und zwei jeweils absolut stimmige Bikes zu schaffen. Wir sind das eONE-FORTY 9000 und das eONE-SIXTY 8000 im direkten Vergleich gefahren und zeigen euch die wichtigsten Unterschiede auf.

Die Gemeinsamkeiten

Beide neuen MERIDA Bikes verfügen über den gleichen, formschönen Carbon-Rahmen mit seinen markanten Lufteinlässen am Steuerrohr, die MERIDA als Thermo Gate bezeichnet. Logisch, dass sie auch beide von einem Shimano STEPS E8000-Motor angetrieben und von der kompakten Shimano BT-E8035-Batterie mit Energie gespeist werden. Außerdem rollen beide Bikes auf gemischten Laufrädern (29” vorn, 27,5” hinten). Für Ruhe an beiden Bikes sorgt der großzügig dimensionierte, dämpfende Kettenstrebenschutz, sowie das Akku-Cover mit zweiteiligem Kunststoff.

Die beiden neuen Merida-Modelle sehen sich im Stand zum Verwechseln ähnlich – auf dem Trail sind die Unterschiede aber deutlich!

Die Unterschiede

Den offensichtlichsten Unterschied tragen beide Bikes in ihrem Namen. Das eONE-SIXTY verfügt über eine Federgabel mit 160 mm Federweg und hat 150 mm am Heck, das eONE-FORTY stellt an der Front 140 mm und am Hinterbau 133 mm Federweg zur Verfügung. Erreicht wird der unterschiedliche Federweg am Heck über einen unterschiedlichen Hub am Dämpfer. Da durch die geringere Höhe der Federgabel nicht nur der Lenkwinkel steiler, sondern der Reach auch länger wird, hat MERIDA sich etwas Besonderes überlegt: Das eONE-FORTY kommt bei gleicher angegebener Größe eine Rahmengröße kleiner als das eONE-SIXTY: So entspricht der Large-Rahmen des 140er-Modells einem Medium-Rahmen beim 160er. ABER: Durch die kürzere Einbauhöhe der Federgabel verändert sich nicht nur der Sitz- und Lenkwinkel, sondern auch der Reach – dieser wird länger. Aus diesem Grund sind die eONE-FORTY-Rahmen in ihrer Länge genau zwischen den Größen der eONE-SIXTYs. Um trotz des kürzeren Rahmens eine optimale Sitzposition zu erreichen, verbaut MERIDA unterschiedlich lange Vorbauten: 40 mm beim eONE-SIXTY und 50 mm beim eONE-FORTY.

Bei der Ausstattung unterscheiden sich die Räder nur minimal. Beide Bikes verfügen über Schaltungen mit großer Übersetzungsbandbreite, standfeste Bremsen und Teleskopsattelstützen. Allerdings kommen beim eONE-SIXTY robustere Reifen und immer Dämpfer mit Ausgleichsbehälter zum Einsatz.

MERIDA eONE-SIXTY 8000

MERIDA eONE-SIXTY 8000 | Shimano E8000/504 Wh | 160 mm/150 mm (v/h) | 22,98 kg * inkl. Tool | 6.199 €

Gabel Marzocchi Z1 E-Bike 160 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Select+ 150 mm
Schaltung Shimano XT 12-fach
Motor Shimano Steps E8000
Akku Shimano E8035 504 Wh
Bremsen Shimano SLX 203/203 mm
Lenker MERIDA Expert eTR 780 mm
Vorbau MERIDA Expert eTR 50 mm
Sattelstütze MERIDA Expert TR
Reifen MAXXIS ASSEGAI 2,5” / MINION DHR II 2,6”
Laufräder Fulcrum E-METAL 700 29/27,5″ (v/h)

Runter mit dem Vorbau
Durch die längere Federgabel empfiehlt MERIDA, die Spacer unter dem Vorbau zu entfernen. Wir empfanden das Set-up als angenehm.
Super satt
Das Plus an Federweg realisiert MERIDA über einen Dämpfer mit mehr Hub. Dieser entlockt dem eONE-SIXTY sehr feinfühlige 150 mm Federweg.
Extra robust
Für maximalen Abfahrtsspaß verbaut MERDIA MAXXIS Reifen mit der EXO+ Karkasse. Sehr ambitionierte Fahrer rüsten besser auf noch robustere Reifen um. Welcher Reifen dafür in Frage kommt, erfahrt ihr in unserem Reifentest weiter hinten in dieser Ausgabe.

Die Geometrie des MERIDA eONE-SIXTY

Größe XS S M L XL
Sattelrohr 405 mm 420 mm 440 mm 470 mm 500 mm
Oberrohr 563 mm 584 mm 605 mm 628 mm 652 mm
Steuerrohr 110 mm 115 mm 120 mm 135 mm 150 mm
Lenkwinkel 65,5° 65,5° 65,5° 65,5° 65,5°
Sitzwinkel 75,5° 75,5° 75,5° 75,5° 75,5°
Kettenstrebe 440 mm 440 mm 440 mm 440 mm 440 mm
BB Drop 18 mm 18 mm 18 mm 18 mm 18 mm
Radstand 1.168 mm 1.190 mm 1.212 mm 1.238 mm 1.265 mm
Reach 400 mm 420 mm 440 mm 460 mm 480 mm
Stack 629 mm 633 mm 638 mm 651 mm 665 mm

MERIDA eONE-FORTY 9000

MERIDA eONE-SIXTY 8000 | Shimano E8000/504 Wh | 160 mm/150 mMERIDA eONE-FORTY 9000 | Shimano E8000/504 Wh | 140 mm/133 mm (v/h) | 21,92 kg * inkl. Tool | 7.199 €m (v/h) | 22,98 kg * inkl. Tool | 6.199 €

Gabel DT Swiss F535 ONE 140 mm
Dämpfer FOX Performance Elite FLOAT 133 mm
Schaltung Shimano XT 12-fach
Motor Shimano STEPS E8000 504 Wh
Akku Shimano E8035
Bremsen Shimano XT 203/203 mm
Lenker MERIDA Expert eTR 780 mm
Vorbau MERIDA Expert eTR 50 mm
Sattelstütze MERIDA Expert TR
Reifen MAXXIS MINION DHF 2,5” / DHR II 2,6”
Laufräder DT Swiss HX 1501 Spline ONE 29/27,5″ (v/h)

Achtung beim Set-up
Am FOX-Dämpfer fehlt nicht nur eine Skala zum Ablesen des SAG, es wird auch nicht die komplette Kolbenstange für den Federweg genutzt. Beim Set-up muss man daher aufpassen, die 30 % SAG auch auf den wirklich vorhandenen Hub zu berechnen.
Viel Bremspower ist immer gut
Trotz weniger Federweg verfügt auch das eONE-FORTY über Vierkolbenbremsen mit 200-mm-Bremsscheiben
Kurze Kurbeln
Beide Bikes verfügen über 165 mm kurze Kurbeln für ausreichende Bodenfreiheit bei technischen Uphills

Die Geometrie des MERIDA eONE-FORTY

Größe S M L XL XXL
Sattelrohr 405 mm 420 mm 440 mm 470 mm 500 mm
Oberrohr 561 mm 582 mm 603 mm 626 mm 648 mm
Steuerrohr 110 mm 115 mm 120 mm 135 mm 150 mm
Lenkwinkel 66,4° 66,4° 66,4° 66,4° 66,4°
Sitzwinkel 76,4° 76,4° 76,4° 76,4° 76,4°
Kettenstrebe 440 mm 440 mm 440 mm 440 mm 440 mm
BB Drop 24 mm 24 mm 24 mm 24 mm 24 mm
Radstand 1.160 mm 1.182 mm 1.204 mm 1.231 mm 1.257 mm
Reach 410 mm 430 mm 450 mm 470 mm 490 mm
Stack 622 mm 627 mm 631 mm 645 mm 658 mm

Die Unterschiede auf dem Trail

Schon gleich nach dem Aufsteigen merkt man die Unterschiede zwischen den Rädern. Auf dem eONE-FORTY sitzt man deutlich aufrechter, kompakter und etwas zentraler. Die Sitzposition ist absolut langstreckentauglich und sehr komfortabel. Das eONE-SIXTY ist in keinster Weise unbequem, allerdings sitzt man etwas gestreckter und auch etwas mehr über dem Hinterrad. Geht es bergauf, klettern beide Bikes gleichermaßen souverän auf Forststraßen. Die Dämpfer wippen kaum und den Griff zum Verstellhebel für die Plattformdämpfung kann man sich getrost sparen.
Biegt man bergauf in einen Trail ein, liegt das eONE-FORTY vorn. Zum einen hat man speziell in engen Sektionen mehr Druck auf dem Vorderrad, wodurch sich das Rad direkter und präziser navigieren lässt, zum anderen sitzt man weniger über dem Hinterrad, wodurch die Front im steilen Gelände später steigt. Zu guter Letzt federt das Fahrwerk nach Wellen oder in Kompressionen weniger stark ein, wodurch sich das Rad hier weniger aufschaukelt.

Doch auch wenn das eONE-FORTY besser klettert, bedeutet das nicht, dass das eONE-SIXTY in dieser Disziplin schlecht ist – im Gegenteil. Wer seinen Sattel etwas weiter nach vorn auf der Sattelstütze schiebt, wird auch mit dem eONE-SIXTY sehr knifflige Uphills meistern.

In der Abfahrt wandelt sich dann das Blatt. Nachdem wir die ersten Testfahrten mit dem eONE-FORTY absolviert und uns sehr wohl gefühlt hatten, waren wir nach nur wenigen Metern mit dem eONE-SIXTY sehr erstaunt, wie viel schneller und souveräner man mit dem 160-mm-Bike bergab unterwegs ist. Das eONE-SIXTY kennt in der Abfahrt kaum ein Limit. Dank des langen Hauptrahmens hat man als Fahrer viel Platz, um sich auf dem Rad zu bewegen. Das satte Fahrwerk klebt förmlich am Boden, ohne aber zu viel Input vom Fahrer zu schlucken. So lässt sich das Rad problemlos an einer Kante in die Luft ziehen oder an Wellen durch Pushen Geschwindigkeit aufbauen. Das eONE-FORTY legt in Sachen Agilität nochmal eine Schippe drauf. Es animiert seinen Fahrer ständig dazu, mit dem Terrain zu spielen und lässt sich sehr bereitwillig aufs Hinterrad ziehen. Wird es richtig schnell und ruppig, fehlt es dem eONE-FORTY aber an Federweg und Laufruhe. Hier merkt man, wie es dem eher straffen Fahrwerk nicht gelingt, allen Unebenheiten zu folgen. An diesem Punkt blüht dann sein großer Bruder erst richtig auf. Auch auf sehr wurzeligen Trails punktet das eONE-SIXTY dank seines Plus an Grip. Enge Sektionen lassen sich mit beiden Bikes sehr gut bewältigen. Wird es steil, vermitteln beide Räder viel Sicherheit, allerdings steht man im eONE-SIXTY noch etwas integrierter im Bike und fühlt sich so nahezu unaufhaltbar.

Wer sollte also welches MERIDA-Modell kaufen?

Die Antwort auf die Frage lässt sich relativ einfach beantworten. Fahrer, die ohnehin nur im gemäßigten Gelände unterwegs sind, ihren Fokus auf sehr lange Touren haben und dabei Wert auf ein super agiles Handling legen, sind mit dem MERIDA eONE-FORTY bestens beraten. Es eignet sich auch für den SUV-Einsatz und wird in Zukunft auch einen Montagepunkt für einen Gepäckträger erhalten.

Das MERIDA eONE-SIXTY ist das perfekte Bike für alle, die bergab ihren eigenen Horizont erweitern wollen und auf der Suche nach maximaler Trail-Performance sind. Bei entsprechendem Fahrstil ist es agil und laufruhig zugleich und zaubert seinem Fahrer ständig ein riesiges Grinsen ins Gesicht. Bergauf und bei der Sitzposition für lange Touren muss man aber minimale Abstriche in Kauf nehmen.

Mehr Infos unter: merida-bikes.com


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Words: Christoph Bayer Photos: Christoph Bayer, Reynaldo Ilagan