Die BMX-Kultmarke Haro möchte sich auch in der E-Mountainbike Welt etablieren und hat dafür bereits drei Bikes im Programm. Wir haben das Topmodell des E-Mountainbike Fullys bereits für euch getestet. Ob das Haro Shift Plus i/O 9 BMX-Gene im Blut hat und was es auf dem Trail kann, wird dieser Test zeigen.

Das Haro Shift i/O 9 im Test
Haro Shift Plus i/O 9 | 150/140 mm (v/h) | 21,62 kg | 4.999 €

Den BMXern ist die Marke Haro ein Begriff. Seit vielen Jahren zählt Haro zu den bekanntesten und größten BMX Herstellern. Firmengründer und Radsportlegende Bob Haro verkörpert geradezu den BMX-Spirit. Diesen Spirit möchte Haro jetzt auch auf die Welt der E-Mountainbikes übertragen und genauso durchstarten wie zu den Blütezeiten des BMX Sports. Allerdings mit deutscher Gründlichkeit. Dafür werden die E-Mountainbikes in Deutschland montiert und kontrolliert.

Um herauszufinden, ob das Shift i/O die Trails genauso gut meistert wie Haro BMX die Racetracks, haben wir das E-Mountainbike auf ausgiebigen Touren mit vielen Singletrails und technisch anspruchsvollen Schlüsselstellen bergauf wie bergab getestet. Das 4.999 € teure Haro Shift i/O 9 ist mit seinen 2,6” breiten Reifen, der gemäßigten Geometrie und dem weichen Sattel ganz auf Komfort getrimmt. Und auch das Fahrwerk mit 150 mm Federweg vorne und 140 mm Federweg am Heck soll Unebenheiten glattbügeln und möglichst wenige Schläge an den Fahrer weitergeben.

Das Haro Shift Plus i/O 9 im Detail

Federgabel RockShox Revelation RC 150 mm
Dämpfer RockShox Monarch RL DebonAir 140 mm
Motor/Batterie Shimano Steps E8000 500 Wh
Schaltung Shimano XT Di2
Bremsen Shimano SLX
Sattelstütze TranzX internal dropper post 150 mm
Vorbau Race Face Ride 70 mm
Lenker Race Face Ride 760 mm
Felgen/Naben WTB i35 27,5”, Pivit Alloy Boost
Reifen Kenda Hellkat 2,6”/Nevegal 2 2,6” (v/h)
Gewicht 21,62 kg
Preis 4.999 €

Die Ausstattung des Haro Shift Plus i/O 9 polarisiert. Die elektronische Shimano XT Di2 Schaltung arbeitet unglaublich schnell und super präzise. Obendrein zählt die Display Integration mit dem STEPS E8000 Motor zu unseren Favoriten. Doch ist so viel Bling-Bling am Haro überhaupt sinnvoll? Diese Frage poppt beim Blick auf das Fahrwerk unweigerlich auf. Anstelle der günstigen RockShox Revelation RC-Federgabel hätten wir uns eine potentere Federgabel gewünscht und dafür gerne auf die elektronische Schaltung verzichtet. Das Cockpit kommt von Race Face und macht einen soliden Eindruck, erzeugt rein optisch aber keine Hochgefühle. Gestoppt wird das E-Mountainbike von einer Shimano SLX-Bremse mit 200er Scheiben vorne und 180 mm Bremsscheibe am Hinterrad.

Schnell und präzise
Die elektronische Shimano XT Di2 verrichtet Gangwechsel schnell und super präzise
Nicht schön, nicht fest
Die Befestigung des Dämpfers hat beim Test einen billigen Eindruck hinterlassen und sich obendrein von alleine gelöst. Haro hat bereits nachgebessert und das Problem inzwischen behoben.
Integration
Der Geschwindigkeitssensor ist auf die Kettenstrebe aufgeschraubt. Für Shimano-Motoren gibt es eine besser integrierte Version an der Bremsscheibe
Platz en masse
Mit 2.6” Reifen ist mehr als ausreichend Reifenfreiheit vorhanden. Auch mit noch breiteren 2.8” Pneus sollte es keine Probleme geben.

Bei der Verarbeitung hat Haro noch Luft nach oben. Die klobige Wippe und die verwendeten Dämpferbolzen sehen alles andere als edel aus. Im Laufe unseres Tests haben sich die Bolzen mehrfach gelöst. Haro hat das Problem erkannt und wird die Bikes in Zukunft mit selbstsichernden Schrauben ausliefern. Ansonsten ist der Rahmen des Haro Shift einfach, aber solide verarbeitet. Die Züge werden allesamt intern verlegt und machen, ebenso wie die Kette, bei groben Schlägen keinen Mucks – top! Mit den 2,6” breiten Kenda-Reifen gibt es genügend Reifenfreiheit, um sich auch an schmuddeligen Herbsttagen durch den Matsch zu fräsen – ohne den Lack des Hinterbau zu versauen.

Die Geometrie des Haro Shift Plus i/O

Größe XS S M L XL
Sattelrohr 368 mm 406 mm 457 mm 520 mm 559 mm
Oberrohr (horizontal) 570 mm 585 mm 615 mm 630 mm 640 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm 130 mm 140 mm
Lenkwinkel 67 ° 67 ° 67 ° 67 ° 67 °
Sitzwinkel (effektiv) 73 ° 73 ° 73 ° 73 ° 73 °
Kettenstrebe 457 mm 457 mm 457 mm 457 mm 457 mm
Tretlagerabsenkung 20 mm 20 mm 20 mm 20 mm 20 mm
Radstand 1164 mm 1182 mm 1213 mm 1229 mm 1245 mm
Reach 413 mm 427 mm 456 mm 463 mm 476 mm
Stack 598 mm 607 mm 613 mm 626 mm 635 mm
Das Haro beim klettern im uphill

Das Haro Shift i/O 9 auf dem Trail

Bei einem komfortablen E-Mountainbike für lange Touren kommt es nicht nur auf die Performance auf dem Trail an. Auch der Weg in den Wald gehört zur Tagesordnung und lässt sich mit dem Shift i/O sehr entspannt meistern. Mit dem Dämpfer im Pedal-Mode herrscht Ruhe am Heck und das Haro erklimmt so Forststraßen super effizient. Auch mit offenem Dämpfer macht es eine gute Figur. Das Wippen des Hinterbaus hält sich in Grenzen, sodass wir auf dem Trail nicht mehr zur Plattform gegriffen haben. Das Ergebnis ist klasse Traktion und hoher Komfort im Uphill, auch die breiten Reifen tragen ihren Teil dazu bei. Dank des steilen Sitzwinkel lässt sich an Bord das Shift i/O viel Kraft aus den Beinen auf die Pedale übertragen. Der Shimano-Motor vervielfacht die eingeleitete Kraft im Trail-Modus clever, sodass ausgiebige Touren mit dem Haro ohne Probleme machbar sind. Der lange Vorbau zwingt den Fahrer in eine leicht gestreckte, aber immer noch sehr angenehme Sitzposition. Mit so viel Gewicht an der Front scheint das Vorderrad des Shift i/O 9 fast am Boden zu kleben und hebt auch an steilen Rampen nur selten ab.

Im Downhill könnte das Haro ganz BMX-like ein sehr verspieltes und wendiges Bike sein. Das relativ tiefe Tretlager und die Fahrposition mit viel Druck auf dem Vorderrad prädestinieren das Shift i/O zum Kurvenräuber. Wären da nicht der Sattel und das Oberrohr die einem immer wieder in die Quere kommen. Das lange Sitzrohr und der hohe Überstand stören, sodass für aktive Fahrer nicht genügend Bewegungsfreiheit vorhanden ist. Die 2.6” breite Reifenkombi von Kenda bietet stets ausreichend Grip und vermittelt viel Sicherheit in allen Passagen. Im steileren Gelände ist der 70 mm lange Vorbau fehl am Platz, da er den Fahrer zu weit nach vorne zwingt. Das unangenehme Gefühl, jederzeit nach vorne über den Lenker abzusteigen, fährt deshalb immer mit.

auf Kurvenjagd mit dem Haro Shift i/O 9

Der Hinterbau wird dem agilen Handling des Haros nicht gerecht. Er arbeitet zwar sehr feinfühlig und bügelt viele Unebenheiten glatt, besitzt aber für sportliches Fahren nicht genug popp, bietet zu wenig Feedback vom Untergrund und rauscht sehr schnell durch den gesamten Federweg. Dafür überzeugt er bei entspannterer Fahrweise mit grandiosem Komfort und viel Traktion. Mit dem Haro geht man es deshalb lieber etwas gemütlicher an und genießt das komfortable Trailerlebnis.

Fazit

Trotz seines 150/140 mm Federwegs fühlt sich das Haro Shift auf einfachen Singletrails und Forstwegen deutlich wohler als im technisch anspruchsvollen Terrain. Auch wenn spritzige BMX-Gene im Handling des E-Mountainbikes im Ansatz erkennbar sind, liegen die Stärken des Shift i/O im Tourenbereich. Hier glänzt es mit klasse Komfort und guten Klettereigenschaften. Trotz edler Schaltung kann uns die Ausstattung und die Verarbeitung des Haro Shift i/O 9 nicht restlos überzeugen.

Mehr Infos unter: harobikes.de


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Words: Photos: Valentin Rühl, Haro Bikes