Ausgabe #030 News Test

Garmin fēnix 7X Sapphire Solar Edition im Test

Als die Garmin-Entwickler fragten, was die neue fēnix 7X-Multisportuhr alles können soll, bekamen sie von der Geschäftsleitung wohl nur ein “Ja” als Antwort. Die fēnix 7X Sapphire Solar ist durch ihren enormen Funktionsumfang eine der vielseitigsten Uhren auf dem Markt. Doch macht sie auch speziell für Biker Sinn oder stiftet der Funktionsumfang nur Verwirrung?

Garmin fēnix 7X Sapphire Solar Edition | 91 g | 999,99 € | Hersteller-Website

Mit der fēnix 7X Sapphire Solar Edition will Garmin im wahrsten Sinne des Wortes neue Maßstäbe setzen. Nicht nur der Funktionsumfang ist gewaltig, auch das Gehäuse fällt mit knapp 50 mm Durchmesser und 15 mm Dicke relativ groß aus. Mit Silikonarmband wiegt die Uhr knapp 90 Gramm. Das Gewicht und die Größe bekommt man im Alltag und bei sportlichen Aktivitäten öfters zu spüren, wenn die Uhr beim Joggen am Arm zieht oder man unvorsichtig mit dem Uhrengehäuse irgendwo hängenbleibt. In weiser Voraussicht hat Garmin der Sapphire Solar-Edition eine robuste Titanlünette und, darunter geschützt, ein kratzfestes Sapphier-Glas verpasst, das fast jedem unachtsamen Feindkontakt standhält. Das Gehäuse selbst besteht aus Kunststoff, der Gehäuseboden mit eingelassenem Puls- und Sauerstoffsättigungssenor sowie Ladeport aus Metall.

Die fēnix 7X Sapphire Solar kann nicht nur die Lichtintensität messen, sondern sich mit zwei Solarpanels auch zunutze machen. Der große Solarring und ein unsichtbares Solarpanel über dem Ziffernblatt erzeugen Strom und können die Akkulaufzeit an sonnigen Tagen signifikant verlängern.

Wem die Dimensionen der 7X zu üppig sind,der sollte mal bei Garmin einen Blick auf die kleine fēnix 7 oder die noch kleinere fēnix 7S werfen. Doch muss man bei den kleineren Ablegern der fēnix-Serie vor allem bei zwei Features Abstriche machen, bei denen die 7X punkten kann: Zum einen besitzt nur die 7X eine LED-Leuchte, die man als praktische Taschenlampe oder als Rot-Weiß-Blinklicht beim Laufen verwenden kann. Beim Joggen synchronisiert sich sogar das Blinklicht mit der Schrittfrequenz. Der zweite Punkt ist die enorme Akkulaufzeit der fēnix 7X, von der eine Apple Watch und jedes E-Mountainbike nur träumen können. Je nach Einstellung und Nutzung sind Laufzeiten zwischen einem Tag und mehreren Monaten möglich. In einer ausgewogenen Einstellung aus mittlerer Displayhelligkeit, kontinuierlicher Puls-, Stress- und Schlafphasenmessung, einer dauerhaften Verbindung zum Smartphone und knapp 25 Stunden GPS-Sportaufzeichnung hat der Akku der 7X in unserem Test eine volle Woche durchgehalten – eine mehr als respektable Leistung. Im Expeditionsmodus fällt der Akkustand sogar nur um wenige Prozentpunkte am Tag, während in vordefinierten Zeitabständen trotzdem noch GPS-Daten gesammelt werden. Unterstützt wird der Akku von einem durchsichtigen Solarpanel über dem Ziffernblatt und einem schmalen, aber effizienteren Solarpanel-Ring um das Ziffernblatt herum. Je nach Sonneneinstrahlung kann das die Akkulaufzeit signifikant verlängern, im Test um bis zu 50 %. Wer sich an der Größe nicht stört und nochmals mehr Akkulaufzeit wünscht, sollte zur neu vorgestellten Garmin Enduro 2 greifen. Sie ist knapp 1 mm dicker als die fēnix, hat eine nochmals hellere LED-Leuchte und rund 25 % mehr Akkulaufzeit. Ihr Funktionsumfang ist zur fēnix fast identisch.

Die fēnix 7X Sapphire Solar macht nicht nur bei strahlendem Sonnenschein eine gute Figur, sondern auch nach Sonnenuntergang. Durch rote und weiße LEDs wird sie zur Taschenlampe und kann sogar ein Blinklicht mit der Schrittfrequenz synchronisieren.

Stichwort Funktionsumfang: Hier schlägt die Sternstunde der fēnix 7X Sapphiere Solar. Im Alltag zeigt sie Anrufe an und leitet Messenger-Benachrichtigungen ans Handgelenk weiter. Durch vordefinierter Kurzantworten kann man das Smartphone bequem in der Tasche oder dem Rucksack lassen. Und sollte man es verlegt haben, lässt es sich per fēnix 7X rufen und aufspüren. Über die Garmin Connect-App lassen sich weitere Dienste verknüpfen, so kann sich die fēnix auch mit einem Web-Kalender synchronisieren und anstehende Termine anzeigen. Musik hören? Mit der Ausgabe auf Bluetooth-Kopfhörer ist auch das möglich, ohne mit einem Smartphone verbunden zu sein. Und durch das Bezahlen per NFC und hinterlegter Kreditkarte kommt man sich mit der fēnix 7X gelegentlich wie ein Mini-James Bond vor. Okay, mit dem kleinen Unterschied, dass man mit der fēnix eher an der Dorftanke sein Getränk kauft statt am Baccara-Tisch vom Casino Monte Carlo Champagner zu bestellen. Die Funktionssteuerung ist Garmin gut gelungen. Zwar besitzt die fēnix 7X mehr Menüpunkte als ein China-Restaurant, das auch Pizza anbietet, doch nach etwas Eingewöhnungszeit kommt man gut zurecht. Fast alle Funktionen lassen sich über die 5 Tasten am Gehäuserand aufrufen und steuern. Außerdem kann man einzelne Tasten mit Shortcuts zu häufig genutzten Funktionen belegen.

Die fēnix 7X kann nicht nur den Ladestand von eurem E-Bike-Akku anzeigen. Mit der Stamina-Anzeige gibt die Uhr Auskunft darüber, wann euch voraussichtlich der Saft ausgeht. Für eine verlässliche Aussage müsst ihr die Uhr jedoch regelmäßig während des Trainings tragen und sie mit Daten füttern, um sie anzulernen.

Genauso gut lässt sich die Garmin über das 1,4” große Touchscreen bedienen. Das macht vor allem Sinn, wenn man die Garmin zum Navigieren benutzt und über die Uhr einen Punkt auf der Karte als Ziel festlegt. Am einfachsten ist es jedoch, Routen vom Smartphone auf die fēnix 7X zu senden, doch die Uhr ist auch ein komplett eigenständiges Navi. Die fēnix 7X besitzt mit 32 GB einen richtig großen Speicher für Karten. Abzüglich des Betriebssystems sind davon noch knapp 28 GB nutzbar. Die ganze Welt passt jedoch nicht aufs Handgelenk, allein die Karte für Europa ist 11,5 GB groß und detailiert genug, um selbst schmale Trails abzubilden. Mit einer eher mittelmäßigen Auflösung von 280 Pixeln in der Diagonalen muss man für solche Details jedoch relativ stark in den Kartenausschnitt reinzoomen. Auch die Darstellung des transreflektiven MIPS-Display mit 64 Farben kann nicht mit farbenträchtigen Displays wie einer Apple Watch oder der Garmin epix mit AMOLED-Display mithalten. Das fēnix 7X-Display nutzt stattdessen das Umgebungslicht für die eigene Darstellung und lässt sich daher selbst unter direkten Sonneneinstrahlung relativ gut ablesen, bei gleichzeitig nur minimalem Stromverbrauch für die Hintergrundbeleuchtung.

Die Garmin fēnix 7X besitzt für eine Sportuhr eine ausgeklügelte Navigationsfunktion. Das detailreiche Kartenmaterial stellt Garmin allen fēnix 7-Nutzern kostenlos zur Verfügung – top!

Abgesehen von der Navigationsfunktion bietet die fēnix 7X noch weitere Features, die sie speziell für Biker interessant macht. Per ANT+ Verbindung kann sie sich mit vielen E-Bikes verbinden und Motordaten wie z. B. den Akkustand auslesen und am Handgelenk anzeigen. Mit den MTB Dynamics-Datenfeldern werden Grid und Flow gemessen und dargestellt, zwei Garmin-eigene Werte für den Schwierigkeitsgrad des Trails und wie flüssig ihr ihn absolviert. Wenn ihr die fēnix 7X regelmäßig beim Work-out tragt, erstellt sie automatisch ein Fitnessprofil von euch. Über die Stamina-Funktion stellt sie dar, wie viel Prozent eurer Reserven schon aufgebraucht sind und wie lange bzw. wie weit ihr schätzungsweise noch bei der aktuellen Belastung kommt, bevor ihr vor Erschöpfung zusammenbrecht. Und der Funktionsumfang wächst von Tag zu Tag, nicht nur durch regelmäßige Garmin-Updates, sondern auch durch von Nutzern erstellten Apps im Garmin Connect IQ-Store. Dadurch waren wir zu Testbeginn vom Funktionsumfang stark überwältigt, haben aber nach ein paar Wochen ein Setting gefunden, das perfekt zu unserem Alltag und unserer Freizeit passt.

Per ANT+ Verbindung kann die Garmin sich mit vielen E-Bikes verbinden und Motordaten wie z. B. den Akkustand auslesen und am Handgelenk anzeigen.

Garmin ruft für die fēnix 7X Sapphire Solar-Edition einen stolzen Preis von rund 1.000 € auf, der aber durch die beeindruckende Akkulaufzeit, der top Verarbeitungsqualität und dem hohen Funktionsumfang mehr als gerechtfertigt erscheint. Zwar werden selbst Sport-Enthusiasten nur einen Bruchteil aller Funktionen nutzen, aber dafür auch auf keine elementare Funktion verzichten müssen. Als Smartwatch im Alltag liefert sie eine solide Performance ab, kann aber durch ihre schiere Größe als unangenehm empfunden werden.

Tops

  • sehr lange Batterielaufzeit
  • praktische Taschenlampe
  • extrem hoher Funktionsumfang
  • hohe Anpassbarkeit

Flops

  • etwas dunkles Display
  • zu groß für kleine Handgelenke

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Words: Rudolf Fischer Photos: Mike Hunger

Über den Autor

Rudolf Fischer

In seinem früheren Leben war Rudolf in der Innovationsförderung tätig und hat Patentbewertungen im Millionen- und Milliardenbereich durchgeführt. Heute widmet er sich als Redakteur für DOWNTOWN und E-MOUNTAINBIKE nicht weniger spannenden Aufgaben. Als Data-Nerd beschäftigt er sich intensiv mit Zukunftsthemen wie Connected Mobility, testet aber natürlich auch gerne die neuesten Bikes, und zwar täglich. Entweder beim Pendeln oder zusammen mit dem Team bei unseren großen Vergleichstests. Der technisch orientierte Diplom-Betriebswirt ist so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Beispiele gefällig? Rudolf beherrscht u. a. Front-, Side- und Backflip – zwar nicht auf dem Bike, aber per pedes in der Stadt. Seine Parkour-Karriere hat er mittlerweile jedoch an den Nagel gehängt. Darüber hinaus spricht er Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und etwas Esperanto. Beim Versuch, sich selbst Japanisch beizubringen, ist er jedoch kläglich gescheitert. Wichtig zu wissen: Im HQ ist Rudolf bekannt, gefürchtet und (manchmal auch) gehasst für seinen trockenen Humor im Ricky-Gervais-Stil. Natürlich lacht er am meisten selbst darüber …