Das große E-MOUNTAINBIKE Fahrtechnik Special – Mehr Spaß und Sicherheit auf dem E-MTB
Das schnellste Auto hilft nichts, wenn man nicht weiß, wie man es richtig fährt. Genauso ist es auch mit dem E-Mountainbike: Nur mit der richtigen Fahrtechnik ist man im Gelände sicher unterwegs und hat obendrein noch viel mehr Spaß auf Tour. In unserem Fahrtechnik-Guide vermitteln wir euch die wichtigsten Basics für Anfänger und Fortgeschrittene.
Warum ist ein E-Mountainbike Fahrtechnikkurs sinnvoll? Radfahren kann doch jeder! Stimmt, die meisten haben es von Kindesbeinen an gelernt. Ein E-Mountainbike besitzt aber nicht nur ein höheres Gewicht und braucht deshalb ein spezielles Handling, sondern bringt seinen Fahrer dank der Motor-Power auch schneller und weiter in unbekanntes Terrain. Damit man dort keine bösen Überraschungen erlebt, ist es wichtig, möglicherweise falsch gelernte Techniken wie den Mythos „In der Abfahrt geht das Gesäß weit nach hinten“ aus dem Kopf zu löschen und die Basics korrekt zu lernen.
Außer der Fahrtechnik muss auch das Bike stimmen
Bevor ihr mit eurem Bike an eurer Fahrtechnik feilt, solltet ihr einige grundlegende Details beim Setup und bei der Ausstattung beachten. Hier erfahrt ihr, worauf es ankommt.
Fahrwerk: Richtig abgestimmt
Wichtig ist, dass das Fahrwerk auf euer fahrfertiges Gewicht abgestimmt ist, also auf das Gewicht in Bike-Bekleidung und inkl. Rucksack. Auf der Federgabel gibt es bei fast allen Herstellern eine Tabelle mit dem empfohlenen Luftdruck. Am Hinterbau empfehlen wir einen SAG (Negativfederweg) von 25 % als groben Richtwert. In diesem Tutorial erfahrt ihr, wie das Setup im Detail funktioniert.
Reifendruck: Weniger ist meist mehr
Die Zeiten, in denen man Reifen mit rund 4 bar gefahren ist, sind lange vorbei. In der Regel sind 1,4–1,8 bar je nach Reifenmodell, Reifenbreite und Fahrergewicht ideal. Diese Anleitung hilft euch, den perfekten Druck zu finden.
Schafft den Sattel aus dem Weg
Solltet ihr keine verstellbare Sattelstütze besitzen, empfehlen wir euch nicht nur, schnellstens eine nachzurüsten, sondern bis dahin auch den Sattel für die Übungen abzusenken. Wer eine Teleskopstütze am Rad hat, kann sie je nach Kapitel anpassen.
Flatpedale für mehr Sicherheit
Flatpedale erleichtern das Arbeiten an der eigenen Fahrtechnik enorm. Falls man sich unsicher fühlt, kann man den Fuß schnell vom Pedal lösen und bleibt nicht wie bei Klickpedalen eventuell hängen. Außerdem kann man sich keine falschen Bewegungsabläufe antrainieren, wie man sie oft bei Bunny-Hops sieht.
Trail statt Boost
Alle Techniken sollten anfangs mit der kleinsten Unterstützungsstufe angegangen werden. Wenn ihr euch nach einigen Wiederholungen sicherer fühlt, könnt ihr Schritt für Schritt eine höhere Stufe wählen.
So vermitteln wir dir die wichtigsten Tipps
Jede unserer Fahrtechnik-Einheiten ist in drei Bausteine gegliedert. Pro Einheit geben wir euch mindestens ein Code-Wort, mit dem ihr euch auf dem Trail schnell an das Gelernte erinnern könnt. So könnt ihr euch den Bewegungsablauf besser merken. Vor vermeintlich schwierigen Passagen ruft ihr euch das Code-Wort ins Gedächtnis. Ihr werdet schnell feststellen, dass ihr diese Sektionen dadurch viel entspannter meistert.
Was erwartet euch in unserem Fahrtechnik-Special?
Wir haben unser Fahrtechnik-Special in vier Teile untergliedert. In dieser Ausgabe findet ihr die ersten beiden Teile. Los geht’s mit der Grundposition beim Geradeausfahren auf dem E-Mountainbike. Im Anschluss folgt alles, was ihr zum Fahren bergauf wissen müsst. In der kommenden Ausgabe vermitteln wir euch dann die wichtigsten Techniken für die Abfahrt und verraten euch, wie ihr Kurven und super steile Uphills optimal meistert.
Wer vermittelt euch die Fahrtechnik?
Unser Coach und Autor Andy hat jede Menge Erfahrung in Sachen Fahrtechnik. Er betreibt nicht nur seine eigenes Guiding- und Fahrtechnik-Unternehmen HappyTrails.de, sondern bildet im Bundeslehrteam der DIMB (Deutsche Initiative Mountainbike) auch neue Fahrtechnik-Coaches aus. Er vermittelt euch strukturiert die nützlichsten Tipps für mehr Fahrspaß und Sicherheit auf dem E-Mountainbike.
Generelle Tipps zum Beginn
- immer locker und mit hoher Trittfrequenz treten
- mit Spaß lernen – ein Lächeln im Gesicht ist der erste Schritt
- schwierige Passagen erst mal zu Fuß begutachten
- langsam schneller werden, Step by Step
- kleine Aufgaben stellen und diese lösen – das bringt schnellen Erfolg
- think BIG → start small; Laufen haben wir auch nicht an einem Tag gelernt
E-MOUNTAINBIKE Fahrtechnik Special Teil 1 – Basics für die Geradeausfahrt
Geradeaus fahren hört sich so einfach an – doch gerade hier machen viele Biker Fehler. Wer es richtig angeht, spart Kraft, schont seine Gelenke, fährt sicherer und bewältigt Hindernisse deutlich leichter. Wir bringen euch nicht nur die zentrale Position auf dem Rad bei, sondern geben auch Tipps zur Balance und dazu, wie man auf Tour entspannt und sicher über Äste oder Bordsteinkanten kommt.
Basis-Technik – die zentrale Grundposition
Die Grundposition ist bei einem E-Mountainbike genauso wichtig wie der Motor. Fehlt eines von beiden, wird eine Tour schnell sehr anstrengend. Die Grundposition bildet die Basis aller Fahrtechniken und wird vor allem von Fortgeschrittenen oft vernachlässigt. Daraus resultiert eine falsche Position auf dem Rad, die man im Nachhinein wieder aufwendig abtrainieren muss.
Trail
Sobald die Räder durch ein leichtes Gefälle oder einen starken Antritt von selbst rollen, verlässt du die sitzende Position auf dem Rad und stellst dich auf die Pedale. Um zentral im Rad zu stehen, nimmst du die Kurbeln waagerecht und das Körpergewicht ist somit zu fast 100 % auf die Pedale verteilt. Die Hände umfassen die Griffe und tragen so gut wie keine Last.
Schwere Füße
Bei längeren Rollpassagen kannst du die Fersen absenken, um deine Beinmuskulatur zu entspannen. Die Knie- sowie Ellenbogengelenke sind minimal gebeugt – nicht durchgestreckt und somit locker. Bei Stufen- oder Wurzelfahrten bewegen sie sich wie eine Federgabel mit deutlich mehr Federweg als euer Bike. Das hilft dir, in der Balance zu bleiben.
Locker
Mit den Händen umschließt du die Griffe, um das Cockpit stets unter Kontrolle zu halten. Es ist nahezu kein Druck auf den Griffen, da du mit deinem gesamten Gewicht fest auf den Pedalen stehst. Leichte Hände – schwere Füße!
Basistechnik – Bike-Balance verbessern im Schneckenrennen
Nicht nur ein schneller Biker ist ein guter Biker. Gerade in engen und verwinkelten Passagen, aber auch im Straßenverkehr setzt man ohne die nötige Balance schnell das Bein auf den Boden. Üben kann man die Balance, sobald man auf das Rad steigt: beim Warten auf seine Kumpels, auf der täglichen Fahrt zur Arbeit an der Ampel oder vor der Eisdiele!
Schnecke
Bei der langsamen Schneckenfahrt versucht man, in maximaler Zeit die geringste Distanz mit dem E-Mountainbike zurückzulegen. Beginne in der zentralen Grundposition. Tipp: Übe auf einem leicht ansteigenden Weg, das erleichtert das Erlernen der Technik. Nutze die kleinste Unterstützungsstufe und lege einen leichten Gang ein.
Kick
Den Kick führst du aus, indem du das hintere Pedal ein wenig nach hinten unten senkst und es durch einen kleinen Kick wieder in die waagerechte Position zurückholst. Versuche, mit leichten Pedal-Kicks so langsam wie möglich nach vorne zu tippeln. Du bist dadurch weiterhin zentral und kannst von Neuem mit einem zusätzlichen Pedal-Kick ein kleines Stück weiter rollen.
Freeze
Nach einigen Durchgängen bekommst du immer mehr Feingefühl. Die Krönung ist der Trackstand: Die Räder drehen sich nicht mehr. Du bleibst auf der Stelle stehen und tarierst das Bike aus. Das ist die eingefrorene Position (FREEZE). Tipp: Wenn du jetzt das Oberrohr an die Innenseite des Oberschenkels anlegst und das Vorderrad leicht einschlägst, stabilisiert du die Position auf dem Bike und das Wackeln wird weniger.
Basistechnik – Vorderrad anheben
Man muss kein Wheelie-Experte sein, um das Vorderrad über ein Hindernis zu bekommen. Egal ob über einen Bordstein in der Stadt oder einen kleinen Baumstamm auf dem Trail – diese Technik hilft dir, im Fahrfluss zu bleiben und das Vorderrad vor einem Durchschlag zu bewahren.
Tief
Rolle mit gewohnter Geschwindigkeit in der zentralen Position an das Hindernis heran. Locker und lässig sein ist angesagt. Registriere das Hindernis, aber fixiere einen Punkt in der Verlängerung des Trails. Kurz vor dem Bordstein oder dem flach liegenden Ast beugst du die Ellenbogen, senkst dadurch den Oberkörper ab und baust Körperspannung auf. Die Knie werden leicht gebeugt.
Hoch
Mit einem strecksprungartigen Impuls gehst du nach oben, die Arme werden lang und das Vorderrad hebt vom Boden ab. Mach dich leicht! Das Vorderrad schwebt über das Hindernis.
Weich
Nachdem du mit dem Vorderrad das Hindernis überwunden hast, sollte es so sanft wie möglich auf dem Untergrund aufgesetzt werden. Hierfür fungieren die Ellenbogen als eine Art Stoßdämpfer und federn den Aufprall durch Beugen ab. Wenn du deine Kurbeln weiterhin waagerecht und deine Beine leicht gebeugt hast, läuft das Hinterrad von selbst über das Hindernis.
E-MOUNTAINBIKE Fahrtechnik Special Teil 2 – Basics für den Uphill
Im Vergleich zum klassischen Mountainbike sammelt man die Höhenmeter auf dem E-Mountainbike meist schneller und mit geringerem Kraftaufwand. Doch auch die Bergauffahrt mit Motorunterstützung hat ihre Tücken. Um beim Anfahren am Berg, aber auch beim Absteigen und beim Einsatz der Schiebehilfe souverän zu bleiben, helfen diese drei Tricks.
Basis-Technik – Anfahren am Berg
Manchmal kommt es auch mit dem E-Mountainbike vor, dass man bergauf mal eine Pause einlegt – weil der Untergrund lose ist oder man einfach mal die Aussicht genießen will. Damit die Anfahrt ohne Stress über die Bühne geht, gibt es ein paar Punkte zu beachten.
Positionieren
Stell dein E-Mountainbike idealerweise im 45-Grad-Winkel zur Steigung an den Wegrand. Solange der Trail nicht sehr schmal ist, klappt das Aufsteigen mit dieser Technik auch dort. Wähle eine niedrige Unterstützungsstufe sowie einen leichten Gang. Halte zudem beide Bremsen gezogen, damit das Rad nicht bergab rollt.
Aufsteigen
Jetzt steigst du von der Bergseite auf, setzt dich auf deinen ausgefahrenen Sattel und nimmst das talseitige Pedal auf Höhe des Unterrohrs. Das Vorderrad wird in Fahrtrichtung eingeschlagen und der Blick folgt dem Wegverlauf. Bei steilen Passagen setz dich auf die Sattelspitze, um beim Losfahren ein Steigen des Vorderrades zu vermeiden. Tipp: Falls du eine versenkbare Sattelstütze hast, steige in abgesenkter Position auf. Es ist entspannter und die Balance lässt sich leichter halten.
Gleichmäßig treten
Mit leicht gebeugten Ellenbogen und einem kräftigen sowie gleichmäßigen Tritt fährst du im Sitzen und ohne zu schalten los. Dein Blick zielt weiterhin weit nach vorne. Falls du eine versenkbare Sattelstütze montiert hast, fährst du sie jetzt langsam in Tourenposition aus. Sobald du wieder in Tritt gekommen bist, kannst du je nach Steigung eine neue Unterstützungsstufe oder einen neuen Gang wählen.
Basistechnik – Absteigen am Berg
Auch das Absteigen bergauf sollte vor allem mit dem E-Mountainbike geübt werden. Durch das höhere Gewicht ist das Absteigen in den Rahmen keine Option, weil man zu instabil werden würde. Der Bereich zwischen Sattel und Vorbau wird nicht umsonst auch als Todeszone bezeichnet – er ist absolut tabu!
Absteigen
Wenn die Balance und die Kraft bergauf nachlassen, sollte man ans Absteigen denken. Dazu findet man am besten eine eher flache Stelle für einen sicheren Stand.
Bergfuß
Fahre eine leichte Kurve und steige mit dem Bergfuß ab. Mit ihm hat man den kürzesten Weg zum Boden. Setz den Bergfuß ab und zieh dabei beide Bremsen. So rollt das Rad nicht zurück und du hältst die Balance.
Talfuß
Langsam den gegenüberliegenden Talfuß vom Pedal lösen und kontrolliert (nicht ruckartig!) vom Rad auf die Bergseite absteigen. Halt die Bremsen dabei weiterhin gezogen und behalte das Rad über den Lenker noch fest im Griff.
Hier drei weitere Tipps für eine entspannte Bergauffahrt:
- schau immer weit voraus, damit du im Fahrfluss bleibst
- fahre mit einer regelmäßigen und hohen Trittfrequenz
- versuche auch bergauf, gleichmäßig zu atmen, und lass entspannt die Schultern fallen
Basistechnik – Schieben mit Schiebehilfe am Berg
Jetzt ist es passiert. Das Anfahren bergauf klappt nicht! Die meisten E-Mountainbikes besitzen für Momente wie diesen eine Hilfe, die das Schieben erleichtert. Die Schiebehilfe bedient man über eine Fernbedienung am Lenker. Man sollte sich vor der Tour erkundigen, wie man diese Schiebehilfe aktiviert, da sie je nach Motorenhersteller und Modell unterschiedlich funktioniert.
Leichter Gang
Das Hinterrad dreht durch und verliert die nötige Traktion. Du musst absteigen. Bevor du aber die Schiebehilfe drückst, hebe das Hinterrad und lege einen leichten Gang ein. Such dir hierzu einen möglichst festen Untergrund.
Schieben
Aktivere jetzt die Schiebehilfe. Umgehend marschiert das E-Mountainbike, angetrieben über das Hinterrad, mit maximal 6 km/h los. Es braucht etwas Übung, das E-Mountainbike über verwinkelte oder rutschige Stücke zu schieben. Oft hilft es, mit einer Hand am Sattel das Rad beim Schieben nach unten zu drücken. Dadurch hat man mehr Traktion am Hinterrad. Wichtig: Immer bremsbereit sein, falls sich das Rad verselbstständigen will.
Positionieren
Sobald du eine passende Stelle für das Anfahren am Berg gefunden hast, positioniere das Rad, wenn möglich, im 45-Grad-Winkel bergauf an den Wegesrand und fahre entspannt los. Für die Berganfahrt nutze die Tipps weiter oben im Bereich „Basistechnik bergauf – Anfahren am Berg“.
Die besten E-MTB-Fahrtechnikschulen in Deutschland
Das war unsere kleine E-MTB-Fahrtechnik-Schule. Wenn euch das noch nicht reicht, dann findet ihr hier die besten E-MTB-Fahrtechnikschulen in Deutschland (Zu den Fahrschulen)
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Words: Photos: Christoph Bayer