Täuschen uns die Sinne? Die neue Ducati schmiegt sich gut in das Portfolio der italienischen Motorradmarke und ähnelt den Rennmaschinen optisch, lässt aber das sonst so typische Motorknattern missen. Die Ducati TK-01 RR verspeist keinen Kraftstoff, sondern wird von dem neuen Shimano EP8 E-Bike-Motor angetrieben. Wir haben das neue E-MTB bereits exklusiv getestet und sagen euch, wie es sich auf dem Trail fährt.

Ducati TK-01 RR | Shimano EP8/630 Wh | 180/170 mm (v/h) | 26,38 kg in Größe L | 6.990 € | Hersteller-Website

Die meisten verbinden den Namen Ducati vermutlich mit leistungsstarken Rennmaschinen aus dem Motorsport. Die Firmenhistorie der Italiener zeigt: Bevor das erste Motorrad von Ducati vom Band lief, stellten die Italiener bereits in den Vierzigerjahren Räder mit Hilfsmotor her. Seit dem hat sich vieles getan, den Motorrad-ähnlichen Look besitzt das neue E-Mountainbike TK-01 RR der Italiener dennoch, nur moderner. In Zusammenarbeit mit dem italienischen E-Bike-Hersteller THOK bringt Ducati ihr neues E-Mountainbike für 2021 auf den Markt: das Ducati TK-01 RR, das auf dem THOK TK-01 basiert. Als erstes und einziges Magazin weltweit konnten wir bereits eine seriennahen Prototypen ausführlich testen. Wir verraten euch, was das Bike mit neuem Shimano EP8-Motor, 630 Wh Akkukapazität, MX-Laufrädern und neuem Öhlins Fahrwerk mit 180/170 mm draufhat.

Das erste Fahrrad mit Hilfsmotor von Ducati aus den 1940er-Jahren.
Das neue Ducati TK-01 RR 2021, das seine Herkunft nicht verschweigt: italienischer Moto-Style.

Das Ducati TK-01 RR im Detail

Das TK-01 RR hat nicht nur den Namen eines Motorradherstellers auf dem Unterrohr stehen, sondern ist auch komplett im Moto-Style designt. Die progressive Designsprache deutet an, wohin der Weg mit der Ducati TK-01 RR gehen soll: raus aus der Stadt und ab ins Gelände. Das Bike ist von vorne bis hinten farblich durchdesignt. Sogar der Sattel kommt in den passenden Farben und mit Ducati-Logo. Hier kommt richtig italienisches Race-Feeling auf. Ein breiter Mud Guard am Unterrohr unterstreicht den Motorrad-ähnlichen Look und soll gleichzeitig vor aufspritzendem Schlamm schützen. Passend dazu sitzt ein Fender am Heck über dem Hinterreifen. Eines ist sicher: Wer mit diesem Bike unterwegs ist, fällt definitiv auf!

Wer mit dem neuen Ducati TK-01 RR unterwegs ist, fällt definitiv auf!

Dolce Vita oder Race-Feeling? Beim Mid-Ride-Espresso in der Toskana fand E-MOUNTAINBIKE-Herausgeber Robin die perfekte Balance – ob er sie auch auf dem Trail fand?

Der Alu-Rahmen des 6.990 € teuren Bikes wirkt mächtig, die Proportionen stimmig. Betrachtet man die Rahmendetails genauer, fallen die markant platzierten Schweißnähte auf. Bestes Beispiel hierfür sind die Kettenstreben, auf der sich die Schweißnaht einmal längs über die gesamte Länge zieht. Die massive Optik der Ducati hat ein hohes Gesamtgewicht zur Folge: 26,38 kg! Das zulässige Gesamtgewicht ist dafür ebenfalls hoch: 145,5. Für Fahrer und Equipment bleiben dann ganze 119 kg.

Einzigartig: Der Ducati Schriftzug und der Mud Guard am Unterrohr tragen maßgeblich zum Look der neuen Ducati bei.
Das Farbkonzept zieht sich bis ins letzte Detail durch. Sogar der Sattel kommt in Schwarz/Rot und mit Ducati Schriftzug.
Und auch am Heck kommt ein Fender zum Einsatz, der nicht nur den Look abrundet, sondern auch die Lager vor Dreckbeschuss des Hinterrads schützen soll.
Die Kabel laufen bereits am Steuerrohr in den Hauptrahmen, verursachen allerdings etwas Kabelsalat.
Die Schweißnaht am Hinterbau verläuft quer über die Kettenstrebe …
… und auch am Hauptrahmen sind die Schweißnähte sehr markant.
Das Oberrohr misst an der breitesten Stelle 8,3 cm. Das schränkt den Bewegungsfreiraum ein und sorgt für ungewollten Kontakt mit dem Knie im Wiegetritt.

Vier Zylinder und 16 Ventile? Dieses Mal nicht – Der Motor der Ducati TK-01 RR

Die Leistungsdaten dieser Ducati werden nicht in PS und Umdrehungen pro Minute gemessen, sondern anhand von Newtonmeter und Wattstunden. In der Ducati TK-01 RR schiebt der neue Shimano EP8-Motor mit 85 Nm Drehmoment an, der gut in das Bike integriert wurde. Der Mud Guard am Unterrohr ist sogar Teil des Akku-Covers. Die Energie erhält der Motor von einem 630-Wh-Akku. Der Anschaltknopf ist unter dem Oberrohr versteckt – clever. Während die Ducati farbenfroh daherkommt, wird am Lenker das schwarz-weiße SC-E7000-Display von Shimano verbaut.

Der neue Shimano EP8-Motor ist solide integriert.
Der 630-Wh-Akku von Shimano versteckt sich im Unterrohr.
Beim Display setzen die Italiener auf das altbekannte, schwarz-weiße Shimano SC-E7000-Display.

Die Ausstattung der Ducati TK-01 RR – Italo-Bling, aber nicht ganz durchdacht

Öhlins ist nicht nur der Erstausstatter von Ducati-Rennmaschinen, sondern liefert auch für das neue E-MTB von Ducati das Fahrwerk. An der Front soll die neue Öhlins RXF 38 m.1 mit 180 mm Federweg für ordentlich Grip sorgen und genug Reserven bei harten Schlägen bereit halten. Passend dazu sitzt der Öhlins TTX Air-Dämpfer im Rahmen und gibt 170 mm Federweg am Heck frei. Das Setup des Öhlins-Fahrwerks ist gewöhnungsbedürftig und zeitaufwendig, unter anderem weil ein SAG-Indikator fehlt. Einmal richtig eingestellt, ist vor allem die Federgabel eine Wucht! Auch bei der Bereifung setzt Ducati, auf einen Partner aus der Motorrad-Szene: Pirelli. Der speziell für E-MTBs entwickelte Pirelli Scorpion E-MTB S in 2,6” Breite ist auf dem 29”-Vorder- und 27,5”-Hinterrad aufgezogen. Uns konnte der Reifen nicht überzeugen. Er fährt sich schwammig und die harte Gummimischung liefert wenig Grip. Wird es nass, sind die Reifen komplett überfordert. Einzig der Pannenschutz ist bei den schweren Reifen gegeben, sodass man hier mit dem Luftdruck experimentieren kann. An unserem Test-Bike sind noch alte Shimano XT BL-M8000-Bremshebel und BR-M8020-Bremssattel verbaut, in Serie soll sobald lieferbar, der aktuelle Modelljahrgang verbaut werden. Das Shimano XT-Schaltwerk wird mit einer kostengünstigeren Shimano SLX-Kassette und Shimano SLX-Schalthebeln kombiniert, was auf den ersten Blick mehr Performance vortäuscht, als in der Schaltung steckt. Beim Cockpit setzt Ducati auf einen 800 mm breiten Lenker von Renthal – ebenfalls ein Partner in der Ausstattungsliste, mit dem Ducati bereits im Motorradbereich zusammenarbeitet.

Ducati TK-01 RR

6.990 €

Ausstattung

Motor Shimano EP8 85 Nm
Akku Shimano 630 Wh
Display Shimano SC-E7000
Federgabel Öhlins RXF 38 m.1 180 mm
Dämpfer Öhlins TTX Air 170 mm
Sattelstütze KS-dropper post 125 - 170 mm
Bremsen Shimano XT M8000/8020 200/200 mm
Schaltung Shimano XT/SLX 1x12
Vorbau Ducati CNC alloy 50 mm
Lenker Renthal carbon 35 800 mm
Laufradsatz Crank Brothers Synthesis Alloy 29"/27,5"
Reifen Pirelli Scorpion E-MTB S, Smartgrip 2,6"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 26,38 kg
Zul. Gesamtgewicht 145,5 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 119 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

Fender am Unterrohr

Die neue Öhlins RXF 38 m.1 mit 180 mm Federweg steht dem TK-01 RR nicht nur optisch gut, sondern kann auch mit guter Performance auf dem Trail überzeugen.
Passend dazu sorgt am Heck ein Öhlins TTX Air-Dämpfer für 170 mm Federweg.
Die KS-Dropperpost kommt an unserem Prototyp noch mit 150 mm Hub, in Serie sollen es dann 170 mm in Größe L sein.
Die Alu-Laufräder kommen von Crankbrothers und sind speziell für den E-MTB-Einsatz konzipiert worden.
Der Scorpion Reifen ist laut Pirelli zwar E-MTB-spezifisch, sorgt aber für ein schwammiges Fahrgefühl, wenig Grip und drückt auf die Waage.
Der langjährige Partner Renthal, der auch Motorrad-Komponenten herstellt, liefert auch am neuen E-MTB von Ducati den Carbon-Lenker. Sexy: der Ducati-Vorbau!

Die Geometrie der Ducati TK-01 RR

Das Ducati TK-01 RR gibt es in 4 Größen von S–XL. Die Kettenstreben sind mit 453 mm in allen Rahmengrößen auf der langen Seite, während der Sitzwinkel mit 75,5°, die Oberrohrlänge und der Reach mit 464 mm in Größe L eher moderat ausfallen. Dagegen ist der Lenkwinkel mit 64,5° relativ flach.

Größe S M L XL
Sattelrohr 385 mm 415 mm 450 mm 495 mm
Oberrohr 582 mm 600 mm 629 mm 660 mm
Steuerrohr 105 mm 115 mm 131 mm 149 mm
Lenkwinkel 64,5° 64,5° 64,5° 64,5°
Sitzwinkel 75,5° 75,5° 75,5° 75,5°
Kettenstrebe 453 mm 453 mm 453 mm 453 mm
Tretlagerabsenkung 15 mm 15 mm 15 mm 15 mm
Radstand 1.212 mm 1.233 mm 1.265 mm 1.298 mm
Reach 423 mm 439 mm 464 mm 491 mm
Stack 623 mm 623 mm 638 mm 654 mm

Im Test: Das Ducati Ducati TK-01 RR in der Ebene und im Uphill

In der Ebene sitzt man komfortabel und die Lastverteilung zwischen Händen und Po ist ausgewogen. Das fein ansprechende Fahrwerk bügelt kleine Unebenheiten platt und sorgt für reichlich Komfort auf Touren. Entspannt cruisen steht dem Ducati TK-01 RR gut. Geht es bergauf, ist der Fahrer weit über dem Hinterrad positioniert. Das Heck versackt an steileren Rampen tief im Federweg, sodass die Front aktiv am Steigen gehindert werden muss. Trotz der langen Kettenstreben und der guten Traktion des Fahrwerks muss man mit dem Ducati im technischen Uphill Abstriche hinnehmen. Flowige Abschnitten mit weniger Steigung meistert es besser, hier wird es allerdings von seinem hohen Gesamtgewicht und dem behäbigen Charakter im Fahrspaß limitiert. Im Wiegetritt kann man man mit dem Knie bzw. Oberschenkel an das bis zu 8,3 cm (!) breite Oberrohr stoßen. Das verursachte bei uns zwar keine Schmerzen, schränkt aber den Bewegungsfreiraum zugunsten des Designs unnötig ein.

Helm FOX Speedframe Pro | Jersey FOX Defend Delta LS | Hose FOX Ranger | Rucksack FOX Utility Hydration Pack

So fährt sich das Ducati TK-01 RR bergab

Bereits im Stand verspricht das Ducati TK-01 RR mit seiner aggressiven Optik und dem potenten Fahrwerk eine Abfahrtmaschine zu sein. Auf dem Trail kann es die sportlichen Erwartungen allerdings nicht erfüllen. Der träge Charakter und das hohe Gewicht von 26,38 kg limitieren es in vielen Fahrsituationen. Die neue Öhlins RXF 38 m.1-Federgabel mit 180 mm Federweg und der Öhlins TTX Air-Dämpfer steht dem Bike prinzipiell gut. Die Gabel filtert kleine Unebenheiten weg, sorgt für gute Traktion und lässt sich in ihrer Endprogression leicht einstellen.

Wenn es richtig zur Sache geht, kann die Federgabel überzeugen, der Hinterbau des Ducati TK-01 RR ist dann allerdings überfordert. In offenen Kurven sorgt das hohe Gesamtgewicht und der fehlende Grip der Reifen dafür, dass man aus den Kurven hinausgetragen wird. Auch in technischen Sektionen und engen Kurven sind das hohe Gesamtgewicht, der fehlende Gegenhalt vom Fahrwerk und der schlechte Reifen Gründe dafür, dass für Fahrer mit aktiver Fahrweise nur wenig Fahrspaß aufkommt. Wird es schnell, gaukelt das Ducati durch seine Laufruhe mehr Highspeed-Fähigkeiten vor, als in ihm stecken. Ein weiterer Kritikpunkt: Das TK-01 RR ist nicht leise. Zum einen klappert der Shimano EP8-Motor, zum anderen schlägt die Kette auf den Alu-Rahmen, da der Kettenstrebenschutz zu kurz ausfällt.

Tuning-Tipps: Reifen tauschen und das passende Outfit zum Bike kaufen

Unser Fazit zum Ducati TK-01 RR

Prestige E-SUV auf italienisch: Das Ducati TK-01 RR besitzt einen extravaganten Look im Moto-Style, der Fans der Marke begeistern wird. Kostenpunkt: 6.990 €. Wer ein Statussymbol sucht, mit dem er auffällt, ist hier genau richtig. Auch Tourenfahrer, die auf ein komfortables E-Bike und die Optik des Bikes stehen, kommen auf ihre Kosten, sollten sich aber bewusst sein, dass die 26,38 kg Gesamtgewicht nur schwerfällig bewegt werden. Für aktive und sportliche Fahrer gibt es bessere Alternativen auf dem Markt, die auf dem Trail deutlich mehr Performance bieten.

Tops

  • Öhlins Fahrwerk
  • extravaganter Italo-Racer-Style

Flops

  • hohes Gewicht
  • Reifen bieten nur wenig Traktion
  • schwerfällig

Für weitere Informationen besucht die Ducati Website.


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Words: Jonas Müssig & Rudolf Fischer Photos: Jonas Müssig & Robin Schmitt