Light-E-MTBs sind groß im Kommen und so bringt auch BH mit dem iLynx Trail Carbon ein Bike auf dem Markt, das unter 20 kg wiegt und von einem eigens entwickelten Motor angetrieben wird. Auf den ersten Blick ist es trotz des 540 Wh großen Akkus kaum als E-Bike zu erkennen, doch wie schlägt es sich auf den Trails?

BH iLynx Trail Carbon Pro 2022 8.9 | BH2EXMAG/540 + 180 Wh | 150/150 mm (v/h)
19,36 + 0,975 kg in Größe L | 9.099 € | Hersteller-Website

BH Bikes ist ein spanischer Hersteller mit einer Geschichte, die über 100 Jahre zurückreicht. Dabei waren sie vor allem im Rennsport aktiv, zunächst im Rennradbereich, mittlerweile auch mit Mountainbikes. Letztes Jahr haben die Spanier das leichte iLynx Trail Carbon-E-Mountainbike vorgestellt, das 150 mm Federweg an Front und Heck mitbringt. Wir hatten zum Release bereits einen ersten Eindruck geliefert, jetzt haben wir das erste fahrbare Muster des 9.099 € teuren Bikes für einen ersten Test erhalten.

Das eigene Motorkonzept des BH iLynx Trail Carbon

Das BH iLynx Trail Carbon hat einen eigenen Motor verbaut, der den Namen BH2EXMAG trägt. Er bringt 2,1 kg auf die Waage und liefert ein maximales Drehmoment von 65 Nm. Der Akku des Bikes hat eine Kapazität von 540 Wh, wobei zusätzlich eine 180 Wh-starke Zusatzbatterie im Flaschenhalter angebracht werden kann. Dieser XPro genannte Range Extender wiegt 975 g und ist bei allen Bike-Modellen mit dem Namenszusatz „Pro“ bereits enthalten. Für alle anderen Modelle kann er für 349,90 € nachgerüstet werden. In Summe sind das 720 Wh an Akkukapazität, was in Kombination mit dem kleinen Motor für eine entsprechend hohe Reichweite sorgen soll. Mit Zusatzbatterie kommt das BH iLynx Trail Carbon 2022 auf gerade mal 20,4 kg.

Auf den ersten Blick ist man mit dem BH iLynx Trail Carbon-Bike ziemlich unauffällig unterwegs: Dank des schlanken Unterrohrs könnte man es auch für ein Mountainbike mit futuristischer Trinkflasche halten. Apropos Trinkflasche: Diese kann zwar anstatt des Range Extenders in den Halter gesteckt werden, viel Platz ist allerdings nicht und selbst in Rahmengröße L haben viele von uns getesteten Flaschen nur mit Quetschen in den Halter gepasst.

E-Bike oder analoges Mountainbike? Auf den ersten Blick weiß man das beim iLynx Trail nicht.
Enge Kiste: Eine Flasche passt hier nur sehr knapp rein.

Die Ladebuchse ist elegant im Hauptlager des Hinterbaus versteckt und die Steuerung des Motors erfolgt lediglich über eine minimalistische Remote am Lenker, einen Bildschirm sucht man hier vergeblich. Das trägt weiter zum Stealth-E-MTB-Feeling des iLynx bei. Allerdings bedeutet es auch, dass die Bedienung weniger intuitiv ist. Sobald man sich aber daran gewöhnt hat und die Farben eindeutig zuordnen kann, ist es jedoch kein Problem mehr. Das Feedback des Knopfdrucks erfolgt per Vibration, die man über die Remote am linken Griff spürt. Das ist ein nettes Feature, liefert aber keinen wirklichen Benefit, da man es beim Fahren kaum noch wahrnehmen kann. Die LEDs sind an unserem Test-Bike wenig kontrastreich und dadurch schwer zu erkennen. Am Serienmodell soll die Lesbarkeit allerdings verbessert werden.

Die Ladebuchse sitzt im Hauptlager des Hinterbaus. Beim Serien-Bike wird noch eine Klappe die Öffnung vor dem Eindringen von Schmutz und Wasser schützen.
Bildschirm? Fehlanzeige. Diese 4 LEDs am Lenker sind, neben der App, die einzige Information, die man vom Bike bekommt.

Es gibt vier Unterstützungsstufen, die mithilfe einer App angepasst werden können. Die App selbst ist schlicht gehalten, aber funktionell und man kann Unterstützung, Beschleunigung und Farbe der LEDs anpassen. Standardmäßig ist die Unterstützung je nach Modus bei 25 %, 50 %, 75 % bzw. 100 % eingestellt. Sie kann aber in jedem Modus stufenlos verstellt werden. Die Beschleunigung ist ab Werk in allen Modi bei 100 % und kann zwischen 30 %, 60 % und 100 % verändert werden. Zusätzlich gibt es einen Automatik-Modus, der einen progressiveren Abruf der Leistung bewirken soll, sich bei der Fahrt allerdings sehr ähnlich wie die maximale Unterstützung anfühlt. Auch eine Schiebehilfe gibt es, die bricht jedoch nach wenigen Sekunden bereits wieder ab und ist somit nervig und nicht wirklich nützlich. Wer nicht auf einen Bildschirm verzichten möchte, kann die Remote via ANT+ mit seinem Garmin verbinden.

Die Züge sind schön geklemmt und verlaufen am Steuerrohr in den Rahmen. Clean!
Der eigene Motor ist mit BH Logo verziert.

Die Züge verlaufen durch das Steuerrohr in den Rahmen und geben dem Lenker so einen cleanen Look. Durch einen verbauten Lenkanschlag kann man den Lenker nur 75° in jede Richtung drehen. Weitere coole Features sind die im Rahmen integrierte Sattelklemme und ein Tool, das im Steuerrohr sitzt. Letzteres war in unserem Test-Bike leider noch nicht enthalten und so konnten wir die Umsetzung nicht checken. Der Kettenstrebenschutz fällt etwas kurz aus: An unserem Test-Bike sind bereits erste Schleifspuren zu erkennen. Mit etwas Rahmenschutz-Klebeband sollte dieses Problem jedoch leicht zu beheben sein.

Hier sind bereits erste Schleifspuren der Kette zu sehen.
Die Sattelklemme versteckt sich am Rahmen unter diesem Kunststoffschutz.

Eine Besonderheit des Bikes ist, dass es einen Hinterbau mit Superboost-Standard verwendet. Diese breiteren Laufräder, die allerdings nur von wenigen Herstellern eingebaut werden, sollen eine verbesserte Stabilität bieten. Da sie jedoch nur selten verwendet werden, ist die Beschaffung von Ersatzteilen deutlich erschwert. Unserer Meinung nach ist dies den marginalen Steifigkeitsvorteil nicht wert.

Die Ausstattung des BH iLynx Trail Carbon 2022 8.9

Das BH iLynx Trail Carbon 8.9 ist mit einem Fahrwerk aus der FOX Factory-Serie ausgestattet. Vorne arbeitet eine Gabel mit Fit4-Dämpfungskartusche, die 150 mm Federweg bereitstellt. Sie ist leichter als die GRIP2-Kartusche, bietet jedoch ein weniger sensibles Ansprechverhalten und weniger Einstellbarkeit. Es ist also eine gute Wahl für Leichtbau, allerdings leidet die Trail-Performance etwas. Am Heck werden ebenfalls 150 mm Federweg bereitgestellt und vom FLOAT X-Dämpfer verwaltet. Gebremst wird mit Shimano XT, mit 200 mm Bremsscheiben vorne und hinten. An unserem Bike sind aus Gründen der Verfügbarkeit zwei verschiedene Typen montiert, im Serienmodell wird jedoch sowohl vorne als auch hinten die ICE-TECH-Scheibe verbaut sein. Auch die Schaltung stammt von Shimano mit der lupenreinen XTR-Gruppe, die mit einem Kettenblatt mit 34 Zähnen kombiniert ist.

Die verbaute Fit4-Dämpfungskartusche spart zwar Gewicht, man büßt damit jedoch Trail-Performance ein.
Die Shimano XT-Bremsen bieten gewohnt sehr gute Bremspower.

Als Sattelstütze dient eine komplett versenkbare FOX Transfer, die mit 150 mm aber zu wenig Hub bietet und somit die Bewegungsfreiheit bei der Abfahrt einschränkt. Das Bike rollt auf Race Face Turbine Alu-Laufrädern, gepaart mit MAXXIS-Reifen: Der 2,5” breite DHF an der Front und der 2,4” breite DHF II am Heck sind beide mit der pannenanfälligen EXO+ Karkasse und der harten MaxxTerra-Gummimischung ausgestattet. Wenn ihr die Trail-Performance maximieren wollt, raten wir euch hier zu einem Upgrade: vorne Reifen mit weicher Gummimischung wie MaxxGrip und hinten Modelle mit robusterer Karkasse wie Doubledown.

Mit 150 mm Hub ist die verbaute FOX Transfer-Dropper zu kurz.
Die MAXXIS DHF/DHR II-Kombi ist ein super Allrounder, für ein Extra an Abfahrts-Performance lohnt sich aber ein Upgrade.

BH iLynx Trail Carbon Pro 2022 8.9

9.099 €

Ausstattung

Motor BH2EXMAG 65 Nm
Akku BH Battery 540 Wh
Display -
Federgabel FOX 36 Factory Fit4 150 mm
Dämpfer FOX Float X 150 mm
Sattelstütze FOX Transfer Factory 150 mm
Bremsen Shimanno XT 200/200 mm
Schaltung Shimano XTR 1x12
Vorbau BH Evo Fit 35 mm
Lenker Race Face Aeffect Riser 780 mm
Laufradsatz Race Face Turbine 30 29"
Reifen MAXXIS DHF EXO+ MaxxTerra / MAXXIS DHR II EXO+ MaxxTerra 2,5"/2,4"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 19,36 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

Range Extender mit 180 Wh

Die Geometrie des BH iLynx Trail Carbon 2022

Das BH iLynx Trail Carbon 2022 wird in vier Größen von S bis XL angeboten. In Größe L bietet es einen moderaten Reach von 475 mm und ein 440 mm langes Sitzrohr. Das ist angenehm kurz und würde gute Bewegungsfreiheit gewährleisten, wenn eine längere Teleskopsattelstütze verbaut wäre.

Größe S M L XL
Oberrohr 582 mm 599 mm 624 mm 643 mm
Sattelrohr 400 mm 410 mm 440 mm 480 mm
Steuerrohr 95 mm 100 mm 110 mm 125 mm
Lenkwinkel 66° 66° 66° 66°
Sitzwinkel 75,5° 75,5° 75,5° 75,5°
BB Drop 339 mm 339 mm 339 mm 339 mm
Kettenstrebe 451 mm 451 mm 451 mm 451 mm
Reach 427 mm 453 mm 473 mm 488 mm
Stack 609 mm 615 mm 624 mm 638 mm
Helm Sweet Protection Trailblazer | Brille Adidas SP0057 | Rucksack EVOC Hydro Pro 1,5l | Shirt IXS Flow | Shorts Gore Explore | Knieschoner IXS Carve EVO+ | Schuhe Specialized 2FO ClipLite | Socken Havana Club

Das BH iLynx Trail Carbon 2022 auf dem Trail

Okay, genug Fakten gecheckt, jetzt stellt sich die große Frage: Wie performt das Bike auf dem Trail? Ist es ein Orbea Rise-Killer? Und was kann der eigenentwickelte Motor? Der erste Eindruck ist sehr angenehm: Man sitzt komfortabel und wenn man in der Ebene pedaliert, ruht nicht zu viel Gewicht auf den Händen. Auch wenn es bergauf geht, ist die Sitzposition bequem und erst wenn es sehr steil wird, muss man nach vorne arbeiten, um die Front am Steigen zu hindern. Der Motor summt leise vor sich hin, bei höherer Belastung wird das Geräusch etwas lauter, aber dennoch nicht störend. Das Motorgefühl beim Fahren ist etwas unnatürlich, insbesondere die Abstimmung konnte uns noch nicht überzeugen. Vor allem beim Pedalieren in der Ebene setzt er oft abrupt ein und im Wiegetritt hat man ein etwas unrundes Fahrgefühl. Auch an der 25-km/h-Grenze spürt man deutlich, wie der Motor regelmäßig wieder ein- und aussetzt. Ist das Bike erst mal ins Rollen gebracht, braucht es kaum Druck auf den Pedalen, um die Motorpower weiter aufrecht zu erhalten. Dadurch hat man manchmal das Gefühl, dass das Bike unter einem wegfährt. Auch wenn man aufhört zu treten, spürt man, dass der Motor noch eine ganze Weile weiter schiebt. Während dieser lange Nachlauf in vielen Situationen ungewollt ist, kann er in technischen Anstiegen jedoch hilfreich sein, um die ein oder andere Stufe gut zu bewältigen. Fährt man am Berg an, kommt man kurz ins Grübeln, ob der Motor noch an ist, denn oft setzt die Unterstützung erst nach etwa einer Umdrehung ein. Gerade bei steileren Anstiegen spürt man ein mahlendes Gefühl an der Kurbel. Es kommt einem so vor, als spüre man die Zahnräder im Motor ineinandergreifen. Zudem merkt man, dass der Motor dann spürbar zu kämpfen hat. Ein kleineres Kettenblatt könnte hier Abhilfe schaffen, den Motor entlasten und euch noch steilere Climbs hinaufbringen. Übrigens: Fällt die Akkukapazität unter 20 %, wird die Unterstützung schrittweise heruntergeregelt, um eine zu starke Entladung der Batterie zu verhindern. Bei weniger als 5 % Akku-Restkapazität liefert der Motor keine Unterstützung mehr.

Geht der Trail bergab, lässt sich das iLynx Trail intuitiv steuern und fühlt sich für ein E-MTB recht spritzig an. Hier macht sich auf jeden Fall das geringe Gewicht von 19,4 kg ohne Range Extender bemerkbar. Allerdings ist bei der Abfahrt deutlich ein störendes Klappern des Motors zu hören. Der Hinterbau ist ziemlich weich. Selbst wenn man den SAG niedriger als gewöhnlich einstellt, hat man eher wenig Gegenhalt in Kompressionen und auch beim Abziehen an Kanten sackt das Fahrwerk erstmal etwas weg. Durch den soften Hinterbau fühlt man sich etwas entkoppelt vom Boden und gerade beim Bremsen verliert das Heck dadurch schnell an Traktion. Auf steilen Trails oder sehr rauem Untergrund kostet das einiges an Selbstvertrauen. In offenen Kurven muss man die Front aktiv belasten, um den Grip am Vorderrad zu halten. Hier macht sich die weniger sensible Gabel mit Fit4-Kartusche und der harte MAXXIS DHF-Reifen mit MaxxTerra-Gummimischung an der Front bemerkbar.

Tuning-Tipps: Rahmenschutz-Klebeband vorne auf der Kettenstrebe | Reifen mit robusterer Karkasse und an der Front weichere Mischung für maximale Trail-Performance | kleineres Kettenblatt, wenn ihr oft steile oder technische Anstiege fahrt

BH iLynx Trail Carbon vs. Orbea Rise

Das BH iLynx Trail Carbon liegt bezüglich der Daten zwischen dem Carbon-Bike Orbea Rise und dessen Alu-Variante. So hat das BH einen Carbonrahmen, aber die gleiche Akkugröße wie das Alu-Rise. Interessant beim iLynx sind das geringe Gewicht, der eigene Motor und der schlichte, cleane Look. Es zeigt allerdings noch Schwächen bei der Abstimmung von Motor und Hinterbau.

BH iLynx Trail Carbon Pro 2022 8.9 | BH2EXMAG/540 + 180 Wh | 150/150 mm (v/h)
19,36 + 0,975 kg in Größe L | 9.099 € | Hersteller-Website
Orbea Rise M-Team | Shimano EP8-RS/360 + 252 Wh | 150/140 mm (v/h)
20,52 kg in Größe L | 10.155 € | Hersteller-Website

Das Rise ist zwar – sowohl als Alu- als auch als Carbon-Variante – schwerer und hat auf dem Papier weniger besondere Features, es hat allerdings ein ausgereifteres Konzept und bringt so deutlich mehr Fahrspaß auf den Trails – sowohl für Einsteiger als auch Experten.

Das BH iLynx Trail Carbon 2022 bietet vielversprechenden Eckdaten, ein cooles Konzept und einen cleanen, schlanken Look. Auf dem Trail fährt es sich intuitiv und agil, durch den weichen Hinterbau bietet es jedoch wenig Gegenhalt und man fühlt sich entkoppelt vom Boden. Das Potenzial des iLynx Trail Carbon ist erkennbar, aber bei der Abstimmung von Motor und Hinterbau braucht es noch einiges an Optimierungen. Für ambitionierte Trail-Piloten gibt es aktuell deutlich ausgereiftere Light-E-MTBs am Markt.


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Words: Simon Kohler Photos: Mike Hunger

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“