Mit dem neuen Decathlon E-Feel 2024 wollen die Franzosen ein Premium-Bike mit reichlich Trail-Performance auf die Räder gestellt haben. Dabei soll der Preis trotz Top-Komponenten Decathlontypisch niedrig sein. Schafft Decathlon damit den Sprung in die E-MTB-Szene und bietet eine gute Alternative zu den Big-Playern?
Egal welche Sportart ihr auch betreibt, ihr könnt fast immer zu Decathlon gehen und passende Ausrüstung kaufen. Sei es, dass ihr neue Laufschuhe, einen Klettergurt oder eine Schwimmbrille sucht. Ein paar Regale weiter und im Internet bekommt ihr auch Ausrüstung fürs Canyoning, Wakeboarding und alle erdenklichen Kampfsportarten. Da verwundert es wenig, dass Decathlon auch eine große Fahrradwelt mit einer MTB-Sparte hat. Jedoch hatte Decathlon mit E-MTBs wie dem Stilus 29” bisher nicht die performance-orientierte Zielgruppe im Blick. Das ändert sich nun aber mit dem 5.999 € teuren Decathlon E-Feel 2024 (in manchen Märkten auch unter der Bezeichnung Rockrider E-Feel zu finden), das auch für anspruchsvolle E-Mountainbike-Einsätze gerüstet sein soll. Das E-MTB kommt mit Aluminium-Rahmen und einem Federweg von 160/150 mm sowie 29”-Laufrädern. Damit ihr mit dem 24,76 kg schweren Alu-E-MTB entspannt auf jeden Gipfel kommt, unterstützt euch ein Shimano EP801-Motor mit einer 630-Wh-Batterie.
Das Decathlon E-Feel 2024 im Detail
Optisch gibt sich das Decathlon E-Feel 2024 unauffällig mit einem schwarzen Rahmen ohne auffällige Decals. Bei der Linienführung, insbesondere mit dem geknickten Oberrohr und dem Akku-Cover mit Spoiler und Rockrider-Inschrift, geht Decathlon einen eigenen Weg.
Schönheit liegt natürlich immer im Auge des Betrachters, und das Decathlon E-Feel ist das bisher gelungenste E-MTB, das wir von den Franzosen bis dato gesehen haben. Im Vergleich zu den Schönheitskönigen der etablierten Konkurrenz, wie z. B. einem Scott Voltage, wirkt es aber immer noch altmodisch und eher grobschlächtig.
Am Unterrohr finden sich Anschraubpunkte für einen Flaschenhalter. Der Platz im Rahmendreieck fällt aber wegen des Dämpfers recht gering aus. In der Rahmengröße L passt gerade so eine kleine 600-ml-Flasche rein. Bei den beiden günstigeren Ausstattungsvarianten tritt das Problem nicht so in Erscheinung, da deren Dämpfer keinen Ausgleichsbehälter haben. Auch ein Tool Mount findet sich etwas weiter oben am Unterrohr, mit dem ihr Schlauch und Werkzeug problemlos am Rahmen befestigen könnt.
Die Leitungen des Decathlon E-Feel laufen intern durch Kabelports hinter dem Steuerrohr im Rahmen an ihren Bestimmungsort. Dabei sind die Leitungen gut geführt und klappern nicht. Trotzdem ist das E-Feel nicht ganz geräuschlos, denn lautes Kettenschlagen wird durch den harten Gummischutz nicht verhindert, sondern nur etwas gedämpft. Hier würden wir euch empfehlen, mit etwas Slapper Tape oder VHS-Tape nachzuhelfen.
Das Motorsystem des Decathlon E-Feel 900S Team Edition 2024
Außer von euren Beinen wird das Decathlon E-Feel noch von einem Shimano EP801-Motor angetrieben. Um entspannt Richtung Gipfel cruisen zu können, unterstützt er euch mit maximal 85 Nm und 600 W. Seine Energie bezieht der Motor dabei aus dem entnehmbaren 630 Wh großen Akku. Das Herausnehmen ist aber recht aufwändig und eher eine Notlösung. Denn das Akku-Cover wird mit vier kleinen Schrauben, für die ihr einen 2,5-mm-Inbus benötigt, gehalten. Dazu kommt noch ein 4er-Inbus für die Halteschraube des Akkus. Aber vor allem das Schließen des Covers ist sehr fummelig, da ihr die kleinen Löcher mit ebenso kleinen Schrauben treffen müsst. Zusätzlich schließt das Cover nicht sonderlich gut ab, und wir hatten nach den ersten Ausfahrten bereits etwas Dreck und Wasser am Akku. Den Akku des Bikes könnt ihr natürlich auch im Bike, über den gut erreichbaren Ladeport, laden. Nur das Schließen der Gummiabdeckung des Ladeports ist etwas fummelig. Das kleine Shimano SC-EN600-Display sitzt gut geschützt neben dem Vorbau und zeigt euch neben dem Ladestand des Akkus auch Geschwindigkeit und Unterstützungsstufe an.
Dank der Kombination aus Motorsystem und der elektrischen Shimano XT DI2-Schaltung besitzt das Bike auch die Shimano FREE SHIFT-Funktion. Diese erlaubt es euch, solange sich das Hinterrad dreht, den Gang zu wechseln, ohne treten zu müssen. So könnt ihr eure sichere, horizontale Fußstellung beibehalten und gleichzeitig in einen passenden Gang für den Gegenanstieg schalten. Dabei ist es auch egal, ob man gerade über ein riesiges Steinfeld fliegt oder durch ein Wurzelfeld rauscht – ihr müsst nur den Schalthebel mit dem Daumen berühren.
Die Ausstattung unseres Decathlon E-Feel 900S Team Edition 2024
Decathlon hat versucht, bei der Ausstattung Top-Komponenten für maximale Trail-Performance mit einem guten Preis zu vereinbaren. Das merkt man auch beim High-End-Fahrwerk, bestehend aus einer RockShox ZEB Ultimate-Federgabel und einem RockShox Super Deluxe Ultimate-Dämpfer. Beide lassen sich fein auf euch abstimmen und bieten eine sehr hohe Trail-Performance.
Geschaltet wird mit einer elektronischen Shimano XT 12-fach-Schaltgruppe. Die Energieversorgung von Schaltwerk und Shifter übernimmt dabei der Haupt-Akku des Decathlon E-Feel 2024.
Ausreichende Verzögerung und eine gute Dosierbarkeit liefert eine TRP Trail EVO-Bremse, die mit 203 mm großen Bremsscheiben kombiniert ist. Die Bremshebel sind an einem 780 mm breiten, hauseigenen Alu-Lenker montiert. Auch die Dropper Post kommt von Decathlon und liefert mit 170 mm ausreichend Bewegungsfreiheit.
Auf den stabilen Mavic E-Deemax-Laufradsatz sind Decathlon Rockrider Grip 500-Reifen aufgezogen. Wir beschweren uns ja sehr oft und gerne über die Fahrradmäntel, aber hier ist die Kritik so angebracht wie bei kaum einem anderen unserer vielen Test-Bikes. Denn die hauseigenen Gummis liefern keinen Grip, erst recht keinen „Grip 500“. Darum haben wir sie gleich nach der ersten Ausfahrt getauscht, um das eigentliche Potenzial des E-MTB bewerten zu können, ohne von den Reifen ausgebremst zu werden. Wenn ihr auch nur etwas auf Trails unterwegs sein wollt, würden wir euch das auch empfehlen und euer E-MTB zum Beispiel mit einem Satz Schwalbe Magic Mary und Big Betty oder Continental Kryptotal Front und Rear aufwerten. Solltet ihr jedoch hauptsächlich auf Teerstraßen und leichten Schotterpisten unterwegs sein, sind die ab Werk montierten Reifen ganz passabel, da sie einen recht geringen Rollwiderstand haben.
Decathlon E-Feel 900S Team Edition
5.499 €
Ausstattung
Motor Shimano EP801 85 Nm
Akku SHIMANO BT- EN806 630 Wh
Display SHIMANO SC-EN600
Federgabel RockShox Zeb Ultimate 160 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Ultimate 150 mm
Sattelstütze Rockrider Dropper 170 mm
Bremsen TRP TRAIL EVO 203 mm
Schaltung SHIMANO XT 8150 Di2 1x12
Vorbau Potence aluminium 45 mm
Lenker Cintre aluminium 780 mm
Laufradsatz Mavic e-Deemax S 29"
Reifen ROCKRIDER GRIP 900 2,4"
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 24,76 kg
Besonderheiten
Tool Mount
Die verschiedenen Ausstattungsvarianten des Decathlon E-Feel 2024
Neben unserem Test-Bike gibt es noch zwei günstigere Ausstattungsvarianten. Los geht es mit dem Decathlon E-Feel 700s für erschwingliche 3.499 €. Angetrieben wird das E-MTB von einem günstigeren Shimano EP600-Motor und einer Shimano CUES-Schaltgruppe. Das Fahrwerk des E-Feel 700s besteht aus einer RockShox 35 Gold-Federgabel und einem RockShox Deluxe Select-Dämpfer.
Für 1.000 € mehr bekommt ihr das 4.499 € teure Decathlon E-Feel 900s, das den gleichen Shimano EP801-Motor hat wie unser Testrad. Als Schaltgruppe kommt wieder eine Shimano CUES zum Einsatz. Das Fahrwerk wird mit einer RockShox Domain-Federgabel etwas aufgewertet, während im Heck ebenfalls ein RockShox Deluxe Select-Dämpfer seine Arbeit verrichtet.
Die Geometrie des Decathlon E-Feel 2024 im Detail
Das Decathlon E-Feel 2024 gibt es in vier Größen und möchte so Fahrer und Fahrerinnen von 150–195 cm abdecken. Der Reach fällt dabei eher konservativ kurz aus und beträgt in unserer Größe L nur 465 mm. Trotzdem hat das E-Feel einen vergleichsweise langen Radstand mit 1.263 mm und dazu 465 mm lange Kettenstreben. Hinzu kommen ein für Trailbikes üblicher Lenkwinkel von 65° und ein kurzes 420-mm-Sattelrohr. Leider limitiert es die Einstecktiefe, sodass sich die verbaute 170 mm lange Dropper Post nicht ganz versenken lässt – schade.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Oberrohr | 567 mm | 589 mm | 611 mm | 633 mm |
Sattelrohr | 380 mm | 415 mm | 420 mm | 460 mm |
Steuerrohr | 110 mm | 118 mm | 125 mm | 135 mm |
Lenkwinkel | 65,0° | 65,0° | 65,0° | 65,0° |
Sitzwinkel | 76,5° | 76,5° | 76,5° | 76,5° |
Kettenstrebe | 465 mm | 465 mm | 465 mm | 465 mm |
Tretlagerabsenkung | 30 mm | 30 mm | 30 mm | 30 mm |
Radstand | 1.217 mm | 1.240 mm | 1.263 mm | 1.288 mm |
Reach | 425 mm | 445 mm | 465 mm | 485 mm |
Stack | 632 mm | 639 mm | 645 mm | 654 mm |
Das Decathlon E-Feel 900S Team Edition 2024 auf den Trails
Schwingt ihr euch auf das Decathlon E-Feel, nehmt ihr eine aufrechte Sitzposition, auch wegen des kurzen Reachs, ein. Trotzdem lastet etwas Druck auf den Händen, was den Langstreckenkomfort mindert. Bergauf erweist sich die handlastige Sitzposition aber als Vorteil, denn so steigt die Front nicht, auch wenn es steiler wird. Der Hinterbau bleibt dabei aktiv und wippt minimal mit. So erzeugt das E-Feel guten Grip (sofern ihr unseren Reifen-Upgrade-Tipp beherzigt) und Komfort.
Wenn ihr nicht mehr gegen, sondern mit der Schwerkraft arbeitet, dann steht ihr gut integriert im Bike, und dank des intuitiven Handlings fühlt man sich schnell wohl. Das liegt auch an der Front, die hoch genug ist, damit auch bei steilen Trails keine Überschlagsgefühle aufkommen. Trotzdem hatten wir beim Fichtenslalom genug Druck auf der Front und mussten diese nicht aktiv belasten, was in einem hohen Sicherheitsgefühl resultiert.
Auch das weichere Fahrwerk trägt zu dem hohen Sicherheitsgefühl bei, da es Schläge von Steinen und Wurzeln gut aufnimmt. Zwar verpufft beim Pushen über Wellen und durch Anlieger etwas Energie im Fahrwerk und auch das Abziehen an Wellen oder kleinen Kanten benötigt etwas mehr Kraft. Dafür überzeugt das Fahrwerk mit viel Grip auf natürlichen Trails, vorausgesetzt ihr habt andere Mäntel aufgezogen. Anfänger, aber vor allem fortgeschrittene Fahrer profitieren zudem von der FREE SHIFT-Funktion, um immer im passenden Gang für den nächsten Gegenanstieg zu sein oder um aus einer Kurve herauszubeschleunigen. Richtungswechsel und Kurven macht das Decathlon E-Feel 2024 gut mit, nur bei sehr engen Radien merkt man den vergleichsweise langen Radstand und das hohe Gewicht.
Wird der Trail schwerer und schmückt sich mit großen Steinen und Stufen, wird das Rockrider nervös und es erfordert einen erfahrenen Biker, um das Bike unter Kontrolle zu halten. Durch einen feinfühlig abgestimmten Hinterbau kann das Hinterrad dem Trail besser folgen und lässt sich von seitlichen Schlägen nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Doch das Decathlon ist zu weich, was in einem schwammigen Fahrgefühl resultiert.
Für wen ist das Decathlon E-Feel 900S Team Edition 2024?
Das Decathlon Rockrider E-Feel 2024 spricht vor allem Anfänger an, die ein einsteigerfreundliches E-Mountainbike suchen, das mit Top-Komponenten zu einem fairen Preis überzeugen kann. Aber auch für Tourenfahrer, die gerne steile Anstiege erklimmen, eignet sich das Rockrider. Fortgeschrittene Fahrer und Racer werden jedoch Gegenhalt im Fahrwerk vermissen.
Galerie
Das Fazit zum Decathlon E-Feel 900S Team Edition 2024
Das neue Decathlon E-Feel überzeugt mit einer hochwertigen und durchdachten Ausstattung, ohne dabei den Preis eines Kleinwagens aufzurufen. Dazu bietet es eine gute und anfänger-freundliche Trail-Performance mit einem hohen Sicherheitsgefühl. Die Bergauf-Performance wird auch nicht aus den Augen gelassen, nur auf ausgedehnten Touren merkt man die etwas handlastige Sitzposition. Ambitionierte Biker werden hingegen ein poppigeres Fahrwerk vermissen.
Tops
- hochwertige Komponenten zum fairen Preis
- Tool Mount
- intuitives Handling
Flops
- Reifen eignen sich nicht für Trails
- weicher Hinterbau
Mehr Infos zum E-Mountainbike findet ihr hier: decathlon.com
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Words: Sebastian Dirscherl Photos: Mike Hunger