In vielerlei Hinsicht außergewöhnlich: Das BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S für 6.999 € kombiniert eigenständiges Design und das Split-Pivot Hinterbau-Konzept mit einer interessanten Akku-Integration und spannenden Connectivity-Features. Doch bedeutet „einzigartig“ automatisch auch gut? Wir haben die ehrliche Antwort.

BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S | Brose Drive S Mag/720 Wh | 160/160 mm (v/h)
23,0 kg (Größe M) | 6.999,90 € | Hersteller-Website

Design und Features des BH Bikes AtomX Carbon Lynx

Das BH Bikes AtomX Carbon ist ein echter Blickfang! Man weiß bei diesem 29”-Vollcarbon-E-MTB mit 160 mm Federweg an der Front und am Heck gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll: zum Split-Pivot-Hinterbau mit unterbrochenem Sattelrohr, zum kleinen Rahmendreieck oder zum vorgelagerten Steuerrohrbereich, an dem sich Ober- und Unterrohr vereinen. All das sind optische Design-Merkmale der AtomX Carbon Lynx-Modellreihe – love it or hate it! Für das polarisierende Design gibt es allerdings auch einen Grund, nämlich die besondere Akku-Integration. Um den großen 720-Wh-Akku bequem nach oben aus dem Unterrohr ziehen zu können, müssen Unter- und Oberrohr weit vor dem Steuerrohr zusammengeführt werden. Wäre das nicht der Fall, könnte der Akku nämlich nicht nach oben entnommen werden. Somit bestimmt die Akku-Positionierung die komplette Formgebung der BH Bikes AtomX-Modellserie. Um dieses Konzept der Akkuentnahme zu verwirklichen, wurde der Brose Drive S Mag-Motor mit 90 Nm um fast 90° gedreht und steht jetzt nahezu senkrecht im E-Bike.

Mit dem sogenannten Security Smart Key, einem NFC-Armband oder einem mechanischen Schlüssel kann die Akku-Abdeckung bequem am Oberrohr entriegelt werden …
… Dann springt die Abdeckung auf und wird zum Griff.
Danach kann der Akku von oben aus dem Unterrohr herausgezogen werden.
Warum nur?
Der Ladeport ist nur nach Entriegeln des Akkus zugänglich. So braucht man immer einen Schlüssel, egal ob man den Energiespeicher im oder außerhalb des E-Bikes lädt.
Das X-Display
Das Display von BH Bikes ist gut geschützt positioniert, es ist leicht lesbar und zeigt alle nötigen Informationen an. Außerdem können hier die Unterstützungsmodi an die persönlichen Vorlieben angepasst werden.
Flip it!
Das innovative Akku-Konzept ist auch der Grund, warum der Brose Drive S Mag hochkant verbaut wurde.

Aber damit nicht genug der Besonderheiten! Bevor der Akku aus dem Unterrohr entnommen werden kann, muss er an der Konsole auf dem Oberrohr mit einem NFC-Armband oder oldschool mit einem Schlüssel entriegelt werden. Nach erfolgreicher Entriegelung klappt ein Griff auf, mit dem man den Energiespeicher nach oben herausziehen kann. Der Ladeport befindet sich unter der Abdeckung auf dem Oberrohr, die gleichzeitig als besagter Akku-Griff fungiert. Egal ob der Akku im Bike oder außerhalb geladen wird, den Schlüssel oder das Armband braucht man dazu leider immer. Wer das Armband nutzt, kann es auch als „Security Smart Key“ zum Entriegeln des Bikes verwenden. Ist die Funktion aktiviert, fungiert es als NFC-Schlüssel, mit dem das Bike gestartet werden muss. Eine clevere Wegfahrsperre – allerdings muss man das Armband dann auch wirklich immer dabeihaben, sonst geht das E-Bike nicht an. Ein optionaler GPS-Tracker rundet die zukunftsorientierten Features ab und sorgt dafür, dass der Standort des Bikes im Falle eines Diebstahls nachvollzogen werden kann.

Das AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S polarisiert mit seiner einzigartigen Optik – love it or hate it!

Helm: Bell Sixxer MIPS | Knieschoner: iXS FLOW ZIP | Jersey: iXS VIBE B.1 | Shorts: iXS TEMA | Schuhe: ION Raid Amp II

Das hochwertige Display ist geschützt positioniert, gut lesbar und zeigt alle nötigen Infos, wenn auch etwas unübersichtlich mit einer kleinteiligen Darstellung. Auf dem Display werden jedoch nicht nur die nötigen Fahrdaten angezeigt; es können alle Einstellungen zu den fünf Unterstützungsmodi konfiguriert und feingetunt werden. Durch das Menü klickt man sich mithilfe der minimalistischen und intuitiven Lenker-Remote. Zwar ist es super, die Feinabstimmung der Motor-Unterstützungsstufen direkt am Bike vornehmen zu können, komfortabler wäre es allerdings, das Grundsetup mithilfe eines Smartphones durchzuführen. Die dazu nötige App ist laut BH Bikes bereits in Planung, war zum Zeitpunkt unseres Tests allerdings noch nicht verfügbar.

Das BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S-E-Mountainbike im Detail

Das BH Bike AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S rollt auf Alexrims EM35 TR 29”-Laufrädern und verfügt an der Front sowie am Heck über 160 mm Federweg, die von einer FOX 36 FLOAT Performance und einem FOX FLOAT DPS-Dämpfer bereitgestellt werden. Gebremst wird mit Shimano SLX-Bremsen mit 203-mm-Bremsscheiben an der Front und am Heck. Auch die Schaltung kommt von den Japanern: Shimano SLX Trigger, SLX 11-fach-Kassette (11–46T) und XT-Schaltwerk. Bei den Reifen setzt BH Bikes beim AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S auf MAXXIS Minion DHF/DHR II in 2,5”/2,4” mit EXO+ Karkasse.

Split-Pivot-Hinterbau
Wo normalerweise ein durchgängiges Sitzrohr ist, sind die Dämpferaufnahme und der SAG-Indikator untergebracht. Das Sitzrohr ist abgeschnitten.
Nicht vergessen
Verstellt man die Sattelhöhe, muss man daran denken, das Kabel nachzuziehen, ansonsten hängt es unter dem Sitzrohr unschön in der Luft.
Einfach zu kurz
Aufgrund des abgeschnittenen Sitzrohres ist wenig Platz für die Sattelstütze. In unserem Testmodell in Größe M hat die Vario-Sattelstütze daher nur 100 mm Hub – deutlich zu wenig!
Gebremst wird mit Shimano SLX-Bremsen und 203-mm-Bremsscheiben vorne und hinten.
Die MAXXIS Minion DHF-/DHR-Bereifung kommt in 2,5” Breite an der Front und 2,4” Breite am Heck, jeweils mit EXO+ Karkasse.
Fender inklusive
Am Carbon-Hinterbau ist ein Fender angebracht, der den Dämpfer vor Dreckbeschuss vom Hinterrad schützen soll.

Die Vario-Sattelstütze Kind Shock RAGE-i funktioniert tadellos, verfügt in Größe M allerdings nur über 100 mm Hub – in unseren Augen deutlich zu wenig. Das AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S wiegt in Größe M 23,4 kg. Um trotz des kleinen Rahmendreiecks eine Trinkflasche mitführen zu können, hat BH Bikes zusammen mit Fidlock eine spezielle Flasche für das AtomX entwickelt. Die muss man allerdings für 49,90 € separat kaufen. Probleme beim Setup? Nicht mit dem BH-Bike! Der im Rahmen integrierte SAG-Indikator macht das Grund-Setup super einfach – ganz ohne Zollstock. Eine weitere Besonderheit ist das hohe zulässige Gesamtgewicht von 165 kg; für Fahrer und Equipment bleiben nach Abzug des Bike-Gewichts noch 141 kg.

BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S

7.000 €

Ausstattung

Motor Brose Drive S Mag 90 Nm
Akku BH Bikes 720 Wh
Display BH X-Display
Federgabel FOX 36 Performance 160 mm
Dämpfer FOX DPS Performance 160 mm
Sattelstütze Kind Shock RAGE-i 100 mm
Bremsen Shimano SLX 203/203 mm
Lenker Raceface Aeffect 780 mm
Laufradsatz Alexrims EM35 TR 29""
Reifen MAXXIS Minion DHF/DHR EXO+ 29" x 2,5"/ 29" x 2,4"

Technische Daten

Größe M, L, XL
Gewicht 23,04 kg
Zul. Gesamtgewicht 165 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 141 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

Akku Positionierung
Motor-Feintuning direkt am Bike
optionaler GPS Tracker
NFC Armband

Die Geometrie des AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S

Das AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S gibt es in den drei Rahmengrößen M, L und XL, kleine Fahrer gehen leider leer aus. Aufgrund des Split-Pivot-Hinterbaus mit unterbrochenem Sitzrohr ist die Einstecktiefe der Sattelstütze stark limitiert und der Hub der verbauten Vario-Sattelstützen fällt mit 100 mm in Größe M und 125 mm in Größe L und XL vergleichsweise gering aus. Das E-MTB ist insgesamt kurz und kompakt: In Größe M beträgt der Reach 441 mm und der Stack ist mit 607 mm relativ niedrig. Die Kettenstreben sind mit 461 mm eher auf der langen Seite. Der Sitzwinkel beträgt 74,5° und der Lenkwinkel moderate 66,5°.

Größe M L XL
Sattelrohr 450 mm 480 mm 4510 mm
Oberrohr 609 mm 628 mm 646 mm
Steuerrohr 95 mm 110 mm 125 mm
Lenkwinkel 66,5° 66,5° 66,5°
Sitzwinkel 74,5° 74,5° 74,5°
Kettenstrebe 461 mm 461 mm 461 mm
Radstand 1.213 mm 1.223 mm 1.255 mm
Reach 441 mm 456 mm 471 mm
Stack 607 mm 621 mm 634 mm

Test: So fährt sich das BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S in der Ebene und bergauf

Das AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S punktet bereits auf den ersten Metern mit einem fein ansprechenden und komfortablen Fahrwerk. Aufgrund der niedrigen Front lastet in der Ebene recht viel Druck auf den Händen. Wer lange Touren unternehmen möchte und vermehrt im Flachland unterwegs ist, sollte einen Lenker mit mehr Rise montieren, um die Hände zu entlasten. Geht es gemächlich bergauf, sitzt man deutlich besser, hier fühlt man sich auf dem AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S wohl. Wegen des flachen Sitzwinkels ist man im steilen Uphill zwar weit über dem Hinterrad positioniert, dank reichlich Traktion und gut dosierbarer Motorpower meistert das BH Bike aber auch steile Anstiege. Allerdings muss man dabei richtig arbeiten, um die leichte und nervöse Front am Boden und unter Kontrolle zu halten. Der Schwerpunktes des E-Mountainbikes ist ungewohnt hoch und gleichzeitig zentral, außerdem sackt der Hinterbau weg – dadurch fällt es schwer, die gewollte Linie in technischen Uphill-Sektionen sauber zu fahren.

Das AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S ist insgesamt ein sehr spezielles Bike, das polarisiert. Für das Design rund um die Akku-Integration muss man Kompromisse im Handling hinnehmen.

Die fünf Unterstützungsstufen des kraftvollen Brose Drive S Mag-Motors kann man separat umfangreich anpassen. Wir sind bekanntlich am liebsten in smarten Modi unterwegs, die das Level an Unterstützung abhängig vom Fahrer-Input regeln – so auch auf dem BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S. Die Standardeinstellung des smarten Auto-Mode war uns allerdings etwas zu stürmisch. Das Modifizieren dieser Einstellungen wirkt jedoch Wunder: Nachdem wir die Beschleunigung angepasst hatten, setzte der Motor so gefühlvoll ein und entfaltete seine Kraft so linear, dass wir selbst in steilem, losem Gelände problemlos anfahren konnten. Wer möchte, kann die Unterstützung auch an die Herzfrequenz koppeln, der Pulsmesser ist im Lieferumfang enthalten. Der Nachlauf des Motors fällt insgesamt relativ lang aus.

Das AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S in der Abfahrt

Senkt man die Vario-Sattelstütze ab, um sich auf den Downhill vorzubereiten, fällt sofort die eingeschränkte Bewegungsfreiheit auf – denn die Vario-Sattelstütze hat nur 100 mm Hub. Durch die Kombination aus ungewohnter Gewichtsverteilung mit hohem Schwerpunkt und der geringen Bewegungsfreiheit ist das Handling nicht ausgewogen und daran muss man sich erst mal gewöhnen. Die Front ist zwar tief, aber der Hinterbau sackt weg. Deshalb muss man ordentlich arbeiten, um in Kurven nicht zu untersteuern und ausreichend Grip am Vorderrad zu haben.

Kleine und mittlere Schläge schluckt das fein ansprechende Fahrwerk willig. Bei sportlicher Fahrweise fehlt es dem Fahrwerk im mittleren Federwegsbereich an Gegenhalt, wodurch es in Anliegerkurven und beim Pushen durch Wellen schwerfällt, Geschwindigkeit zu generieren. Hier lohnt es sich, in den mittleren Druckstufen-Modus des Dämpfers zu wechseln. Die Endprogression ist wiederum gut gewählt, mit Durchschlägen hatten wir keine Probleme. Nervig: Bereits bei kleineren Schlägen klappert die Akku-Abdeckung auf dem Oberrohr. Werden die Schläge größer, hört man dann auch noch die Kette schlagen. Wegen der nervösen Front ist Highspeed-Ballern nicht die Stärke des AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S, hier fehlt ihm die nötige Laufruhe. Mit geübter Hand und entsprechender Eingewöhnungszeit bietet das kompakte BH-Bike immerhin Fahrspaß auf verwinkelten Kursen.Während unseres Tests ist das E-Bike einmal komplett ausgefallen. Durch Vibrationen und Erschütterungen haben sich vier Schrauben gelöst, die zu einer losen Verbindung zwischen Akku und Motor geführt haben – nichts ging mehr. Um das Problem zu beheben, musste BH Bikes den kompletten Motor ausbauen und die Schrauben aus dem Motorraum sammeln. Ärgerlich! Nach der Reparatur ist das Problem nicht erneut aufgetreten.

Tuning tipps: Sattel weit nach vorne schieben | Lenker mit mehr Rise | im mittleren Dämpfer-Modus fahren

Unser Fazit zum BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S

Innovation braucht die richtige Dosis Funktion! Das BH Bikes AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S ist ein außergewöhnliches E-Bike, bei dem die zahlreichen technischen Features nicht nur die Optik, sondern auch das Fahrverhalten stark beeinflussen. Der 720-Wh-Akku kann zwar bequem nach oben aus dem Rahmen gezogen werden, sorgt allerdings durch seine Positionierung für eine unausgewogene Gewichtsverteilung mit hohem Schwerpunkt. Aufgrund des Fahrwerks sowie der tiefen und nervösen Front leidet der Fahrspaß auf flowigen Strecken genauso wie in anspruchsvollem Terrain. Nicht jede Innovation ist sinnvoll, im Falle des AtomX Carbon Lynx 6 Pro-S ist die Balance zwischen Funktion und spannenden Features mit greifbarem Benefit unausgewogen. Wir hätten uns ein intuitiveres Bike erhofft. Denn einige Ansätze wie die umfangreichen Einstellmöglichkeiten der Unterstützungsstufen, komfortable und futuristische Detaillösungen sowie das hohe zGG machen Lust auf mehr!

Tops

  • Unterstützungsstufen lassen sich vielfältig einstellen
  • innovative Detaillösungen
  • hohes zGG
  • Display und Bedieneinheit

Flops

  • Akkukonzept beeinflusst das gesamte Design
  • Vario-Sattelstütze mit nur 100 mm Hub
  • Akku-Griff/Abdeckung und Kette klappern
  • hoher Schwerpunkt
  • nervöse Front

Für weitere Informationen besucht bhbikes.com


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Words: Photos: Felix Stix