Wie sieht das E-Mountainbike der Zukunft aus und was sind die größten Herausforderungen in der Entwicklung? Wir haben 11 Insider gefragt, die es wissen müssen.


Ingo Beutner Head of Engineering bei Haibike


„Das E-Mountainbike wird sich immer stärker vom „normalen“ Fahrrad abspalten und eine eigene Gattung von Zweirad begründen.“
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Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Meine Vision vom E-Mountainbike der Zukunft ist relativ klar: Es wird sich immer stärker vom „normalen“ Fahrrad abspalten und eine eigene Gattung von Zweirad begründen. Das Fully wird sich dabei mehr und mehr durchsetzen und Antriebssysteme werden kompakter, effektiver und nicht mehr das primäre Unterscheidungsmerkmal sein. Komponenten wie Federgabel, Dämpfer, Schaltung und Bremse werden speziell für E-Bikes konzipiert und konstruiert werden und sich smart mit dem E-Bike vernetzen. Die elektrische Fortbewegung wird mehr und mehr zum Standard und das E-Bike wird für künftige Generationen ein selbstverständlicher Teil unserer digitalen Welt sein. Doch trotz all der Zukunftsmusik wird das E-Bike immer vom wichtigsten Teil abhängig bleiben: dem Menschen, der es antreibt!

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Die zukünftige Spielwiese bei der Entwicklung von E-Mountainbikes werden weiterhin die Integration vom Antrieb – sprich Motor, Batterie, Display und Remote – und von Komponenten wie Fahrwerk und Schaltung sein; und natürlich das große Thema der Digitalisierung. Hier besteht noch immer großer Entwicklungsbedarf. Wir haben uns beiden Themen von Beginn an angenommen, doch wir sind noch lange nicht am Ende angekommen, sofern es das überhaupt gibt.
Batterien werden jedoch auch in Zukunft bei gleicher Kapazität sicher nicht dramatisch im Volumen oder Gewicht schrumpfen, selbst wenn irgendwelche Internet-Artikel einen das vielleicht glauben lassen wollen. Ebenso beim Motor: Es wird, salopp gesagt, immer ein größerer Batzen Metall nötig sein, um die nötige Kraft und Haltbarkeit zu bieten. Diese beiden Bauteile geschickt anzuordnen und einzubauen ist sicher eine der Herausforderungen der Zukunft, die wir gerne zusammen mit Herstellern solcher Systeme angehen. Es gibt noch viel zu verbessern.


Marc Faude Director Product bei FOCUS



„Ich sehe eine Zukunft, in der das Biken fast ausnahmslos mit Hybrid-Bikes stattfindet.“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Die Menschen sind grundsätzlich fasziniert vom Radfahren, dem autarken, effizienten Fortbewegen auf zwei Rädern. Schauen wir uns die momentane Entwicklung – speziell im E-MTB-Bereich – an, geht der Weg aber in eine andere Richtung. Gerade der Wunsch nach immer mehr Leistung, nach „E-Motorrädern“, steht teilweise im Gegensatz zu der ursprünglichen Faszination am Radfahren. Ich sehe eine Zukunft, in der das Biken fast ausnahmslos mit Hybrid-Bikes stattfindet. Die menschliche Kraft steht im Vordergrund, das E-Bike unterstützt nur. Echtes Radfahren eben.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

E-Bikes sind keine herkömmlichen Bikes. Die Belastungen an das Material sind deutlich höher, es wird mehr und intensiver gefahren. Hier muss reagiert werden. Standards, Tests und Komponenten müssen angepasst werden. Aber keine Sorge – das haben wir auf dem Schirm.


Ivica Durdevic Chief Technology Officer und Chief Marketing Officer bei FLYER


„Die zukünftigen Herausforderungen liegen in der Gewichtsreduktion bei steigender Reichweite.“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

E-MTBs, die weniger als 15 kg wiegen und mit denen man mit einer Akkuladung Steighöhen von rund 1.500 Höhenmetern gut erreichen kann – bei Fahreigenschaften, die den Bedürfnissen der Biker entgegenkommen.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Gewichtsreduktion (Akku!) bei steigender Reichweite und Integration künftiger intelligenter Fahrwerke.


Hendrik Gehring Head of Product Development bei BULLS


„Mehr Drehmoment, mehr Akkuleistung, mehr Funktionen – alles schön tief und elegant in der Fahrradmitte verborgen.“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Ich bin mehr der Macher als der Träumer. Wenn ich eine Idee habe, dann muss ich sie umsetzen. So kommt es, dass sich in meiner Schublade wenig abgedrehte Zukunftsstudien befinden, sich aber gleichzeitig viele Dinge in der Testphase befinden und zu gegebenem Anlass auch der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Ganz klar: Wie bekomme ich noch mehr noch kompakter verbaut? Mehr Drehmoment, mehr Akkuleistung, mehr Funktionen – alles schön tief und elegant in der Fahrradmitte verborgen. Das ist die aktuell und zukünftig größte Herausforderung für die Entwickler. Downsizing wird ein großes Thema werden – ohne Leistungseinbußen, versteht sich. Mit 250 Watt ist die Obergrenze bei den Motoren mehr oder weniger fix, bei den Akkus ist es strittig. Stefans E-Stream [Stefan Sahm Anm. d. Red.] hat mit 650 Wattstunden einen der größten Akkus auf dem Markt, auf einer Cape-Epic-Etappe aber muss auch er den Akku einmal wechseln.

Künftig werden sich wohl zwei Wege auftun: Auf dem einen werden mit maximalen Kapazitäten heute unmögliche Reichweiten erzielt, der andere folgt dem Light-Performance-Konzept, das optimale Leistung und Reichweite für die entsprechende Anforderung bereitstellt und ohne zusätzlichen Ballast auskommt. Auch hier sind wieder zwei Ansätze denkbar: die kompakte Bauform, die auf den Einsatz für kürzere Distanzen ausgelegt ist, oder eine Lösung, die es einem von Ausfahrt zu Ausfahrt ermöglicht, individuell zu entscheiden.

Das zweite große Thema im Hinblick auf künftige Herausforderungen ist die Systemintegration. Wenn man die Räder der vergangenen Jahre anschaut, dann sieht man, dass wir als Marke BULLS und auch als Branche mitten in einem Prozess sind. Absetzen kann sich nun der, der die besten Ideen und den längsten Atem hat, diesen Wettlauf zu Ende zu bringen. Sich diesen Innovationshunger zu bewahren und mitunter jährlich sinnvolle Neuerungen zu bringen, ist ganz sicher eine Herausforderung, der nicht jeder nachkommen kann.


Reynaldo Ilagan Head of Product Management bei MERIDA


„Aus rahmentechnischer Sicht liegt die Herausforderung in der Integration der Batterie.“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Dass E-Mountainbiken so akzeptiert ist wie Autofahren.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Zu verhindern, dass die Motoren getunt werden können. Offene Bikes haben im Wald nichts zu suchen. Aus rahmentechnischer Sicht liegt die Herausforderung in der Integration der Batterie.


Franz Höchtl Head of Product Management bei Thömus


„Bei der Akkutechnik sind meiner Meinung nach mittelfristig keine Quantensprünge zu erwarten.“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Ich denke, das E-Mountainbike wird seine rasante Entwicklung beibehalten.
In Zukunft wird sich schnell eine Infrastruktur mit Ladestationen, beispielsweise an Bergbahnen und Gaststätten, entwickeln. Hierzu wären einheitliche Ladestandards hilfreich, die für alle Antriebe funktionieren. Akku-Sharing-Systeme wären denkbar, sodass man einfach seinen leeren Akku schnell gegen einen vollen tauschen kann.
Meiner Meinung nach braucht es einheitliche Kommunikationsstandards, um die vielfältigen elektronischen Komponenten auf einfache Weise zu vernetzen und beispielsweise eine Kommunikation zwischen Motor, Schaltung und Fahrwerkskomponenten zu ermöglichen. Dazu sollten alle elektronischen Systeme mit einem einzigen Akku versorgt werden können. Ich würde mir wünschen, dass sich hier ein Industriestandard entwickelt. Schließlich ist ein gutes Bike am Ende mehr als die Summe seiner Einzelteile. Die Antriebssysteme werden sich weiter auf die verschiedenen Einsatzbereiche der Bikes spezialisieren und es werden sich speziell ausgewiesenen (Uphill-)Trails entwickeln, um den Verkehr besser zu kanalisieren. Tourismusverbände entwickeln fleißig speziell zugeschnittene Konzepte. Ich schaue gespannt in eine vielversprechende Zukunft!

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Ich denke, es muss weiter am Gesamtgewicht der Fahrzeuge gearbeitet werden. Da gibt es sicher nach wie vor Luft nach oben. Bei der Akkutechnik sind meiner Meinung nach mittelfristig keine Quantensprünge zu erwarten. Daher wird die Effizienz des Antriebs bei der Entwicklung besonders im Fokus stehen, wobei sich die Energieeffizienz ebenfalls vor allem durch eine Reduktion des Gesamtgewichtes am einfachsten steigern lässt. Zudem gibt es zahlreiche Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung. Hier gilt es, dem Kunden sinnvolle Funktionen zur Verfügung zu stellen, die nicht nur reine Gadgets sind, sondern einen tatsächlichen Mehrwert für die Nutzer schaffen.


Matthias Pfrommer Ingenieur bei CENTURION


„Die Antriebshersteller werden immer mehr in den Hintergrund treten und man redet nicht mehr von einem Bosch- oder Shimano-E-Bike, sondern von einem Bike von CENTURION, MERIDA etc.“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Die Integration des Motors und des Akkus wird weiter voranschreiten. Neue Fertigungsverfahren werden uns in Zukunft immer mehr Freiheitsgrade beim Design ermöglichen. Damit ist es möglich, den Rädern einer Marke ein Gesicht zu geben und sich stärker vom Wettbewerb abheben. Die Antriebshersteller werden immer mehr in den Hintergrund treten und man redet nicht mehr von einem Bosch- oder Shimano-E-Bike, sondern von einem Bike von CENTURION, MERIDA etc.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Vor ein paar Jahren war die Entwicklung eines E-Bikes relativ simpel: anstatt einer Tretlagerhülse wird eine Motoraufnahme in den Rahmen geschweißt, auf das Unterrohr kommen noch die Aufnahmen für den Akku und fertig war der Rahmen. Heutzutage versucht man durch teilweise recht komplexe Fertigungsverfahren die Bauteile wie Motor und Akku zu integrieren. Die aufwendigen Konstruktionen binden deutlich mehr Zeit und wir haben Probleme, die Räder pünktlich zu Saisonbeginn in die Läden zu bekommen. Vielleicht müssen wir hier umdenken und uns von den jährlichen Zyklen, wie es bisher in der Branche üblich ist, verabschieden.


Lutz Scheffer Leiter ROTWILD Concept Design Center bei ROTWILD


„Alle E-MTBs erreichen derzeit zu wenig Höhenmeter. “

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Ein gutes E-MTB ist „ein E-MTB für alles“: gut auf einfachen Touren und ausgezeichnet auf schwierigen Touren – bergauf wie bergab. Eine neue Kinematik, bei der der Kettenzug die Federung nicht verhärtet, und unterschiedliche Reifen für vorne und hinten, das werden die äußeren Merkmale sein. Innen arbeitet ein E-Motor, der noch feinfühliger agiert als bisher und über eine noch größere Effizienz und einen besseren Wirkungsgrad verfügt. Mensch und Maschine müssen sich noch besser verstehen.
In Zukunft muss ein E-MTB (es hat schließlich das Wort „Mountain“ im Gepäck) mindestens 2.000 Höhenmeter mit einer Batterieladung bei hohen Unterstützungsstufen fahren können. Wenn das ganze Bike anschließend noch die 20-Kilo-Marke knackt, wäre das ein großer Traum.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Alle E-MTBs erreichen derzeit zu wenig Höhenmeter. Nach meinem Mammut-Trailriding-Experiment kann ich exakt sagen, dass ich pro Tour im Durchschnitt 1.800 Höhenmeter gefahren bin. Dafür musste ich immer eine zweite Batterie im Rucksack mitnehmen. Die Option, mit niedrigen, sparsamen Unterstützungsstufen zu fahren, ist im Gebirge auf technisch schwierigen Trails größtenteils nicht möglich (und würde auch keinen Spaß machen). Daher: Mehr Akkulaufzeit bei möglichst niedrigem Gewicht ist ein bleibendes Thema und wichtiges Entwicklungsziel in Zukunft.


Jan Talavasek Engineering Manager E-Mountainbike bei Specialized


„Die größten Herausforderungen sind definitiv Systemintegration und Customizing auf dem nächsten Level!“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Man wird das MTB stärker im Vordergrund sehen, und nicht den Namen des Antriebs oder die Kennlinie. Es wird wieder mehr ums Fahren gehen!

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Die größten Herausforderungen sind definitiv Systemintegration und Customizing auf dem nächsten Level! Wir entwickeln nun Komplettfahrzeuge und nicht mehr Fahrradrahmen. Dazu kommen Software-Lösungen, die ganz neue Möglichkeiten erschaffen. Wir sind hier hoch motiviert und haben ein extrem starkes Team, das die Herausforderung gerne annimmt. Für uns ist es eine Ehre, an der Zukunft des Sports mitzuwirken.


Frank Ziemann Teamleiter Produktentwicklung bei STEVENS


„Meiner Meinung nach fehlen noch in einigen Bereichen E-Bike-spezifische Komponenten.“
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Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Dass es keine Rolle spielt, ob ich mit dem E-MTB oder einem normalen MTB unterwegs bin. Dass der Motor und der Akku so leicht sind, dass sie nicht stören. Wer dann doch etwas Unterstützung braucht, schaltet einfach das System zu. Für alle anderen geht es so oder so nach oben.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Meiner Meinung nach fehlen noch in einigen Bereichen E-Bike-spezifische Komponenten. Die Belastungen sind zum Teil ganz andere. Da muss sich die Fahrradbranche auf die geänderten Anforderungen einstellen und auch neue Wege beschreiten. Nehmen wir z. B. die Möglichkeiten von Rapid Prototyping. Es ist möglich, neue Strukturen zu schaffen, die mit den bisherigen Fertigungsverfahren nicht möglich, ja zum Teil nicht mal denkbar waren.


Andreas Ziegler EMTB Product Manager bei SCOTT


„Das E-Mountainbike wird zukünftig zur ernstzunehmenden Option für spaßorientierte Mountainbiker.“

Was ist deine Vision für die Zukunft von E-Mountainbikes?

Motor und Batterie werden kleiner und leistungsfähiger. Das E-Mountainbike wird zukünftig zur ernstzunehmenden Option für spaßorientierte Mountainbiker.

Wo liegen deiner Meinung nach zukünftig die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Mountainbikes?

Die Integration des Antriebssystems wird meiner Meinung nach weiterhin von zentraler Bedeutung sein.


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Words: Manne Schmitt Photos: diverse

Über den Autor

Manne Schmitt

Als stolzer Daddy von Robin und Max-Philip ist Manne der Mann der ersten Stunde und die „graue Eminenz“ im Redaktionsteam. Sein erstes Rad-Rennen gewann er im Grundschulalter beim Schulfest. Nach weniger erfolgreichen Versuchen im Fußball fand er über den Ausdauersport (Marathon) im Jahr 1989 seine Passion fürs Biken! Das Thema Racing verfolgt ihn noch immer, niemand im Team kennt die EWS-Profis besser als Manne. Als ehemaliger Chef-Analyst einer Landesbehörde weiß er, wie man richtig recherchiert, und findet exklusive News, die sonst niemand hat. Als Prokurist unterstützt er seine Söhne erfolgreich im Alltag – viva la familia!