Wie wird man weise? Viele sagen durch Bücher – wir sagen durchs E-Mountainbiken! Denn E-Mountainbiken ist mehr als eines der besten Hobbys der Welt, mehr als sportliche Betätigung oder Abenteuerurlaub. Wer aufmerksam E-Mountainbike fährt, kann viel fürs Leben lernen! Wie geil ist das bitte?

Worauf kommt es im Leben an? Was macht das Leben lebenswert? Und worauf muss man achten, wenn was schiefläuft? Um Antworten zu finden, schwören manche auf die Bibel oder den Koran, andere auf Philosophen, Ratgeber oder die Wissenschaft. Als ich im eMTB-Modus eine fiese, mit Wurzel gespickte Rampe hinaufgeklettert bin, von der ich selbst nicht geglaubt hatte, dass ich es schaffen würde, kam mir die Erkenntnis: Wenn ich mein Leben einfach nur genau so führen würde, wie ich E-Mountainbike fahre – dann hätte ich ziemlich gute Chancen auf Erfüllung, Selbstbestimmtheit und Glück! Ob man E-Mountainbiken nun zur neuen Religion erhebt, ist jedem selbst überlassen. Aber hier kommen 7 Weisheiten, die man auf zwei Rädern erfahren kann!

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Ist das Beste wirklich das Beste?

Ganz egal ob im Bikeshop, in Foren oder bei Stammtisch-Diskussionen, es sind immer die gleichen Fragen: Wie viel Akku hat das Bike? Ist hier ein Bosch-Motor verbaut? Wie leicht ist das Bike? Man muss kein Experte sein, um zu erkennen: Keine dieser Fragen liefert eine zufriedenstellende Antwort darauf, ob ein Bike jetzt wirklich zu einem passt oder nicht.Wer nicht nur ein äußerlich schönes Leben führen will mit den vermeintlich besten Produkten – vom größten Akku über den dicksten Motor bis hin zu den teuersten Klamotten –, der schaut besser auf seine eigenen Bedürfnisse! Anstatt lemminghaft wiederzukäuen, was andere für gut und richtig erachten, lohnt es sich, die Dinge zu kapieren statt zu kopieren. Die Kunst im Leben ist nicht, die richtigen Antworten zu suchen, sondern sich ehrlich die richtigen Fragen zu stellen: Was will ich (und will ich es aus den richtigen Gründen)? Wann bin ich am glücklichsten? Und was brauche ich dafür? Was macht ein gutes Bike tatsächlich aus? Denn nur so kann man das Beste für sich selbst finden!

– 2 –

Die Dinge sind immer nur so lange unmöglich, bis sie jemand tut!

Besagtes Steilstück hat mir gezeigt: Es gibt immer einen Weg. Und der führt manchmal direkt durch die scheinbare Unmöglichkeit hindurch. Ein, zwei Pedaltritte weiter – selbst dann, wenn man dabei ist, den Glauben an sich zu verlieren. Natürlich hat man nicht in jeder Lebenssituation elektrischen Rückenwind, aber ein Zufall oder eine unvorhergesehene Begegnung können das Unmögliche möglich machen! Genauso wie die Tatsache, dass man es überhaupt versucht. Nicht zu Unrecht sagt man: „It’s lonely at the top.“ Aber das liegt nicht daran, dass die Bergspitze nicht erklimmbar wäre. Es liegt daran, dass kaum jemand den Aufstieg wagt! Die meisten Menschen scheitern bereits, bevor sie überhaupt wirklich angefangen haben. Weil sie ihre Träume lieber träumen als sie zu wagen. Dabei gibt es gar nichts zu verlieren – es gibt nur Erfahrung zu gewinnen. In diesem Sinne: Einfach mal machen! Oft kommt man weiter und höher, als man es sich jemals hätte vorstellen können.

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An der falschen Stelle sparen oder Geld ausgeben

Es ist fast schon erschreckend, wie viele Leute sich ein E-MTB für über 10.000 € kaufen und wie wenige ein ergonomisches Bikefitting oder korrektes Fahrwerkssetup durchführen (lassen). Man will unbedingt die Carbonfelgen, weil man gehört hat, dass sie höherwertiger sind. Man will unbedingt eine teure Kashima-Beschichtung, obwohl man keine Ahnung hat, wie man ein Fahrwerk richtig einstellt, in welchen Intervallzyklen man einen Gabelservice machen muss oder wie viel Luftdruck eigentlich in die Reifen gehört. Ja, es gibt viele Möglichkeiten, sein Geld aus dem Fenster zu werfen. Und für manche ist das auch okay! Mit viel Bling-Bling kann man Unwissende beeindrucken, aber spätestens auf dem Trail beginnt die Fassade dann zu bröckeln. Zudem ist pures Prestige ohne Funktionalität bzw. Ahnung schade für das Produkt, das einsatzgerecht genutzt werden will. Wahre Brillanz offenbart sich nicht anhand von Bling-Bling, sondern anhand der eigenen Skills und des eigenen Verhaltens. Das Beste aus dem zu machen, was man hat und kann, ist viel befriedigender als ständig nach Superlativen zu gieren.
Unser jüngster E-Mountainbike-Vergleichstest mit Bikes bis 6.500 € hat wieder einmal deutlich gezeigt, wie wichtig es ist zu wissen, worauf es wirklich ankommt. Denn dann findet man mit jedem Budget etwas Gutes. Für echten Spaß braucht es kein Bling-Bling. Verschleißteile wie traktionsstarke Reifen sind oft wichtiger als die vermeintlichen Prestige-Komponenten – und trotzdem sparen viele genau an der Stelle. Vermutlich weil sich der Wert von Verschleißteilen nicht konservieren lässt. Aber eine Kette ist immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Deshalb sollte man immer ein stimmiges und ausbalanciertes Gesamtkonzept im Blick haben und nicht blind dem einen isolierten Must-have-Teil und der damit verbundenen Verheißung von Glück hinterherrennen. Parallelen zum echten Leben kann hier jeder selbst ziehen …

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Stellt euch euren Ängsten

Hand hoch – wer hatte schon mal Reichweitenangst? Sicherlich fast alle! Aber wer ist tatsächlich schon mal liegen geblieben? Wer hat es wirklich nicht mehr nach Hause geschafft und ist in der Wildnis verschollen? Sicherlich niemand, der diese Zeilen gerade liest … Worauf wir hinauswollen: Es ist unglaublich wichtig, seinen Ängsten ins Gesicht zu blicken. Denn viele Ängste beruhen auf unvollständigen Informationen oder einseitiger Wahrnehmung und schützen uns nicht, sondern sorgen dafür, dass wir kontraproduktive Dinge tun. Viele E-MTBiker haben Reichweitenangst, befürchten nicht mehr nach Hause zu kommen, rüsten auf, schaffen immer schwerere und größere Akkus an. Und fahren deshalb mit mehr, als sie brauchen, über die Trails oder durchs Leben und verlieren aufgrund des zusätzlichen Ballasts an Leichtfüßigkeit und Lebendigkeit.
Aber warum haben wir überhaupt Angst? Liegt es nicht oftmals daran, dass wir eine Lage falsch einschätzen oder nicht ganz überblicken? Vielleicht haben wir über fünf Ecken irgendwelche Schreckensgeschichten gehört. Vielleicht haben wir uns von einem isolierten Fakt ohne Kontext verunsichern lassen. Vielleicht haben wir eine falsche Information für bare Münze genommen. Und sind der Sache gar nicht erst auf den Grund gegangen. Das Problem: Wir stellen uns unseren Ängsten oft gar nicht, sondern flüchten vor ihnen. Die Lösung? Zwei simple Fragen: Was würde im schlimmsten Fall passieren? Und was wäre dann? Im Falle der Reichweitenangst ist die Antwort klar: Im schlimmsten Fall geht der Akku leer. Und dann kommt man trotzdem nach Hause. Vielleicht etwas zäher – aber wir vergessen viel zu oft, dass sich jedes E-MTB auch ohne Motorunterstützung treten lässt! Stellt euch eurer Angst und ihr werdet sehen: Sie hat die längste Zeit über eure Entscheidungen regiert. Sobald ihr sie konfrontiert, wird sie meist sehr viel kleiner. Oder löst sich sogar in Luft auf.

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Akkus laden, Kette schmieren!

Egal ob wir uns durch knöcheltiefen Schlamm gekämpft, staubige Trails unter perfektem Sonnenschein gesurft oder die technischsten Uphills im Turbo-Modus bezwungen haben – jedes Bike braucht Liebe. Insbesondere nach den besten und tollsten Ausfahrten! Dabei ist es nicht nur wichtig, den Akku wieder aufzuladen, sondern sich auch um sein Fahrwerk zu kümmern, Schrauben zu kontrollieren, die Kette zu ölen und den Reifendruck zu checken. Die Pflegeintervalle gelten übrigens nicht nur für euer Bike, sondern auch für euch!
Denn Verschleiß und Reichweite haben viel mit der Fahrweise zu tun: Wer ein Leben auf der Überholspur lebt, verbraucht sich schneller. Wer zu viele Gänge auf einmal schaltet, dessen Kette reißt … Deshalb: Nichts überstürzen. Und falls doch, sollte man sich regelmäßig Ruhe- und Auszeiten zur Regeneration gönnen. Mal das Bike stehen lassen und andere Sportarten ausprobieren – das erweitert den Horizont und vergrößert die Vorfreude auf das nächste Mal!
PS: In Bayern gilt schon ein kühles Hefe als Alternativsportart, in Italien ein Aperol!

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Hört auf, anderen gefallen zu wollen

In den Anfangszeiten des E-Mountainbikens gab es unzählige Hater – man hörte permanent Sprüche, wie faul, uncool oder gar frevelhaft es sei, Berge mit elektrischer Unterstützung zu erklimmen. Das hat sich zum Glück geändert. Aber traurigerweise gibt es noch immer Menschen, die sich fürs E-Biken schämen oder entschuldigend auftreten, weil sie mit E-Unterstützung unterwegs sind. Dabei kann doch jeder so fahren und so leben, wie er es möchte! Unser Sport hat viel mit Begeisterung zu tun, mit Freude an der Bewegung und Liebe zur Natur. Das verbindet uns miteinander und das alles lebt ihr auf dem E-Mountainbike genauso aus wie auf dem analogen Mountainbike oder Gravelrad. Und wenn man aufhört, sich für alles im Leben schon mal prophylaktisch zu entschuldigen, dann merkt man: Die Entschuldigungen wären meist ohnehin unnötig gewesen. Weil niemand Anstoß nimmt an eurem Handeln. Die Hater von damals sind mittlerweile klar in der Minderheit. Und ohnehin bemitleidenswert, denn wir wissen, wie viel Spaß sie verpassen! Eine alte Weisheit besagt: „Wer allen gefallen will, wird niemandem gefallen.“ Das Gegenteil davon gilt unserer Meinung nach auch: „Wer sich darauf konzentriert, sich selbst zu gefallen, der gefällt auch anderen.“ Denn wer seine Leidenschaft ohne Entschuldigung auslebt, kann viel unbeschwerter Freude und Begeisterung teilen. Und darum geht es doch! Beim E-Mountainbiken und im Leben.

– 7 –

Go with the Flow or go home!

Schon mal auf Teufel komm raus versucht, eine Schlüsselstelle auf dem Trail zu meistern? Dann kennt ihr das sicher: Je verbissener man es versucht, desto weniger klappt’s. Wenn man Dinge zu sehr will, wird es schnell zwang- und krampfhaft. Dann verderben wir uns selbst den Spaß an der Sache, entwickeln einen Tunnelblick und erreichen teilweise das Gegenteil von dem, was wir ursprünglich wollten. Wir alle wissen das, und wir alle wissen, dass Dinge magischerweise total einfach klappen, sobald wir entspannt, mit Offenheit und mit Spaß an der Sache an sie herantreten. Man kriegt nur so oft den Schalter in sich nicht umgelegt … Genau deshalb ist Biken aber eine so fantastische Übung fürs Leben: Die Schlüsselstelle will einfach nicht klappen? Dann klappt sie eben nächstes Mal! Wer akzeptiert, dass er heute mal nicht gut drauf oder nicht so fit ist, tut gut daran, mal einen Gang runterzuschalten. Flow kommt immer dann, wenn wir in der perfekten Balance sind. Er ist genau wie Glück nichts, auf das wir Anrecht hätten oder das wir durch stählernen Willen erzwingen können. Aber wenn ihr – ohne euch zu stressen oder unter Druck zu setzen – einfach entspannt weiterfahrt, seid ihr ihm schon ein gehöriges Stück näher gekommen. Und ist das nicht genau das Ziel der Übung?


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Words: Robin Schmitt Photos: E-MOUNTAINBIKE

Über den Autor

Robin Schmitt

Robin ist einer der zwei Verlagsgründer und Visionär mit Macher-Genen. Während er jetzt – im strammen Arbeitsalltag – jede freie Sekunde auf dem Bike genießt, war er früher bei Enduro-Rennen und ein paar Downhill-Weltcups erfolgreich auf Sekundenjagd. Nebenbei praktiziert er Kung-Fu und Zen-Meditation, spielt Cello oder mit seinem Hund (der eigentlich seiner Freundin gehört!), bereist fremde Länder und testet noch immer zahlreiche Bikes selbst. Progressive Ideen, neue Projekte und große Herausforderungen – Robin liebt es, Potenziale zu entdecken und Trends auf den Grund zu gehen.