Vergleicht man das neue Overvolt AMi mit seinem Vorgänger, fühlt man sich wie auf einem Klassentreffen. Aus dem übergewichtigen Mitschüler mit Zahnspange und Pickelgesicht ist ein stattlicher Sportler mit Sixpack, Dreitagebart und schickem Leinenanzug geworden. Doch können auch die inneren Werte des Bosch-Lapierres überzeugen?

Lapierre Overvolt AM 700i Bosch – Federweg: 150 mm – Preis: 5.599 €
Flashback: Neben dem neuen Overvolt AMi sieht das Vorjahresmodell ziemlich alt aus.

Das bisherige Overvolt AM war ein solides E-MTB, doch optisch wollte es auch bei längerem Hinsehen nicht wirklich gefallen. Stellt man das neue Overvolt AMi daneben, traut man seinen Augen kaum: Liegt tatsächlich nur ein Modelljahr zwischen diesen beiden Bikes? Auffälligste Änderung ist der integrierte Bosch PowerTube-Akku; das Lapierre Overvolt AMi ist das erste Bike, das wir ausführlich mit dem neuen Akku testen konnten. Doch nicht nur das schlanke Unterrohr macht optisch was her, auch der Rest des Rahmens ist nicht wiederzuerkennen. Der charakteristische Knick im Oberrohr ist verschwunden, der Motor ist nun deutlich besser integriert.

Der Bosch PowerTube-Akku verfügt wie das bekannte PowerPack über 500 Wh Kapazität und sitzt unterhalb des Unterrohrs.
Statt einer Klappe zum Verschließen des Akkufachs …
… verbindet Lapierre den Akku fest mit der Abdeckung.
Der Akku kann werkzeuglos über einen Sicherungsstift entnommen werden.
Das Overvolt AMi lässt sich aber auch wie gehabt mit eingebautem Akku laden.

Doch auch technisch hat sich das Overvolt AM weiterentwickelt und ist nun näher an das unmotorisierte Trailbike Zesty angelehnt. Am Heck arbeitet jetzt ein Dämpfer mit metrischem Einbaumaß, der 150 mm aus dem OST+ Hinterbau kitzelt. Neu ist das Anti Chainsuck System ACS, das direkt am Motor angebracht wird und Kettenklemmer effektiv verhindern soll. Geblieben ist hingegen der Flipchip, mit dem die Kettenstrebenlänge um 10 mm verstellt werden kann. Damit lässt sich das Overvolt AMi mit zwei 27,5, 27,5+ und 29″-Laufrädern fahren. Der integrierte Akku schafft Platz für einen Flaschenhalter im vorderen Rahmendreieck.

Das Anti Chainsuck System ist mit allen Bosch-Bikes mit Boost-Achsen kompatibel, der Motor sitzt nun deutlich tiefer integriert im Rahmen.
Überall am Bike wurden kleine Details optimiert, etwa der neue Speichenmagnet, der sich nicht mehr verdrehen kann.
Statt der Schutzhülle für das große Bosch Intuvia-Display hätte das kompaktere Purion-Display deutlich besser zum Gesamtkonzept des Bikes gepasst.

Die Ausstattungsvarianten des Lapierre Overvolt AMi

AM 500i AM 600i AM 700i AM 900i
Motor BOSCH Performance CX BOSCH Performance CX BOSCH Performance CX BOSCH Performance CX
Akku Bosch Powertube 500 Wh Bosch Powertube 500 Wh Bosch Powertube 500 Wh Bosch Powertube 500 Wh
Schaltung SHIMANO DEORE SRAM NX SRAM GX SRAM X01
Gabel SR SUNTOUR AION LOR RockShox Revelation RockShox Pike RC RockShox Pike RC
Dämpfer RockShox Deluxe R RockShox Deluxe RT RockShox Deluxe RT RockShox Super Deluxe RC3
Preis 4.399 € 4.999 € 5.599 € 5.999 €

Die Geometrie des Lapierre Overvolt AMi Bosch

Das neue Lapierre Overvolt AM ist nun auch in XL verfügbar, die bisherigen Größen S, M und L haben ein etwas kürzeres Sitzrohr bekommen. Ansonsten wurde die Geometrie nur im Detail überarbeitet, deutlichste Neuerung sind die 10 mm kürzeren Kettenstreben. Der Reach ist minimal länger geworden, Lenk- und Sitzwinkel bleiben gleich. Ein 10 mm längeres Steuerrohr sorgt für ein höheres Cockpit, die Tretlagerhöhe bleibt unverändert.

Größe S M L XL
Sattelrohr 400 mm 430 mm 460 mm 500 mm
Oberrohr 580 mm 610 mm 635 mm 660 mm
Lenkwinkel 66 ° 66 ° 66 ° 66 °
Sitzwinkel 73 ° 73 ° 73 ° 73 °
Kettenstrebe 460/470 mm 460/470 mm 460/470 mm 460/470 mm
BB Drop -5 mm -5 mm -5 mm -5 mm
Reach 395 mm 422 mm 444 mm 466 mm
Stack 606 mm 616 mm 625 mm 634 mm

Das Lapierre Overvolt AM 700i auf dem Trail

Das neue Lapierre Overvolt AM 700i klettert ohne zu murren und überzeugt mit sehr ausgewogenen Fahreigenschaften.

Wir hatten die Gelegenheit, das neue Lapierre Overvolt AM 700i auf einer vielseitigen Testrunde rund um Valberg in den französischen Seealpen zu testen. Das 700er-Modell ist das zweitteuerste des Line-ups und lässt in Sachen Ausstattung kaum Wünsche offen. Eine Besonderheit ist der neue SRAM GX-E-Schalthebel, bei dem wie bei der SRAM EX1 nur ein Gang auf einmal geschaltet werden kann. Die meisten Kettenrisse treten beim Schalten über mehrere Gänge auf, der neue Hebel soll das verhindern. Da die Gangsprünge der 11-fach-Gruppe jedoch kleiner sind als die der EX1, schaltet man in der Praxis oft mehrere Gänge hintereinander, nur eben einzeln und nicht auf einmal. Alle Modelle kommen jetzt serienmäßig mit MAXXIS-Reifen in 2,8″-Breite.

Wie beim Overvolt Carbon kommt jetzt auch in der Aluversion der RockShox Deluxe-Dämpfer zum Einsatz.
Die neuen GX-E-Schalthebel schalten immer nur einen Gang auf einmal, um den Antrieb zu schonen.
Die neue RockShox PIKE arbeitet noch besser als bisher und passt damit perfekt zum Hinterbau des Overvolt.

Die Sitzposition fällt angenehm aus und bietet eine gute Grundlage für lange Touren. Das Overvolt AMi kommt natürlich mit dem neuen Bosch eMTB-Modus, der das Umschalten der Unterstützungsstufen weitestgehend überflüssig macht. Auf Trails und technischen Anstiegen funktioniert das sehr gut, der Motor bleibt leicht zu beherrschen und gibt dennoch bei Bedarf die volle Kraft frei. So gelingen technische Uphillsektionen über Stufen, Wurzeln und sonstige Hindernisse deutlich leichter. Auf Forstwegen würden wir uns aber hin und wieder den Sport-Modus zurückwünschen, da der eMTB-Modus beim sportlichen Fahren schnell die volle Power des Turbo-Modus freigibt. In Summe klettert das Overvolt AMi sehr gut, auf dem Vorderrad ist dank des etwas längeren Radstands stets genug Druck.

Mit seinen 150 mm Federweg, der flachen Geometrie und der stabilen Ausstattung ist das Overvolt AMi bergab eine echte Macht.

Die Testbikes waren mit MAXXIS Minion DHF und Recon+ in der leichten 3C-Gummimischung ausgestattet, was auf dem steinigen Untergrund zu unzähligen Platten führte. In Serie kommen die Bikes jedoch mit den stabileren Dual-Compound-Reifen mit 60-tpi-Karkasse. Lapierre stattet das Bosch Intuvia-Display mit einer eigenen Schutzhülle aus, wir hätten das Purion trotzdem passender gefunden. Große Fahrer stört zudem der kurze Hub der hauseigenen Sattelstütze, die ansonsten aber tadellos funktioniert und im neuen Modelljahr mit einem ergonomischen Trigger-Hebel kommt.

Alle Overvolt AM-Modelle rollen jetzt auf 2,8er-Reifen, in Serie kommt das Bike mit einer haltbareren Gummimischung.
Große Fahrer wünschen sich eine Stütze mit mehr Hub, die Funktion der Lapierre-Dropper ist jedoch einwandfrei.

Unsere Teststrecke führte uns über die unterschiedlichsten Untergründe und wechselte ihren Charakter im Minutentakt. Das Overvolt AMi offenbart dabei seine Vielseitigkeit, denn es leistet sich nirgends echte Schwächen. Das Fahrwerk arbeitet hervorragend und sorgt dafür, dass das Rad förmlich am Boden klebt. Dabei gibt das Overvolt AMi nie zu viel Federweg frei, der Fahrer erhält trotz der großvolumigen Plus-Reifen sehr viel Feedback vom Untergrund. Die neue RockShox PIKE passt ausgezeichnet zum Hinterbau und legt in Sachen Performance gegenüber den Vorgängerversion noch mal deutlich zu.

Ein gelungener Allrounder für Fahrer, die ein E-MTB für den anspruchsvollen Geländeeinsatz suchen.

Bergab ist das Overvolt AMi mit seinem langen Radstand und dem flachen Lenkwinkel sehr laufruhig, enge Spitzkehren erfordern daher etwas Nachdruck. Ausstattung und Fahrwerk sorgen auch bei höheren Geschwindigkeiten für ein sicheres Fahrgefühl, das Bike verzeiht den einen oder anderen Fehler und verfügt über einen sehr breiten Grenzbereich.

Fazit

Integration ist das große Thema der kommenden Saison und das Lapierre Overvolt AMi ist der beste Beweis dafür, dass sich der hohe Entwicklungsaufwand lohnt. Das neue Bike ist deutlich schöner, bietet Platz für einen Flaschenhalter und wurde in vielen Details weiter optimiert. Das Ergebnis ist ein gelungenes E-MTB ohne echte Schwächen, das vor allem durch seine Vielseitigkeit überzeugen kann und sich im anspruchsvollen Gelände zu Hause fühlt.

Mehr Infos findet ihr unter: bikes-lapierre.de


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Words: Photos: Moritz Dittmar, Matt Wragg