Unsere langjährige Renn- und Mountainbike-Erfahrung hilft uns, die Testbikes (und uns) ans Limit zu bringen, Schwachstellen aufzuzeigen und damit auch konstruktives Feedback an die Industrie zu geben. Doch der Alltag vieler E-Mountainbiker spielt sich nicht auf den Hardcore-Strecken dieser Welt ab, also müssen die Bewertungskriterien sowohl Profis als auch Fahrer mit geringem MTB-Background berücksichtigen. Für den Dauertest des CUBE Stereo Hybrid 140 HPA SL 27.5 war deshalb Andreas Güldenfuß unser Testfahrer. Er ist seit über 25 Jahren Redakteur in der Motorrad-Branche und zieht hier sein aussagekräftiges Fazit nach 3.000 km auf unterschiedlichstem Terrain.

CUBE Stereo Hybrid 140 HPA SL 27.5 – Wie hat es sich wohl nach 3.000 km geschlagen?
CUBE Stereo Hybrid 140 HPA SL 27.5 – Wie hat es sich wohl nach 3.000 km geschlagen?

Zuerst die harten Fakten: Das Stereo gehört zu den populärsten Modellreihen aus dem Hause CUBE und ist ein Synonym für gutmütige Fullsuspension-Trailbikes. Die Ergänzung Hybrid bekommen bei CUBE alle E-Bikes, also vom Hardtail über WLS bis hin zum urbanen „SUV“ für die Stadt. Von der Stereo Hybrid-Serie gibt es sechs Modelle, die 29er mit 120 mm Federweg und die 27,5er mit 140 mm Federweg. Preislich bewegen sich die Bikes zwischen 2.999 € und 5.499 €. Unser Stereo Hybrid 140 HPA SL 27.5 markiert preislich das obere Ende der Fahnenstange, wobei die Ausstattung nichts zu wünschen übrig lässt – und mit knapp 22 kg geht das Gewicht auch voll in Ordnung.

Die 22 kg des Alurahmens stehen auf einem 140-mm FOX-Fahrwerk.
Die 22 kg des Alurahmens stehen auf einem 140-mm-Fahrwerk.

Rahmen

Beim Rahmenbau vertraut man auf Leichtmetall, auf die Option Advanced Twin Mold-Kohlefaser muss man beim Hybrid noch warten. Dafür durften die Ingenieure sich im Bereich Hydroforming austoben. Dreifach konifizierte Aluminium-Rohre, ein konisches Steuerrohr und robuste Steckachsen sorgen für Steifigkeit. Der Akku sitzt schwerpunktgünstig sehr tief und ist teils im Rahmen integriert. Die dadurch erhöhte Baubreite nimmt den Motor optimal auf und erhöht die Stabilität im gesamten Tretlagerbereich. Die Züge verschwinden größtenteils in dem massiven Rahmen, nur die Bremsleitung für die hintere Scheibenbremse und der Zug der absenkbaren Teleskop-Sattelstütze sind sauber am Unterrohr verlegt.

Fahrwerk

Um die Vorteile eines E-Mountainbikes richtig nutzen zu können, ist ein erstklassiges Fahrwerk extrem wichtig. Zuerst die Gabel: Die 34er FOX FLOAT mit FIT, FOX Isolated Technology, verhindert durch Membrane das Vermischen von Luft und Öl und soll damit für gleichbleibende Dämpfung sorgen. Zusammen mit der schnellen CTD-Dämpfungseinstellung, also Climb, Trail und Descend, ist sie genau die richtige Wahl für ein Trailbike, das vor allem einfach zu bedienen sein und im Alltag funktionieren soll. Ein ordentliches Ansprechverhalten und eine haltbare Oberfläche gibt es zusätzlich durch die Kashima-Beschichtung.

Straße, leichter Trail oder bergab die Bremse offen lassen – dank CTD-Verstellung lässt sich die Dämpfung schnell an die jeweilige Situation anpassen.
Straße, leichter Trail oder bergab die Bremse offen lassen – dank CTD-Verstellung lässt sich die Dämpfung schnell an die jeweilige Situation anpassen.

Im Vergleich zu konventionellen Bikes fallen bei E-Mountainbikes die Anforderungen des Dämpfers bzw. des gesamten Fahrwerks etwas anders aus. Sicherheit und Schluckfreudigkeit übertrumpfen die Effizienz in der Prioritätenliste – schließlich hat man ja einen Motor, sodass nicht jedes Watt Energie zwangsläufig in Vortrieb umgewandelt werden muss. Allerdings braucht das Bike eine angepasste Kennlinie bzw. Dämpfung in Anbetracht des erhöhten Gesamtgewichts sowie der Gewichtsverteilung und dem Drehmoment, das der Motor über den Antrieb in den Rahmen und das Fahrwerk einleitet.

Auch der ebenfalls Kashima-beschichtete FOX-Dämpfer im Heck verfügt über CTD.
Auch der ebenfalls Kashima-beschichtete FOX-Dämpfer in Heck verfügt über CTD.

So dämpft am Heck ebenfalls ein Factory-Luftdämpfer aus dem Hause FOX. Wie an der Gabel gibt es auch hier die drei CTD-Modi. Zum Einstellen der Fahrmodi braucht es etwas Übung, bis man weiß, welcher Hebel in welcher Position der richtige ist. Auf eine komfortable Bedienung vom Lenker aus wurde verzichtet – mit ein bisschen Watt-Unterstützung ist es allerdings nicht tragisch, wenn man zur Bedienung mal nach unten greifen muss.

Ausstattung

Hier wird nicht gekleckert, das CUBE ist ein absolut schönes Bike, bei dem es eigentlich an nichts fehlt. Fangen wir mit dem Antrieb an: Bosch. Beim Akku-Schrauber heißt es Bosch Professional, beim E-Antrieb Bosch Performance. Die Drive Unit, also der Motor, hängt gut verpackt und keine 4 kg schwer im Tretlagerbereich. Drei Sensoren überwachen tausend Mal pro Sekunde, was der Fahrer mit seiner Pedalkurbel macht, und unterstützen je nach gewähltem Modus mit bis zu 60 Newtonmetern Drehmoment. Schön im Rahmen integriert steckt der Bosch Power Pack, der Lithium-Ionen-Akku mit 400 Wh, der weitere 2,5 kg wiegt. Das dazugehörige Cockpit ist relativ langweilig, eigentlich bietet jeder Fahrrad-Computer mehr Informationen und auch die Schalteinheit ist kein technologisches Meisterstück – doch es ist robust und überlebt erwiesenermaßen auch leichte Stürze.

Der Bosch Performance-Motor hat sich trotz diverser Aufsetzer bisher tadellos geschlagen.
Der Bosch Performance-Motor hat sich trotz diverser Aufsetzer bisher tadellos geschlagen.
Der 760 mm breite Lenker war für mich anfangs sehr ungewohnt, macht aber an solch einem Bike vollends Sinn.
Der 760 mm breite Lenker war für mich anfangs sehr ungewohnt, macht aber an solch einem Bike vollends Sinn.

Der Race Face SixC-Carbonlenker kommt einem mit 760 mm zwar anfangs etwas breit vor, wenn man aus dem Oldschool-Marathon-XC-Lager mit 500 mm kommt. Aber sowohl der Lenker als auch der Vorbau aus dem gleichen Haus lassen sich widerstandslos in den Dreck werfen, ohne auch nur Anzeichen von Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Apropos: CUBE testet im hauseigenen Labor alle Carbon-Lenker, die in der Serie verbaut werden sollen, auf deren Langlebigkeit.

Genauso robust ist das Shimano 11-fach XTR-Schaltwerk. Auf der 11–40er-Kassette ist für jede Steigung der passende Gang dabei – für alles andere gibt es das Bedienteil des Bosch-Antriebs an der linken Seite. Die Bremsen sind auch von Shimano, auch XTR, und verfügen über schöne, radial verschraubte Monoblock-Bremssättel mit 180-mm-Wave-Scheiben. Isolierte Kolben und ausreichende Kühlfläche sorgen für ausreichende, gut dosierbare Performance. Fährt man häufiger längere Abfahrten, sind 200-mm-Bremsscheiben absolut zu empfehlen.

Das CUBE Stereo Hybrid 140 HPA SL verfügt über einen 1x11-Antrieb und Bremsen aus Shimanos Topgruppe XTR.
Das CUBE Stereo Hybrid 140 HPA SL verfügt über einen 1×11-Antrieb und Bremsen aus Shimanos Topgruppe XTR.

DT CSW EM 3.7 straightpull tubeless ready – hinter dieser kryptischen Produktbezeichnung verbergen sich Custom-Laufräder aus dem Hause DT Swiss mit DT EX471-Felgen in 30 mm Breite, DT 350-Naben und geraden Speichen (Straight Pull). Vorne sorgt der Schwalbe Hans Dampf Kevlar für Spurtreue und hinten rockt der Schwalbe Rock Razor – beide in 2,35″ Breite. Absolutes Must-have für alle (zukünftigen) Bikes ist die höhenverstellbare RockShox Reverb Stealth Teleskop-Sattelstütze – bequem vom Lenker aus bedienbar.

Natürlich gibt es noch unzählige weitere Goodies von der Sattelklemme bis zur FSA-Kurbelgarnitur, aber das sind Teile, mit denen man nicht allzu häufig zu tun hat und die in der Regel auch keinem erhöhten Verschleiß im Dauertest ausgesetzt sind – wobei ich nicht verschweigen möchte, dass der Fi`zi:k Gobi-Sattel ein klitzekleines bisschen beleidigt ist, nicht ausführlicher beschrieben zu werden.

Komfort und Sicherheit bergab – die RockShox Reverb Stealth Teleskop-Sattelstütze lässt sich bequem vom Lenker aus bedienen.
Komfort und Sicherheit bergab – die RockShox Reverb Stealth Teleskop-Sattelstütze lässt sich bequem vom Lenker aus bedienen.

Fahrverhalten

Viel wichtiger ist aber: Wie fährt sich das CUBE im Dauertest? Oder: Wie fährt man das CUBE im Dauertest? Die Antwort ist einfach: Man fährt immer. Man fährt jeden Tag, auch mit über 40 Jahren, nach mehreren Knie-OPs, künstlichen Knorpeln, ohne Menisken – eben allem, was man in 20 Jahren Enduro-Sport (Motorrad) so auf der Strecke lässt. Wenn es am Anfang ein bisschen weh tut, schaltet man einfach den Unterstützungsmodus um eine Stufe höher – nach spätestens 10 min sind die Gelenke geschmiert und laufen rund. Also doch Senioren- und Invaliden-Bike? Eher nicht, auch wenn mir angesichts der Farbe schon ein paar Mal in den Sinn kam, dass die AOK eigentlich solche Bikes an ihre Mitglieder verteilen sollte. Die Kosten würden vermutlich schnell wieder reinkommen – immerhin besagen Studien, dass die Krankenkassen bis 2020 rund 25 Milliarden Euro ausgeben werden für die Behandlung von Krankheiten, die mit Bewegungsmangel verknüpft sind.

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Mit dem E-Mountainbike überwindet jeder seinen inneren Schweinehund und selbst ein bisschen Bewegung ist besser als keine. Wer allerdings höhere Ziele hat, ist mit einem E-Bike ebenfalls bestens bedient. Man kann mehr und weiter fahren als ohne elektrischen Antrieb und man kann viel öfter ans absolute Konditionslimit gehen. Im Klartext: Du prügelst im Eco-Modus mit knapp 20 km/h deinen Hometrail hinauf, bis du Sternchen siehst, dann setzt du dich und schaltest auf Tour- oder Sport-Modus, bis der Puls wieder im unteren dreistelligen Bereich ist – und dann kommt der Rest. Das ist wie Spinning, nur dass eben nicht das Auto vor dem Fitnessstudio parkt, sondern dich im Ernstfall Onkel Bosch nach Hause fährt. Das E-Mountainbike weckt die Abenteuerlust. Unbekannte Trails oder Wege sind kein Thema, zur Not gibt es sogar eine Schiebehilfe, falls gar nichts mehr geht. Doch der Fall ist relativ unwahrscheinlich.

Aber vielleicht mache ich auch etwas falsch, denn ich mache den Motor ganz oft aus. Auf der Ebene, wenn die Masse mal in Bewegung ist, bleibt der Motor aus. Erst wenn ich den Widerstand des Antriebs spüre, der Bosch-Motor hat eine deutlich spürbare innere Reibung, schalte ich in den Eco-Mode. Der ist mir dann aber schon oft zu viel Unterstützung, ich hätte gerne noch einen Modus dazwischen, der nur den Zusatzwiderstand vom Antrieb nimmt, damit sich das Rad wie ein normales, leicht übergewichtiges Fully fährt.

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Denn fahren ist ein absoluter Genuss. Anfangs war es zwar sehr ungewohnt durch den breiten Lenker, mit dem man plötzlich überall hängen bleibt. Dafür hat man aber eine genial coole Sitzposition. Das Fahrwerk und die Reifen ebnen jeden Weg. Wurzeln, Äste, Steine, Gräben – einfach drüber und nicht darüber nachdenken. Allerdings hat der komfortbetont niedrige Luftdruck von 1,5 bar auch seinen Tücken, wenn man richtig schnell unterwegs ist oder beim Landen schräg aufkommt.

Natürlich kommt das CUBE auch ein bisschen in der Welt herum: Gardasee ist klar, Arco ist ein guter Bekannter, aber Galtür und das Paznaun Tal sind die eigentlichen Hometrails. Selbst nach alpinen 80 km und rund 2.500 hm ist noch Saft im Akku – vorausgesetzt, man geht knauserig damit um.

Vielleicht bin ich zu sparsam im Umgang mit dem E-Mountainbike, ich habe es bisher nicht geschafft, den Akku komplett leer zu fahren. Eigentlich ganz unbewusst, mir fehlt einfach die Zeit, noch längere Touren zu fahren und wenn ich mir die Zeit nehme, möchte ich auch trainieren und nutze die Unterstützung nur, wo es nötig ist oder wo es der Fahrspaß verlangt.

Was ich vielleicht etwas vernachlässige, ist die Wartung. Außer Kette schmieren, putzen und gelegentlich den Luftdruck im Dämpfer kontrollieren, habe ich nichts gemacht. Aber das ist natürlich auch wichtig: Welche Folgekosten kommen beim E-Mountainbike auf mich zu? Die Kette ist nach 3.000 km definitiv durch und es wird höchste Zeit, dem Dämpfer und der Gabel einen Service spendieren. Die Reifen sind ein Phänomen. Trotz den geringen 1,5 bar Druck ist der Verschleiß wirklich minimal – wohl dank dem sehr geringen Asphaltanteil. Nach den Bremsbelägen sollte ich vor dem nächsten Alpentrail auch einmal schauen.

Auf Zubehör und technische Veränderungen haben wir bewusst verzichtet, es geht darum, wie sich die Serienkomponenten schlagen. Der serienmäßig ohne spezifische Schutzplatte ausgerüstete Motor ist schon unzählige Male aufgesessen, sei es auf Steinstufen oder Baumstämmen, hat aber noch keine einzige Macke in seinem Kunststoff-Gehäuse. Auch über die Pedale mussten die Lager schon einige Schläge abfangen, doch bisher läuft alles noch spiel- und geräuschlos.

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Aber klar, die große Frage bleibt dennoch: Wie lange hält die eigentlich noch recht neue Technik? Wie viele Ladezyklen verträgt der Akku, bevor die Kapazität sinkt und was passiert, wenn Teile im Motor verschleißen? Bisher haben wir diesen Ernstfall noch nicht erfahren, aber vielleicht werden wir es noch im Rahmen dieses Dauertests herausfinden – eigentlich ist ja gerade erst Halbzeit.

Das Fazit bisher

Manchmal vermisse ich mein Hardtail und meinen Cyclocrosser – aber ganz ehrlich, ich war schon lange nicht mehr so viel und regelmäßig wie mit diesem Bike unterwegs. Egal wie müde oder fertig du bist – draufsetzen, fahren, der Rest kommt von allein. Von der Technik bin ich begeistert. Der Akku hat inzwischen rund 35 Ladezyklen erlebt, bei vernünftigem Umgang macht er mindestens 1.000 Zyklen mit, bevor seine Kapazität spürbar absinkt. Ob der Motor und der Rest des Rads auch so lange halten? Spannend ist die Sache schon, zumal die eventuellen Ersatzteilkosten deutlich teurer wären als bei einem klassischen Rad. Zum Kaputtfahren wird der Dauertest nicht reichen, aber nach 4.000–5.000 km reicht es sicher für ein definitives Fazit.

Ob ich mir ein CUBE Stereo Hybrid 140 HPA SL 27.5 kaufen würde oder werde? Ganz klar: Ja – ich musste meiner Frau das CUBE Reaction Hybrid HPA Race 27.5 kaufen, da muss ich ja nach Beendigung des Tests auch dranbleiben.

Zum Redakteur:
Andreas Güldenfuß, 43 Jahre. Seit 25 Jahren Redakteur in der Motorrad-Branche und mit dem Enduro-Sport aufgewachsen – allerdings mit Motor und auf DM-Niveau. Hat seit einem Jahr ein besonderes Verhältnis zu E-Mobilität und Reichweite: Seitdem ist er nämlich Country Manager bei Zero Motorcycles für Deutschland, Österreich und die Schweiz und hat das Testbike gerne bei seinen vielen Besuchen in den Alpen in seinem Van dabei.

Text & Foto: Andreas Güldenfuß


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