„E-Mountainbikes sind nur was für alte Menschen.“ Spätestens seit auch bei YT und COMMENCAL Trail-taugliche Bikes mit Motor im Programm sind, haben unsere Junior-Tester ihre Vorurteile abgelegt. Sie haben das COMMENCAL META POWER 29 Essential und YT DECOY Comp im direkten Vergleich getestet.

Sowohl das 2020er COMMENCAL META POWER 29 Essential als auch das aktuelle YT DECOY Comp hätten perfekt in unseren Budget-Vergleichstest gepasst. Leider haben wir beide Bikes nicht rechtzeitig zwischen die Finger bekommen und deshalb ausgiebig von unseren angehenden „Junior-Testern“ testen lassen. Simon und Linus haben die Bikes auf ihren Hometrails rund um Stuttgart sowohl auf flowigen Trails mit weiten Sprüngen als auch auf steileren Trails mit rutschigen Wurzeln unter die Lupe genommen. Aber auch wir haben es uns nicht nehmen lassen, beide Bikes ausgiebig zu testen. Als leidenschaftliche Trail-Builder waren die beiden Jungs sofort von den beiden E-Mountainbikes angefixt. Und das, obwohl der etwas betagtere Shimano STEPS E8000-Motor seit der Veröffentlichung des Nachfolgemodells Shimano EP8 in beiden Bikes mittlerweile nicht mehr die Speerspitze der Motorenentwicklung widerspiegelt.

Getreu dem Motto „No dig no ride“ schnallen sich beide regelmäßig Pickel und Schaufel an den Rucksack und ziehen los, um ihre Hometrails zu pflegen. Dabei macht das E-Mountainbike den Weg zum Trail und das Austesten neuer Sektionen nicht nur um einiges leichter, sondern auch spaßiger. Den schweren Radlader setzen sie natürlich nicht im Wald, sondern lediglich für die Jumpline auf der privaten Wiese hinter Papas Scheune ein.

Auch beim Trail-Building setzen wir auf Motorpower. Genauso wie beim Biken macht es mit Motor einfach mehr Spaß!


Das COMMENCAL META POWER 29

COMMENCAL META POWER 29 Essential | Shimano STEPS E8000 / 504Wh | 170/ 160mm (v/h)
23,8kg (in Größe L) | 4.999 € | Hersteller Website

Wie bei allen Bikes des Direktversenders aus Andorra ist auch das 4.999 € teure COMMENCAL META POWER 29 Essential aus einem Aluminium-Rahmen gefertigt. Mittlerweile hat COMMENCAL zwar eine neuere Generation des Bikes mit Shimano EP8-Motor statt dem verbauten STEPS E8000 im Portfolio. Dennoch ist das 2020er COMMENCAL META POWER 29 Essential nicht nur aufgrund des umfangreichen Second-Hand Programms super spannend. Denn bei unsere Suche nach dem besten E-Mountainbike 2020 konnte sich das META POWER 29 Team, das nur einige hundert Euro teurer ist, den begehrten Kauftipp sichern. Seine Energie zieht der STEPS E8000-Motor im Essential aus einem internen 504 Wh Shimano-Akku. Mit der Wahl der Komponenten macht das 29”-Bike mit 170/160 mm Federweg seinen bevorzugten Einsatzbereich deutlich: anspruchsvolle Trails. Dabei setzt COMMENCAL wie auch YT auf einen FOX DPX2-Dämpfer und eine FOX 36-Federgabel, letztere allerdings in der leichteren Performance-Variante. Am 29”-Hinterrad kommt der besonders pannensichere MAXXIS Aggressor in der Doubledown-Version zum Einsatz, während vorne mit einem ASSEGAI mit der schwächeren EXO+ Karkasse sinnvoll am Gewicht des META gespart wird. Neben dem Motor kommen auch die SLX-Schaltung und Bremse mit 200 mm Scheiben von Shimano.

Das Meta Power 29 Essential im Detail

Awkward
Der Schalter des Shimano-Motorsystems sitzt seitlich am Unterrohr. Technisch in Ordnung, optisch stört er dort aber.
Tuning-Tipp
Für den Einsatz auf dem Trail die Druckstufe etwa ein Drittel bis zur Hälfte schließen
Feinfühlig
Die FOX 36 Performance arbeitet tadellos und ist einfach einzustellen
Sauber gelöst
Magnet und Sensor sind super clean und pannensicher in die Bremsscheibe bzw. das Ausfallende integriert
Pannensicher und spaßig
Der MAXXIS Aggressor am Hinterreifen kommt in der robusten Doubledown-Karkasse. Sein flaches Profil ist ideal für harte Flowtrails. Bei Nässe wird es rutschig – pardon – spaßig.

Commencal Meta Power 29 Essential

4.999 €

Ausstattung

Motor Shimano E8000 70 Nm
Akku Shimano STEPS E8035 integrated 504Wh
Display Shimano STEPS E8000
Federgabel FOX 36 Float Performance 170 mm
Dämpfer FOX DPX2 Float Performance160 mm
Sattelstütze KS Rage i-dropper 100 - 150 mm
Bremsen Shimano SLX 4-Kolben 203/203 mm
Schaltung Shimano SLX 1x12
Vorbau Ride Alpha Freeride 50 mm
Lenker Ride Alpha 780 mm
Laufradsatz Shimano SLX Hubs / e13 LG1 DH rims 29"
Reifen MAXXIS Assegai/ Aggressor2,5"/2,5"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 23,80 kg
Zul. Gesamtgewicht n/a
Max. Gewicht Fahrer/Equipment n/a
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein


Die Geometrie des Commencal E-Bikes

Größe S M L XL
Sattelrohr 415mm 440mm 465mm 495mm
Oberrohr 573mm 595mm 622mm 648mm
Steuerrohr 120mm 125mm 130mm 135mm
Lenkwinkel 65° 65° 65° 65°
Sitzwinkel 77° 77° 77° 77°
Kettenstrebe 453mm 453mm 453mm 453mm
Tretlagerabsenkung 20mm 20mm 20mm 20mm
Radstand 1223mm 1245mm 1273mm 1300mm
Reach 430mm 450mm 475mm 500mm

Das YT Industries Decoy Comp

YT Decoy Comp | Shimano STEPS E8000 / 540Wh | 170/ 165mm (v/h)
23,6kg (in Größe L) | 4.999€ | Hersteller-Website

Anders als bei COMMENCAL ist das von uns getestete, 4.999 € teure YT DECOY Comp noch immer das aktuelle Bike in deren Portfolio. Der Modellwechsel auf die neue Shimano-Motorengeneration scheint beim deutschen Direktversender noch zu dauern. Gespeist wird der STEPS E8000-Motor von einem Custom 540-Wh-Akku im Unterrohr des Carbon-Rahmens. Eine Option auf einen größeren Akku, wie zum Launch des DECOY angedacht, gibt es nicht. Dafür ist der Federweg im Vergleich zum ersten DECOY-Modelljahr angewachsen: An der Front sorgt eine FOX 36 Rhythm-Federgabel für 170 mm Federweg, während ein FOX DPX2-Dämpfer 165 mm aus dem Hinterbau herausholt. Allerdings bleibt dabei nur wenig Platz im Hauptrahmen, sodass YT auch beim DECOY auf extra angefertigte Flaschen (475 ml) und Halter angewiesen ist. YT setzt auf einen Mix der Laufradgrößen und kombiniert einen 29” x 2,5” MAXXIS Minion DHF an der Front mit einem 2,8” breiten Minion DHRII am 27,5”-Hinterrad. Beide kommen in der pannenanfälligen EXO-Karkasse. Bei Laufrädern und Cockpit kommen E*Thirteen Alu-Komponenten zum Einsatz. Das Cockpit rund um den 800 mm breiten Lenker ist dank der Shimano STEPS E7000-Remote und des Displays super aufgeräumt und funktional.

Das Decoy Comp im Detail

Einstiegsmodell
Bei der Gabel kommt die FOX 36 Rhythm zum Einsatz. Sie ist in erster Linie etwas schwerer als das Performance-Modell, lässt sich aber auf dem Trail kaum von der teureren Gabel unterscheiden.
Aufgeräumt
Das Cockpit rund um die kompakten STEPS E7000-Komponenten ist super clean und ergonomisch
Kontrolle oder Klappern
Die Klemmung an den Cable Ports muss man regelmäßig kontrollieren. Sitzen sie an Ort und Stelle, ist das DECOY aber super leise.
Durstig?
Die kompakte Flasche samt Halter ist eine Spezialanfertigung extra fürs DECOY. Allerdings mit weniger als einem halben Liter Fassungsvermögen.
Für fette Hits
Der Hinterbau des DECOY ist super progressiv, so liefert er viel Grip und dennoch genügend Reserven bei richtig harten Landungen
Schwammig und schwach
Der 2,8” breite Minion DHRII am Hinterrad liefert mit der EXO Karkasse zu wenig Pannenschutz und neigt in Anliegern zum Umknicken

YT Industries Decoy Comp

4.999 €

Ausstattung

Motor Shimano E8000 70 Nm
Akku SMP YT Custom 540Wh
Display Shimano E7000
Federgabel FOX 36 Float Rythm E-Bike170 mm
Dämpfer FOX DPX2 Float Performance165 mm
Sattelstütze YT Postman 125 - 170 mm
Bremsen Sram Code R 200/200 mm
Schaltung Shimano SLX 1x12
Vorbau e13 Base 50 mm
Lenker e13 Base 800 mm
Laufradsatz e13 E*Spec Plus 29"/27,5" (v/h)
Reifen MAXXIS Minion DHF/ DHR II 2,5"/ 2,8"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 23,60 kg
Zul. Gesamtgewicht n/a
Max. Gewicht Fahrer/Equipment n/a
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein


Die Geometrie des YT E-Bikes

Größe S M L XL XXL
Sattelrohr 400mm 420mm 445mm 470mm 495mm
Oberrohr 569mm 591mm 612mm 635mm 658mm
Steuerrohr 95mm 100mm 105mm 115mm 125mm
Lenkwinkel 64,5°/ 65° 64,5°/ 65° 64,5°/ 65° 64,5°/ 65° 64,5°/ 65°
Sitzwinkel 75,5°/ 76° 75,5°/ 76° 75,5°/ 76° 75,5°/ 76° 75,5°/ 76°
Kettenstrebe 442mm 442mm 442mm 442mm 442mm
Tretlagerabsenkung 10/17mm 10/17mm 10/17mm 10/17mm 10/17mm
Radstand 1182mm 1204mm 1226mm 1251mm 1275mm
Reach 410mm 430mm 450mm 470mm 490mm
Stack 623mm 628mm 633mm 642mm 652mm

YT und COMMENCAL im Test

Geht es auf dem Forstweg bergauf oder in der Ebene daher, kombinieren sowohl YT als auch COMMENCAL Vortrieb mit Komfort. Denn beide Bikes setzen auf relativ flache Sitzwinkel, die für eine angenehme Sitzposition mit ausgewogener Lastverteilung zwischen Gesäß und Händen sorgen. Und obwohl die verbauten Shimano STEPS E8000-Motoren mittlerweile nicht mehr die neuesten Modelle sind, sorgen sie mit ihren 70 Nm Drehmoment noch immer für zügiges Vorankommen. Erst wenn es steil und technisch bergauf geht, lassen beide Bikes Federn, denn dann zeigt sich der betagte Motor im Vergleich zur neuesten Motorengeneration als ungestüm, stürmisch und schwerer zu kontrollieren. Dennoch zieht das META POWER 29 im steileren Uphill am DECOY vorbei, da die längere Kettenstrebe das Vorderrad länger am Boden hält und das höhere Tretlager für weniger Pedal-Aufsetzer sorgt. Während sich das COMMENCAL gelassen den Berg hinauf wühlt, fordert es seinen Fahrer lediglich, für ausreichend Druck am Hinterrad zu sorgen – sprich sitzen bleiben –, damit der flach profilierte MAXXIS Aggressor-Hinterreifen auf rutschigem Untergrund nicht durchdreht. In Sachen Traktion hat bergauf das DECOY die Nase vorn mit seinem 2,8” breiten Hinterreifen, erfordert aber deutlich akrobatischere Gewichtsverlagerungen nach vorne, um das Vorderrad am Boden zu halten.

Wow… ich hätte nicht gedacht, dass ein 29er E-Mountainbike so spaßig und einfach in Kurven sein kann!

Auch im Downhill haben beide Bikes ganz unterschiedliche Charaktereigenschaften. Das YT DECOY ist bei jeder Geschwindigkeit super wendig und spaßig, während das COMMENCAL seinen Fahrer permanent anfleht, noch etwas schneller in den nächsten Wurzelteppich rein zu halten. Das Besondere am DECOY ist der Popp, den es mit und ohne Absprung liefert. Auch unser Junior-Tester Linus ist mit dem DECOY mehr in der Luft als auf dem Trail unterwegs und hat dabei auch keine Probleme, einen Whip anzusetzen. Auch wenn das DECOY übers Ziel – pardon die steile Landung hinausschießt, liefert der progressive Hinterbau genug Reserven, um harte Einschläge im Flat wegzustecken. Anders arbeitet hier das Fahrwerk des META POWER 29, das förmlich am Boden zu kleben scheint und dem COMMENCAL schier unendliche Traktion beschert. So ist es in Kurven nicht nur stets berechenbar, sondern auch verdammt schnell und liefert auch für harte Schläge bei Highspeed ausreichend Reserven. Beide Bikes haben den allerneuesten E-Mountainbikes mit dem neuen Shimano EP8-Motor eines voraus: Im Downhill sind sie angenehm leise und geben weder Kettenschlagen noch Klappergeräusche aus dem Motor von sich.

Erst pushen und dann abziehen: Mit etwas Körpereinsatz geht das DECOY richtig gut in die Luft.

Die Frage, welches Bike jetzt das bessere ist, lässt sich nur schwer beantworten. Denn obwohl sie auf den gleichen Motor, ungefähr gleichen Federweg und oftmals auch auf identische Komponenten setzen, sind beide Bikes grundverschieden. Das COMMENCAL META POWER 29 Essential nimmt es problemlos mit den härtesten und steilsten Strecken auf und lässt seinen Fahrer vor Selbstvertrauen in technischen Sektionen nur so strotzen. Das YT DECOY hingegen belohnt vor allem einen aktiven Fahrstil, bei dem durch Pushen und Springen viel Geschwindigkeit auch auf flachen Streckenabschnitten generiert wird. Hier überzeugt das poppige Fahrwerk, einzig der zu breite und schwammige Hinterreifen hält es dabei etwas zurück. Nach ausgiebigen Wechseln zwischen beiden Bikes würde Simon sein hart erspartes Taschengeld in das COMMENCAL META POWER 29 Essential stecken, weil er mit diesem Bike sowohl zu Hause, als auch im Bike-Urlaub in den Alpen sehr gut unterwegs ist. Der kleinere Linus hingegen bleibt, wie auch fürs Fotoshooting, dem YT treu, vor allem in den Kurven kommt er mit dem DECOY besser zurecht.

Fazit

Von unseren Junior-Testern können wir zwei Dinge lernen. Erstens: Tut euren Trails etwas Gutes und investiert ein paar Minuten in die Trail-Pflege! Zweitens: Auch wenn sich das YT und COMMENCAL in ihrem Fahrcharakter grundlegend unterscheiden, machen beide auf dem Trail verdammt viel Spaß und können noch immer mit ihrer Fahr-Performance überzeugen – auch wenn der Motor nicht mehr en vogue ist. Wichtiger als die einzelnen Komponenten ist das Gesamtkonzept des Bikes, und das muss zum Fahrer passen.


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