Innerhalb von nur wenigen Jahren sind E-Mountainbikes zur technischen Avantgarde des Bikesports geworden. Die Bikes in diesem Test sind die Speerspitze dieser Entwicklung, vollgepackt mit neuen Innovationen und Technologien. Doch wie gut sind diese E-Mountainbikes wirklich und gibt es schon das eine perfekte E-Mountainbike?

In den letzten vier Jahren haben sich E-Mountainbikes extrem gewandelt. Von Anfang an haben wir als erstes E-Mountainbike-Magazin diese Entwicklung aktiv begleitet und dürfen mittlerweile resümieren: Aus Mountainbikes, an die mehr oder weniger (meist weniger) gut ein Antrieb montiert war, wurden eigenständige Sportgeräte mit schlüssigen Gesamtkonzepten. Nötig hierfür war nicht nur ein enormer technischer Fortschritt, sondern auch ein Umdenken im Kopf. Speziell das Thema Effizienz wird durch E-Mountainbikes komplett neu definiert und bisherige Kategorien wurden obsolet – das beweisen die Bikes in diesem Test. Sie sind wahre Alleskönner, klettern spielerisch bergauf wie XC-Bikes und vermitteln bergab dennoch enorme Sicherheit. Moderne E-Mountainbikes lassen sich nicht mehr anhand ihres Federwegs, ihrer Bereifung oder des Gewichts in eine Kategorie stecken. Vergesst Begriffe wie Cross-Country, All-Mountain oder Freeride!

Braucht es E-Mountainbikes mit weniger als 130 mm Federweg?

Unsere Meinung hierzu ist klar: Nein! Ein E-Mountainbike mit weniger Federweg kann kaum etwas besser als ein Modell mit mehr Federweg. Im Gegenteil: Mehr Federweg bedeutet mehr Komfort, mehr Sicherheit, mehr Spaß, ohne dass hierfür Einbußen im Uphill oder bei der Akkureichweite in Kauf genommen werden müssen – wie unsere Messungen belegen. Ein Bike mit mehr Federweg lässt sich ebenso gut zum Commuten auf die Arbeit nutzen wie zum Vollgas geben auf den Hometrails. Dennoch gab es in diesem Testfeld signifikante Unterschiede.

Mehr Federweg bedeutet mehr Komfort, mehr Sicherheit, mehr Spaß, ohne dass hierfür Einbußen im Uphill oder bei der Akkureichweite in Kauf genommen werden müssen.

Ein Must-have: eine stimmige Geometrie

Es hat etliche Jahre gedauert, bis sich bei klassischen unmotorisierten Trailbikes eine Art Norm-Geometrie entwickelt hat. Heutige E-Mountainbikes profitieren von diesem Know-how und es kristallisiert sich heraus: Je mehr die Geometrie von E-Mountainbikes der eines klassischen Mountainbikes ähnelt, desto besser fährt es sich im Gelände – bergauf wie bergab. Kein Wunder, dass dieses Wissen auf aktuelle E-Mountainbikes übertragen wird und so die meisten Bikes in diesem Test mit einer ausgewogenen Geometrie überzeugen können.

Essenzielles Mehrgewicht: die richtige Ausstattung

Ein Faktor, der das Handling eines Bikes spürbar prägt, ist sein Gewicht. Die drei leichtesten Bikes im Test, das FOCUS JAM2, das STEVENS E-Sledge+ ES und das Thömus Lightrider E1, fahren sich mit Abstand am agilsten und begeistern mit einem sehr direkten Handling. Übertriebener Gewichtsfetischismus ist jedoch absolut fehl am Platz und kann den Trailspaß deutlich reduzieren. Für ein sicheres Handling und anhaltenden Fahrspaß ist nämlich die richtige Ausstattung entscheidend: Griffige Reifen, standfeste Bremsen, stabile Laufräder und ein top Fahrwerk sind dabei die wichtigsten Faktoren. Das durchdachteste und beste Gesamtkonzept bietet hier das MERIDA eONE SIXTY, das dank des leichten Shimano-Antriebs auch beim Gesamtgewicht im vorderen Drittel liegt.

Übertriebener Gewichtsfetischismus ist jedoch absolut fehl am Platz und kann den Trailspaß deutlich reduzieren.

Die Motoren im Vergleich

Nachdem wir in den letzten Monaten bereits verschiedene Prototypen des neuen Shimano STEPS E8000 MTB-Antriebs testen konnten, stand uns nun endlich der finale Motor zur Verfügung. Genau der richtige Zeitpunkt also, ihn gegen die aktuell wichtigsten Systeme von Bosch, Brose, Yamaha und Panasonic in einem Praxistest antreten zu lassen. Kraftentfaltung, Power, Ergonomie, Entkopplung über 25 km/h und Motorgeräusch sind dabei direkt messbare Faktoren, die wir in einem Versuchsaufbau auf einer definierten Teststrecke mit einem speziellen Watt-Mess-System geprüft haben. Um den Antrieb optimal in das Bike integrieren zu können, sind außerdem Größe und Gewicht entscheidende Aspekte.

Die Ergebnisse? Der Motor von Bosch besitzt zwar noch einen Hauch mehr Maximal-Kraft, doch seine große Bauform, die digitale Kraftentfaltung und die Displayintegration werfen ihn hinter Shimano zurück. Brose ist es gelungen, dem Motor eine sehr natürliche Charakteristik zu verleihen, und dank Software-Update ist das Abschalten aufgrund von Überhitzung ebenfalls Geschichte. Doch in Sachen Power trennen ihn von Shimano und Bosch Welten. Die 600 m lange, knapp 11 % steile Steigung legten wir mit dem Brose-Motor in 2,38 min zurück. Zum Vergleich: Das Bosch-Bike brauchte hier nur 2,16 min, das Shimano-Bike 2,21 min – selbstverständlich bei konstanter Wattleistung des Fahrers und einer Gangwahl, die in der optimalen Trittfrequenz für den Motor resultiert.

Der brandneue Panasonic-Antrieb mit Zwei-Gang-Getriebe besitzt eine enorme Bandbreite, gute Durchzugskraft und eine geringe Bauform, sein enormes Mehrgewicht bremst allerdings das Handling. Gangwechsel in Front funktionieren außerdem nur mit Lastunterbrechung, was gerade in Uphills ein Nachteil ist. Der Nutzen des Zwei-Gang-Getriebes an einem E-Mountainbike mit 25 km/h Unterstützung ist außerdem marginal – bei einem schnellen S-Pedelec sieht das anders aus. Von Yamaha hatten wir nicht das neue PW-X-System, sondern lediglich das alte Aggregat im Test, bei dem nach wie vor bei höheren Trittfrequenzen die Power spürbar nachlässt. Der Shimano STEPS-Antrieb dominiert hingegen in allen Bereichen: Er ist kompakt, lässt sich super integrieren, intuitiv bedienen und besitzt eine angenehm progressive Leistungsentfaltung, die sich optimal für den Traileinsatz eignet.

Motor Fahrverhalten Entkoppelt über 25 km/h Zeit 600m Teststrecke* Zeit-Differenz
Bosch
Performance CX
kraftvoll, starker Schub, digitale Entfaltung (on/off) Nein 02:16
Shimano
Steps E8000
kraftvoll, progressive Kraftentfaltung,
gut dosierbar
Ja 02:21 3,68 %
Panasonic kraftvoll, starker Durchzug,
gut dosierbar
Ja 02:23 5,14 %
Yamaha
PW
stark trittfrequenzabhängige
Leistung
Ja 02:33 12,50 %
Brose natürliches Einsetzen, leise,
weniger Durchzugsstark
Ja 02:38 16,18 %

*600 m Teststrecke mit durchschnittlich 11% Steigung, Messung bei identischem Reifen/-Druck, blockiertem Fahrwerk, in höchster Unterstützungsstufe und konstanten 150 W Eigenleistung überwacht durch Watt-Messsystem.

Wie weit komme ich mit einer Akkuladung?

Zu lange wurde in der Bikeindustrie versucht, nüchterne Neutralität und Vergleichbarkeit herzustellen, indem durch komplexe Punktetabellen, Multiplikation und Addition diverser Faktoren ein Endergebnis herausgespuckt wurde. Ein Punktesystem mit klaren Kriterien mag berechenbar und in diesem Sinne vielleicht auch reproduzierbar sein, doch entspricht es auch der Realität? Und wer kann mit diesen Werten eigentlich wirklich etwas anfangen? Dem Thema Akku-Reichweite und den damit verbundenen Testverfahren haben wir einen eigenen Artikel gewidmet:

Wie weit komme ich mit einer Akkuladung? Die Wahrheit über Labortests

Übersicht der Testbikes

Bike Preis Gewicht Antrieb Akku
BULLS E-CORE DI2 FS 27,5+ 5.899 € 23,96 kg SHIMANO 504 Wh
CUBE Stereo Hybrid 160 Action Team 5.799 € 22,77 kg BOSCH 500 Wh
FLYER Uproc7 8.70 7.199 € 25,29 kg PANASONIC 432 Wh
FOCUS JAM2 FACTORY 5.499 €* 21,30 kg* SHIMANO 386 Wh*
Giant Full-E+ 0 SX 6.799 € 22,58 kg YAMAHA 496 Wh
Haibike XDURO AllMtn 8.0 5.999 € 22,94 kg BOSCH 500 Wh
Lapierre Overvolt AM 900+ Carbon 6.499 € 22,79 kg BOSCH 500 Wh
MERIDA eONE-SIXTY 900E 5.499 € 21,96 kg SHIMANO 504 Wh
NOX EDF 6.7 Hybrid 4.599 € 21,87 kg BROSE 580 Wh
ROTWILD R.E+ FS PRO 5.699 € 22,01 kg BROSE 500 Wh
SCOTT E-Genius Tuned 700 Plus 6.199 € 22,34 kg BOSCH 500 Wh
Specialized Turbo Levo FSR Expert 6Fattie 6.499 € 22,46 kg BROSE 504 Wh
STEVENS E-Sledge+ ES 5.599 € 21,12 kg SHIMANO 504 Wh
Thömus Lightrider E1 11.045 CHF 20,54 kg SHIMANO 500 Wh

*(T.E.C. pack: +499 € / +2,22 kg / +386 Wh)

Bulls Six50 E FS3 | 4.499 € | 23,80 kg | Shimano
CUBE Stereo Hybrid 160 Action Team | 5.799 € | 22,77 kg | Bosch
FLYER Uproc7 8.70 | 7.199 € | 25,29 kg | Panasonic
FOCUS JAM2 FACTORY | 5.499 € + 499 € TEC | 21,30 kg | Shimano
Giant Full-E+ 0 SX | 6.799 € | 22,58 kg | GIANT
Haibike XDURO AllMtn 8.0 | 6.499 € | 22,94 kg | Bosch
Lapierre Overvolt AM 900+ Carbon | 6.499 € | 22,79 kg | Bosch
MERIDA eONE-SIXTY 900E | 5.499 € | 22,10 kg | Shimano
NOX EDF 6.7 Hybrid | 4.599 € | 21,87 kg | Brose
ROTWILD R.E+ FS PRO | 5.699 € | 22,01 kg | BROSE
SCOTT E-Genius Tuned 700 Plus | 6.199 € | 22,37 kg | Bosch
Specialized Turbo Levo FSR Expert 6Fattie | 6.499 € | 22,46 kg | BROSE
STEVENS E-Sledge+ ES | 5.599 € | 21,12 kg | Shimano
Thömus Lightrider E1 | 11.045 CHF | 20,54 kg | Shimano

Tops & Flops

Oftmals sind es die Details, die den Unterschied machen: gelungene Integration, erstklassige Ergonomie und mit bedacht gewählte Komponenten. Hier findet ihr alle Tops und Flops der Bikes aus unserem großen Vergleichstest.

Tops

Grip und Stabilität
Plus-Reifen sind nicht gleich Plus-Reifen. In der Praxis gibt es enorme Unterschiede im Bereich Grip, Kontrolle, Pannensicherheit. Uneingeschränkt empfehlenswert ist der MAXXIS Minion DHR II oder der Minion DHF in 2,8″ Breite. Den Modellen von Schwalbe gelingt es weder beim Grip noch bei der Pannensicherheit mitzuhalten.
Formschön
So sexy kann ein Startknopf sein! Statt ihn wie andere klein am Display oder Akku zu verstecken, positioniert FOCUS den Knopf ästhetisch auf dem Oberrohr. Haptisch ein Traum, der schon beim Start Lust auf die Tour macht.
Edel
Der Carbonrahmen des Thömus ist nicht nur schön designt, er reduziert gemeinsam mit dem Shimano STEPS E8000-Antrieb auch das Gesamtgewicht und verbessert so das Handling.
Ein Anker
Eine standfeste Bremse ist ein echtes Muss an E-Mountainbikes. Mittlerweile setzen zwar fast alle Hersteller auf große Scheiben – den Mut, ein paar Gramm Mehrgewicht für einen echten Anker wie die Shimano Saint, SRAM Guide RE oder MAGURA MT7 in Kauf zu nehmen, beweisen aber nur die wenigsten.

FLOPS

Diktator
Der Yamaha Sync Drive-Antrieb des Giant arbeitet nur bei niedrigeren Trittfrequenzen von ca. 70 Umdrehungen wirklich optimal. Tritt man schneller, geht dem System rasch die Kraft aus.
Nicht ergonomisch
Aufgrund der vielen Remotehebel am Lenker lassen sich die einzelnen Komponenten nicht optimal ausrichten und bedienen. So lässt sich z. B. die RockShox Reverb bei Bikes mit Shimano-Antrieb und -Schaltung nicht optimal positionieren.
Überfordert
Die eigentlich speziell für den Einsatz am E-Mountainbike entwickelte MAGURA Boltron-Federgabel kann leider nicht überzeugen. Sie ist weder in Sachen Dämpfung noch bei der Steifigkeit auf dem Niveau einer FOX 36 oder RockShox Lyrik und auch das Handling der Steckachse ist alles andere als einfach und intuitiv.

Bewertung der Testbikes

Bike Uphill Downhill Agilität/Laufruhe* Preis/Leistung
BULLS E-Core Di2 FS 27,5+
CUBE Stereo Hybrid 160 Action Team
FLYER Uproc7 8.70
FOCUS JAM2 FACTORY **
Giant Full-E+ 0 SX
Haibike XDURO AllMtn 8.0
Lapierre Overvolt AM 900+ Carbon
MERIDA eONE-SIXTY 900E
NOX EDF 6.7 Hybrid
ROTWILD R.E+ FS PRO
SCOTT E-Genius Tuned 700 Plus
Specialized Turbo Levo FSR Expert 6Fattie
STEVENS E-Sledge+ ES
Thömus Lightrider E1

*je größer die Überschneidung umso vielseitiger das Rad
**ohne T.E.C. pack

Alle E-Mountainbikes im Test

Gibt es das eine, beste E-Mountainbike 2017? Ja, das gibt es und es steht am Ende dieses Texts! Es ist der perfekte Alleskönner, mit dem die meisten Fahrer in jedem Terrain und auf jeder Tour massig Spaß haben werden. Doch es gibt auch noch weitere bemerkenswerte Konzepte, die zwar overall nicht das gleiche runde Gesamtpaket liefern, dafür aber in anderen Bereichen herausragen.

Fazit

Das MERIDA eONE-SIXTY 900E ist aktuell das beste E-Mountainbike auf dem Markt. Egal was man als Fahrer auch vorhat, mit diesem Bike ist man bestens gerüstet. Seine durchdachte Ausstattung, die ausgewogene Geometrie, das edle Fahrwerk und der kraftvolle Antrieb machen es zum idealen Begleiter für jede Art von Tour. Es brilliert auf anspruchsvollen Trails ebenso wie auf entspannten Ausfahrten mit enormer Fahrsicherheit und hohem Fahrspaß. Mit diesem herausragenden Gesamtpaket zum absolut fairen Preis bleibt nur ein Fazit: Kauftipp und Testsieg gehen an das MERIDA eONE-SIXTY 900E.

Testsieger & Kauftipp: Merida eONE-SIXTY 900E

Alle Bikes im Test: BULLS E-Core Di2 FS 27,5+ | CUBE Stereo Hybrid 160 Action Team | FLYER Uproc7 8.70 | FOCUS JAM2 FACTORY | Giant Full-E+ 0 SX | Haibike XDURO AllMtn 8.0 | Lapierre Overvolt AM 900+ Carbon | MERIDA eONE-SIXTY 900E | NOX EDF 6.7 Hybrid | ROTWILD R.E+ FS PRO | SCOTT E-Genius Tuned 700 Plus | Specialized Turbo Levo FSR Expert 6Fattie | STEVENS E-Sledge+ ES | Thömus Lightrider E1

Besonderen Dank an das Bike Hotel Massa Vecchia!


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Words: Photos: Christoph Bayer Video: Maximilian Eckmann