Sind leichte E-Mountainbikes wirklich besser? Was ist der beste Motor? Welche Akku-Lösung macht in der Praxis am meisten Sinn? Und welche Laufradgröße setzt sich in Zukunft am E-Mountainbike durch? Wir haben bei unserem großen Vergleichstest spannende Antworten auf die 11 wichtigsten Fragen gefunden.

Hier gehts direkt zum Vergleichstest: Das beste E-Mountainbike 2019 – 14 Modelle im großen Vergleichstest

1. Die wichtigste Erkenntnis: E-Mountainbikes werden immer vielseitiger

Wir haben es bereits in unserem Vergleichstest thematisiert: E-Mountainbiken wird immer vielseitiger. Bisher wurden Räder mit gleichem Federweg meist in die gleiche Kategorie gesteckt. Die neuen Motor-Konzepte haben das ein für alle Mal geändert: Auf der einen Seite steht z. B. der kompakte FAZUA Evation-Antrieb im Lapierre eZesty, auf der anderen z. B. der super kraftvolle TQ-HPR 120s im Haibike XDURO AllMtn FLYON. Dadurch trennen Bikes mit gleichem Federweg zum Teil über 10 kg Gewicht! Das erfordert ein Umdenken bei den Herstellern, den Magazinen und beim Konsumenten. Ähnlich wie in der Auto-Industrie beschreibt das Gesamtkonzept den Einsatzzweck, nicht nur die Anzahl an PS oder die Größe der Alu-Felgen. Für die Zukunft sehen wir hier drei unterschiedliche E-Mountainbike-Kategorien: sehr leichte Bikes wie das Lapierre, die bisherige Bosch-Liga mit Rädern wie dem Specialized Levo oder dem Canyon Spectral:ON und eine neue Kategorie mit noch mehr Power wie die Haibike FLYON-Modelle. Vermutlich wird 2020 noch eine weitere Kategorie hinzukommen, aber das ist noch Zukunftsmusik …

2. Standard-Antriebe gegen Custom-Motor-Lösungen – worauf muss man achten?

Die Haibike FLYON-Modelle, das Lapierre eZesty und das Specialized Turbo Levo sind aktuell die unangefochtenen Innovationstreiber der Branche. Was sie alle gemein haben? Ein eigenes Motorenkonzept, das perfekt auf das jeweilige Bike zugeschnitten ist. Die Räder mit klassischen Shimano- und Bosch-Antrieben fallen aktuell zurück. Die starren Baukästen lassen vielen Herstellern zu wenig Spielraum, um sich klar zu positionieren und wahre USPs zu erschaffen. Dennoch sind Bikes mit den Standard-Antrieben nicht schlecht, im Gegenteil: So überzeugt z. B. das MERIDA eONE-SIXTY nun bereits im dritten Jahr in Folge mit sehr guten Fahreigenschaften. Das Gleiche gilt für den Kauftipp Canyon Spectral:ON 9.0.

Vorteile der Standard-Komponenten sind oftmals eine schnellere und einfachere Ersatzteilbeschaffung sowie ein leichterer Service. Nachteile sind, dass die Bikes oftmals Kompromisse in Kauf nehmen müssen und häufig unnötig schwer sind. Bei Mischlösungen, wie sie z. B. bei Brose- und einigen Shimano-Bikes mit Fremdhersteller-Batterie vorkommen, sollte man sich vor dem Kauf informieren, wer für den Service des gesamten Antriebs tatsächlich zuständig ist: der Motoren-Hersteller oder der Bike-Hersteller? Klar – der erste Ansprechpartner ist immer der Händler, aber je nach Verantwortlichkeit kann es bei Reparaturen oder Reklamationen deutlich länger dauern. Die Entwicklung von E-Mountainbikes hängt maßgeblich von den Entwicklungszyklen der Motoren-Hersteller ab. Gerüchten zufolge wird Bosch Mitte des Jahres einen neuen Motor präsentieren und wir sind sehr gespannt, wie sich die Bikes dann weiterentwickeln.

3. Was ist besser: externe oder integrierte Akkus?

Akku-Integration war das große Thema im Jahr 2018. Innerhalb eines Jahres sind bei vielen Bosch- und Shimano-Bikes die großen Energiespeicher ins Innere des Rahmens gewandert. Dadurch hat sich vor allem die Optik der Bikes stark verändert und häufig ist die Montage eines Flaschenhalters im Rahmendreieck möglich geworden. Es gibt aber Hersteller, die ganz bewusst NICHT auf einen voll integrierten Akku setzen – und das hat gute Gründe. Zum einen verschiebt sich der Schwerpunkt durch die meist längeren Intube-Batterien nach oben, außerdem wird das Rad durch die Integration schwerer und die Entnahme des Akkus zum Laden ist oft komplizierter. Trek hat das beim aktuellen Powerfly mit Bosch PowerTube super gelöst, standardmäßige Shimano Intube-Batterien hingegen muss man am verdreckten Unterrohr anschalten und laden – unnötig und unpraktisch! Es bleibt also eine Frage der persönlichen Vorlieben, rein funktionell sind externe Akkus meist im Vorteil.

4. Die Akku-Kapazität steigt – aber wann kommt der Super-Akku?

Die Suche nach der Super-Zelle beschäftigt aktuell ziemlich viele Branchen, auch die Auto-Industrie. Noch immer träumen Kunden und Ingenieure von maximaler Akku-Kapazität auf kleinstem Raum. Der große Durchbruch ist jedoch noch nicht in Sicht. Dennoch wachsen die Akku-Kapazitäten bei E-Mountainbikes stetig weiter. So besitzt das neue Specialized Levo jetzt 700 Wh, Husqvarna packt 600 Wh ins Unterrohr des Hard Cross. Dank dem sehr effizienten Brose Magnesium-Motor sind mit dem Levo schon heute sehr große Reichweiten möglich. Für die meisten Nutzer reicht auf klassischen Touren schon heute der 500-Wh-Akku aus, wie unsere Leserumfrage mit über 10.000 Teilnehmern bestätigt hat. Dennoch fährt bei vielen häufig die Angst vorm leeren Akku mit. Im Laufe des Jahres werden wir noch mehr Bikes mit größeren Akkus sehen, die große Revolution wird aber erst mal auf sich warten lassen.

5. Gewicht ist noch immer ein großes Thema – vor allem aber seine Verteilung

„E-Mountainbikes müssen leichter werden“ – dieses Statement hört man ständig aus irgendeinem Mund. Auch wir haben bei unserem Test sehr große Unterschiede im Handling festgestellt. So begeistern speziell die leichten Räder, allen voran das Lapierre eZesty, aber auch das Specialized Levo und das Canyon Spectral:ON mit einem sehr leichtfüßigen und lebendigen Handling. Dass ein schweres Bike aber nicht zwangsweise ein schlechtes ist, beweisen vor allem das Haibike AllMtn 8.0 FLYON und das Husqvarna HC 9.0. Denn entscheidender als das Gewicht ist seine Verteilung: Wie beim Thema Akku-Integration bereits angesprochen, wirkt sich ein tiefer Schwerpunkt sehr positiv auf das Handling aus und vermittelt vor allem bergab enorme Sicherheit. In dem Sinne kann ein hoch positionierter, integrierter Akku deutlich negativeren Einfluss auf das Handling haben als ein oder zwei Kilo Mehrgewicht. Es zählt also nicht nur die Gesamtsumme, sondern vor allem die Verteilung des Gewichts.

6. Was ist die beste Laufradgröße?

Die Frage nach der richtigen Laufradgröße bzw. der passenden Reifenbreite beschäftigt gerade viele Biker. Fest steht: Klassische schmale 27,5”-Reifen sind nahezu komplett vom Markt verschwunden. Sportive E-Mountainbikes rollen aktuell entweder auf 2,8” breiten 27,5”-Pneus bzw. 29”-Laufrädern oder sie besitzen einen Mix aus einem 29”-Vorder und einem 27,5”-Hinterrad (MX-Konzept). In unserem Test waren alle drei Varianten vertreten und jede von ihnen hat Vor- und Nachteile. Die meisten Vorteile vereint gerade das MX-Konzept in sich. Es kombiniert die guten Überroll-Eigenschaften eines 29”-Vorderrads mit dem Plus an Agilität des 27,5”-Hinterrads. Nachteile ergeben sich bei Pannen und bei Ersatzteilen, weil man immer zwei unterschiedliche Größen benötigt und Vorder- und Hinterreifen nicht tauschen kann. Am Ende zählt natürlich auch hier die Integration in das Gesamtkonzept des Bikes und nicht die Tatsache, ob ein Bike nun gemischte Laufräder, 27,5” oder 29” besitzt! Noch wichtiger als die Breite oder Größe der Reifen sind vor allem ihr Profil, die Gummimischung und eine stabile Karkasse. Für uns sind Schwalbe Super-Gravity- oder MAXXIS Double Down-Reifen aktuell die erste Wahl.

7. Carbon oder Aluminium – was ist besser?

Bei klassischen Mountainbikes ist Carbon im Highend-Segment der Werkstoff der Wahl und auch immer mehr teure E-Mountainbike-Rahmen setzen auf die Kombination aus Faser und Harz. Sie ermöglicht komplexere Rahmenformen, erleichtert die Integration und ist bei gleichem Gewicht steifer und stabiler bzw. bei gleicher Stabilität leichter. Doch die realen Unterschiede sind nicht so signifikant wie im nicht motorisierten Segment und so unterscheidet sich die Fahrperformance auf dem Trail häufig nur gering. Es gibt sehr gute Carbon-E-Mountainbikes und sehr gute Alu-E-Mountainbikes genauso wie schlechte Carbon- oder Alu-Modelle. Am Ende entscheiden daher häufig die Optik und der Geldbeutel. Generell können Aluminium-Rahmen die Motoren-Wärme besser ableiten.

8. Der Umwerfer ist vom E-Mountainbike verschwunden

Die Zeiten von zwei Kettenblättern in Front sind auch beim E-Mountainbike endgültig vorbei. Das ist vor allem Kassetten mit immer größeren Übersetzungsbandbreiten und kraftvolleren Motoren zu verdanken. Schaltvorgänge sind jetzt intuitiver, schneller und zuverlässiger. Außerdem hat sich das Klappern der Kette reduziert und das Cockpit ist deutlich übersichtlicher. Wir weinen dem Umwerfer keine Träne nach!

9. Gute Performance muss nicht teuer sein

Wie schon beim Thema Carbon vs. Alu ist eine Erkenntnis unseres Vergleichstest, dass gute Fahrperformance nicht teuer sein muss. Beim E-Mountainbike spielen einige verbaute Komponenten eine eher untergeordnete Rolle. Ob nun eine Shimano XT- oder XTR-Schaltung verbaut ist, ändert am Handling des Bikes nichts. Wichtig sind vor allem das Fahrwerk, die Bremsen und die Reifen. So muss sich das 6.199 € Canyon Spectral:ON 9.0 in Sachen Fahrspaß nicht vor dem fast doppelt so teuren Specialized Levo S-Works verstecken. Außerdem gibt es bei beiden Modellen eigentlich kaum einen Grund, nicht einfach zu einer günstigeren Modellvariante zu greifen und das dadurch gesparte Geld in einen Biktuscany-bike.come-Urlaub zu investieren. Ach ja, wer kann, darf natürlich auch Top-Modell fahren und in einen geilen Bike-Urlaub investieren … Happy Holiday!

10. Problemzone zulässiges Gesamtgewicht – ist man mit 95 kg bereits zu schwer zum E-Mountainbiken?

Immer wieder erreichen uns E-Mails von Lesern, die nach dem zulässigen Gesamtgewicht einzelner, von uns getesteter Bikes fragen. In diesem Test haben wir die Daten dazu alle erfasst und dabei signifikante Unterschiede festgestellt. Ehrlich gesagt ein Thema, das wir bis dato noch nicht wirklich auf der Agenda hatten. Spitzenreiter in Sachen zulässiges Gesamtgewicht ist das Giant Trance E+ 0 Pro mit 156 kg und einer daraus resultierenden Zuladung von 132 kg. Die meisten anderen Räder liegen zwischen 100 und 120 kg. Besonders schwere Fahrer sollten sich vor dem Kauf bei ihrem Händler über das zulässige Gesamtgewicht des Bikes informieren. Allerdings muss auch gesagt werden, dass diese Gewichtsbeschränkungen vor allem als rechtliche Absicherung für die Hersteller dienen und immer von einem Worst-Case-Szenario ausgehen.

11. In der Maremma (Toskana) kann man verdammt gut biken!

Für diesen Vergleichstest waren wir im Bike-Hotel Massa Vecchia und haben die Trails rund um Massa Marittima und in Piombino gerockt: ein wahres Trail-Paradies, leckeres Essen, beeindruckende Architektur, traumhafte Landschaften und eine ordentliche Portion Dolce Vita … ach ja, haben wir das Meer schon erwähnt?

Mehr Infos: massavecchia.it
Biken in Piombino: tuscany-bike.com


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Dieser Artikel ist aus E-MOUNTAINBIKE Ausgabe #016

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Words: Christoph Bayer, Robin Schmitt Photos: Trevor Worsey, Christoph Bayer