Egal ob E-Mountainbiker, Roadie oder Biker – oft teilen wir uns die gleichen Straßen und daher betrifft das Thema urbane Mobilität uns alle! Wir haben uns auf der IAA Mobility und der Eurobike nach den innovativsten Konzepten für (sub-)urbane Mobilität umgesehen und geben einen Ausblick darauf, was uns bald auf der Straße begegnen könnte.

Mobilität ist nicht nur Fortbewegung, sondern auch Image und Teil unserer Identität. Biker verfallen gut und gerne in Lagerdenken und wollen den radikalen Mobilitätswandel, aber es ist nun mal nicht jeder Hardcore-Biker. Weil die Diskussion um unsere Fortbewegung so viel mit unserem jeweiligen Selbstverständnis zu tun hat, wird sie auf allen Ebenen geführt. Logik und Emotion geben sich die Klinke in die Hand und sind teilweise so eng miteinander verflochten, dass man sie im Gespräch kaum aufdröseln kann. Siehe SUV – auch wenn er von vielen angegriffen wird, so ist er eine logische und rationale Konsequenz aus dem menschlichen Bedürfnis nach Sicherheit, Überlegenheit und Schutz im manchmal riskanten Straßenverkehr. Weniger logisch erscheint es da eigentlich, dass Vans in der öffentlichen Diskussion so viel besser wegkommen. Egal ob VW-Bus oder Mercedes V-Klasse, Vans besitzen als Familien- und Outdoor-Auto ein positives Image, auch wenn sie einen mindestens so hohen Platz- und Spritverbrauch haben wie ein SUV. Worauf wir hinauswollen: Es braucht neue Ansätze und ein neues Mindset. Die Zukunft ist kein Entweder-oder, sondern ein sinnvoller und ausgeglichener Mobilitätsmix. Für unser Schwestermagazin DOWNTOWN haben wir die spannendsten Innovationen urbaner Mobilität von der IAA Mobility und der Eurobike unter die Lupe genommen und präsentieren sie euch auch hier – denn die Mobilität der Zukunft betrifft uns alle! Man muss nicht alle Lösungen mögen, aber spannend sind sie auf jeden Fall.

Micro Microlino 2.0

Draußen sind es 5 °C, es fängt gerade an zu regnen und noch dazu bläst euch ein eiskalter Wind ins Gesicht, sobald ihr die Tür öffnet. Seien wir mal ganz ehrlich: Bei dem Wetter die 12 km auf dem E-Bike zur Arbeit? Puh. Eigentlich nicht. Und genau für dieses Szenario – und natürlich tausend andere – ist ein elektrischer Flitzer der neuen Generation das perfekte Fahrzeug. Man nennt sie die L7e-Klasse: leichte, vierrädrige Kraftfahrzeuge, die sich zwischen E-Bike und E-Car einordnen und der Game-Changer der Mikromobilität sein sollen. Der Microlino 2.0 bietet Platz für zwei Personen und drei Kästen Bier. Was will man mehr? Mit einer Länge von lediglich 2,5 m lässt er sich ohne Probleme quer zur Fahrbahn parken und durch die Fronttür kann man anschließend einfach nach vorne hin aussteigen. Produktionsstart soll noch dieses Jahr erfolgen, los geht es ab 12.000 €.

COLEEN Modern DB

Das in liebevoller Handarbeit gefertigte COLEEN Modern DB-Bike aus Frankreich ist – ganz ohne Unterrohr – mit Sicherheit eins der optischen Highlights der urbanen Zukunfts-Mobilität. In mehr als 50 Stunden Arbeit wird der Carbonrahmen hergestellt und mit den teilweise ebenfalls in Frankreich produzierten Komponenten zusammengebaut. Der hauseigene Nabenmotor wird von einem integrierten Akku mit 522 Wh Kapazität gespeist. Für ein Maximum an Connectivity bietet der im Vorbau integrierte Bordcomputer GPS-Real-Time-Tracking, einen automatischen Bluetooth-Unlock-Modus, sobald ihr euch dem Bike nähert, einen USB-Ladeport und eine sofortige Benachrichtigungsfunktion, sobald sich euer gelber Flitzer unerlaubt in Bewegung setzt.

CUBE Concept Dynamic Cargo

Schieflage angesagt! Das kommt wohl dabei heraus, wenn sich zwei bayerische Unternehmen an die Entwicklung eines Cargo-Bikes setzen – und es sieht vielversprechend aus! Durch zwei Antriebsräder, die Motorpower des Bosch Performance Line CX-Motors und ein Achsdifferential kann man sich mit dem E-Lastenrad ganz normal in die Kurve legen, während der hintere Teil mit der Transportbox, die bis zu 60 kg Gewicht aufnimmt, weiterhin aufrecht bleibt. Wie sich das innovative Lasten-Dreirad in der Praxis schlägt, haben wir bereits in unserem Schwestermagazin DOWNTOWN exklusiv getestet.

Mercedes-Benz Concept EQG

Wie passt eine schwere Mercedes-Benz G-Klasse in das Stadtbild von Morgen? Schaut man sich die Autos auf den Straßen der Mega-Citys genauer an, ist eins schnell klar: Neben leichten und möglichst kompakten Fahrzeugen spielen auch E-SUVs nach wie vor eine Rolle. Wie viel Platz man diesen Autos in den Städten der Zukunft einräumen wird, bleibt abzuwarten, aber Fakt ist: Die G-Klasse will in Form des Mercedes-Benz Concept EQG sowohl im Gelände als auch in den Metropolen weiterhin eine gute Figur machen. Die vollelektrische G-Klasse entspricht zwar in ihrer Grundform der Verbrenner-Variante, wurde jedoch in vielen Details angepasst. Statt dem Kühlergrill weist die Front nun eine tiefschwarze Kühlerverkleidung mit leuchtendem Mercedes-Stern auf. Auch sonst sind überall am Concept-Car LEDs und Leuchtstreifen angebracht. Details zu Motorleistung und Akkukapazität werden noch nicht verraten, aber es dürfte bereits feststehen, dass der Concept EQG auch hier nicht geizen wird. Verkaufsstart soll das Jahr 2024 sein.

Cluuv E-Cargo

Das jungen Start-up Cluuv aus Wiesbaden spendiert dem gleichnamigen Cluuv E-Cargo-Bike den neuen Bosch Performance Line CX Smart System-Motor und einen integrierten 750-Wh-PowerTube-Akku. Besonderen Wert legt das Unternehmen jedoch auf die Herstellung: Der Cluuv-Rahmen wird komplett in Europa gefertigt und anderes Equipment wird teilweise in Deutschland hergestellt. Für maximale Flexibilität ist die Ladefläche mit einem modularen System ausgestattet, um in kürzester Zeit von einer reinen Plattform für sperrige Lasten zu einer niedrigen Transportbox oder der Kinderbox zu wechseln. Clever ist das integrierte Schienensystem, wodurch z. B. die Sitze wie bei einem VW-Bus verschiebbar sind. So kann man je nach Last entscheiden, ob sie vor oder hinter den Kids platziert wird. Die Box bietet Platz für bis zu drei Kids und man kann die Sitze in eine Ruheposition bringen, um die Fahrt für die Kleinen noch angenehmer zu gestalten.

Stromer ST3 und ST2022 Concept-Bike

Unter den Neuvorstellungen des Schweizer S-Pedelec-Spezialisten Stromer befanden sich auf den Messen neben serienreifen Pendler-Bikes auch spannende Konzeptstudien. Das neue Ganzjahres- und Allwetter-Pendler-Bike Stromer ST3 besitzt eine Pinion C1.9-Getriebeschaltung mit einer beachtlichen Bandbreite von 568 % und einen wartungsarmen Riemenantrieb. Der hauseigene Heckmotor leistet 820 W in Spitze und befördert euch in Windeseile ins Office. Dafür kann er entweder auf einen großen 814-Wh-Akku oder einen sogar noch größeren 983-Wh-Akku zurückgreifen. Doch diese Werte verblassen in Anbetracht der Eckdaten des Stromer ST2022 Concept-Bikes: Es soll mit einem sage und schreibe 1.400 Wh großen Akku ausgestattet werden. Damit können viele von uns eine ganze Woche lang pendeln, ohne das Bike auch nur einmal an die Steckdose zu stecken! In puncto Konnektivität macht Stromer bei beiden E-Bikes wie gehabt keine halben Sachen und bietet die Modelle mit GPS-Ortung, Smartlock, individuellen Motoreinstellungen und mehr an.

NICOLAI NC-1 Cargo

NICOLAI ist tief in der Mountainbike-Szene verwurzelt und weiß seit vielen Jahren mit den in Deutschland gefertigten, hochwertigen Rahmen aus Aluminium zu glänzen. Auch wenn das NC-1 Cargo nicht das erste Lastenrad aus dem Hause NICOLAI ist, so kommt es doch etwas überraschend daher. Ausgestattet ist das NC-1 mit dem neuen Bosch Performance Line CX Smart System-Motor, einem integrierten und entnehmbaren PowerTube-Akku mit einer Kapazität von 750 Wh und dem nahezu wartungsfreien GATES Carbon-Riemenantrieb in Kombination mit der Enviolo-Nabenschaltung. Wer noch mehr Reichweite will, kann einen zweiten PowerTube-Akku nachrüsten.

EOOS Lastenrad ZUV (Zero-Emission-Utility-Vehicle)

Ein E-Cargo-Bike aus dem 3D-Drucker? Möglich macht es das Designstudio EOOS. Das E-Lastenrad hört auf den Namen ZUV, was für Zero-Emission-Utility-Vehicle steht, und wird aus insgesamt 70 kg wiederverwertbarem Abfall hergestellt. Laut Hersteller dauert der Druck rund 12 h und kann einfach und ohne Transporte lokal vor Ort in einem FabLab o. Ä. realisiert werden. Anschließend kann der Rahmen von einem Fahrradladen vor Ort mit Rädern, Bremsen etc. ausgestattet werden. Das Bike soll stark genug für vier Personen sein und eignet sich auch für den Transport von Lasten, Einkäufen etc.

Hopper Mobility E-Konzeptauto

Hopper Mobility, eine Firma aus Augsburg/Deutschland, vereint mit dem E-Konzeptauto den Pkw mit dem Fahrrad und bietet Platz für Gepäck und Mitfahrende im modernen Stadtverkehr. Unterstützt wird das Gefährt bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h und ist damit auch auf normalen Radwegen fahrbar. Durch die kompakte Bauweise lässt es sich im Smart-Style auch quer auf Parkplätzen abstellen. Ein besonderes Feature ist die 90°-Hinterradlenkung, wodurch der Wendekreis lediglich 2 m beträgt. Wohnt ihr in einer sonnenreichen Gegend, reicht eine Stunde volle Einstrahlung für 5 km Reichweite – dem im Dach integrierten Solarpanel sei Dank.

Letztlich kann wohl nur ein stimmiger Mix aus Verkehrsmitteln die individuellen Mobilitätsbedürfnisse befriedigen. Denn die können je nach Infrastruktur komplett unterschiedlich ausfallen! Deshalb spielen Stadtplanung und Gesetzgebung beim Mobilitätswandel eine zentrale Rolle. Aber die IAA hat gezeigt: Auch die Bikebranche muss ein neues Selbstbewusstsein entwickeln und ihrer Rolle gerecht werden. Da kann man ruhig mal mit unterschiedlichen Playern und Branchen zusammenarbeiten, um die Herausforderungen der Zukunft zu lösen – und zwar heute!

In unserem Schwestermagazin DOWNTOWN
befassen wir uns tiefergehend mit dem Thema urbane Mobilität, schaut doch mal rein!


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