Nach unserem ersten Bericht zu den Forderungen des BUND Bayern, E-Mountainbiken in alpinem Gelände stark einzuschränken oder gar zu verbieten, haben wir mit diversen Akteuren und Stakeholdern der E-Mountainbike-Szene gesprochen und die Forderungen sowie angeführten Daten des BUND Bayern einem Realitätscheck unterzogen.

Im folgenden findet ihr die Statements von Bosch eBike Systems, dem Deutschen Alpenverein e.V. (DAV), dem Mountainbike Tourismusforum Deutschland, sowie dem Industriedesigner Lutz Scheffer, der fast täglich mit seinen Mountainbikes im Alpenraum unterwegs ist. Die Stellungnahme der Deutschen Initiative Mountainbike e.V. (DIMB) findet ihr in unserem ersten Bericht zum Thema.

Lutz Scheffer, Industriedesigner und Leiter des ROTWILD Concept Design Center in Garmisch

Lutz Scheffer hat einen offenen Brief an Herrn Thomas Frey, BUND Naturschutz Bayern e.V.geschrieben:

Sehr geehrter Herr Frey,

als einheimischer vielfahrender Mountainbiker aus Garmisch- Partenkirchen will ich zu der Pressemitteilung des BUND und dessen Mitunterzeichner Axel Doering gerne Stellung nehmen. Herr Doering bringt sich gerne immer wieder gegen Mountainbiker im Garmisch- Partenkirchner Raum in Stellung. Seine und die Behauptungen im Forderungspapier des BUND sind inhaltlich nicht haltbar.

Dass es eine Zunahme des Fremdenverkehrs und ein überproportionaler Anstieg des Wander-Tourismus im bayrischen Alpenraum gibt, ist unbestritten. Im Zuge dessen ist auch die Zahl der Mountainbiker gestiegen. Mountainbiker und Wanderer sind gleichsam auf der Suche nach Erholung, Naturgenuss und gesundheitlich orientierter sportlicher Betätigung. Das ein unverhältnismäßiges Problem für die Natur (Ökosystem, Tiere und Pflanzen) aus dem reinen Anstieg der Wanderer- und Mountainbiker entsteht, bezweifele ich grundlegend. Die Probleme erwachsen vielmehr aus dem Ausbau der Infrastruktur innerhalb des Naturraumes (Skilifte, Bergbahnen, Versorgungswege, Versorgungseinrichtungen, alpine Großbaustellen) und der grundsätzlichen teilweise unerträglich gewordenen Verkehrsbelastung. Die alte Weisheit gilt im alpinen Raum im Besonderen : wo kein Weg – da kein Mensch. Je mehr bequeme Wege und je besser der Zugang und die Versorgung mittels touristischer Infrastruktur wie Parkplätze, Seilbahnen, Almwirtschaften und Alpenvereinshütten = umso mehr Menschen.

Zur konkreten Situation in Garmisch-Partenkirchen: Das Problem ist vielmehr die massive Verkehrsbelastung durch Kraftfahrzeuge bei der Anreise und im innerregionalen Freizeitverkehr (auch durch Einheimische) Die täglichen Staus in der Urlaubszeit und die restlos überfüllten Wanderparkplätze, sowie die Belegung der Großparkplätzen rund um die Bergbahnen belegen dies. Auf den Versorgungs- und Schwerfahrzeug – Wegen die für Jagd, Almwirtschaft und Skitourismus angelegt wurden, spielt sich der überwiegende Teil des Mountainbikes ab. Auf diesen Wegen sind entgegenkommende Lastwagen und schnellfahrende Geländewagen das größte Problem. Auf den schwierigeren zu befahrenden schmalen Bergwegen hat die Frequentierung durch Mountainbiker nicht oder nur unwesentlich zugenommen. Sogenannte E-Mountainbiker sind auf schwierigen Bergwegen so gut wie nie anzutreffen, da der überwiegende Teil der E-Mountainbiker älteren Semesters ist und schwierige Wege meidet.

Ein grundsätzliche Unterscheidung zwischen Mountainbiken und elektrisch unterstütztem Mountainbiken im Anwendungsverhalten kann an keiner Stelle oder mittels Statistik bestätigt werden. E- Mountainbikes sind EPAC – Fahrräder nach ISO 4210-2 und EU 15194 Norm und sind rechtlich in allen Belangen und Pflichten den Fahrrädern gleichgestellt. Sie haben einen 0,25 kW Motor und können nicht schneller wie 25 km/h elektrisch unterstützt betrieben werden. Ohne die Pedalkraft des Fahrers erfolgt keine elektrische Unterstützung. Das mithilfe des E-Mountainbikes auch weniger trainierte, ältere oder gehandicapte Personen vermehrt Zugang zur herrlichen bayrischen Natur erhalten, sehe ich nicht als Problem, sondern als erfreuliche Bereicherung an. Nur dort wo der Mensch sich an der Natur erfreuen kann, hat er auch das Interesse, sie zu schützen.

Beispiele aus der meiner Heimat Garmisch: Klassische praktikable Ziele für Mountainbiker wie z. B. die Reintalangerhütte, die einerseits durchaus schwierig anzufahren ist und sich gleichzeitig durch die weite Distanz für eine Tagestour anbietet, werden schon seit Jahrzehnten problemfrei von Mountainbikern benutzt.

Meine persönlichen Feststellungen im Jahr 2019, sowohl an Wochentagen als auch an Wochenenden ergaben, dass durchschnittlich auf ca. 50 Wanderer ein Mountainbiker kommt. Während in diesem Jahr ein extremer Wanderboom eingesetzt, ist die Anzahl der Mountainbiker in diesem Gebiet relativ konstant geblieben ist. Aufgrund der Schwierigkeit dieser Tour, fahren letztlich nur versierte Biker zur Reintalangerhütte. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass sich zwischen 5 und 20 Mountainbiker zur klassischen Zugstiegszeit auf den Wegen zur Reintalangerhütte befinden. An einzelnen Spitzentagen sind Zahlen von ca. 50 Mountainbiker vorstellbar. Das Verhältnis zwischen E-Mountainbike und Mountainbike auf dieser Tour ist grob geschätzt 50:50. Das sind natürlich nur persönlich erhobenen Zahlen, aber sie liegen grundsätzlich in dieser Größenordnung. Dazu ist anzumerken, dass ein Teil der Wanderer auf der Reintalangerhütte oder Knorrhütte übernachtet, um weiter auf die Zugspitze zu wandern, um dann in aller Regel mit der Zugspitzbergbahn wieder runter zu fahren. Große Frequentierungen der Berge finden überall dort statt, wo eine bequeme Anfahrt mit dem Auto lockt und eine Bergbahn zur Verfügung steht. So wirbt z. B. die neu renovierte Eckbauerbahn mit Transportkapazitäten von 570 Personen pro Stunde auf diesen kleinen Berg! Da ich häufig, ca. einmal wöchentlich, diesen kleinen, steilen Berg mit dem Mountainbike befahre, kann ich sagen, dass die Zahl von 500 Mountainbiker die auf den Eckbauer fahren, über das ganze Jahr verteilt, bereits hochgegriffen ist.

Zu den angeblichen Konflikten zwischen Mountainbiker und Wanderern: Reale Konflikte mit Verletzten sind meines Wissens bisher im Gebiet Garmisch nicht vorgekommen. Dies kann ich behaupte, da meine Freundin Notärztin bei der Bergwacht ist und gleichzeitig die Jahresstatistiken der notarzt-indizierten Einsätze der Bergwacht Garmisch-Partenkirchen verfasst. Das Mountainbiker von Wanderer manchmal verbal angegriffen werden kann ich persönlich bestätigen. Das hat aber in der Regel mit mangelndem gegenseitigen Respekt und Höflichkeit zu tun. Da ich persönlich gerne auf schmalen Wegen fahre, habe ich einen sehr guten Überblick auf den Zustand der Wege in ganzen Umkreis von Garmisch. Auch hier kann ich an keiner Stelle eine unverhältnismäßige Trailbeschädigung durch Mountainbiker bestätigen. Was allerdings Tatsache ist: Bergpfade müssen regelmäßig gepflegt werden, aufgrund einer natürlichen Erosion, hervorgerufen durch Starkregen, Schneeschmelze und Erdrutsche. Viele Bergwege rund um Garmisch verfallen zunehmend, da sie sich nicht in der Nähe von bewirtschafteten Ausflugszielen oder Bergbahnen befinden. Hier geht ein einzigartiges bayrisch- alpines Kulturgut durch Verfall zunehmend verloren. Einige ehemalige Bergpfade sind durch einen massiven Umbau durch den bayrischen Forst zu breiten Holzabfuhr- LKW- Trassen zum Opfer gefallen. Die Aufklärung das Wanderer und Mountainbiker in Bayern das gleiche Betretungsrecht und die gleichen Rücksichtspflichten haben, ist im bayrischen Alpenraum rückständig. So gibt es in Garmisch keinerlei Schilder die auf gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt hinweisen.

Zum Thema Ökologie, speziell beim E Mountainbike: Das E-Mountainbiken ist eine der sanftesten und ökologischsten Naturbetretungsformen überhaupt. E-Mountainbiker fahren doppelt so viel Kilometer mit dem Fahrrad und halbieren dabei gleichzeitig ihre Auto Kilometer. Eine Anfahrt zum Startpunkt der Tour entfällt in einem Großteil der Fälle. Eine Batterieladung, die für eine durchschnittliche Tour in den Bergen hält (500Wh) entspricht vom Energieverbrauch und den damit verbundenen indirekten Emissionen der Fahrt mit einem sparsamen Benzin- Auto (7 l/100 km) von 1,5 km bzw. mit dem E-Auto von 3 km. Die Herstellung einer E-Bike Batterie entspricht vom CO2 Foodprint einer mittleren Auto- Tankladung (50 Liter). Da das E-Mountainbike durch seine Anwendung als alltags und Freizeit-Sportgerät in der Summe viele Autokilometer reduziert, trägt es wesentlichen dazu bei, einen ökologischen und sanften Tourismus und bergsportlichen Alltag zu fördern. Eine zusätzliche Infrastruktur ist nicht notwendig,im Gegenteil. Mountainbiker würden sich einen Rückbau vieler alpinen Schwerlast- Wege und Groß-Touristikanlagen wünschen.

Schlussbemerkung: Ich spreche dem Herrn Doering (Vorsitzender der BUND Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen) eine fachliche Kompetenz in Bezug auf Mountainbiken, bestätigend durch seine Aussagen ab. Die Art und Weise wie Herr Doering gegen Mountainbiker polemisiert, zeugt von einer Intoleranz, Diskriminierung und Unverständnis gegenüber dem Natur-, Sport-Mountainbiken allgemein und gegen das E- Mountainbike im speziellen. Es wäre schön, wenn der BUND sich mehr auf den wahren inhaltlichen Naturschutz fokussieren würde. Keine einzige Tier- und Pflanzenart die auf der Liste der in Bayern bedrohten Arten steht, lässt einen Zusammenhang mit dem Mountainbikesport zu. Auch landschaftliche alpine massive Eingriffe, Bedrohungen und Umgestaltungen gehen in keinster Weise von Mountainbiker aus. Stichwort: Ausbau von Alm-Wirtschaftswege, bayrische Forst- Holzernte/ Bodenverdichtung durch Erntemaschinen, Skigebiete, Verkehrserschließung, alpine Neubebauungen, Hubschrauber- Versorgungen durch Luxus-Berghütten (Wanderstützpunkte), Abschussforderungen von artgeschützen Wildtieren wie Bär, Luchs, Wolf seitens der Almwirtschaft und Jägerschaft usw. Mountainbiker sind allen Umfragen nach große Naturliebhaber und Erholungssuchende, die eine unverschandelte alpine Landschaft zu schätzen wissen und rücksichtsvoll mit Ihr umgehen. Dass der BUND diese grundsätzliche Interessengemeinschaft gegeneinander aufwiegelt, kann ich nicht akzeptieren.

Mit freundlichen Grüßen, Lutz Scheffer


Claus Fleischer, Geschäftsleiter bei Bosch eBike Systems und leidenschaftlicher E-Mountainbiker

„Wanderer, Mountainbiker und eMTB-Fahrer teilen alle dasselbe Bedürfnis: Sich in der Freizeit aktiv in der Natur zu erholen. Ein Trend, der weiter zunimmt –und ein Recht, das der BUND Bayern den eMountainbikern nun absprechen möchte. Im Diskussionspapier des BUND Bayern ist viel von Störungen und Konflikten zwischen Wanderern und eMTB-Fahrern die Rede, von Kapazitätsauslastung in der Natur. Bei unterschiedlichen Nutzergruppen gibt es naturgemäß auch gegenseitiges Störungspotenzial, aber dieses ist viel geringer als oftmals dargestellt und konzentriert sich meist auf touristische Hot Spots mit häufigen Begegnungen. In vielen Gebieten in den Alpen wurde bislang zu wenig getan, um die Wege von Spaziergängern, Wanderern und Mountainbikern zu lenken und zu entflechten. Das eMTB ist dabei Teil der Lösung und nicht das Problem, denn es kann zu dieser Entflechtung positiv beitragen: Durch die höhere Reichweite könnene Biker gezielt aus den Hot Spots herausgeführt und touristisch stark genutzte und einfach zugängliche Gebiete rund um Wanderparkplätze und Liftstationen entzerrt werden. Regionen wie das Engadin, das Trentino oder die Pfalz zeigen, wie sich Besucher-und Nutzerströme durch positive Angebote sinnvoll lenken lassen. Und das eBike bietet noch weitere Vorteile: Mit dem Pedelec kann man direkt vom Hotel oder von zu Hause aus starten –denn die Reichweite erlaubt es, das Auto im Urlaub oder am Wochenende stehen zu lassen. Apropos fahren: Ein eBike mit 250 Watt Dauernennleistung und bis maximal 25 km/h Unterstützung ist ein Fahrrad –mit allen Rechten und Pflichten. Möchte man eine positive Fahrradkultur fördern, mit all ihren Chancen für die Umwelt und die Gesundheit des Einzelnen, sollte man Radfahrer nicht von der Natur ausschließen. Wir sprechen uns für einen konstruktiven Dialog, für Toleranz und Rücksichtnahme aller Nutzergruppen aus, damit ein gemeinsames Naturerlebnis im Alpenraum weiterhin möglich bleibt. Hierzu ist aber eine aktive und positive Gestaltung von gesellschaftlichen Trends nötig und keine Verbotskultur, wie sie der BUND Bayern fordert.“

Claus Fleischer, Geschäftsleiter Bosch eBike Systems


Nicolas Gareis, Deutscher Alpenverein e.V. (DAV), zuständig für Mountainbike und Umwelt bei der Bundesgeschäftsstelle in München

Die Diskussion um das E-MTB beschäftigt uns auch beim DAV. In der Hauptversammlung im vergangenen Jahr wurde beschlossen, dass an die Hütten appelliert wird, keine Lademöglichkeiten für Akkus von Pedelecs anzubieten. Nach wie vor hat aber auch unser 17-seitiges Positionspapier “Mountainbiken – Positionen und Handlungsempfehlungen des Deutschen Alpenvereins” von 2015 Gültigkeit, in dem es heißt, dass der DAV die Entwicklung der Nutzung von E-Bikes und Pedelecs in den Alpen und Mittelgebirgen durchaus kritisch sieht. Weiter heißt es, dass sich der DAV für die Bewegung aus eigener Kraft einsetzt. Zur weiteren Positionierung zum Pedelec wird u.a. die bevorstehende Hauptversammlung einen Beitrag leisten.

Im DAV vertreten wir die Meinung, dass die Sportart Mountainbiken sozial- und naturverträglich ausgeübt werden kann. Dafür setzen wir uns zum Beispiel in unserer Ausbildung und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ein (aktuell mit der Kampagne „Natürlich biken“). Ein gelungene Lenkung von Naturnutzenden unabhängig von Sportart oder –gerät ist der Schlüssel zum nachhaltigen Ausüben des Sports. Dies wird gerade in dem gemeinsamen Projekt von DAV und Bayerischem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz „Bergsport Mountainbike – nachhaltig in die Zukunft“ herausgearbeitet. In diesem Projekt wird nicht zwischen E-MTB und klassischem Mountainbike unterschieden.

Eine allgemeine Zunahme von Konflikten im Bereich Mountainbikerin/Wanderern können wir nicht feststellen, auch was die Unfallzahlen betrifft, spielen die Unfälle mit Mountainbikern eine untergeordnete Rolle im Gesamtunfallgeschehen. Zum Thema Nutzerdruck lässt sich sagen, dass auch mit dem E-Bike eine saisonale Ausdehnung der Nutzung unwahrscheinlich ist, da dies nicht Geräte abhängig sondern eher durch äußere Faktoren (Wetter, Lichtverhältnisse, etc.) bedingt wäre.

Auszüge aus dem dem 17-seitiges Positionspapier “Mountainbiken – Positionen und Handlungsempfehlungen des Deutschen Alpenvereins”

Grundpositionen des DAV zum Mountainbiken

  • Der DAV beurteilt das Mountainbiken als sportliche Aktivität mit vielfältigen positiven Wirkungen, die eine große Zahl seiner Mitglieder anspricht.
  • Rücksicht auf Natur und Umwelt sowie die Interessen anderer Nutzerinnen und Nutzer sind Leitlinien des DAV für die Ausübung des Mountainbikens.
  • Der DAV setzt sich dafür ein, dass Wege aller Art grundsätzlich von Wanderern und Mountainbikern gemeinsam genutzt werden können. Er appelliert an beide Gruppen, sich mit Respekt, Toleranz und Rücksichtnahme zu begegnen. Mountainbiker passen ihre Fahrweise dem jeweiligen Fußgängerverkehr an und gewähren im Bedarfsfall Vorrang.
  • Wenn eine Lenkung notwendig wird, gibt der DAV differenzierten Lösungen den Vorzug vor pauschalen Sperrungen und Verboten.

Besonderheit E-Mountainbiken

Zunächst belächelt, sind E-Mountainbikes heute für viele nicht mehr wegzudenken. Pedelecs – also E-Bikes, die den Radler nur unterstützen und bei denen sich bei 25 km/h der Motor abschaltet, sind in Deutschland dem herkömmlichen Fahrrad rechtlich gleichgestellt.
Aus Sicht des DAV eröffnen sich dadurch neue Perspektiven für das Mountainbiken – ganz egal, ob für den eigentlichen Mountainbike-Sport, als alternative Anfahrtsmöglichkeit zu anderen Bergsportaktivitäten oder als Verkehrsmittel im Alltag. Der Zugang zum Erlebnis Mountainbiken kann somit weiteren Personengruppen erleichtert werden.

Dennoch beobachtet der Alpenverein die Entwicklung der Nutzung von E-Bikes in den Alpen und Mittelgebirgen durchaus kritisch: Der DAV setzt sich dafür ein, sich aus eigener Kraft zu bewegen. Die Nutzung von E-Mountainbikes, die ohne eigene körperliche Betätigung bewegt werden können, unterstützt der DAV nicht. Wer Pedelecs im Gebirge nutzt, sollte ausreichend informiert sein über Natur- und Umweltschutzaspekte sowie Handling, Reichweite und Risiken. Eine spezielle Einführung in die nötige Basis-Fahrtechnik für E-Mountainbike-Einsteiger ist unabdingbar.


Norman Bielig, Mountainbike Tourismusforum Deutschland e.V.

Photo: Ines Männl

E-Mountainbiken bietet Lösungsansätze für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen

Das Mountainbike Tourismusforum Deutschland setzt sich für eine breite Teilhabe der Bevölkerung an der Naturaktivität Mountainbiken ein. Hier bieten sich große Potenziale in Bezug auf die psychische und physische Gesundheit, Umweltbildung und dem Wandel der Alltagsmobilität zum postfossilen Zeitalter. Nicht umsonst nutzen über 15 Millionen Deutsche heute schon ein Mountainbike. Etwa zehn Prozent fährt heute mit elektronischer Unterstützung. Die Gründe sind vielfältig. Meistens entsteht die Kaufentscheidung aus einem Leistungsunterschied: Paare, die unterschiedlich kräftig sind, Familien, die mit Kinderanhänger unterwegs sind oder Menschen, die nach einer Operation rasch wieder
fit werden wollen, sind typische Beispiele. Gemeinsam ist ihnen: Sie wollen die Natur wieder in der Gemeinschaft genießen und sich auf dieses gemeinsame Erlebnis konzentrieren.
Seit seiner Gründung setzt sich das Mountainbike Tourismusforum Deutschland für einen gemeinsamen und konstruktiven Dialog auf Faktenbasis ein. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, fließt viel Energie in die Erhebung und Aufbereitung verlässlicher Daten, um auf deren Basis professionell und mit Augenmaß zu entscheiden. Mit dem Mountainbike-Monitor 2018 liegt eine deutschlandweit repräsentative Untersuchung des deutschen Mountainbike-Gastes auf der Basis von knapp 12.000 Interviews vor. Aus der Studie geht hervor, dass sich die Touren von E-Mountainbikern in Distanz und Höhenunterschied nicht von denen herkömmlicher Mountainbiker unterscheiden. Dieser Befund korrespondiert auch mit den Daten von E-MTB-Verleihflotten. Auch die Motivlage ist nahezu identisch. Draußen sein (97,5 Prozent), schöne Landschaft und Natur erleben (94,7 Prozent) sowie spektakuläre Landschaften sehen (84,5 Prozent) gehören zu den Top-Motiven – ähnlich wie beim Wandern.

Kein Anstieg der Unfallzahlen durch das E-Mountainbike

Beruhigend ist auch: Ein Anstieg der Unfallzahlen, der durch das E-MTB induziert sein könnte, ist aktuell weder durch die Datenlage von Bergwacht, Alpinpolizei oder Deutschem Alpenverein zu erkennen.

Der Erfolg der E-Bikes und der E-MTBs bringt viele Menschen wieder aufs Fahrrad, die das Rad lange haben stehen lassen. Um ihnen den (Wieder-)Einstieg zu erleichtern haben DAV, ZIV und das MTF 2018 das „Bike-Booklet“ mit der Unterstützung vieler Verbände wie z. B. dem ADFC, der DIMB, dem Deutschen Olympischen Sportbund, dem Hessischen Waldbesitzerverband, den Naturparken Deutschland und der Heinz-Sielmann-Stiftung, veröffentlicht. Auf 36 Seiten beschreibt es anschaulich und kurzweilig, worauf es beim sicheren Mountainbiken ankommt, welche Besonderheit sich aus der Nutzung eines E-Mountainbikes ergeben und wie das Hobby für Mensch und Umwelt sorgsam betrieben werden kann.

Schon 2017, beim dritten deutschen Mountainbike-Tourismuskongress („Unsere NATUR“), haben wir uns die Umweltauswirkungen des Bikens in den Mittelpunkt gerückt. Dazu haben wir u. a. die Mountainbike Tourismusforum weltweite Forschungslage zum Biken im Vergleich zu anderen weggebundenen Natursportarten aufgearbeitet. Alle, die sich in ihren Projekten um Flora, Fauna und Boden sorgen, finden hier eine fundierte Übersicht zum aktuellen Stand der Wissenschaft. Wissenschaftlich belegt ist beispielsweise: Wild wird durch Wanderer und Jogger weit mehr gestört als durch Radfahrer. Gerade im alpinen Bereich entstehen Abkürzungen häufig durch Spaziergänger.

Häufig verursacht schlechter Wegebau solche missachtete Besucherlenkung – ebenso wie er der Erosion beim Radfahren Vorschub leistet. Der gesamte Beitrag ist unter www.mtd.bike/MTB-Umweltauswirkungen verfügbar. Deutlich wird: Forschungslücken bestehen hinsichtlich Teilaspekten bei nahezuallen Natursportarten. Im Bereich des Mountainbikens wird daher seitdem intensiv an ihrer Schließung gearbeitet.

Die Bundesrepublik steht im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dem Bewegungsmangel vor gravierenden Herausforderungen. Beide Krisen zu meistern, wird dann gelingen, wenn alle gesellschaftlichen Kräfte konstruktiv zusammenarbeiten, mutig gestalten und Veränderung annehmen. Bergsport und allgemein die Erholung in den Alpen ist in vielen Fällen, auf Grund der Anreise per PKW, noch immer motorgestützt. Mountainbiken ist dabei die Naturaktivität, die am häufigsten von der Haustür aus begonnen wird – Mountainbikes mit Tretunterstützung (E-MTBs) bieten große Anreize den PKW für die Naherholung stehen zu lassen. Dies gilt fürs Biken wie auch für die Anreise zu anderen Aktivitäten (Wandern, Klettern, Bergsteigen etc.). Forderungen nach einer rechtlichen Schlechterstellung von Fahrrädern mit Unterstützungsmotor zu traditionellen Fahrrädern gefährden diesen Vorteil. Dies ist v. a. deshalb kritisch, weil eine Veränderung im Mobilitätsverhalten in aller Regel zuerst in Urlaub und Freizeit erfolgt – und erst dann den Alltag erreicht. E-Bikes leisten hier einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigeren Mobilität in Alltag und Freizeit. Rad-Pendeldistanzen verdoppeln sich, sobald ein E-Bike genutzt wird. Die dafür notwendige Energie bewegt ein Auto nur 500 bis 750 Meter!

Kein deutsches Ballungsgebiet wächst so rasant wie der Großraum München – es ist der berechtigte Erholungswunsch vieler dieser Menschen, der an einigen wenigen Orten in den Alpen an bestimmten Tagen zu erhöhtem Besucheraufkommen führt. Dafür gilt es Lösungen zu finden und viele Verantwortungsträger arbeiten mit Hochdruck daran, so z. B. der DAV in einem vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz geförderten Modellprojekt. Gesetzgebung unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die Lösung eines Partikularproblems an wenigen Stellen der bayrischen Alpen durch eine bayernweit gültige Gesetzesänderung zu verfolgen, verletzt diesen Grundsatz eklatant.


Hier findet ihr den Start der Debatte um das Einschränken von E-Mountainbikes im alpinen Gelände.


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Über den Autor

Manne Schmitt

Als stolzer Daddy von Robin und Max-Philip ist Manne der Mann der ersten Stunde und die „graue Eminenz“ im Redaktionsteam. Sein erstes Rad-Rennen gewann er im Grundschulalter beim Schulfest. Nach weniger erfolgreichen Versuchen im Fußball fand er über den Ausdauersport (Marathon) im Jahr 1989 seine Passion fürs Biken! Das Thema Racing verfolgt ihn noch immer, niemand im Team kennt die EWS-Profis besser als Manne. Als ehemaliger Chef-Analyst einer Landesbehörde weiß er, wie man richtig recherchiert, und findet exklusive News, die sonst niemand hat. Als Prokurist unterstützt er seine Söhne erfolgreich im Alltag – viva la familia!