„Faul!”, „Schwach.“, „Viel zu langsam bergab…“. Vorwürfe, die motorisierten Bikern oft entgegen geschmettert werden. E-Mountainbiker und Mountainbiker stoßen immer wieder aneinander. Aus diesem Grund haben wir den Test gemacht und eine Mountainbikerin mit einer E-Mountainbikerin zusammengepackt. Von dem Ergebnis können wir alle etwas lernen!

„Kommt ihr euch nicht ein bisschen albern vor?“ hallt es in meinen Ohren. Ohne wirklich zu wissen, was der Mann von mir will, der unvorhergesehen neben mir hält, frage ich ihn, was er damit meint. Angriffslustig deutet er auf mein E-Mountainbike. „Sowas steht bei uns vorm Altersheim!“ sagt er und ergänzt: „Ich bin 50 und damit noch viel zu jung für sowas!” Ohne eine Reaktion abzuwarten, tritt er in seine Pedale und ist weg. Zurück bleibe ich, vor den Kopf gestoßen und – um ehrlich zu sein – auch etwas wütend. Was soll denn diese Dreistigkeit? Wozu diese Gehässigkeit und aus welchem Grund beschimpfen Mountainbiker E-Mountainbiker, die ebenfalls einfach nur Spaß in der freien Natur haben wollen?

Immer wieder kommt es vor, dass man sich für sein E-Mountainbike rechtfertigen muss. „Echt jetzt? E-Mountainbike? Ich dachte, wir wollten einfach eine Runde mountainbiken!“, höre ich jedes Mal von Freunden. Der Spaß hört für sie schon auf, bevor es überhaupt losgeht. Und dabei macht es doch eigentlich überhaupt keinen Unterschied, oder?

Die Bestätigung dafür kommt prompt zwei Tage später im Büro. Während ich mein Notebook aufklappe, um die Mails und Aufgaben für den Tag zu checken, erklingt die Stimme von meiner Kollegin Cari enthusiastisch aus dem Flur. Sie erzählt den anderen von ihrer Tour mit Sarah vom vergangenen Wochenende und ihrer Laune nach zu urteilen schien das verdammt viel Spaß gemacht zu haben. Richtig spannend daran: Cari hat ein E-Mountainbike, Sarah nicht. „Geht also doch!“, schießt es mir durch den Kopf und ich verabrede mich direkt mit Cari und Sarah zum Mountainbiken.

Statt Maulen und Jammern sehe ich nur Sarahs Strahlen, als Cari ihr FOCUS aus dem Kofferraum holt. Der Grund dafür wird mir 20 Minuten später beim ersten Anstieg klar. Routiniert wandert Sarahs Hand an Caris Schulter und beide schießen gemeinsam den Berg hoch. Shutteln statt strampeln heißt es, wenn man Freunde mit einem E-MTB dabei hat. „So kommt man nicht nur wunderbar erholt oben an, man kann sich auch besser unterhalten, weil man einfach näher zusammen fährt“, erklären mir die beiden.

Oben angekommen haben beide noch genug Energie, um sich über die Ereignisse des letzten Wochenendes den Mund fusselig zu reden. Ich stehe nur ungläubig daneben. Einerseits ist der Anblick für mich vollkommen neu, dass ein Mountainbiker nach so einem Berg lächelt, und zweitens ist es mir ein Rätsel, wie man sich so viel erzählen kann. Mountainbiken und E-Mountainbiken geht bergauf also gut zusammen – sogar richtig gut!

Nach nicht einmal 10 Minuten Pause sind die beiden schon auf dem Weg in Richtung Trail. Das kurze Transferstück fahren die Freundinnen gemütlich mit 25km/h. Für beide eine angenehme Geschwindigkeit, und auch da wieder kein nennenswerter Unterschied! „Auf dem Trail wird es dann spannend“, denke ich. Die 10 Kilogramm, die das E-Bike mehr wiegt, müssen Cari einfach langsamer machen, grüble ich weiter, als die beiden bereits unbeschwert im Wald verschwinden. Ich kenne Cari und Sarah und weiß daher, dass sie ähnlich gut unterwegs sind. Das zeigt sich auch direkt auf dem Trail, da beide in genau gleicher Geschwindigkeit den Singletrail hinunter surfen. Sowohl Kurven als auch Sprünge und kleinere Steinfelder sind für beide kein Problem. Große Distanzen machen sich auf der zwei Kilometer langen Abfahrt nicht auf und die Freundinnen wechseln immer wieder die Führung. Am Waldrand angekommen gibt es ein saftiges High-Five und die Runde beginnt von vorne – In einem solchen Konsens kein Problem.

Während unserer Ausfahrt wird mehr und mehr klar, dass die Art der Bikes für die beiden keinen wirklichen Unterschied macht. Alles was zählt, ist die Freude am Fahren und eben diese lässt sich vollkommen unabhängig vom Antrieb erfahren, ob mit Beinpower oder Motor. „Was ist euch eigentlich beim Biken wirklich wichtig?“ Die Freundinnen müssen nicht lange über meine Frage nachdenken. Das Wetter muss passen, bei Regen oder schlechtem Wetter gehen sie nicht raus. Warum auch? Da lässt sich deutlich besser Netflix schauen. Darüber hinaus schätzen beide beim Biken eine Gruppe oder Partner, die auf gleichem Level sind. Klar lernt man deutlich mehr über Fahrtechnik, wenn man mit Leuten unterwegs ist, die versierter und schneller sind. Dabei kommt aber auch schnell ein ungutes Gefühl auf, wenn die anderen unten warten. Außerdem ist es ziemlich demotivierend, wenn man mit Abstand der Langsamste ist. Doch ist das alles wirklich relevant? Das Wichtigste ist doch, dass man mit Freunden oder Gruppen unterwegs ist, mit denen man gedankenlos Spaß haben kann!

Ein Unterschied zwischen Mountainbike und E-Mountainbike scheint zumindest im Hinblick auf den Spaßfaktor nicht zu existieren. Lasst uns also aufhören, Gehässigkeiten und Zynismus zu versprühen und anfangen, unser Hobby zu genießen – jeder auf seine Weise! Denn ungleiche Freunde sind ungemein wertvoller als keine Freunde.


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