Der TQ HPR 120S war den meisten E-Mountainbikern lange Zeit gänzlich unbekannt. Und das, obwohl es ihn schon seit 2012 auf dem Markt gibt! Mit der Vorstellung der FLYON-Serie von Haibike hat sich das aber schlagartig geändert, denn mit geringen Modifikationen ist der TQ-Motor in allen FLYON-Modellen verbaut.

Dieser Motor ist Teil unseres großen E-Mountainbike-Motor-Vergleichstest. Hier geht es zu den Hintergrundinfos und den Kriterien dieses Tests.

PS-Fans aufgepasst! Wer nach dem stärksten Motor im Vergleichstest sucht, hat ihn mit dem TQ HPR 120S gefunden. Mit seinen 120 Nm Drehmoment spielt er in seiner eigenen Liga und ist allen anderen Motoren im Test haushoch überlegen! Die leichten Specialized- und FAZUA-Motoren hängt er ab dem ersten Pedalkontakt ab. Sobald es steil bergauf geht und auch die stärkeren Motoren wie Bosch, Brose oder Yamaha zu schwächeln anfangen, zieht der TQ HPR 120S spielerisch und eigentlich immer an der 25-km/h-Grenze an ihnen vorbei und lässt den SACHS RS an steilen Rampen ebenfalls hinter sich. In den beiden höheren Unterstützungsstufen liefert der Antrieb auch bei sehr niedrigen Kadenzen brachiale Power – Uphill-Flow in einer anderen Dimension. Beim Anfahren sind dafür Vorsicht und Körperspannung geboten, um das Vorderrad am Abheben zu hindern. Ungeübte müssen den Umgang mit dieser enormen Power erst erlernen.

Klotzen statt kleckern
Der TQ HPR 120S versucht gar nicht, sich zu verstecken. Während alle anderen Motoren möglichst dezent und schwarz lackiert sind, ist der silberne TQ auf Hochglanz poliert.

Haibike hat als Hersteller bereits darauf reagiert und verbaut einen reaktionsschnellen und genauen Geschwindigkeitssensor, der ein durchdrehendes Hinterrad oder steigendes Vorderrad durch clevere Dosierung der Leistung unterbindet. In den niedrigeren Unterstützungsstufen liefert der Motor noch immer ausreichend Leistung für steile Rampen, lässt sich aber beim Anfahren besser dosieren. Doch ein richtig natürliches Fahrgefühl kann er auch dann nicht erzeugen. Eine Ausnahme ist das Verhalten an der 25-km/h-Schwelle: Klar ist die Schwelle spürbar, wenn man aus dem Stand innerhalb von Sekunden ans gesetzliche Limit beschleunigt und der Motor dann rapide abregelt. Cruist man aber ohnehin über einen längeren Zeitraum mit 25 km/h, regelt der HPR 120S seine Leistung sehr gefühlvoll, sodass man das Aus- und erneute Einsetzen vor allem an der Geräuschkulisse erkennt. Die ist mit dem speziell entwickelten Pin-Ring-Getriebe im Inneren des Motors vor allem bei Volllast kernig und kann je nach Resonanzkörper des Rahmens unangenehm laut werden.

Individuell
Haibike ist ein echter Sonderfall und hat sich extrem viel Mühe bei der Entwicklung von Remote und Display gemacht. Andere Hersteller setzen bei TQ oft auf die Remote von Marquardt.
Hightech
Um die brachiale Power besser zu kontrollieren, setzt Haibike auf einen super schnellen und genauen Geschwindigkeitssensor. Mit seinen Daten kann die Software ähnlich wie ein ESP bzw. ASR im Ernstfall eingreifen und den Motor kurzzeitig drosseln, um einen Traktionsverlust zu verhindern.

TQ lässt den Bike-Herstellern große Freiheiten, was die Integration und Abstimmung des Antriebs angeht, und ist stets daran interessiert, ganzheitliche Lösungen mit und für den jeweiligen Hersteller zu entwickeln. Haibike liefert mit der FLYON-Linie das Paradebeispiel: In enger Zusammenarbeit wurden Displays, Remotes, Akkus, Geschwindigkeitssensor und natürlich das Setup des Motors voll und ganz auf das Konzept der FLYON-Bikes abgestimmt. Bei so viel Individualität gibt es ebenso wie bei Brose große Unterschiede zwischen den Bike-Herstellern, obwohl sie auf dieselbe Motor-Hardware setzen. Trotz all dieser Freiheiten stellt der HPR 120S die Bike-Entwickler vor einige Probleme bei der Integration ins Bike: Er ist mit seiner runden Form zwar relativ kompakt, aber mit 3,9 kg ein gutes Kilo schwerer als die Allrounder-Motoren im Test. Dass bei so viel Motorpower auch der Tank entsprechend groß sein muss, ist klar. Um zufriedenstellende Reichweiten zu erreichen, greifen die Bike-Hersteller deshalb zu teils abenteuerlichen Akkulösungen mit bis zu 1.000 Wh und mehr. Doch auch mit einem kleineren Akku – z. B. 630 Wh bei Haibike – werden Bikes mit TQ-Motor nie leicht sein. Die 120 Nm Drehmoment beanspruchen nicht nur Schaltung, Kette und Ritzel enorm, sondern belasten auch den Rahmen und andere Komponenten so sehr, dass sie stärker und somit meist schwerer designt werden müssen.

Unser Fazit

In Sachen Power ist der TQ HPR 120S die absolute Benchmark! Kein anderer Motor kann ihm das Wasser reichen. So viel Temperament will allerdings auch gezügelt werden: Der Antrieb ist teilweise nur schwer zu kontrollieren und verlangt nach einem erfahrenen Biker oder cleveren Entwicklern, die ihn – ähnlich wie ein ESP bzw. ASR beim Auto – in Extremsituation eindrosseln. Bei TQ kommt der Fahrspaß durch die Motorpower.

Tops

  • stärkster Pedelec-Motor am Markt
  • kein Tretwiderstand
  • kompakte Bauform

Flops

  • bei hoher Kadenz und unter Volllast laut
  • hoher Verbrauch erfordert große Akkus
  • kein natürliches Fahrverhalten

Mehr Informationen findet ihr unter tq-group.com

Hier geht es zu den Hintergrundinfos und den Kriterien dieses Tests.

Brose Drive S Mag | Bosch Performance Line CX | FAZUA Ride 50 Evation Firmware 2.0 | SACHS RS (Zum Test) | Yamaha PW-X2 | Shimano STEPS E8000 | Shimano EP8 | TQ HPR 120S | Specialized SL 1.1


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Words: Photos: E-MOUNTAINBIKE-Team