In einem Antrag an den Bundesrat fordert die Landesregierung Thüringens ein Verbot von fest verbauten Akkus an E-Rollern, E-Bikes bzw. Pedelecs. Man erhofft sich so den anfallenden Elektro-Müll zu reduzieren. Das Verbot richtet sich vermutlich in erster Linie gegen Billig-Fahrzeuge, doch könnte es auch für hochwertige E-Mountainbikes problematisch werden.

Besonders in deutschen Großstädten verkehren immer mehr und oftmals per App anmietbare Elektro-Roller und sorgen für großen Gesprächsbedarf. Dabei wird häufig die Umweltfreundlichkeit der Roller in Frage gestellt. Dabei sollten sie doch einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Besonders problematisch ist, dass die Roller schwierig zu reparieren sind. Nach kurzer Zeit landet oft das komplette Gerät samt Akku auf dem Elektroschrott.

Was wird in dem E-Bike-Verbot gefordert?

Dieses Problem adressiert nun die Landesregierung Thüringens mit einem Antrag an den Bundesrat. Dabei geraten aber nicht nur E-Roller, sondern auch E-Bikes bzw. Pedelecs ins Visier. Gemäß dem Antrag soll es verboten werden nicht wechselbare Batterien in Elektro-Scooter, Elektro-Roller, E-Bikes und Pedelecs zu verbauen. Eigentlich sollten diese Elektro-Fahrzeuge die Verkehrswende unterstützen, doch da sie gleichzeitig viel Müll produzieren, wird ihr Beitrag zum Umweltschutz in Frage gestellt. Deshalb fordert Thüringen ein Verbot auf nationaler oder sogar europäischer Ebene. Der Antrag soll am 11. November 2019 im Bundesrat zur Diskussion stehen. Wir werden vom Ausgang der Debatte berichten.

Hier geht’s zum Video von Ministerpräsident Ramelow

Was heißt fest verbaut?

Eine genaue Definition eines fest verbauten Akkus liefert der Antrag zwar nicht, doch Ziel soll es sein, nur noch solche Akkus zu verbauen, die vom Endnutzer leicht entnommen und ausgetauscht werden können. Das würde einigen Herstellern Probleme bereiten. E-Mountainbikes wie das Norco Sight VLT, FOCUS JAM² 9.8 DRIFTER oder das Rocky Mountain Altitude Powerplay dürften in ihrer aktuellen Form dann vielleicht nicht mehr verkauft werden. E-Rennräder könnten hiervon noch häufiger betroffen sein, weil bei ihnen fest integrierte Akkus weiter verbreitet sind als bei E-Mountainbikes. Interessant wird die Frage, wie leicht der Akku austauschbar sein muss. Wir denken hier beispielsweise an das Pivot Shuttle, an dem der Akkutausch mit acht zu entfernenden Schrauben vergleichsweise kompliziert vonstattengeht. Zählt das noch als leicht austauschbar oder wäre es schon verboten? An dieser Stelle wird klar, dass die Definition von fest verbauten Akkus maßgeblichen Einfluss auf die Auswirkungen dieses Entschließungsantrags bzw. eines möglicherweise folgenden Gesetzentwurfes hat.

Norco Range VLT C1
Rocky Mountain Altitude Powerplay Alu

Zum Thema Entnahme von Akkus gibt es bei Smartphones seit Jahren eine ähnliche Diskussion und auch ein entsprechendes Gesetz für Elektronikgeräte. Aber auch hier ist der Begriff „problemlos entnehmbar“ nicht genauer definiert, wodurch sich diverse Smartphones und Laptops in einer Grauzone befinden und Produkte wie AirPods einen klaren Verstoß darstellen.

Ist das der Weg zum Ziel?

Selbst mit dem hier vorgeschlagenen Verbot stellt sich immer noch die Frage, ob es etwas am Verhalten der Nutzer ändert. Endverbraucher werden sich sicher über die Möglichkeit freuen, einen defekten Akku an ihrem elektronischen Fortbewegungsmittel selbst tauschen zu können. Doch wie sieht es mit den großen Verleihfirmen für Elektroroller aus? Nur weil der Akku getauscht werden kann, heißt das nicht, dass die Möglichkeit auch genutzt wird. Entscheidend wird hier eher die Wirtschaftlichkeit sein. Wie bei E-Bikes, sind es auch bei Elektrorollern oft nicht die Akkus, die als erstes kaputt gehen. In solchen Fällen könnte man den Akku dann an anderen Geräten wieder verwenden. Das könnte den entstehenden Elektro-Müll zusätzlich reduzieren, ist aber auch nur eine Wunschvorstellung.

Wie geht es weiter?

Nach der Vorstellung des Antrags durch Ministerpräsident Ramelow im Plenum wurde der Antrag mehreren Ausschüssen überwiesen: zum einen dem Ausschuss für Umwelt-, Naturschutz und nukleare Sicherheit als federführendem Ausschuss, zum anderen dem Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, dem Verkehrsausschuss sowie dem Wirtschaftsausschuss zur Mitberatung. Sobald die Ausschüsse ihre Empfehlungen erarbeitet haben, erscheint die Initiative zur Beschlussfassung erneut auf der Plenartagesordnung.

Fazit

Die Intention des Antrags ist nur zu begrüßen, denn wir produzieren zu viel (Elektro-)Müll und müssen uns dringend Maßnahmen einfallen lassen, um ihn zu reduzieren – denn die Entsorgung selbst ist trotz immer besserer Recycling-Verfahren noch nicht ausreichend gelöst. Der Ansatz Wegwerf- und Einweg-Produkte stärker zu regulieren oder gar zu verbieten, ist zu begrüßen, doch kommt es dabei entscheidend auf die richtigen Kriterien und Maßnahmen an. Denn nur, weil etwas prinzipiell repariert werden kann, bedeutet dies nicht, dass es zwangsläufig repariert wird. In vielen Fällen wird das Gerät trotzdem in den Müll geschmissen, egal ob aus Bequemlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit. Hier müssten die Gesetze an anderer Stelle ansetzen. Zudem gibt es in der EU bereits erste „Right to Repair“-Gesetze, welche die gleiche übergreifende Intention haben, nämlich Wegwerfprodukte zu vermeiden, sich dabei aber nicht auf einzelne Bauteile beschränken. Eine Ausweitung solcher Gesetze könnte letztendlich viel mehr bewirken, da sie dann nicht die Symptome bekämpfen, sondern das Problem an der Wurzel anpacken. Bei den vielen Diskussionen über Elektroroller, die in letzter Zeit ausgetragen werden, scheinen E-Bikes und Pedelecs hier eher versehentlich ins Kreuzfeuer geraten zu sein. Denn die meisten E-Bikes verfügen bereits über einen austauschbaren Akku. Außerdem schließen es die deutlich höheren Preise von E-Bikes praktisch aus, von einem Wegwerfprodukt zu sprechen.


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als E-MOUNTAINBIKE-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, dass der E-Mountainbike-Sport auch weiter ein kostenloses und frei zugängliches Leitmedium hat! Jetzt Supporter werden!

Words: Photos: Diverse