Wie viel kostet Fahrspaß und muss es immer das Top-Modell sein? Wir haben 11 E-Mountainbikes unter 5.000 € getestet und signifikante Unterschiede in Ausstattung und Performance festgestellt. Welche Bikes begeistern und welche enttäuschen, verrät dieser Vergleichstest.
Wie viel Performance und Technologie bekomme ich bei Bikes unter 5.000 €? Oder muss ich tiefer in die Tasche greifen? Jeder weiß: Als Kunde sehnt man sich nach einfacher Orientierung und als Händler nach einfachen Verkaufsargumenten. Den Wert eines Bikes defeininieren meist leicht zu erkennende Komponenten – funktional wichtige, aber weniger präsente Komponenten kann man dem Kunden hingegen schwer „verkaufen“. Was früher das Shimano XT-Schaltwerk war, ist heute der Bosch Performance CX-Motor mit starker Leistung. Aber was zeichnet ein gutes E-Mountainbike tatsächlich aus? Ist es ein kraftvoller Antrieb? Sind es die Highend-Komponenten? Oder ist es ein steifer Rahmen?
Knallhart kalkuliert
Ein gutes Bike – egal ob Rennrad oder E-Mountainbike – ist immer ein für den Einsatzbereich stimmiges Gesamtkonzept. Die Aufgabe eines Herstellers ist es, nicht nur einen top Rahmen zu konstruieren, sondern auch ein optimales Gesamtpaket für einen gewissen Preispunkt zu schnüren. Natürlich wäre es am einfachsten, überall die besten Komponenten zu wählen, doch dann wäre das Rad extrem teuer. Ein günstiger Preis bedeutet daher auf dem Papier immer einen Kompromiss. Dass man diesen auf dem Trail möglichst nicht bemerkt, ist die große Kunst bei der Konfiguration des Bikes. Ein edles Schaltwerk macht im Showroom einiges her, bringt auf dem Trail aber wenig Performance. Griffige Reifen, ein gutes Fahrwerk und standfeste Bremsen sind hingegen elementare und sicherheitsrelevante Bauteile. CENTURION E-NoPogo, Giant Full-E+0, MERIDA eONE SIXTY 800 und SCOTT E-Genius 720 Plus bieten hier sehr durchdachte Gesamtpakete.
Leider sind jedoch noch nicht alle Bikes so vorbildlich ausgestattet und häufig sind es vermeintlich kleine Details, die den Fahrspaß massiv limitieren. Manchen Bikes merkt man an, dass ihre Ausstattung in Excel-Sheets kalkuliert und zusammengeklickt wurde, nicht aber praktisch auf Alltagstauglichkeit getestet wurde. So ruiniert unter anderem ein viel zu langer Vorbau beim KTM MACINA Kapoho das Handling bergab. Der Verzicht auf eine Teleskopsattelstütze beim Specialized Turbo Levo spart zwar Geld – aber eine Teleskopstütze sollte an einem Bike, das Trailspaß propagiert, absolut zum Standard gehören. Und der Umwerfer des 2-fach-Antriebs am Haibike SDURO funktioniert immer genau dann nicht, wenn man ihn eigentlich braucht: unter Last im Uphill.
Die Testkriterien: Ausstattung, Steifigkeit, Reichweite, Laufradgröße – worauf kommt es an?
Was ist ein Bike wert, das die teuersten Komponenten, die größte Reichweite und den steifsten Rahmen hat, sich in der Praxis jedoch – pardon – scheiße fährt? Wichtiger als die einzelnen Kriterien, die wir zu einem Endergebnis addieren, ist das, was man tatsächlich in der Praxis spürt: die Anwenderfreundlichkeit (Stichwort Smart Simplicity) und Faktoren wie Balance, Fahrsicherheit und Gesamtkonzept. Denn ein Bike ist mehr als die Summe seiner Teile. Und selbst das beste Bike ist nur so gut wie es abgestimmt ist. Labortests können zur industrieinternen Qualitätssicherung und Vergleichbarkeit wichtige Erkenntnisse liefern – eine valide Aussage über die tatsächlichen Fahreigenschaften ist hingegen selten möglich.
Für wen testen wir die Bikes in diesem Test?
Bei der Beurteilung eines Bikes gehen wir nicht von theoretischen Idealbedingungen aus, sondern sind uns der realen Anforderungen genauso bewusst wie der Tatsache, dass E-Mountainbikes ein extrem breites Nutzer-Spektrum vom totalen Neueinsteiger bis zum versierten Mountainbikefreak ansprechen. Unsere letzte Leserumfrage hat gezeigt, dass aktuell noch rund 60 % aller E-Mountainbiker ihr Rad überwiegend auf Schotterstraßen und breiten Waldwegen einsetzen. Dennoch sind wir der Meinung, dass sich ein E-Mountainbike, vor allem mit mehr Federweg, auch im anspruchsvollen Terrain beweisen muss. Ein hervorragendes Bike auf dem Singletrail funktioniert auch gut auf Schotterwegen und bietet auch dort deutlich mehr Sicherheit, Stabilität und Sicherheitsreserven als ein Bike, das nur gut auf Schotterstraßen funktioniert und an seine Grenzen kommt, sobald es mit Hindernissen konfrontiert wird. Eine übersehene Bordsteinkante oder ein Schlagloch im Schotterweg sind schließlich auch schon Hindernisse, bei dem ein E-Mountainbike mit super Trailperformance mehr Sicherheit bietet – und so im Ernstfall zwischen Sturz und „gerade noch gefangen“ entscheidet. Die Performance beim Vertriding und bei ähnlichen extremen Bergauf-Szenarien spielt für uns in der Bewertung dagegen keine wirkliche Rolle, da es sich hierbei um eine winzige Nische handelt, die nur von sehr, sehr wenigen propagiert wird. Generell gilt: In jedem Fazit geben wir eine klare Empfehlung, für welchen Fahrertyp und Einsatzzweck sich das Bike eignet und für welchen nicht.
Übersicht der Testbikes
Bike | Preis | Gewicht | Antrieb | Akku |
---|---|---|---|---|
Bergamont E-Trailster 8.0 | 4.499 € | 21,95 kg | BOSCH | 500 Wh |
CENTURION No Pogo E2000 27+ | 4.999 € | 23,30 kg | BOSCH | 500 Wh |
FOCUS JAM² 29 | 4.499 € | 22,09 kg | SHIMANO | 386 Wh |
Giant Full-E+0 Pro | 4.999 € | 22,21 kg | Yamaha | 500 Wh |
Haibike SDURO AllMtn 7.0 | 4.299 € | 23,13 kg | Yamaha | 500 Wh |
KTM MACINA Kapoho LT 273 | 4.599 € | 23,12 kg | BOSCH | 500 Wh |
MERIDA eONE-SIXTY 800 | 4.199 € | 22,32 kg | SHIMANO | 504 Wh |
NOX Bike EDT 5.1 Hybrid | 4.799 € | 21,65 kg | Brose | 580 Wh |
SCOTT E-Genius 720 Plus | 4.499 € | 22,66 kg | BOSCH | 500 Wh |
Specialized Turbo Levo FSR 6FATTIE | 4.099 € | 22,39 kg | Brose | 460 Wh |
Trek Powerfly 8 FS | 4.999 € | 22,99 kg | BOSCH | 500 Wh |
Tops & Flops
Oftmals sind es die Details, die den Unterschied machen: gelungene Integration, erstklassige Ergonomie und mit bedacht gewählte Komponenten. Hier findet ihr alle Tops und Flops der Bikes aus unserem großen Vergleichstest.
Tops
Flops
Dein Bike ist nur so gut wie die Software
Es vergeht kaum ein Tag, an dem uns nicht eines unserer elektronischen Geräte auffordert, ein Update zu installieren – E-Mountainbikes machen da keine Ausnahme. Hersteller arbeiten ständig daran, die Systeme zu verbessern. So hat Bosch kürzlich einen überarbeiteten Sportmodus vorgestellt, ROTWILD (nicht im Test) hat eine vierte Unterstützungsstufe beim Brose-Antrieb integriert und das Team von Specialized hat die Kraftentfaltung des Motors optimiert. Wer die optimale Performance will, sollte regelmäßig sein System updaten.
Sind Plusreifen das Nonplusultra?
Mehr Grip, mehr Komfort, mehr Sicherheit – es gibt eigentlich keinen Grund, am E-Mountainbike auf Plus-Reifen zu verzichten. Kein Wunder also, dass mittlerweile 8 von 11 Herstellern im Test auf 2,8″ breite Reifen setzen. Die einzigen Ausnahmen sind das Bergamont E-Trailstar und NOX EDT 5.1 mit klassischen 27,5″-Laufrädern sowie das FOCUS JAM2, das über große 29er-Laufräder verfügt. Letztere überzeugen mit einem sehr guten Überrollverhalten und sind gerade für Langstrecken-Biker spannend. Den schmalen 27,5″-Reifen fehlt es dagegen am E-Mountainbike an Berechtigung.
[/emaillocker]Der Motor – ein wichtiges Kriterium, aber vor allem eine Frage des Geschmacks
Auch klassische Mountainbikes haben aufgrund ihrer unterschiedlichen Geometrien, verschiedenen Fahrwerke und mannigfachen Ausstattungen ganz unterschiedliche Charaktere. Bei E-Mountainbikes wird dieser Charakter zusätzlich vom verbauten Antrieb unterstrichen. Das Specialized Levo beispielsweise ist ein top Bike für alle, die Wert auf ein sehr natürliches Fahrgefühl legen und vielleicht auch ab und an noch mit unmotorisierten Freunden auf Tour gehen. Das Haibike SDURO AllMtn hingegen ist gut für Fahrer, die ein hohes Maß an Komfort suchen, eher gemäßigte Trails fahren und bergauf Wert auf hohe Unterstützung legen. In den folgenden Einzeltests verraten wir euch im Detail, welches Bike für welchen Fahrertyp ideal ist. Dennoch gibt es aber einen klaren Testsieger!
Die besten E-Mountainbikes bis 5.000 €
Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Nein, es muss nicht immer das Topmodell sein! Wie schon im Highend-E-Mountainbike-Vergleichstest in Ausgabe #009 sichert sich auch in diesem Test MERIDA verdient den begehrten Testsieg – diesmal aber mit dem eONE-SIXTY 800. Das Bike begeistert mit einer herausragenden Performance zum absolut fairen Preis von 4.199 €. Mit seinem sehr souveränen und Sicherheit spenden Handling sowie der bis ins Detail stimmigen Ausstattung ist es das perfekte Bike für alle, die mit ihrem E-Mountainbike keine Kompromisse eingehen wollen. Und es unterscheidet sich in seiner Performance nur marginal vom 1.400 € teureren eONE-SIXTY 900E. Wir sind begeistert!
Fahrer, die dagegen noch mehr Wert auf eine sehr komfortable Sitzposition, ein extrem feinfühliges Fahrwerk und einen möglichst starken Motor legen, werden das Giant Full-E+0 mit dem brandneuen Sync Drive Pro auf Basis des Yamaha Sync Drive PW-X-Antriebs lieben.
Das SCOTT E-Genius ist mittlerweile ein echter Klassiker und konnte uns schon bei einigen vorherigen Tests begeistern – das Top-Modell hat den Vergleichstest in Ausgabe #008 gewonnen. Damals gab es allerdings die Konkurrenz von FOCUS und MERIDA noch nicht. Doch auch beim Mittelklasse-Modell E-Genius 720 Plus beweist das Team von SCOTT, dass es weiß, worauf es bei E-Mountainbikes ankommt. Kein Rad bietet ein ausgewogeneres Handling. Gepaart mit dem bewährten Bosch Performance CX-Antrieb und einer günstigen, aber technisch einwandfreien Ausstattung ergibt das ein echtes Sorglos-Bike für jeden Fahrertyp. Eine klare Kaufempfehlung.
Alle Bikes im Test: Bergamont E-Trailster 8.0 | CENTURION No Pogo E2000 27+ | FOCUS JAM² 29 | Giant Full-E+0 Pro | Haibike SDURO AllMtn 7.0 | KTM MACINA Kapoho LT 273 | MERIDA eONE-SIXTY 800 | NOX Bike EDT 5.1 Hybrid | SCOTT E-Genius 720 Plus | Specialized Turbo Levo FSR 6FATTIE | Trek Powerfly 8 FS
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Words: Christoph Bayer, Robin Schmitt Photos: Christoph Bayer