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StVO-Novelle schafft mehr Schutz für Radfahrer

Das im Herbst 2019 geschnürte Paket ist entpackt: Die StVO-Novelle tritt am 28. April in Kraft. Sie soll Mobilität sicherer, klimafreundlicher und gerechter machen. Neben Vorteile für Carsharing und Elektrofahrzeuge sollen vor allem mehr Rechte und Schutz für Radfahrer geschaffen werden. Wie sieht das genau aus?

Neue Regelungen zur Stärkung des Radverkehrs

Die vom Verkehrsminister Andreas Scheuer im vergangenen Herbst vorgelegte die Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und anderer Regelungen tritt ab 28. April 2020 in Kraft. Sie enthält neue Regelungen für Bußgelder, unterstützende Maßnahmen zu Carsharing und elektrisch betriebene Fahrzeuge und ein umfangreiches Paket zur Stärkung des Radverkehrs.

Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern

Durch eine Neufassung der bestehenden Regelung wird klargestellt, dass das Nebeneinanderfahren von Radfahrenden grundsätzlich gestattet ist. Lediglich wenn andere Verkehrsteilnehmende behindert werden, muss hintereinander gefahren werden.

Mindestüberholabstand für Kfz

Es wird ein Mindestüberholabstand von 1,5 m innerorts und von 2 m außerorts für das Überholen von zu Fuß Gehenden, Radfahrenden und Elektrokleinstfahrzeugführenden durch Kraftfahrzeuge festgeschrieben. Bisher schreibt die StVO lediglich einen „ausreichenden Seitenabstand“ vor.

Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über 3,5 t innerorts

Für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über 3,5 t wird aus Gründen der Verkehrssicherheit innerorts Schrittgeschwindigkeit (4 bis 7, max. 11 km/h) vorgeschrieben. Verstöße können mit einem Bußgeld in Höhe von 70 Euro sanktioniert werden. Außerdem wird ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen.

Personenbeförderung auf Fahrrädern

Auf Fahrrädern dürfen Personen mitgenommen werden, wenn die Fahrräder zur Personenbeförderung gebaut und eingerichtet sind und der Fahrzeugführende mindestens 16 Jahre alt ist.

Grünpfeil ausschließlich für Radfahrer

Mit der StVO-Novelle wird die bestehende Grünpfeilregelung auch auf Radfahrer ausgedehnt, die aus einem Radfahrstreifen oder baulich angelegten Radweg heraus rechts abbiegen wollen. Außerdem wird ein gesonderter Grünpfeil, der allein für Radfahrer gilt, eingeführt.

Generelles Haltverbot auf Schutzstreifen

Schutzstreifen für den Radverkehr trennen den Rad- und den Autoverkehr mit einer gestrichelten weißen Linie (Zeichen 340 der StVO). Autos dürfen dort zwar nicht parken, aber bislang noch bis zu drei Minuten halten. Dies führt vielfach dazu, dass die Radfahrenden Schutzstreifen nicht durchgängig nutzen können, weil ihnen haltende Autos den Weg versperren. Deshalb wird dort ein generelles Haltverbot eingeführt.

Einrichtung von Fahrradzonen

  • Analog zu den Tempo 30-Zonen sollen in Zukunft auch Fahrradzonen angeordnet werden können.
  • Die Regelung orientiert sich an den Regeln für Fahrradstraßen: Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden.
  • Auch Elektrokleinstfahrzeuge werden hier fahren dürfen. Die Straßenverkehrsbehörden werden Fahrradzonen unter erleichterten Voraussetzungen anordnen können.
Verkehrszeichen Beginn einer Fahrradzone

Ausweitung des Parkverbots vor Kreuzungen und Einmündungsbereichen

Wir wollen die Sicht zwischen Straße und Radweg verbessern und damit die Sicherheit speziell von Radfahrenden erhöhen. Das Parken vor Kreuzungen und Einmündungen wird daher in einem Abstand von bis zu je 8 Metern von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten, wenn ein straßenbegleitender baulicher Radweg vorhanden ist.

Vereinfachung für Lastenfahrräder

Um speziell für Lastenfahrräder Parkflächen und Ladezonen vorhalten zu können, führen wir ein spezielles Sinnbild „Lastenfahrrad“ ein, das die zuständigen Straßenverkehrsbehörden nutzen können.

Verkehrszeichen Radschnellwege

Das Verkehrszeichen „Radschnellweg“ soll in die StVO aufgenommen werden, um die Kennzeichnung von Radschnellwegen auch unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit, wie z. B. auf sandigem Untergrund, möglich zu machen.

Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen

Die Straßenverkehrsbehörden können – z.B. an Engstellen – ein Überholverbot von einspurigen und mehrspurigen Fahrzeugen (u.a. Fahrrädern) für mehrspurige Kraftfahrzeuge anordnen. Hierfür wird ein neues Verkehrszeichen eingeführt.

Verkehrszeichen Verbot des Überholens von einspurigen und mehrspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen

Erweiterung der Erprobungsklausel

  • Bislang haben die Länder bereits die Möglichkeit, verkehrsregelnde oder verkehrssichernde Maßnahmen zeitlich und örtlich begrenzt zu erproben. Die Durchführung solcher Verkehrsversuche wird durch die StVO-Novelle vereinfacht.
  • Eine weitergehende Öffnung des Straßenverkehrsrechts für Verkehrsversuche bedarf einer Änderung auf Gesetzesebene, die in einem weiteren Schritt im Jahr 2020 angegangen werden soll.

Vermehrte Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung

Im Rahmen einer Gesamtüberarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO im Jahr 2020 sollen die zuständigen Straßenverkehrsbehörden verstärkt zur Prüfung der Öffnungsmöglichkeit von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrende aufgerufen werden. Ziel ist es, hierdurch die Zahl der in Gegenrichtung freigegebenen Einbahnstraßen zu vergrößern.

Die komplette Novelle, auch zu den neuen Bußgeldern und Maßnahmen zu Carsharing und elektrisch betriebenen Fahrzeugen könnt ihr auf der Website des BMVI einsehen:

Fazit

Ob beschilderte Parkflächen für Lastenräder, Haltverbot auf Radweg-Schutzstreifen oder Personenbeförderung auf Rädern – klar ist, dass Radfahrern mehr Rechte eingeräumt werden. Allem voran aber mehr Sicherheit, denn Mindestüberholabstand, Überholverbot durch Kraftfahrzeuge und Fahrradzonen geben dem Rad einen neuen Status im Straßenverkehr. Ob sie die Autos als Platzhirsche von Innenstädten verdrängen können, bleibt abzuwarten. Eine Grundlage für eine klimafreundlichere und sichere Mobilität ist auf jeden Fall geschaffen. Und wenn man dann noch beim Nebeneinanderfahren die nächste Bike-Tour besprechen kann, sind die Aussichten richtig bahnbrechend.


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Words: Simone Giesler Photos: BundesAnstalt für Straßenwesen, BMVI, Valentin Rühl