Das Specialized Turbo Kenevo war schon in seiner ersten Generation ein extrem potentes E-Mountainbike. Jetzt hat Specialized das Rad grundlegend überarbeitet und ihm neben einem neuen Rahmen und einem neuen Motor auch eine deutlich robustere Ausstattung spendiert. Das neue Kenevo soll noch besser für harte Strecken gewappnet sein – aber profitiert davon jeder?

Specialized Turbo Kenevo | Specialized 2.1-Motor (auf Basis eines Brose Drive S Mag)/700-Wh-Akku | 180/180 mm | 6.899 € | Hersteller-Website

Schon auf den ersten Blick wird klar: Das Specialized Turbo Kenevo wurde für die neue Saison grundlegend überarbeitet. So besitzt der Rahmen nun das gleiche Side-Arm-Design wie das Erfolgsmodell Levo, das unseren Vergleichstest gewonnen hat. Außerdem hat Specialized dem Expert-Modell eine Doppelbrücken-Federgabel spendiert. Doch es gibt noch weitere Unterschiede zum Vorgänger.

Das neue Kenevo hat für noch mehr Abfahrtsperformance nicht nur eine Doppelbrücken-Federgabel, sondern auch einen komplett neuen Rahmen erhalten

Was hat sich beim neuen Specialized Turbo Kenevo im Vergleich zum Vorgänger alles geändert?

Die größten Neuerungen auf einen Blick

  • neuer Alu-Rahmen mit Side-Arm-Design ist 1 kg leichter
  • längere und flachere Geometrie
  • 2° steilerer Sitzwinkel für bessere Sitzposition bergauf
  • überarbeitete Hinterbaukinematik
  • Specialized 2.1-Motor mit 90 Nm und bis zu 410% Support bei beiden Modellen
  • 700-Wh-Akku beim Expert-Modell (500 Wh bei Comp)
  • Turbo Connect Unit im Oberrohr
  • robustere und abfahrtsorientiertere Ausstattung
Massive neue Optik – die RockShox BoXXer schenkt Vertrauen

Eigentlich ist beim neuen Kenevo bis auf den Namen und die Laufradgröße kaum mehr etwas beim Alten geblieben. Specialized hat einen komplett neuen Rahmen mit überarbeiteter Geometrie entwickelt, der im Vergleich zu seinem Vorgänger ein ganzes Kilo leichter ist. Zusätzlich spart Specialized durch den 2.1-Motor auf Basis des Brose Drive S Mag nochmal 400 g Gewicht und erhöht gleichzeitig die Performance. Außerdem wurden natürlich die Geometrie und die Hinterbaukinematik für eine noch bessere Downhill-Performance angepasst. Für eine bessere Sitzposition bergauf ist der Sitzwinkel 2° steiler. Im Vergleich zum Vorgänger ist beim Expert-Modell die Akku-Kapazität um 40 % auf satte 700 Wh gewachsen. Wie beim Levo ist die Turbo Connect Unit jetzt auch beim Kenevo schick ins Oberrohr integriert und gibt dort Aufschluss über den Akku-Stand und die aktuelle Unterstützungsstufe. Wer mehr Informationen auf einen Blick möchte, kann weiterhin das optionale Specialized Turbo Connect-Display nachrüsten, das sich einfach via Bluetooth connecten lässt.

Neu vs. alt – dank einer neuen Motoraufnahme und weiteren Details ist der neue Rahmen ein sattes Kilogramm leichter geworden
Angetrieben wird das Kenevo vom Specialized 2.1-Motor auf Basis eines Brose Drive S Mag
Auch an den kleinen Details wie z. B. dem Kettenstrebenschutz hat Specialized gefeilt – das neue Kenevo ist jetzt noch leiser
Außerdem wurde der Spalt zwischen Hauptrahmen und Kettenstrebe mit einer Gummi-Abdeckung versehen, um hässliche Kratzer und klemmende Steine zu minimieren
Die Turbo Connect Unit sitzt jetzt im Oberrohr und gibt dort Aufschluss über Akku-Stand und Unterstützungsstufe. Sie verfügt außerdem über einen ANT+ und einen Bluetooth-Anschluss.
Schon lange Standard bei Specialized: der schick integrierte Speichenmagnet an der Bremsscheibe
Auch die minimalistische Remote-Einheit ist bereits von anderen Modellen bekannt. Wer will, kann optional ein drahtloses Display oder auch ein Garmin-Gerät mit dem Levo connecten.

Weniger Gewicht, wo möglich, mehr Gewicht, wo nötig – die Ausstattung

Wie bereits erwähnt, ist es Specialized gelungen, beim neuen Alu-Rahmen rund 1 kg Gewicht im Vergleich zum Vorgänger zu sparen. Außerdem ist der Motor mit Magnesium-Gehäuse nochmals 400 g leichter. Dennoch wird das Rad am Ende ziemlich genau gleich viel wiegen wie sein Vorgänger. Die Gründe dafür liegen zum einen in dem größeren Akku, zum anderen in der robusteren Ausstattung. So verbaut Specialized Butcher-Reifen mit BLCK DMND-Karkasse, standfeste SRAM CODE-Bremsen mit 200 mm großen Scheiben und beim Expert-Modell auch eine RockShox BoXXer-Doppelbrückengabel für maximale Lenkpräzision. Wie beim Levo kommt auch beim Kenevo leider nur eine 11-fach-Schaltung zum Einsatz. Specialized begründet das mit dem starken Motor, der mehr Übersetzungsbandbreite überflüssig macht – wir hätten dennoch gerne eine 12-fach-Variante an dem Bike gesehen und von der größeren Bandbreite und den geschmeidigeren Gangwechseln profitiert.

Die SRAM 1×11-Schaltung funktioniert solide, allerdings hätten wir im Jahr 2019 einen 12-fach-Antrieb an dem Bike bevorzugt. Noch geschmeidigere Schaltvorgänge und mehr Bandbreite sprächen dafür.
Was das Team von Specialized am Rahmen an Gewicht spart, packt es bei der Ausstattung wieder drauf – für eine hohe Zuverlässigkeit kommen z. B. Butcher-Reifen mit stabiler BLCK DMND-Karkasse zum Einsatz
Beide Kenevo-Modelle kommen mit einem Stahlfederdämpfer, dessen Feder je nach Größe variiert. Seine Vorteile? Hohe Zuverlässigkeit, Hitzestabilität und ein einfaches Setup.
Das Expert-Modell verfügt über eine RockShox BoXXer Select, beim Comp kommt eine Marzocchi Z1 mit 180 mm Federweg zum Einsatz
Egal ob Comp oder Expert, beide Modelle werden von einer SRAM CODE R verzögert
Außerdem verfügen beide Bikes über stabile Roval-Felgen, Unterschiede gibt es aber bei den Naben
Niemand wird sie vermissen, die alte Specialized WU-Sattelstütze!. Beim neuen Kenevo kommen Sattelstützen ohne den Verstellmechanismus zum Einsatz.

Preislich liegt das Specialized Turbo Kenevo Expert bei 6.899 €, das günstigere Kenevo Comp ist für 5.499 € erhältlich. Hauptunterschied ist, dass das Comp lediglich über einen 500-Wh-Akku, ein Marzocchi-Fahrwerk und eine günstigere Schaltung verfügt. Beide Modelle sind jeweils in zwei Farbvarianten erhältlich. Beim Kenevo Expert ist das Black und Sage-Green, beim Comp heißen die Farben Dove Grey/Rocket Red und Gunmetal/Hyper Green. Wie schon der Vorgänger kann auch der Motor des neuen Kenevo mit der Mission Controll-App umfangreich an die eigenen Vorlieben angepasst werden.

Angetrieben werden beide Kenevos vom Specialized 2.1-Motor. Beim Expert kommt allerdings ein 700-Wh-Akku zum Einsatz, beim Comp nur ein 500er.

Specialized Turbo Kenevo Expert

Federgabel RockShox Boxxer Select RC 180mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Coil Select 450lb (S2)|500lb (S3)|550lb (S4)|600lb (S5)
Schaltung SRAM GX 11-fach
Motor Specialized 2.1 250W
Akku Specialized M2-700 700Wh
Bremsen SRAM Code R 200
Lenker Specialized 7050 alloy 800 mm
Vorbau Spezialized Direct Mount 45 mm
Sattelstütze Command Post IRcc 130mm (S2)|160mm (S3-S5)
Reifen Specialized Butcher 27,5×2.6″
Laufräder Roval 27,5″
Preis 6.899 €

Specialized Turbo Kenevo Comp

Federgabel Marzzochi Bomber Z1 18mm
Dämpfer Marzzochi Bomber CR 450lb (S2)|500lb (S3)|550lb (S4)|600lb (S5)
Schaltung SRAM NX11-fach
Motor Specialized 2.1 250W
Akku Specialized M2-500 500Wh
Bremsen SRAM Code R 200 mm
Lenker Specialized 7050 alloy 800 mm
Vorbau Spezialized Direct Mount 45 mm
Sattelstütze Command Post IRcc 130mm (S2)|160mm (S3-S5)
Reifen Specialized Butcher 27,5×2.6″
Laufräder Roval 27,5″
Preis 5.499 €

Wähle die Länge, nicht die Größe – die Geometrie des neuen Kenevo

Specialized hat bereits bei seinem Downhill-Bike Demo, dem Enduro und dem Stumpjumper Evo ein neues Benennungskonzept für die Größe bzw. Länge der Bikes vorgestellt. Statt die Größe anhand des Sattelrohrs zu bestimmen, wählt man das Rad jetzt anhand der Länge des Hauptrahmens. Möglich machen das kurze Sitzrohre, die es auch kleinen Fahrer ermöglichen, lange Bikes zu fahren. So hat man fast immer zwei mögliche Größen zur Auswahl. Specialized bietet das neue Turbo Kenevo von S2–S5 in vier verschiedenen Optionen an. Im Vergleich zum Vorgänger ist der Reach mit rund 4 cm beträchtlich gewachsen, der Lenkwinkel wurde um 1° flacher und der Sitzwinkel für eine bessere Uphill-Performance um 2° steiler.

Bei der Größe setzt Specialized auf die S-Abstufung. Dabei wählt man das Rad anhand der Länge des Hauptrahmens und nicht aufgrund der Länge des Sattelrohrs.

Hier die gesamte Geometrie im Überblick

Größe S2 S3 S4/th>

S5
Sattelrohr 400 mm 420 mm 440 mm 465 mm
Oberrohr 585 mm 612 mm 639 mm 666 mm
Steuerrohr 105 mm 115 mm 125 mm 135 mm
Lenkwinkel 64° 64° 64° 64°
Sitzwinkel 77° 77° 77° 77°
Kettenstrebe 454 mm 454 mm 454 mm 454 mm
Tretlagerhöhe 345 mm 345 mm 345 mm 345 mm
Radstand 1.234 mm 1.263 mm 1.293 mm 1.322 mm
Reach 445 mm 470 mm 495 mm 520 mm
Stack 605 mm 614 mm 623 mm 632 mm

Hart am Gas, sonst hart gelangweilt – mit dem Kenevo auf dem Trail

Schon beim ersten Anblick wird klar: Das neue Specialized Turbo Kenevo ist kein Rad, das man sich kauft, um damit den Sonntagsausflug um den See zu unternehmen. Wobei: Eigentlich kann man das. Denn wenn man aufsteigt, wird man von einer sehr komfortablen und entspannten Sitzposition empfangen – aufrecht und zentral nimmt man Platz. Der Specialized 2.1-Motor unterstützt dabei sehr leise und gewohnt natürlich. Im sogenannten Shuttle-Modus schiebt er kraftvoll an und befördert einen auf Wunsch ausgesprochen entspannt überall hinauf. Trotz des vielen Federwegs neigt das Vorderrad auch im steilen Terrain nicht dazu, vorzeitig den Bodenkontakt zu verlieren. Das Kenevo klettert sehr gut, allerdings merkt man dem Rad natürlich sein hohes Gewicht etwas an – spritzig und agil ist es nämlich nicht.

Dank zentraler Sitzposition, gut dosierbarem Motor und hoher Akku-Reichweite sind auch lange Touren mit dem Specialized Turbo Kenevo kein Problem

In der Abfahrt verlangt das Kenevo nach zwei Dingen: Gefälle und Geschwindigkeit. Man merkt dem Rad sehr schnell an, dass es für wirklich hartes und anspruchsvolles Terrain konzipiert wurde. Auf flachen und flowigen Trails dagegen wirkte es bei unserem ersten Test behäbig. Hier muss man mächtig arbeiten, um mit dem Rad Geschwindigkeit aufzubauen und durch enge Kurven zu navigieren. Lässt man die Bremsen aber offen, begeistert das Kenevo mit hoher Fahrsicherheit und schier endlosen Reserven. Die BoXXer-Federgabel besitzt zwar 180 mm Federweg, gibt diese aber sehr definiert und nur bei Bedarf frei. Gleiches gilt für den Hinterbau, der ebenfalls nur so viel Federweg nutzt, wie nötig ist. Das gibt zwar guten Gegenhalt, allerdings merkt man beim Abziehen an Kanten das hohe Gewicht des Bikes. Im steilen Gelände sorgen die hohe Front und das tief gezogene Oberrohr für viel Fahrsicherheit und so meistert man plötzlich Abfahrten total gelassen, die einem mit einem anderen Rad Schweißperlen auf die Stirn getrieben haben.

Flowige, flache Trails langweilen das Kenevo – hier wirkt es behäbig und etwas leblos
Im steilen Gelände dagegen offenbart das Bike sein Potenzial …
… und nimmt Drops oder Steinfeldern ihren Schrecken
Zurücklehnen und laufen lassen – das Kenevo erledigt die Arbeit

Leider konnten wir das neue Kenevo bisher nur auf einer Tour testen und der Trail, den wir dabei gefahren sind, hat das Rad die meiste Zeit unterfordert. Wir sind sehr gespannt darauf, die Grenzen des neuen Kenevo zu erkunden, und werden bald einige Ausflüge in Bikeparks unternehmen – auf den Lift sind wir dabei ja zum Glück nicht angewiesen.

Unser erster Eindruck vom neuen Specialized Turbo Kenevo 2020

Specialized hat dem neuen Kenevo noch mal eine deutliche Portion Abfahrtsperformance spendiert, ohne dabei die Uphill-Eigenschaften zu schmälern. Allerdings ist das Rad mit seiner langen Geometrie und der robusten Ausstattung nur etwas für Fahrer, die wirklich wissen, was sie damit anstellen wollen, denn es langweilt sich auf flachen und einfachen Trails. Wer ein vielseitiges E-Mountainbike sucht, ist mit dem Levo besser beraten. Wer es aber richtig krachen lassen möchte, findet mit dem Kenevo das passende Arbeitsgerät.

Mehr Informationen findet ihr unter specialized.com/

Das neue Kenevo hat einen deutlich spezielleren Einsatzbereich als sein Vorgänger, der sich bei unserem Duell mit dem alten Levo als sehr guter Allrounder herausstellte. Nun richtet sich das Kenevo an Fahrer, die es damit richtig krachen lassen wollen – flache, flowige Trails sind mit diesem Bike langweilig.

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