Die Eckdaten des Specialized Turbo Kenevo Comp lassen auf ein waschechtes Bikepark-Bike schließen. Doch lasst euch nicht täuschen! Wie man mit 180 mm Federweg auf Touren und im Uphill zurechtkommt und warum es höchste Zeit ist, Bikes nicht mehr anhand des Federwegs zu kategorisieren, lest ihr in diesem Test!

Einen Überlick über das Testfeld findest du hier: Das beste E-Mountainbike 2019 um 4.500 € – 8 Modelle im Vergleichstest

Specialized Turbo Kenevo Comp | Specialized 1.2E/460 Wh | 180/180 mm (v/h) | 23,4 kg | 4.599 €

Integration ist das Stichwort beim 4.599 € teuren Specialized Turbo Kenevo Comp. Der 460-Wh-Akku des Specialized 1.2E-Motors, der auf dem Brose Drive T basiert, ist formschön in das Unterrohr des Aluminium-Rahmens integriert. An ihm befinden sich seitlich LEDs, die die Fahrstufe und den Ladezustand des Akkus darstellen. Deshalb wird beim Kenevo bewusst auf ein Display verzichtet und eine schlanke Lenker-Remote eingesetzt, um die Unterstützungsstufen und den Schiebemodus anzusteuern. Obwohl der Akku „nur“ eine Kapazität von 460 Wh aufbringt, konnten wir während des Vergleichstests dank des effizienten Motors ähnliche Reichweiten erzielen wie mit Shimano-Bikes, die auf einen 500-Wh-Akku setzen. Dies liegt daran, dass der 1.2E-Motor im Vergleich zum im Kenevo Expert verbauten 1.3-Motor zwar weniger Drehmoment und weniger Spitzenleistung besitzt, dafür aber mehr auf Effizienz und Reichweite ausgelegt ist.

Der Einsatzbereich des Specialized Kenevo ist riiiiiiiieeeeesig! Entspannte Touren oder krasse Downhills – mit diesem Bike könnt ihr fast alles machen.

Der super integrierte Geschwindigkeitssensor ist nahezu unsichtbar an der Bremsscheibe des Specialized Kenevo angebracht. Weniger unauffällig ist der FOX VAN RC-Stahlfederdämpfer, der zusammen mit der RockShox Yari RC für satte 180 mm Federweg vorne und hinten sorgt. Mit Ausnahme des SLX-Schalthebels, der mit einem hochwertigen XT-Schaltwerk kombiniert wird, und den Specialized Butcher-Reifen mit zu schwacher Karkasse am Hinterrad, leistet sich die Ausstattung keine Schwächen. Im Gegenteil, die verbaute X-Fusion Manic-Teleskopsattelstütze hat uns z. B. mehr zugesagt als die im Topmodell verbaute Specialized Wu-Post. Auf einen Kettenstrebenschutz muss man ab Werk leider verzichten. Um Klappern und Lackplatzer zu vermeiden, sollte man die betroffenen Stellen sofort selbst abkleben.

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Das Specialized Turbo Kenevo Comp im Detail

Federgabel RockShox Yari RC 180 mm
Dämpfer FOX VAN RC Coil 180 mm
Motor/Akku Specialized 1.2E 460 Wh
Schaltung Shimano XT 11-fach
Bremsen SRAM Guide RE 200/200 mm
Sattelstütze X-Fusion Manic 150 mm
Vorbau Specialized Trail 45 mm
Lenker Specialized 6061 Alloy 800 mm
Laufradsatz Specialized Alloy 27,5″
Reifen Specialized Butcher 2,6″

Natur pur!
Der Specialized 1.2E-Motor basiert auf dem Brose Drive T und liefert von allen Antrieben im Test das natürlichste Fahrverhalten, verfügt aber über weniger Maximalleistung.
Übergangskrise
Der 2,6” breite Specialized Butcher liefert ordentlich Traktion – aber nur, wenn das Bike gerade oder weit in die Kurve gelehnt ist. In der Übergangsphase liefert er wenig Grip.
Lässt man eh nicht unbeaufsichtigt
Auf ein Akkuschloss wird beim Kenevo bewusst verzichtet. So lässt sich der Akku im Notfall auch auf dem Trail mit einem Inbusschlüssel entnehmen.
Mogelpackung
Das Shimano XT-Schaltwerk kombiniert Specialized mit dem günstigeren SLX-Schalthebel. Die umgekehrte Kombination fühlt sich erfahrungsgemäß beim Schalten deutlich hochwertiger an. So ist es leider eher schwammig.
Zwei Welten
Der Hinterbau des Kenevo bietet das Beste aus beiden Welten. Mit dem FOX VAN RC Coil spricht er schon bei kleinsten Unebenheiten sensibel an und liefert trotzdem guten Gegenhalt für aktive Fahrmanöver.
Sammelplatz
Der vom Hinterreifen aufgewirbelte Matsch sammelt sich zuhauf über dem Lager des Hinterbaus.
Größe S M L XL
Oberrohr 566 mm 597 mm 626 mm 655 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm 130 mm
Lenkwinkel 65° 65° 65° 65°
Sitzwinkel 75,2° 74,8° 74,6° 74,3°
Kettenstrebe 443 mm 443 mm 443 mm 443 mm
Radstand 1.177 mm 1.205 mm 1.233 mm 1.261 mm
Reach 407 mm 431 mm 455 mm 478 mm
Stack 601 mm 610 mm 619 mm 629 mm

Das Specialized Turbo Kenevo Comp im Test

Auf dem Specialized Kenevo nimmt man in einer angenehm aufrechten Sitzposition Platz. Dank dem ultrasensiblen Fahrwerk und den voluminösen Reifen liefert das Kenevo entgegen aller Erwartungen sehr hohen Langstreckenkomfort. Verstärkt wird das noch einmal von dem 1.2E-Motor, der von allen Motoren im Test das natürlichste Fahrgefühl bietet. Damit eignet sich das Kenevo trotz seiner 180 mm hervorragend für Tourenfahrer. Ihnen wird lediglich ein Display mit allen wichtigen Informationen fehlen, doch dafür gibt es eine Nachrüstlösung: Über ANT+ ist das Kenevo z. B. mit einem Garmin genauso kompatibel wie mit dem zusätzlich erhältlichen Specialized Turbo-Connect-Display (92,90 €). Auf dem Trail klettert das Specialized Kenevo wie kaum ein anderes Bike im Test. Das Fahrwerk und die Reifen machen durchdrehende Hinterräder zu einer verschwommenen Erinnerung aus ferner Vergangenheit. Bei voller Unterstützung in einem leichten Gang entwickelt der Brose-Motor im Kenevo ein relativ lautes Surren, ist ansonsten aber sehr leise. In Summe erklimmt man mit dem Specialized Kenevo gelassen und präzise selbst steile und verblockte Trails trotz weniger Drehmoment. Lediglich vor Pedal- oder Motoraufsetzern an hohen Stufen und Hindernissen muss man sich in Acht nehmen.

Tuning-Tipp: Reifen | Kettenstrebenschutz montieren

Satt und feinfühlig: Das 180-mm-Fahrwerk des Specialized Kenevo Comp bietet mit Abstand die meiste Traktion und Laufruhe im Test. Im Vergleich zu anderen sehr laufruhigen Bikes, wie RADON oder Haibike, bietet es dennoch klasse Gegenhalt und Feedback vom Untergrund. Dadurch fährt es sich fast noch agiler als das COMMENCAL. Das Kenevo lässt sich mit Leichtigkeit auch bei Highspeed in die Luft ziehen. Ob es zum Sprung eine entsprechende Landung gibt, ist dabei fast egal. Kontrolliert und berechenbar federt das 180-mm-Fahrwerk auch härteste Einschläge ab und schlägt trotz Stahlfederdämpfer nicht spürbar durch. Top! Lediglich in Kurven verlangt das Specialized Kenevo nach einer geübten Hand. Dank ausgewogener Gewichtsverteilung und hoher Bewegungsfreiheit liegt das aber viel weniger an der Geometrie des Bikes als am Design des 2,6” breiten Butcher-Reifens, dem es beim Übergang in die Schräglage an Traktion fehlt.

Specialized vereint das Unvereinbare: Das Fahrwerk im Kenevo arbeitet extrem feinfühlig und gibt dennoch klasse Feedback vom Untergrund.

Fazit

Der Federweg alleine hat für die Bike-Kategorisierung ausgedient! Das Specialized Turbo Kenevo Comp ist trotz 180 mm Federweg einer der klaren Favoriten unserer Test-Crew, wenn es um ausgedehnte Touren und Komfort geht. Das Motorenfahrgefühl, Handling und Sicherheitsempfinden sind absolute Spitze, wodurch das Bike für Einsteiger wie Experten gleichermaßen geeignet ist. Ach ja, und wer es grob will, der kann mit dem Kenevo auf den härtesten Downhill-Trails spielen und problemlos selbst steile Uphills erklimmen, um wieder zum Trail-Einstieg zu gelangen. Immer mit dabei: eine gehörige Portion Fahrspaß. Verdienter Testsieg!

Tops

  • aufgeräumtes Cockpit/gelungene Remote
  • super breiter Einsatzbereich trotz massig Federweg
  • sehr natürliches Fahrgefühl
  • Mission Control App und Integrationskonzept

Flops

  • „Drecktasche“ über dem Hauptlager des Hinterbaus
  • undefiniertes Schaltgefühl (SLX-Trigger)
  • Pannenschutz und Traktion der Reifen

Fahreigenschaften

4

Agilität

  1. träge
  2. verspielt

Laufruhe

  1. nervös
  2. laufruhig

Handling

  1. fordernd
  2. ausgewogen

Fahrspaß

  1. langweilig
  2. lebendig

Motor-Feeling

  1. digital
  2. natürlich

Motor-Power

  1. schwach
  2. stark

Preis-Leistung

  1. schlecht
  2. top

Technische Daten

Größe: S M L XL
Gewicht: 23,4 kg
Zul. Gesamtgewicht: 136 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment: 112 kg
Motor-Drehmoment: 50 Nm
Akkukapazität: 460 Wh
Federweg (v/h): 180/180 mm
Laufradgröße: 27,5"
Preis: 4.599 €

Fahrertyp

Genießer 1
Trail-Rider 2
Extrem-Biker 3

Mehr Informationen findet ihr unter: specialized.com

Das Testfeld

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Words: Photos: Christoph Bayer, Valentin Rühl