Mit dem brandneuen Patron eRIDE hebt SCOTT das Thema Integration und Bike-Design auf das nächste Level. Das super cleane Allround-E-Mountainbike mit verstecktem Dämpfer, Bosch Smart System-Motor und 750-Wh-Akku zieht alle Blicke auf sich. Aber was bringt der Look auf dem Trail? Wir haben den ersten Test.

SCOTT Patron eRIDE 900 Tuned | Bosch Performance Line CX/750 Wh | 160/160 mm (v/h) | 23,8 kg (Herstellerangabe) | 8.999 € | Hersteller-Website

Optisch zieht das neue SCOTT Patron eRIDE 2022 alle Register und hebt sich mit seiner markanten Designsprache aus der Masse der aktuellen E-Mountainbikes hervor. Dabei sorgt ausgerechnet etwas Verstecktes für den futuristischen Look: Der Dämpfer des 160-mm-Fullys mit 29”-Laufrädern sitzt unsichtbar im Rahmen integriert und auch der lange 750-Wh-Akku des Bosch Smart Systems verschwindet elegant im Unterrohr. Neben dem Carbon-Rahmen (mit Aluminium-Kettenstreben) und einem Hybrid-Rahmen (Carbon-Hauptrahmen, Aluminium-HInterbau) bietet SCOTT das Patron eRIDE auch in einer Aluminium-Variante an. Der Clou beim Alu-Rahmen: rein optisch unterscheidet er sich, trotz des super aufwendigen Designs, kaum von seinen teureren Geschwistern aus Kohlefaser. Integration ist das Stichwort beim Patron, die dank Fender mit integriertem Rücklicht, Ständeraufnahme und versteckt verlegten Zügen sowie dem einteiligen Cockpit nicht beim Motor und Dämpfer aufhört.

Alles integriert: Der Fender am Heck bekommt ein Rücklicht spendiert, das seinen Saft aus dem großen Bosch-Akku zieht.
Aus einem Guss: Das Syncros Hixon iC SL-Carboncockpit wirkt wie aus einem Guss…
… Die zahlreichen Züge laufen durch Vorbau und Steuersatz in den Rahmen.

Die Welt Der Bosch-Motor steht Kopf

Das Patron eRIDE ist das erste E-Mountainbike von SCOTT, das auf das neue Bosch Smart System setzt. Den 85 Nm starken Bosch Performance Line CX kombiniert SCOTT mit dem PowerTube 750 und der neuesten Display-Generation, bestehend aus LED-Remote und Kiox 300-Display. Der lange und schwere Akku stellt alle E-Mountainbike-Hersteller vor große Herausforderungen in der Bike-Entwicklung: Vor allem bei den Themen Rahmensteifigkeit, kleine Rahmengrößen und Lage des Schwerpunkts. Um den Schwerpunkt des Patron so zentral und niedrig wie möglich zu halten, rotiert SCOTT den eigentlichen Motor um 46°, sodass er fast kopfüber im Rahmen zu stecken scheint. Das schafft viel Spielraum und Platz im Unterrohrbereich, wodurch der Akku sehr tief im Bike sitzt. Er kann über den Ladeport im Bike geladen oder werkzeuglos nach unten aus dem Unterrohr entnommen werden. Dazu muss das Patron allerdings Kopf stehen oder auf der Seite liegen.

SCOTT rotiert den Motor um 46°, sodass er fast auf dem Kopf steht. So bleibt mehr Platz im Unterrohr, um den Akku möglichst zentral und tief zu positionieren.
Am meisten Kühlung braucht der Motor, wenn es langsam, aber steil bergauf geht. Ohne Fahrtwind setzt SCOTT auf den Kamineffekt, um die Hitze abzutransportieren.
Auf dem Trail wird der markante Knick unterm Motor schnell zum Problem. Hier setzt der Carbonrahmen immer wieder an scharfen Steinen und Kanten auf. SCOTT sollte hier unbedingt mit einem Schutz nachbessern.
Der Bosch PowerTube 750-Akku sitzt klapperfrei und tief im Unterrohr des Patron.
Die werkzeuglose Entnahme gelingt dank Tube-in-Tube-Konstruktion und Griffschlaufen problemlos.
Das Kiox 300-Display sitzt gut ablesbar, aber exponiert über dem einteiligen Cockpit.

Beim versteckten Fahrwerk des Patron setzt SCOTT auf TwinLoc

Auch, wenn es auf den ersten Blick so wirken mag: Das SCOTT Patron eRIDE ist kein Hardtail. Der Dämpfer des 160-mm-Fahrwerks steckt gut versteckt – vor Schmutz und Wasser geschützt – im Inneren des Oberrohrs. Der speziell fürs SCOTT TwinLoc-System entwickelte FOX Nude T-Dämpfer lässt sich aber für die wichtigsten Einstellungen über eine kleine Serviceklappe erreichen. Ein kleiner SAG-Indikator soll das Setup zusätzlich erleichtern, lässt sich aber nur von einem Helfer ablesen.
Mit der TwinLoc-Remote am Lenker lassen sich Federgabel und Dämpfer zeitgleich in den drei Fahrmodi – Descend, Traction-Control und Lockout – kontrollieren. Im offenen Descend-Modus arbeiten Gabel und Dämpfer feinfühlig und generieren jeweils 160 mm Federweg, während das Fahrwerk im Lockout-Modus starr ist und nur in Extremsituationen Federweg freigibt. Eine Besonderheit ist der Traction-Control-Modus, bei dem die Dämpfung der Gabel verstärkt und infolgedessen straffer wird. Neben einer strafferen Dämpfung verändert sich vor allem die Luftfeder des Dämpfers, der dadurch deutlich höher im Federweg steht und nur noch 115 mm Federweg am Hinterrad generiert. Das hat nicht nur Einfluss auf die Traktion und die Effizienz des Patron, sondern vor allem auch auf seine Geometrie. Der Haken daran: In Kombination mit der Remote der Variostütze und der LED-Remote zum Kontrollieren des Bosch-Motors werden zu viele Funktionen ausschließlich mit dem linken Daumen bedient, sodass auf dem Trail oftmals das Fahrwerk verhärtet, statt der Sattel abgesenkt wird.

Multitaskingfähig? Der linke Daumen muss am Patron TwinLoc, Sattelstütze und den Bosch-Motor bedienen.
Der Dämpfer sitzt gut versteckt im Inneren des Oberrohrs und ist von unten durch eine Serviceklappe zu erreichen.
Zugunsten von TwinLoc setzt SCOTT bei der FOX 38-Federgabel statt auf die klassische GRIP2-Kartusche auf die deutlich einfachere FIT4-Dämpfung.

Die Geometrie des neuen SCOTT Patron eRIDE

Egal ob Aluminium-, Hybrid- oder Carbonrahmen: Alle SCOTT Patron setzen auf dieselbe Geometrie und sind in vier Größen verfügbar. Trotz großem Akku ist es SCOTT gelungen, einen S-Rahmen auf die Beine zu stellen, der ab einer Körpergröße von 1,65 m passen soll. Cool! Ganz im Spirit eines Allrounders setzt das Patron eRIDE zudem auf eine ausgewogene Geometrie, statt die Extreme auszuloten. In Größe L kombiniert das Bike 474 mm Reach mit einer recht hohen Front (651 mm Stack). Anders als es die besondere Positionierung des Bosch-Motors vermuten lässt, sind die Kettenstreben mit 454 mm auf der langen Seite, sodass das Patron auf dem Papier gut ausbalanciert wirkt. Kritik erntet es aber für das mit 470 mm zu lange Sitzrohr. Denn obwohl sich die Sattelstütze weit versenken lässt, schränkt es die Bewegungsfreiheit ein. Auch die Wahl der Rahmengröße nach der Länge (Reach) des Bikes ist dadurch für die meisten von euch nicht möglich.

Größe S M L XL
Sattelrohr 411 mm 441 mm 470 mm 500 mm
Oberrohr 579 mm 595 mm 626 mm 656 mm
Steuerrohr 120 mm 125 mm 135 mm 145 mm
Lenkwinkel 64,5° 65° 65° 65°
Sitzwinkel 77° 76,9° 76,9° 76,8°
Kettenstrebe 454 mm 454 mm 454 mm 454 mm
Tretlagerabsenkung 30 mm 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1.222 mm 1.232 mm 1.264 mm 1.295 mm
Reach 433 mm 446 mm 474 mm 501 mm
Stack 635 mm 642 mm 651 mm 660 mm

Die Ausstattungsvarianten des SCOTT Patron eRIDE

Die Produktpalette des Patron eRIDE ist richtig groß und umfasst neben 6 Unisex-Modellen auch 2 Modelle speziell für Frauen aus der Contessa-Linie. Neben richtig schicken Farben sind vor allem die Kontaktpunkte und die Charakteristik des Dämpfers angepasst. Mit 6.299 € stellen das Contessa Patron eRIDE 910 und das SCOTT Patron eRIDE 920 – beide mit Alu-Rahmen – den Einstieg dar, während das Patron eRIDE 900 Ultimate-Topmodell mit 11.999 € fast doppelt so teuer ist.

Ganz unabhängig vom Preis müssen alle Modelle Kritik für die super flach profilierten MAXXIS DISSECTOR-Reifen, die sowohl am Vorder- als auch Hinterrad in der pannenanfälligen EXO+ Karkasse kommen, einstecken. Besonders am Vorderrad hat der vermeintlich geringe Rollwiderstand keinen signifikanten Einfluss auf die Reichweite, weshalb wir zugunsten von Traktion und Sicherheit immer zu einem gröberen Reifen wie einem MAXXIS Minion – im Idealfall sogar mit ganz weicher MaxxGrip-Gummimischung – greifen würden. Beim Dämpfer setzt SCOTT ausschließlich auf schlanke FOX-Dämpfer ohne Ausgleichsbehälter, sodass sie im Inneren des Oberrohrs Platz finden. Vom vollen Funktionsumfang des TwinLoc-Systems im Traction-Control-Modus (reduzierter Federweg, mehr Bodenfreiheit) profitieren jedoch nur die teureren Modelle der Reihe, die auf den FOX Nude T-Dämpfer setzen.

SCOTT Patron eRIDE 900 Ultimate | Bosch Performance Line CX/750 Wh | 160/160 mm (v/h) | 11.999 € | Hersteller-Website
Contessa Patron eRIDE 900 | Bosch Performance Line CX/750 Wh | 160/160 mm (v/h) | 7.999 € | Hersteller-Website

Die Ausstattung des SCOTT Patron eRIDE 900 Tuned im Detail

Das 8.999 € teure SCOTT Patron eRIDE 900 Tuned stellt die sinnvolle Alternative zum 900 Ultimate-Topmodell mit seiner elektronischen Schaltung und Carbonlaufrädern dar. Das 900 Tuned rollt auf hauseigenen Syncros Revelstoke E 1.5-Alu-Laufrädern und schaltet die 12 Gänge der SRAM Eagle-Schaltung mechanisch. Das teure SRAM X01-Schaltwerk gaukelt hier aber einen leichten High-End-Antrieb vor: Denn kombiniert wird es mit einer GX-Kassette und Schalthebel sowie einer NX-Kette. Gebremst wird das 23,8 kg schwere Bike (Herstellerangabe) mit einer Shimano XT-Vierkolbenbremse, die mit 200-mm-Ice-Tech-Bremsscheiben an Front und Heck auch auf langen Abfahrten standfest ist. Neben dem speziell für TwinLoc designten FOX Nude T-Dämpfer sorgt eine FOX 38 Factory-Gabel für 160 mm Federweg. Zugunsten der drei Fahrmodi kommt an der Gabel allerdings nur die FIT4-Dämpfungskartusche zum Einsatz. Auf den TwinLoc in der Front würden wir zugunsten der spürbar besseren GRIP2-Kartusche aus Performance-Gründen gerne verzichten.

SCOTT Patron eRIDE 900 Tuned

8.999 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX Smart System 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 750 Wh
Display Bosch Kiox 300 & LED Remote
Federgabel FOX 38 Factory FIT4 160 mm
Dämpfer FOX NUDE T 160 mm
Sattelstütze FOX Transfer Factory 125 - 175 mm
Bremsen Shimano XT 4-Kolben 200/200 mm
Schaltung SRAM X01/GX 1x12
Lenker Syncros Hixon iC SL 780 mm
Laufradsatz Syncros Revelstoke-E 1.5 CL 29"
Reifen MAXXIS DISSECTOR EXO+ 2,6"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 23,8 kg
Zul. Gesamtgewicht 128 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 104 kg
Anhänger-Freigabe N/A
Ständeraufnahme ja

Die Shimano XT-Vierkolbenbremse ist in Kombination mit den 200-mm-Ice-Tech-Scheiben richtig standfest.
Mit X01-Schaltwerk, NX-Kette und GX-Kassette läuft das Patron eRIDE mit dem Zertifikat Blender vom Platz.
Die FOX Transfer Factory-Sattelstütze arbeitet zuverlässig und mit geringen Bedienkräften. An unserem Testbike kam sie mit lediglich 150 mm Hub. In Serie soll sich aber auch die längere 175-mm-Version der Stütze voll im Rahmen versenken lassen.

Das SCOTT Patron eRIDE 900 Tuned im ersten Test

Komfort ist das Stichwort an Bord des SCOTT Patron eRIDE 900 Tuned. Denn nicht nur die aufrechte Sitzposition, sondern auch das schluckfreudige Fahrwerk sorgen dafür, dass die 750 Wh des Bosch-Akkus auch entspannt ausgenutzt werden können. Neben langen Touren meistert das Patron eRIDE bergauf aber auch so manche technische Schlüsselstelle. Denn beim Klettern auf dem verblockten Trail zeigt sich der Traction-Control-Modus des TwinLoc-Systems als ebenso notwendiges wie auch starkes Tool. Mit voll aktivem Fahrwerk (Descend) steht das Patron zudem tief im Federweg, wodurch es leicht an Kanten hängen bleibt und das Vorderrad immer wieder abheben will. Mit reduziertem Federweg am Heck (Traction-Control) liefert es deutlich mehr Bodenfreiheit, eine zentralere Sitzposition sowie Kontrolle über das Vorderrad und lässt sich gleichermaßen von Einsteigern und erfahrenen Piloten über den Trail zirkeln. Einzig der Reifen mit zu wenig Traktion beendet die ambitionierten Kletterpartien.

Die Geometrie-Verstellung im Traction-Control-Modus erhöht die Bodenfreiheit. So erklimmt das Patron technische Anstiege spielerisch ohne Pedal- und Motor-Aufsetzer.

Handling Top, Reifen Flop: In Kurven ist die Lastverteilung und das Handling auf dem Patron richtig stark, der DISSECTOR-Reifen liefert aber nur wenig Grip.

Mit abgesenktem Sattel positioniert das Patron seinen Fahrer zentral zwischen den beiden großen 29”-Laufrädern im Bike. Obwohl die Bewegungsfreiheit mit langem virtuellen Vorbau und hohem Sitzrohr eingeschränkt ist, lässt sich das SCOTT spielerisch, intuitiv und einfach über den Trail bewegen. Während Einsteiger das Vorderrad problemlos über Hindernisse lupfen können, ziehen Könner die Front des Patron spielerisch in die Luft und surfen im Manuel aus jedem Anlieger. In Sachen Lastverteilung, Schwerpunktlage und Handling geht das Konzept rund um den rotierten Bosch-Motor und dem sehr tief positionierten Akku voll auf. Auch in offenen Kurven zeigt das Patron mit seinem Handling richtig viel Potenzial! ABER: Wegen seinem Fahrwerk und der Ausstattung – allen voran die zu flach profilierten Reifen – kann das Patron eRIDE 900 Tuned sein volles Potenzial auf dem Trail nicht ausschöpfen. Die FIT4-Dämpfung der Federgabel liefert zu wenig Kontrolle für harte Schläge und versinkt in steilen Passagen weit im Federweg. Auch am Heck mangelt es schon bei kleinen Sprüngen und mittelgroßen Schlägen an Reserven, sodass der Dämpfer regelmäßig harsch durchschlägt.

Trotz riesigem (und schwerem) 750-Wh-Akku geht das Vorderrad des Patron willig in die Luft.

Das Handling des SCOTT Patron eRIDE ist richtig stark! Allerdings wird das E-Mountainbike auf dem Trail von seiner Ausstattung und dem Fahrwerk beschränkt.

Fazit

So sieht die Zukunft aus: Um den großen Akku sinnvoll im Rahmen des Patron eRIDE unterzubringen, greift das Team von SCOTT tief in die Entwicklungs-Trickkiste und revolutioniert dadurch die Form- und Designsprache seiner E-Mountainbikes. Das daraus resultierende richtig starke Handling kann das SCOTT Patron eRIDE 900 Tuned auf dem Trail – in Anbetracht von Reifen und Fahrwerk – aber nicht voll ausnutzen. Auf langen Touren kann der Komfort dafür voll überzeugen.

Mehr Infos unter scott-sports.com


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Words: Photos: Daniel Geiger, Felix Stix