Egal ob man sich einen Neuwagen bestellt, ein Macbook konfiguriert oder eben ein neues Bike kauft – auch wenn man sich bereits auf ein Modell festgelegt hat, ist die Bandbreite der Ausstattungsvarianten und damit die Preisspanne immer noch riesig. Doch muss es beim E-Mountainbike immer das Topmodell sein oder reicht auch die günstige Variante?

Teuer vs. günstig
Lohnt der Kauf von edlen Topmodellen?

Um das herauszufinden, haben wir das neue SCOTT E-Spark in der teuersten und der günstigsten Variante gegeneinander antreten lassen. Das E-Spark 720 bildet den Einstieg in die Modellpalette und wechselt für 4.599 € den Besitzer. Das Topmodell E-Spark 700 Tuned verfügt über den gleichen Rahmen, Motor und Akku – kostet aber satte 6.999 €, also über 50 % mehr. Auf das Handling des Topmodells sind wir in unserem exklusiven Test des SCOTT E-Spark bereits detailliert eingegangen. Jetzt zeigen wir euch, wo die Unterschiede zwischen den Modellen liegen und worauf ihr bei einer solchen Kaufentscheidung allgemein achten solltet.

Rahmen und Motor

Zentral für jedes E-MTBs sind natürlich der Rahmen und der Antriebsstrang. Hier macht SCOTT erfreulicherweise keine Abstriche – beide Modelle setzen auf den identischen Rahmen, Motor und Akku. Das ist keineswegs selbstverständlich, viele Hersteller verbauen bei den günstigeren Modellen Akkus mit geringerer Kapazität, hier sollte man beim Kauf also genau hinschauen. Der Shimano STEPS E 8000-Motor kann im E-Spark wieder einmal voll überzeugen. Das kompakte Aggregat sorgt für ordentlich Vortrieb, bleibt dabei aber stets sehr natürlich in der Leistungsentfaltung.

Fahrwerk

Vergleicht man zwei Bikes mit gleichem Rahmen und Motor, hat das Fahrwerk den größten Einfluss auf die Fahreigenschaften. Beide Bikes verfügen über 120 mm am Heck und 130 mm an der Front sowie über das SCOTT TwinLoc-System, mit dem sich Gabel und Dämpfer durch nur einen Hebel verhärten und blockieren lassen. Beim E-Spark 720 kommen ein X-Fusion Custom-Dämpfer und eine RockShox Sektor RL zum Einsatz; das E-Spark 700 setzt auf ein edles FOX-Fahrwerk, bestehend aus einem FOX Nude-Dämpfer (ebenfalls eigens für SCOTT) und einer FOX 34 FLOAT Factory-Gabel.

Im Gelände ist der Unterschied bereits auf den ersten Metern spürbar. Dort, wo das FOX-Fahrwerk des E-Spark 700 alles souverän glattbügelt und massig Traktion generiert, kommt das 720er bereits deutlich früher ans Limit. Der Unterschied beim Dämpfer ist weniger ausgeprägt als bei der Gabel, die günstige RockShox Sektor spielt mit ihren 32 mm dünnen Standrohren in einer ganz anderen Liga als die steife FOX 34 FLOAT. Sie lässt nicht nur Lenkpräzision vermissen, sondern liegt auch lange nicht so satt auf der Strecke und taucht beim Anbremsen tief in den Federweg.

Bremsen

Wer ein E-MTB standesgemäß bewegt, braucht kräftige Bremsen und so freut es uns, dass SCOTT beim E-Spark konsequent auf große 200-mm-Bremsscheiben setzt. Das E-Spark 700 Tuned kommt mit Shimano XT-Bremsen, das 720er mit Shimano Deore-Stoppern. Dank der großen Scheibe packen beide Varianten ordentlich zu und sind eine gute Wahl für den anvisierten Einsatzbereich des E-Spark. Der Unterschied zwischen beiden ist marginal. Wer wirklich mehr Power sucht, sollte ohnehin nach einer Vier-Kolben-Bremse wie der Shimano Saint, MAGURA MT7 oder SRAM Guide RE Ausschau halten und einen Blick in unseren Bremsen-Vergleichstest werfen.

Schaltung

Hochwertige Schaltungskomponenten sind heute vor allem leichter und teilweise haltbarer als ihre günstigen Geschwister, die Schaltperformance ist meist sehr ähnlich. Da der Gewichtsvorteil am E-Mountainbike vernachlässigbar ist, geht man mit einer günstigen Schaltung nicht zwangsläufig einen Kompromiss ein. Bei unseren beiden Kontrahenten sieht es jedoch etwas anders aus, denn die Unterschiede schlagen sich durchaus auch in der Praxis nieder.

Beim E-Spark 700 wird elektronisch mit Shimanos XT Di2 geschaltet, die notwendige Energie zieht sich das System direkt vom Hauptakku, ohne dessen Reichweite nennenswert zu beeinflussen. Selbst wenn die Motorunterstützung bei schwachem Akku abgeschaltet wird, kann man noch ca. 200 Schaltvorgänge vornehmen. Die Einstellung der Schaltung wird bei der XT Di2 zum Kinderspiel, die Schaltvorgänge sind präzise und schnell – ein echter Traum. Leider erhöht sich mit der Di2 aber der Verschleiß und auch die Gefahr von Kettenrissen steigt aufgrund der sehr schnellen, harten Gangwechsel.

Doch auch das SLX-Schaltwerk am E-Spark 720 erledigt seine Aufgabe mit Bravour und gibt in Sachen Schaltperformance keinen Anlass zur Kritik. Allerdings verbaut SCOTT die günstige Variante mit 10 Gängen, die Übersetzungsbandbreite der 11–36-Kassette fällt mit 327 % daher deutlich kleiner aus als die 427 % der XT-Kassette mit 11–46-Zähnen. Der kleinste Gang des E-Spark 720 ist damit knapp 28 % schwerer als der des E-Spark 700 – in der Praxis lassen sich mit dem teureren 700er E-Spark deutlich steilere Rampen bezwingen.

Laufräder und Reifen

Laufräder werden bei Komplettbikes gerne etwas vernachlässigt und oft trennt sich erst bei der Dauerhaltbarkeit die Spreu vom Weizen. Die Laufräder des E-Spark 720 bestehen aus einer gesteckten Syncros X35-Felge, DT Swiss Champion-Speichen und Shimano Deore-Naben. Beim E-Spark 700 kommt ein Syncros-Laufradsatz zum Einsatz, der komplett aus dem Hause DT Swiss stammt. Dank geschweißter Felgen und bewährtem Zahnscheibenfreilauf dürfte der Fahrer lange Freude an diesen Rädern haben.

In Sachen Reifen setzten beide Modell auf den MAXXIS Rekon 2.8, beim 700er kommt jedoch die teurere Version mit 3C-Gummimischung zum Einsatz, beim 720er die günstigere Dual Compound. Auf dem Trail macht sich das vor allem im Nassen bemerkbar, wo die weichere 3C-Mischung etwas mehr Grip generiert. Dafür halten die günstigen Dual Compound-Reifen länger und bieten mit ihrer 60-tpi-Karkasse besseren Pannenschutz, die meisten Fahrer dürften mit diesen Reifen besser bedient sein. Da Reifen aber früher oder später ohnehin verschleißen und relativ leicht zu tauschen sind, sollte der Unterschied nicht kaufentscheidend sein.

Sattelstütze

In Sachen Sattelstütze könnten die beiden Bikes kaum weiter auseinander liegen. Während im E-Spark 700 die hervorragende FOX Transfer-Teleskopstütze mit 150 mm Hub verbaut ist, muss der Kunde des 720 mit einer starren Stütze Vorlieb nehmen – ein echtes No-Go. Zwar lässt sich die Sattelstütze mittels Schnellspanner auch manuell absenken, jedoch ist das Sitzrohr bei vielen E-MTBs so kurz, dass man den Sattel nicht tief genug bekommt. Beim E-Spark in Größe M bleiben dem Fahrer gerade einmal 8 cm zwischen der Mindesteinstecktiefe und dem Anschlag der Stütze – und das auch nur, wenn die Stütze passend abgesägt wird.

Von einer absenkbaren Sattelstütze profitieren nicht nur Fahrer, die sich ins Gelände begeben. Selbst wer überwiegend Schotterweg fährt, wird die Funktion zu schätzen lernen. Mit abgesenktem Sattel gelingen Abfahrten deutlich sicherer, der Fahrer hat mehr Bewegungsspielraum und kann sein Gewicht besser nach hinten verlagern und selbst das Auf- und Absteigen wird einfacher. Wir sind uns einig: Eine absenkbare Sattelstütze gehört an jedes E-MTB! Eine solche Stütze lässt sich zwar leicht nachrüsten, schlägt aber mit 200 bis 400 € zu Buche.

Sonstige Anbauteile

Lenker und Vorbau der beiden Bikes verfügen über die gleichen Maße, die Unterschiede betreffen also in erster Linie Gewicht und Optik. Zwar macht das schicke Cockpit am E-Spark 700 einiges her, einen spürbaren Performance-Vorteil bietet es allerdings nicht. Gleiches gilt für den Sattel, ob er zum Fahrer passt, hängt nicht zwingend vom Preisschild ab.

Lohnt sich der Mehrpreis für das Topmodell?

Ob sich der Mehrpreis von 2.400 € lohnt, hängt ganz von den persönlichen Wünschen und Erwartungen ab. Wer bei seinen Touren ohnehin nur auf Forstwegen unterwegs ist, muss bei der Fahrperformance des günstigen E-Spark 720 kaum Abstriche in Kauf nehmen, zumal der Shimano STEPS E8000-Motor in beiden Modellen identisch ist. Zwar schmerzt das Fehlen einer Teleskopsattelstütze und auch das Fahrwerk bietet klar weniger Reserven, aber der gemütliche Tourenfahrer kommt nicht in den Bereich, wo das entscheidend ist.

Wer allerdings oft Singletrails fährt und sein E-MTB wirklich im Gelände nutzen will, der ist mit dem E-Spark 700 Plus Tuned deutlich besser beraten. Das satte Fahrwerk sorgt für viel Traktion und Sicherheit, die knackige Schaltung erleichtert knifflige Anstiege und die griffigen Reifen kleben förmlich am Untergrund. Die hochwertigen Laufräder versprechen eine lange Haltbarkeit und last but not least ist das Flaggschiff einfach eine echte Augenweide.

Da jedoch die wenigsten bereit sind, 6.999 € für ein E-Mountainbike auszugeben, haben die Schweizer noch ein echtes Ass im Ärmel: das SCOTT E-Spark 710. Das 710er liegt mit 5.700 € genau zwischen dem 700 und 720, die Performance liegt aber deutlich näher am Spitzenmodell. Dank FOX Performance Elite-Fahrwerk, mechanischer 11-fach-XT-Schaltung und XT-Bremsen muss man beim E-Spark 710 kaum Abstriche machen, spart aber satte 1.200 € gegenüber der Tuned-Variante.

Fazit

Alle E-Spark-Modelle besitzen ihre Berechtigung und das günstige 720er Modell ist kein schlechtes E-MTB. Wer jedoch mehr als nur Schotterwege fahren will, wird den Mehrpreis des E-Spark 700 schnell vergessen haben, schließlich bekommt man mit diesem Bike ein umfassendes Performance-Plus geboten. Für alle, denen das Topmodell zu teuer ist, bietet SCOTT mit dem E-Spark 710 einen fairen Kompromiss mit top Preis-Leistungs-Verhältnis.

Mehr Infos auf der SCOTT Website

Mehr zum Thema erfahrt ihr auch in unserem Artikel: Die Richtige Ausstattung am E-MTB – Darauf solltet ihr achten


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Words: Photos: Valentin Rühl